Seite 8

Sonntag, 24. Mai 1931.

Str. 192

An die ganzstaatliche Tagung der Schuhmacher in Prag .

Kollegen!

Thr veranstaltet eine Tagung, auf der Ihr gegen unsere Arbeit protestieren wollt. Diese Tagung veranstaltet Ihr in Prag ; es wäre aber vernünftiger, wenn Ihr sie in Zlin veranstalten würdet.

Jeder von Euch könnte so in Zlín mit eigenen Augen das sehen, wogegen Ihr pro­testiert. Hier in Prag protestieret Ihr gegen etwas, was selbst viele von Euren Führern noch nicht gesehen haben; aber es ist doch nötig, daß jeder Mensch zuerst wisse und sehe, ehe er handle.

Ich bin überzeugt, daß eine große Mehrheit von Euch von der neuen Lebensform, die wir schaffen, begeistert wäre, und wir schaffen sie doch in erster Reihe für Euch.

Die Schuhe in unserem Betriebe erzeugen Schuhmacher und insbesondere reparieren alte unsere Schuhe Schuhmacher . Meine einzige Arbeit und Sorge dabei war und ist es, daß es hiebei jenen besser gehe, die Schuhe erzeugen und reparieren, sowie jenen, die sich Schuhe kaufen und sie reparieren lassen. Bei der früheren Erzeugungsweise ist es beiden Seiten schlecht gegangen.

Ihr alle wisset, wie wenig Ihr bei Reparaturen verdient habt und noch verdienet. Die Schuhmacher in unseren Werkstätten, die nach unseren Methoden arbeiten, ver­dienen in achtstündiger Arbeit mehr als Ihr einnehmet; und doch fährt der Kunde dabei besser, weil er einen besseren Dienst und eine größere Bequemlichkeit erhält, als Ihr ihm bei Eurer Arbeitsweise bieten konntet.

Wenn Ihr unsere Arbeit in Zlín und die neue Lebensform, die wir schaffen, besich­tigen würdet, würde Euer menschliches Gefühl geweckt werden und Ihr würdet das gleiche sagen, was ich schon aus dem Munde hunderter verbitterter Leute gehört habe, nachdem sie zum ersten Male unsere Arbeit mit eigenen Augen gesehen hatten. Ihr würdet wie diese sagen: ,, Herr Bafa, ich bin alt, mich können Sie schon nicht mehr ändern, ich werde mich schon irgendwie ernähren. Abernehmen Sie meinen Sohn in Arbeit und machen Sie aus ihm einen neuen Menschen, wie Sie sie aus den Tausenden junger Men­schen machen, die Sie erziehen."

-

Ich lade Euch alle so wie ihr hier seid, nach Zlín . Wir fürchten nicht uns danach, daß Ihr Eure Feindschaft, sondern wir sehnen unsere Freunde werdet, denn das wird uns und Euch Nutzen bringen. Aber vor allem Euren und unseren Kindern.

Fürchtet auch Ihr uns nicht, fürchtet das Leben nicht. Glau­bet nicht denen, die Euch Eure Not ausmalen, die in Euch das großziehen, was unterdrückt werden soll, wenn es Euch und uns gut gehen soll.

Nach der letzten Statistik gibt es nicht einmal 30.000 selbständige Schuhmacher. Die Mehrzahl von Euch übt ihr Gewerbe nur neben der Landwirtschaft im Winter aus, In unseren Fabriken, Verkaufsstellen und Reparaturwerkstätten arbeiten hingegen 27.635 Personen. In unseren Zlíner Werkstätten haben wir aus Euren Reihen seit dem, Jahre 1927 6500 Schuhmacher aufgenommen, in unsern Reparaturwerkstätten haben wir allein im vergangenen Jahre 2300 Schuhmacher aufgenommen und ausgebildet. Aus den eingearbeiteten und ausgebildeten Arbeitern Reparaturwerkstätten wurden 1334 Schuhmacher selbständige Geschäftsleiter.

der

Im künftigen Jahre werden wir 2000 weitere Verkaufsstellen und Reparatur­werkstätten in jenen fremden Ländern eröffnen, in denen bisher die moderne Technik in der Erzeugung und der Reparatur von Schuhen noch nicht vorgedrungen ist. Für diese Stellen werden wir weitere tausende Schuhmacher auf­nehmen. Für viele Tausende von Euch haben wir Beschäftigung in den chemischen Reinigungsanstalten, diesem neuen Zweige unseres Gewerbes, den wir ausbauen, um unsere Frauen von der ,, schwarzen Arbeit" und ihre Haushalte von Staub und Schmutz zu befreien. In diesem Erwerbszweig werdet Ihr in 8 Stunden Arbeit mehr verdienen, als Ihr früher in 16 Stunden verdienen konntet. Jene Kollegen, die glauben, daß es sich für sie nicht passe, anders als selbständig zu arbeiten, sollen sich in Reparaturgenossenschaften zusammenschließen, gemäß dem Antrage, den wir dem Handelsministerium überreicht haben, und den wir in einer Bro­schüre im Druck niedergelegt haben.

MU.

Jeder von Euch kann auf seine eigene Art glücklich werden, wen er sich von den Einflüssen befreit, die seine Not ausnützen und seinen Willen und seine Entschluß­kraft zur Arbeit und zum Leben untergraben.

Es sind dies jene Einflüsse, die für das Geld der Konkur­renz unsere Arbeit jenseits der Grenzen zu vereiteln ver­suchten, und jene Konkurrenten, die, nachdem wir es abge­lehnt hatten, ihre schlechten Schuhe zu übernehmen, gegen uns hetzen, in der Meinung, daß sie so ihre schlechten Schuhe entweder uns oder anderen Abnehmern aufdrängen werden.

Von diesen Seiten wird behauptet, daß wir nicht soviel Steuern zahlen als wir zahlen sollten und daß damit Eure Konkurrenzfähigkeit beeinträchtigt wird. Im Jahre 1927 betrug die uns vorgeschriebene Erwerbsteuer 60 Prozent der der ganzen tschecho­slowakischen Schuherzeugung vorgeschriebenen Erwerbsteuer, obwohl unsere Erzeu­gung kaum 40 Prozent des Gesamtkonsums betrug. Für das Jahr 1930 rechnen wir mit 80 Prozent. Ebenso ist es unwahr, daß die Staatskassa und die Selbstverwaltungskörper steuerliche Nachteile durch unsere Arbeit haben. Die Erwerbsteuer, mit der wir für das Jahr 1930 rechnen, bringt diesen Stellen allein aus unserer Arbeit um 50 Prozent mehr, als im Jahre 1927 die gesamte tschechoslowakische Schuherzeugung gezahlt hat.

Falls Ihr jedoch der Meinung seid, daß es die Steuern sind, die es Euch unmöglich machen neben uns zu arbeiten, erkläre ich, daß unsere Gesellschaft bereit ist, die Erwerbsteuer für alle jene Schuhmachermeister bezahlen, die Gehilfen arbeiten.

zu

ohne

Die Hetze und Feindschaft, die diese Elemente verbreiten, bedeuten keinen Schutz für Euch, denn sie verbreitern die Kluft und verstärken die Zwistigkeiten zwischen allen jenen, die in unserem Lande im Schuhmachergewerbe arbeiten.

Wir brauchen gegenseitige Freundschaft, um gemeinsam eine Schuherzeugung aufzubauen, zu der die ganze Welt mit Achtung emporsehen wird, da die ganze Welt aus ihr Nutzen ziehen wird.

Unsere Bevölkerung besitzt über 50 Millionen Paar Schuhe, die wöchentlich fach­männisch- chemisch gereinigt werden müssen. Zu diesem Dienst benötigt man min­destens 50.000 Personen und es sollen dies in erster Linie jene sein, die Erfahrungen im Schuhmachergewerbe haben.

Die Schuhe, die unsere Bevölkerung trägt, erfordern jährlich 100,000.000 Repara­turen, Bei diesem Dienst gibt es Arbeit für 20.000 Schuhmacher. 10,000.000 Leute in der Tschechoslowakei brauchen alle zwei Wochen eine fach­männische Behandlung ihrer Füße. Dieser Dienst gewährt Beschäf­tigung für 35.000 Personen.

unseren

In diesen neuen Zweigen des Dienstes im Schuhgewerbe gibt es nach Berechnungen allein in unserem Lande Beschäftigung für 100.000 neuer Schuhmacher. Und gar erst die Schuherzeugung in der ganzen Welt! Die Tschechoslowakei hat gar nicht soviel Einwohner als notwendig wären, um die Arbeit zu bewältigen, die die Schuh­macher in der ganzen Welt erwartet.

Ergreifet diese Arbeit entweder gemeinsam mit uns oder auf eigene Faust. Glaubt nicht den Zweiflern, die von Arbeitslosigkeit in der Schuherzeugung sprechen und die allen ihren Verstand darauf kon­zentrieren, Euch arbeitslos zu machen und in der Arbeits­losigkeit zu erhalten.

Denket an Euch, aber vor allem denket an Eure Kinder. Sie sollen nicht mehr in Staub und Erniedrigung das Elend der früheren Schuh­macherei mitmachen, wie ihr und ich es mitgemacht haben.

Thomas Baťa .