Gerichfesflcil Vfttzer ans der Rottalmrie. Prag , 15. Juli. Dieser Prozeh, der B a t e r »nd Sohn des Diebstahls an der sterbenden Lebensgefährtin des ersteren anklagt spielt in dem Milieu der Notkolonien, der Barackensiedlun­gen, die sich draußen an der äußersten Peripherie ausdehnen. Wir haben uns mit diesen Elendsquar­tieren schon mehrfach besaht, diesen Sammelbecken der äußersten Not und der tiefsten Verkommenheit. Die Verhältnisse in diesen Siedlungen spotten jeder Beschreibung und sind ein« fürchterliche Anklage eines System-, das eim solche Schande ermög­licht und dabei noch den Mut findet, sich mit seiner Humanität und Kultur zu brüsten. Dieser Prozeß führt uns mitten hinein in diese Jammerwelt, wo zehn und zwölf und fünfzehn Per­sonen in sechs Meter langen und vier Meter brei­ten Hütten zusammengepfercht sind, der Vater mit der erwachsenen Tochter, der Bruder mit der Schwe­ster in einem Bett schläft, wo derUntermie­ter"(denn auch das gibt es dort!) mit den Quar- tierßleuten das Lager teilt, wobei stets festzuhallen ist, daß diese Menschen zum größten Teil A r b e i t s- lose sind, vielfach verwildert und verkommen in den Jahren des Elends und der vergeblichen Jagd Den Besuchern der das bekannte GroB» ReitMraat bietet erstklassigste und billigste Küche, Budweiser Aktien-Bräu, engl. Fischbraterei sowie die modernste Wfirsteterzengong im eigenen Paridon. iios [ Wiener Arbeiterolympiade\ r bietet das bekannte Groß> RmImtmI 1 \Sdiwcizcrhaus( [ Prater Nr. 16(Stadionnähe). MBH H nach Beschäftigung. Unter ihnen haben sich krimi­nelle Existenzen eingenistet, Berufsverbrecher, Land­streicher und verschiedene dunkle Existenzen, die poli­zeilich auS dem Stadtgebiet ausgewirsen sind und nun draußen außerhalb der Stadtgrenze in den Rot- kolonien hausen. Man kann sich also ungefähr einen Begriff machen, wie das Lehen dieser Leute beschaffen ist. Der heutig« Prozeß ist eine gute Illustration dazu. Der B a t e t: siebzigjährig, halbgelähmt, taub. Er ist Analphabet und hat niemals eine Schule be­sucht. Der Sohn: 32 Jahre alt, 18 Jahre davon im Kerker verbracht, 18 Vorstrafen. Der Alt« lebte mit einer Frau zusammen, die in der gleichen Ko­lonie schon vorher einigemal die Lebensgefährten ge­wechselt hatte. Sie erkrankte und mußte in» Spital geschafft werden. Inzwischen kam der Sohn zum Alten auf Besuch. Während die Frau mit dem Dove ringt, öffnet der Sohn mit Gewalt ihren Kof­fer und nimmt dak dort befindliche Geld es sind 3060 K, das er mit seinem Bater teilt. Ms dir Sterbende erfährt, daß der Sohn auf Besuch gekommen ist, klagt ste ununterbrochen,daß er ihr sicher ihr Geld stehlen wird". Noch in ihren letzten Phantasten bittet sie um Schutzgegen den jungen Banner". Indessen war es vor Gericht nicht leicht, den Tatabestand des Diebstahls eindeutig und klar festzustellen. Die Tat selbst wirb von beiden An­geklagten zugegeben, gleichzeitig aber behauptet, in dem Koffer fti auch Geld des Alten verwahrt gewesen. Ueberhaupt hätten sie in völliger Güter­gemeinschaft gelebt. Die Frau hccke vorher gar nichts besessen. Wenn überhaupt Geld da war, wel­che» als ihr Eigentum in Betracht käme, so hat sie dieses Geld angeblich nur von dem Nten bekommen, der volles Recht hatte, darüber zu verfügen. A u f- gesprengt wurde der Koffer deshalb, weil die Kranke versehentlich den Schlüssel mit ins Spital genommen hatte. Die ftüheren Lebensgefährten sollen als Zeu­gen bekunden, daß die Verstorbene eigenes Ver­mögen in die Lebensgemeinschaft mitgebracht hat. Biel Gift und Galle kommt bei diesen Aussagen zu­tage, viel Haß, Neid und Bosheit, aber wenig Tat­sächliches. Schließlich sprach das Gericht beide An­geklagte mangels an Beweisen frei. rd Soori* spiel* Kömemnene Ziel und Zweck des Olympia . Im Festsaal der Wiener Arbeiterkammer empsing vor einigen Tagen der Präsident der So­zialistischen Arbeiter-Sport-Jnternationale, National- rat Genosse Dr. Julius Deutsch, dir Vertre­ter der in- und ausländischen Presse, um sie über Ziel uM> Zweck sowie über die immense Bedeutung des Olympia zu unterrichten. Das Ziel des Olympia ist selbswerständlich die Ertüchtigung der Arbeiterschaft. Es ist nicht beab­sichtigt, den Rekordwahnsinn großzuziehen, der bei so manchen anderen sportlichen Bereinigungen die maß­gebende Rolle spielt, sondern ist bestrebt, die Masse der arbeitenden Menschen durch den Sport zu ge­sunden und zu kräftigen. Gewiß wirb auch da» Olympia Spihrnlristun- gen bringe«, aber st« find nicht der Endzweck, sonder« auf der organischen Grundlage des Massensports erzielt. Oberster Z w« ck ist und bleibt: di« Volksgesundheit erhöhe«! Nationalrat Dr. Deutsch sprach dann noch über die eminent« politische Bedeutung des Olympia . da- di« internationale Verständigung der Völker fördern wird, ein« Demonstratio« gegen das Wett­rüsten und für de« Völkerfriede«, eis« Kundgebung für die Demokratie und gegen den Faseism«» fei« wird. Der Internationale Iozialistenkongreß, der am letzten Tage des Olympia beginnen wird, soll von den vorbeiziehenden einundzwanzig Nationen den überzeugenden Eindruck gewinnen, daß die Organisa­tion der in den Arbeitersportvebbänden vereinigten Arbeiterjugend geschloffen hinter der organisierten Arbeiterklasse steht. Bundestag der ArbeUer-Nadfatzrer Deutschlands . Bom IS. bi» SV. Juli tagt in München der 18. Bundestag der Arbeiter-Rad- und Krastfahrer- bundeS Solidarität'. Mr diese wichtige Tagung ist von den Orts­gruppenversammlungen, Bezirkstagen und Gautagen noch viel mehr Vorarbeit geleistet worden, als für die vorher stattgefundenen Bundestage. Die Orts­gruppen gaben über 5000 Anträge an die Bezirks­tage. Bon diesen wurden 2000 Anträge an die Gau­tage weitergeleitet. Dort wurden etwa 1000 Anträge angenommen, über die nun der Bundestag zu ent­scheiden hat. Es liegt auf der Hand, daß die 141 Teil­nehmer deS Bundestage- keine leichte Arbeit haben, aus der großen Menge der Forderungen dar für den Bund Nützliche herauSzuftnden. Wer die früheren Bundestage haben viele schwierige Aufgaben gelöst. Da darf man erwarten, der Münchener Bundestag werde auch gute Arbeit leisten. Das wäre jedoch nicht genug. Di« jetzig« Zeit erfordert große Vorsicht, aber auch Weitblick bei den Entschließungen. . In der BuicheSzeitung vom 1. April d. I. wird durch große Tabellen der jetzige Stand des Bundes dargestellt. Durch diese intereffante Zahlendarstellung wird in 85 Spalten der Mitgliederstand und der Stand aller Sparten des Bundes nachgewiesen. Die Zahl der Mitglieder stieg im Jahr« 1930 vom 1. Jänner bis 31: Dezember von 314.000 um 16.000 auf 330.000. Das ist die Zahl der Mitglieder, die die Bundesbeiträge im Jahre 1930 restlos und auch schon für das 1. Vierteljahr 1981 pünktlich bezahlt haben. Der Bund Solidarität weiß immer genau, wieviel er zahlend« Mitglieder hat; von den vielen bürgerlichen Radfahrerverbänden in Deutschland kann kein einziger die Zcchl seiner zahlenden Mit­glieder genau angeben. Sie alle können ihre Mit­gliederzahl nur schätzen, weil ihr« Opganisationsform genau« Feststellungen nicht ermöglicht. Demnach entsprechen ihre Angaben über die Mitgliederzahlen di« sie in der bürgerlichen Presse veröffentlichen, nie der Wirklichkeit. Dieses Mittrichen hilft aber nicht diel, den« der Bund Solidarität hat mindesten- zwei­mal so viel Mitglieder wie all« bürgerlichen Rad­fahrerverbände zusammen. Bon den 330.000 Mitglie­dern deS Bundes Solidarität sind 51.000 weibliche und 279.000 männliche Mitglieder. Nach dem Lebens­alter gegliedert, gehöre« dem Bunde an 12.000 Kin­der, 58.000 bis 20 Jahre alte Jugendliche und 202.000 über 20 Jahre alte Mitglieder, ein schla­gender Beweis, daß selbst die allgemeine Weltkrise nicht imstande war, das gesunde Fundament des Bunde» zn erschüttern. Literatur Amphitrite. Roman von Birente Blasco Ibanez . In Ganzleinen gebunden 3 Mark. Verlag der Büchergiwe Gutenberg, Berlin S. W. 61. Dreibund­straße 5. Wer Mitglied der Büchergild« Gutenberg wird, der hat besondere Vergünstigungen beim Be­zug von Büchern, die sich jeder nach Wunsch wählen darf und bekommt obendrein die 32 Seiten starke illustrierte MonatsschriftDie Büchevgilde" umsonst geliefert. Was nun da» vorliegende neuste Werk der Büchergilde Gutenberg betrifft, so war der Name seine» Verfasser» Ibanez vor etwa zehn Jahren noch mit dem BegriffDeutschenhasser" verbunden. Me kam es, daß dieser Schriftsteller, der die Eigen­schaft»« eine» Zola mit der Gesinnung einer viel­gereisten Weltmenschen vereinigte, den schlechten Ruf bekam, ein Chauvinist zu sein? Heute, nachdem die Büchergild« Gutenberg, Berlin , begonnen hat, die Meisterromane von Bieente Blasco Ibanez heraus­zubringen, erscheint e» kaum begreiflich, daß man da» Antlitz diese» wahrhaft kämpfrrffchen Menschen und demokratischen Schriftstellers so zur Fratze entstellen konnte. Sein jetzt auf, Deutsch vorliegender Roman Amphitrite" ist daS Buch, auf das sich die Angreifer Ibanez mit stützen. Wer sie kannten das Buch nicht oder mißverstanden e», oder sie kannten nur den Film, bett Chauvinisten unter Anlehnung an diese» Buch gedreht hatten. Der Roman selbst ist frei von tendenziöser Einseitigkeit, und nirgends ist die Eng­stirnigkeit eine» blinden Chauvinismus zu sinden. Ibanez erweist sich in diesem Roman nicht nur al» der große Sohn der lateinischen Raffe, die daS Mittelländische Meer mit der ganzen Glut ihre» Temperaments und dem Egoismus einer jahrhun- derte alten Tradition liebt, sondern auch als der Romanschriftsteller, der die Gabe hat, von der wil­den Vergangetcheit des Mittelmeeres, einer Geschichte der Freibeuterei und Konterbande, herüberzuführe« bi» in die Jahre des Weltkrieges, alS di« Üutersee- byote in da»Mare Rostrum" der Lateiner ein­fielen und als Freibeuterei und Konterbande in modernem Format an der Tagesordnung waren. Ein spanischer Seefahrer, der wie ein Vagabund auf allen Meeren gelebt hat, wird durch die Kriegs- crcignisse und die damit verbundenen erhöhten Frachtsätze wieder aufs Meer gelockt, läßt sich von einer deutschen Spionin dazu gewinnen, für die deutschen Unterseeboote im Mittelmeer heimlich Brennstoff zu fahren, und erlebt auf einer Heim­reife die Torpedierung eine» Schiffes, unter deffen getöteten Passagieren sich sein eigener Sohn befin­det. Aus Rach« fährt er für die Alliierten Material, bewaffnet sein Schiff gegen die U-Boot« und wird schließlich torpediert. Mau spürt in jedem Abschnitt den kritischen Beobachter der kriegerischen Maßnahmen von hüben und drüben, man bewundert dir Kunst der Dar­stellung, wenn Ibanez die spanische Landschaft und die süditalienffchen Kunststätten beschreibt, wenn er ein besonderes Kapitel dem Aquarium von Neapel widmet, und seine Sprache steigert sich zu hinreißen­der Schönheit, wenn er das von ihm geliebte. Meer in seiner ganzen Pracht und mit all seinen Launen gleichsam durch die Zeilen rauschen läßt. Im Vorder­grund steht immer daS an dramatischen Konflikten reiche Romangeschehen. Vereinsnadiriditen Arbeiter-Turn- unv Sportverein Prag . Platzeröffnungsfeier verschoben! Durch die Vorbereitungen zum Olympia kann die offizielle Platzeröffnung, wie gemeldet, am 18. Juli l. I. nicht stattfinden und muß auf einen späteren Zeitpunkt ver­schoben werden, welchen wir rechtzeitig bekanntgeben werden. Olympia-Fahrer, Achtung! Alle, die mit dem Sonderzuge nach Wien fahren, müssen am Don­nerstag, den 23. Juli l. I. um X10 Uhr abends im Garten desVolkshauseS", Hybernska 7, sein, wo ihnen die Fahr- und Platzkarte ausgefolgt wird, dann gemeinsamer Abmarsch um%11 Uhr zum Soqderzug. Diejenigen, di« ihre Festkarte noch nicht haben, mögen sie sofort beim Genossen Weber in der Gec beheben. Am 21. Juli treffen 100 Genossen im Auto­bur aus Hamburg und 50 Genossen aus Bran­ denburg in Prag ein. Wir' laden alle Pärtei- und Turngenossen zur Begrüßung zwischen 8 und 9 Uhr im Garten desBolkShauses", Hybern- ska 7, ein. Dasselbe gilt auch für den 22. d. M., wo ebenfalls 60 Tu'rngenoffen nach Prag kommen. Heran»aeber: Sieqsnev Taub. Chefredakteur: Wilhelm Rietz ne r. Derantwortiicher Redakteur: Dr. Emil Strauß, Prag . Druck:.Rota' A.-G. für Zeitung- und" Buckwruck, Prag . Für den Druck verantmortlich: Otto tz o l i k, Prag . Die ZeitungSmarkenfrankalrir u>mdr»an der Post- u. Tklk«rrrh«n- »ircktiai, Mil Erlaß«r. 1J.8W/VTI/1980 dewilligi. Wird für die Bezirksorganisation Bodenbach a. E. gesucht. Bedingung: Mehrjährige erfolgreiche Pra­xis, perfekte organisatorische und agitatorische. Kraft mit kömmunalpolitischen und journalistischen Kennt- nifle«, möglichst nicht über 35 Jahr« alt. Angebot mit GehaltSansprüchen bi» 21. Juli an daS sozialdemokratische VezirkSsekretariat Boden­bach, Poststraße 813. Spätester Eintrittstermin 1, September. girrte Begatt». Kriegserinnenmgen ausgroßer" Zeit. Bon W. M a ch a<5 e l. Begatto ist ein italienisches Wort un- -«ißt auf-eutfch: Sünde. So heißt nämlich eines der zahlreichen Kort» um Genua , die angeblich um das 18. Acchrhundert herum zur Abwehr gegen die Eng­länder erbaut wunden. Wer weiß, wer dieses Fort fo getauft hat, zu welchem man auf einem serpentinenartigen Weg von Genua auS, in einer guten Stunde gelangen kann. Jedenfalls ist eS noch jedem Kriegsgefangenen, der mit diesem Fort irgendwie in Berührung bastn, in grausigster Erinnerung. Begatt»! Begatt» Sünde. Jawohl, Sünde, und Paar himmelschreiende Sünde war eS, was dort die bedauernswerten österreichischen Kriegs­gefangenen alles erdulden mußten. Alle von Haufe au» arme Schlucker; denn auch in der Kriegs­gefangenschaft erging es all denen gut, die Geld hatten. Geld ist eben immer noch ein Zauber­mittel, welches über so manche Qualen hinweg- hilft und meist in den verzwicktesten Situationen vor Not und Elend schützt. So auch auf Fort« Begatto. Dort kam selbstverständlich kein Rei­cher hin. So etwasimponiert auch dem ärg­sten Feind. Nur arme Schlucker, di« der Krieg von chrer Schnsterei in der Heimat auch ein­mal nach-emsonnigen Süden" führte, kamen noch Forte Begatto. Allerdings unter anderen Verhältnissen und Umständen, als es sich der eine oder der andere jemals träumen ließ. Forte Begatto war nämlich während Lcut Weltkrieg ein scgenauntes Durchgangslager für kriegsgefangene Oesterreicher, die von-er Front kamen und von dort aus in kleineren oder grö­ßeren Arbeitskommandos rmch allen Ecken und Enden-eS ftalienischen Königreichs verschickt Muchep, Mi«, bestimmter Bestand von 600 bis 800 Man» mußte immer vorhanden sein und so kam es vor, daß mancher Kriegsgefangene monatelang, mancher wieder nur einige Tage dortversorgt" wurde je nachdem der Zuzug von der Front war. Es gab ja sehr viele so^er Durchgangslager in Italien , wie ja wohl in allen kriegführenden Ländern währerü» des große« Weltmyrdens 19141918. Aber dieses Fort, mit dem so bezeichnenden Namen, war em«S der schlimmsten dieser Art. I« dem Fort waren fünf etwa 30 Meter lange Baracken, die den Gefangenen als Unter- kunfiSräume dienten. Sie waren zweistöckig, d. h. der2. Stock" war der Raum unter dem Dach ohne Fenster. AlS Lager diente hingestreutks Stroh, welches allerdings mit der Zeit mcht mehr so genannt werden konnte; eS war der reine Häck­sel und noch viel feiner. ES war mehr Staub. In diesem Staub und Dreck mußten die Ge­fangenenlogieren". Zweimal am Tage mußten sie heraus zumAbzählen". Bewachungsmann­schaft bestand auS Bersaglieri die der Ge­meinheit und Brutalität nach zu urteilen das­selbe waren, wie im zaristffchen Rußland . die Kosaken. Zu demAbzählen" stellten sich dann regelmäßig einige dieser Bersaglieri an die ein­zige, AuSgangstur, bewaffnet mit Gummischläu­chen, Ochsenziemern oder Zaunlatten. Und dann hieß es:Fori!"(Heraus!) Eher durfte keiner heraus, bevor nicht dieses Kommando gegeben wurde. Wenn dann daS Kommando erklang, drängte selbstverständlich und quetschte alles Hals über Kopf zum Ausgang hinaus. Keiner wollte der Letzte, jeder der Erste sein. Denn der Letzte bekam regelmäßig Schläge. Die Verpflegung der Kriegsgefangenen hatte cin chrrrsallS kriegsgefangener Oesterreichcr unter sich, der durch Bestechung der Kommandantur die­sen Posten deSKüchenchefs" erhielt. An Fleisch wenn man die winzigen Rationen, dte die Gefangenen bekamen, so nennen durfte wurde meist nur argentinisches Gefrierfleisch verbraucht. DaS Fett und den Talg ließ der»human«" Kü­chenchef vor der Zubereitung fein säuberlich von dem mageren Fletsch entfernen.Kunstgerecht", so daß auch nicht ein Atomchen Fett bezw. Talg daran hängen blieb. Dieses Talg wurde ausge­lassen(auSgeschmort), in Blechdosen verpackt und nach Genua verscheuert". Den Erlös aus die, semGeschäft^ strich natürlich der^Landsmann"- Küchenches«in vielleicht nach Abzug eines be­stimmten TellS an die Lmrmandantur. Ebenso wurde auch ein großer Teil der anderen Leben-, mittel nach Genua verschachert. WaS kümmerte denlandmännischen"- chenchef, daß seine Kameraden auSsahen wie die Leich«!? Daß ihnen der Hungertod auS den Augen schaute? ES ließ ihn kalt, daß täglich zwei bis drei und mehr seiner früheren Kriegskamera­den in rohen Holzsärgen, auf Maultieren ver­packt, irgendwohin inS Tal gebracht wurden. ES kümmerte ihn nicht, daß seine bedauernswerten Kameraden in den Latrinen herumstrichen und dort Abfälle auflasen, sie vor Heißhunger ver­schlangen. Apfelsinenschalen, Makkaronireste beim AuSspülen der Eßschalen der Wachmann­schaft dort hingeschüttet wurden von den Ge­fangenen auS dem Kot gefischt und verzehrt. All«, die den Leidensweg über dieses Sündenfort machen mußten, schworen dem bestialischen Kü­chenchef Rache. Aber er wurde vom Schicksal selbst gerichtet. Beim Oesfnep von Eornedbeef-Büchsen verletzte er sich die linke Hand und zog sich ein« schwere Blutvergiftung zu. Unter furchtbaren Schmers«« ging er elend zugrunde. Die unsanitären Zu­stände auf Forte Begatto kosteten auch diesem Ungeheuer den Kragen. Eine ähnliche Bestie war ein auf dem Fort diensthabender Zugsführer(Sergeant) mit Namen B i e e i ö, der gut deutsch sprach. War er doch vor dem Kriege lange Jahr« im Ruhrgebiet (Essen ) beschäftigt gewesen. Dieseredelgesinnte" Mensch ließ die Gefangenentransporte, die von der Front kamen, immer in Einzelreihen antre­ten. Seder der Gefangenen mutzte sein« Hoch­seligkeiten vor sich auf die Erde legen geöffnet, damit alles sichtbar war. Dann hieß es:Zu­rücktreten." Darauf ließ der Sergeant von sei­nen Soldaten die Sachen der Gefangenen aufs genauesteuntersuchen". Rasierapparate,-mes- ser, Taschenuhren, schöne Taschenmesser, Spiegel, Kämme, neue Wäsche, Sweater, Strickjacken und überhaupt alles, was noch irgendeinen Wert re­präsentierte, wurde in Säcke verpackt Und nach Genua gebracht. Dort warteten natürlich schon dieAbnehmer". Auf diese Weiseerwarb" sich der ,chrave" Pieeio so manchen Hunderlirek«bein. Begatto!!! Bo« Verzweiflung getrieben, unternahm ein­mal einer der armen Gefangenen einen grausi­gen Fluchtversuch.(Wie schon erwähnt, wurde« die Toten, in rohen Holzsargen, auf Maultier« geschnallt zu Tale befördert, wo sie irgetchwo ver­scharrt wurden.) Der Verzweifelte ließ sich eine- Taaes von seinen Kameraden in einen dieser Holzsärge einsperren.(Statt eines Toten.) Schon lange Zeit vorher hatte er sich einen größeren Nagel plattgeklopft und so geschliffen, daß der­selbe scharf war wie ein Messer. Damit gedacht« er auf dem Transport durch die Ritzen deS Sarges die Stricke durchzuschneiden. Weiß der Kuckuck, wie er sich di« wettere Flucht vorstellte. Aber vor allem wollte er erst mal heraus aus diesem Höllennest. Gedacht, getan. Auf dem Transport, den Berg hinunter, schnitt er die Stricke durch und der Sarg rollte mit Gepolter den Berg hinab. Der Maultiertreiber und die Begleit soldaten wurden natürfich blaß vor ' Schrecken, als sie den vermeintlichen Toten aus I dem demolierten Sarg davonlaufen sähen. Bald ober erholten sie sich von ihrem Schreck, nahmen die BcAolgung auf und erwischten leider den Flüchtling recht bald. Er wurde nach Fori« Begatto zurückgebracht und acht Tag« später wurde der Aermste wirflich al- Toter, aufge- slbnallt auf Mulis, inS Tal gebracht. Begatto! Begatto! Begatto!