Nr. 188.
Donnerstag, 18. August 1-81.
Leite 3
Studio auf einer Reis' Hai sich„Notizen im Vorübergehen" gemacht und sie dem„Tag" anvertraut mit dem erklärenden Untertitel„Zwei Prager Studenten auf Ferienfahrt im Houug-Deurschland". Es sind Helle Köpfe, die ohne Zweifel mit Oetkers Back. Pulver kochen, und ihnen fällt allerhand auf, was ihnen.»var, schrieben sie's in der ersten Bürgerschulklassc in ciuem Aufsatz, der Lehrer als zu kindisch streichen würde, was aber im »Tag" noch als Leitartikel Verwendung findet, Henn hier ist man froh, wenn man der Einsendung nur ansehen kann, daß sie ausnahmsweise kein Grubenhund ist. I«-Hamburg hat er einen Propagandr- Pavillon der deuffchböhmifche» Bäder entdeckt:' Da fällt mir ein: in Deutschland erzählt man sich als u n st e r b l i ch e Anekdote die Geschichte von dem biederen Berliner , der eines Tage» eine Reise in di« Tschechoslowakei macht und dem nach stundenlanger Fahrt mit einmal eine Tafel an seinem Waggon auffäUi. In der nächsten Station besieht er sich dies« Tafel, erschrickt und renm aufgeregt zum Kondukteur: „Herr Schaffner, ich bin ja falsch eingestiegen, ich will doch nach Prag und der Zug fährt nach —„Rekurse i "!"— Dieser„W i tz" und dann die BolkSbezeichnung„Die SchwejkS" bekommt mau immer wieder zu hören, wenn der Gegenüber erfährt, daß man aus Böhmen stammt. Mit dem Namen„Schwejk" werden sich die Tschechen wohl ab ft»den müssen, er ist genau wie„Michel", ,^Onkel Jam" usw. in den internationalen Sprachschatz ausgenommen worden. Bon unserem Standpunkt aus, die wir in der Welt ehedem als„W i l h e l m" und nunmehr als„Adolf " agnosziert werden, find die Schechen da höchst,beneidenswert! Was aber di« unsterbliche Anekdote von dem Zug nach Reku- kaci betrifft, so stellt sie doch lediglich dem Reifenden ein Armutszeugnis aus. Denn was auch immer wir Sudetendcürtschen gegen das Unrecht einzuwenden haben, daß Züge im deutschen Gebiet nur tschechische Aufschriften führen, der Ausländer muß sich mit den Sitten des Landes abfinden und wenn der Piefke nicht ganz doof ist, wird er wohl kapieren, was Nekukaci heißt. Ader'n Nazi ist immer beglückt, wenn er einen findet, der noch dümmer zu sein scheint als der Durchschnitts-Hakenkreuzler. Nachdm er sich kräftig übr das Reichsbanner aufgeregt hat, das von den Nazis abwechselnd als lächerlich und als höchst gefährlich hingestellt wird, kommt er auf die Berliner Unwcrsität zu sprechen. Er findet es nicht in der Ordimng, daß an dieser Stätte nicht geprügelt werden soll: wozu ist denn eine Universiät sonst Da? Empört erzählt er: In der Berliner Friedrich Wilhelm-Universität herrscht Legitimationszwang. Se. Magnifizenz der Rektor Dr. D«ißman» ist entrüstet über den„Ueverfall aus wehrlose Kommilitonen" und gab das allen, di« es wissen wollten, Kind und zu wissen, ES ist doch ganz„unmöglich", daß deutsch « Hochschüler ihrem gerechten Zorn auch mal Hand- greif!ich Ausdruck geben(so glaubt der Herr Rektor), schuld waren„Elemente von der Straße", also: LegitimationSzwang. Nach Iang«,m Verhandeln dürfen wir auf unsere Prager Hoch- schulauSweise hinein, ausnahmsweise! Dafür gibt«S nun etwas Lehrreiches zu hören: „Zufällig liest Dr. Hagemaun, ein bekannter, Berliner Kriminalist. Folgende Stell« aus seinem Vortrag dürft, interessieren. Dr. Hagemann sprach über di« Kriminalität d«r Jugendlichen und erläuterte di« Kriminalitätenkurden, die von der Statistik errechnet worden sind. Diese Kurve beginnt heut« bei männlichen Jugendlichen vom 18. Lebensjahr an stark zu steigen und klettert im gleichen, heftig«, Tempo ununterbrochen bis ungefähr zum 28. Lebensjahr, wo dann rin Stillstand eintritt. Bor dem Krieg, da noch Mili- tärpflicht bestand, sah di« Kurve ganz anders aus. Sie begann zwar auch vom 18. Jahr an zu steigen, fiel aber um das 20. Lebensjahr, da die Dienstpflicht einsetztr, ganz erheblich und sti«g erst nach Beendigung der Militärzeit wieder an.— Vielleicht waren also di« zwei Jahr« bei den Soldat«, doch nicht so schädlich und zwecklos, wie die Linksparteien gern behaupten! . Ob die steigende Kriminalität nicht eher auf «s Anwachs«» der Hakenkreuzbewegung znrück- Mführrn ist? Aber wenn er schon das nicht svahrhaben will(da Fememorde und was sonst w in den SA geschieht bei den Nazi ja nicht zur Kriminalität, sondern zum Erwachen Deutsch lands gehören), warum regen sich di« Herren «nn so schrecklich über den tschechischen Milita- tiSinus auf? Da nrüßten ihnen doch di« 18 Mo- >ate Dienstzeit noch zu wenig sein! Der„stärkste Betrieb", berichtet er weiter, herrscht natürlich in Berlin , im Reiche Dr. döbbels". Di« Tonart zeigt, daß er aits der «schäre des Koofmichs nicht loskommt. Es scheint, daß für di« Besucher Berlins das Reich des GSbhels an die stelle der Friedrichstraße betreten ist(„Dollex Betrieb dort, Tounawetta, dufte Nummer das, der Göbbels !^. Tort hat er Einen starken Eindruck empfangen: Wir dünkten uns verwegen, als wir mit den, Hoheitsabzeichen über den Alexanderplatz gingen, dachten wir doch an das Uniformverbot in Preußen, das unter„Uniform" sogar«inen Ranschettenknopf mit Hakenkreuz versteht. Aber als wir in die Hedemanirstraße kamen mW vom „Angriff"-Haus— trotz Verbot!— di« große Hakenkreuzfahne wehen sahen, da bekamen wir
die Macht in Deutschland in Händen haben werde nur mehr nach Wochen zähle. Wir wissen es. Nach dem Volksentscheid dünkt uns, werden
ungefähr eine Vorstellung von der Macht, die der N. S. darstellt.— Der Berliner Vertreter der„Daily Mail" schrieb seinem Blatt nach London , er glaube, daß d i« Frist bis zum Zeitpunkt,
Herrn Benefe Bundesgenossen In den Kerkern des Königs Alexander.
In einer Zelle des Gefängnisses von Agraw sitzen zwei Männer und warten auf den Tod von Henkershand. Es sind die im sogenannten Agramer Terroristenprozeß verurteilten Matija S o l d i n und Marko Hranilovic. Die Anklage gegen sie lautete auf Hochverrat und auf Teilnahme an der Ermordung des Zeitungsherausgebers Schlegel, die ohne Zweifel ein politisches Attentat war. Außer ihnen standen in dem gleichen Prozeß noch einundzwanzig Personen unter Anklage, an hochverräterischen Unternehmungen mitgewirkt ju haben. Von ihnen wurden Anton Herzog«nd Stefan Jav o r zu je zwanzig Jahren, Dragutin Krizja zu achtzehn Jahren, Stefan Hor- v a t e k und Pavel G l a d zu je fünfzehn Jahren, ferner elf Angeklagte zu Kerkerstrasen von einem bis zu fünf fahren verurteilt. Fünf Angeklagte wurden freigesprochen.' Alle diese Männer und Frauen sind tveder Sozialisten noch Kommunisten, sondern kroatische Nationalisten jener radikalen Gruppe, die gegen die Fremdherrschaft" der Serben über Kroatien einen ,Befreiungskampf" führt und in diesem Kampf gegen eine gewalttätige Diktatur auch die Mittel der Gewalt, des blufigen Protestes für erlaubt hält. Es handelt sich also um „slawische Brüder", um eine rechtsradikale nationalrevolutionäre Gruppe, deren Vertretung im Ausland, insbesondere in Wien jener Klüngel kroatischer Emigranten um die Herren P e r- e e c und P a v e l i c führt, der die angelüiche Befreiung Kroatiens durch ein verdächtiges Bündnis nut— den schwarzgelben Monarchisten und den Reaktionären aller Länder sucht. Politisch wird man also mit diesen Leuten wenig Sympathie empfinden können; aber welches menschliche Gefühl könnte ungerührt bleiben, wenn man aus den Akten der Hauptverhandlung folgende B e, Weisstücke der menschlichen Bestialität vernimmt. Schlüge mit Menftöben. Der zu Tode verurteilte Matija Saldi« hat angegeben:„Ich wurde von mehreren Polizisten in Gegenwart von Bedekovie(dem Agramer Polizeichef) von Mitternacht bis zwei Uhr früh gefoltert... Hier sind die Spuren der Schläge mit Eisenstäben, die man»och nach zwanzig Monaten Gefängnishaft sieht." Marko Hranilovic, gleichfalls zum Tode verurteilt, gab an:„Nach meiner Verhaftung wurde ich dem Pvlizeichef Bedekovie vorgesührt. Er stürzte sich auf mich und begann mich persönlich mit den Fäusten zu bearbeiten, worauf er einigen Polizisten Befehl gab, dies fortzusetzen. Als ich das Bewußtsein verlor, gab man mir schwarzen Kaffee zu trinken und setzte die Folter fort. Das dauerte lange Stunden. Am folgenden Tage wurde ich an einen Stuhl gebunden und grausam geschlagen, worauf mir die Kopfhaare ausgerissen wurden; die Hälfte meines Kopfes ist heute noch kahl." zwölf Stunden aufgehüngt. Der zu zwanzig Jahren verurteilte Stefan I a v o r sagte aus:„Ich wurde am 3. November 1,929 verhaftet und in das Zimmer Bedekovie' geführt. Er gab mir sofort einen Faustschlag ins Gesicht und befahl den Polizisten, mich zu schlagen. Ich wurde mit Faustschlägen und Kolben
stoßen traktiert. Dann kam der Kommandant Pavlovic herein. Er lieh mich mit zusammengebundenen Armen und Fußen in den dritten Stock schleppen, wo er mich mit Faustschlägen und Fußstößen mißhandelte und dabei schrie:„Du und deine Freunde werden hier nicht lebend heraus- kpmmen!" Am nächsten Tag trug man mich— ich konnte nicht mehr gehen— in die Zelle 8 im ersten Stockwerk. Man band mir die Hände hinter den Rücken und ich blieb zwölf Stunden so auf einem Haken aufgezogen. Pavlovic kam zurück und sagte mir:„Gestehe, sonst wirst du heute nacht umgebracht." In der Tat schleppten mich vier Geheimpolizisten in das sogenannte„Untersuchungszimmer". Dort schlug man mich solange, daß ich hörte, wie die Polizisten selbst sich über Ermüdung beklagten. Ich verlor das Bewußtsein. Ms ich wieder$u mir kam, weil man mir den Kopf in«inen Kubel kalten Wassers gesteckt hatte, wurde ich von neuem gefoltert." Sie Greuel der GefSusuiffe. Wir wiederholen, daß es sich hier um politische Angeklagte handelt, denen selbst di« bürgerliche Gesetzlichkeit— und was sich in dem Diktaturstaat Jugoslawien so nennt— nicht die Absicht des„Umsturzes" der bestehenden Gesellschaftsordnung unterschieben kann. Zugleich mit diesem Prozeß wurde in Belgrad em zweiter gleichfalls gegen eine große Zahl von Kroaten geführt, die unter der Anklage stehen, Bombenanschläge verübt oder versucht zu haben. Und dieser Tage erst wurde gemeldet, daß soeben noch ein neuer, dritter großer Kroatenprozeß vor dem Obersten Ge richtshof in Agram begonnen hat. Gleichzeitig aber sitzen in den Kerkern der jugoslawischen Di^ tatur auch Hnnderte von Arbeitern, Sozialisten und Kommunisten, gegen die die„Untersuchung" mit denselben fürchterlichen Methoden geführt wird, wie sie hier beschrieben wurden, ja mit noch entsetzlicherer Grausamkeit, denn viele dieser Leute, gegen die auch nicht der Schatten eines Beweises vorliegt, werden niemals vorS Gerichr gestellt, werden einfach in den Gefängnissen zu Tode geprügelt, durch die Krankheiten der überfüllten, schmutzstarrenden Kerkerzellen, durch Entkräftung und Tuberkulose beseitigt oder zum sogenannten Selbstmord getrieben— ein Körper fallt aus dem Fenster eines der oberen Stockwerke und bleibt zerschmettert im Hof: er ist hinunterae- sprungen, sagen die Büttel, und niemand hat etwas andres gesehen... Für alle diese Greuel, die vor Gericht enthüllten und die im Schweigen der Märtyrer begrabenen, für die„auf der Flucht Erschossenen", in den Kerkern Gemarterten und Gemordeten ist die Diktatur.des Königs Alexander und seiner Generale und Polizeichefs verantwortlich. Und nun fragen' wir jeden fühlenden Menschen, fragen die Oeffentlichkeit der ganzen Welt: Ist es denkbar, daß man Menschen, die die Greuel der jugoslawische» Gefängnisse zu erdulden hatten, obendrein noch hinrichtet? Wir stellen die Frage angesichts der Todesurteile über zwei Blqnner, die nicht unserer Gesinnung sind: wir meinen, daß die Antwort der gesamten gesitteten Welt eine solche sein müßte, daß selbst oer Henkerkönig Alexander vor dem Gedanken zurückschreckt, wieviel Blut und Rache er auf sein Haupt sammelt!
Aul dem Meg zum Dritten Reich. Magdeburg , 12. August. Rach Schluß der gestrigen Verfassungsfeier kam es in der Nacht z« schweren Ausschreitungen.. Als das Reichsbanner in sein« Standquartier« abmarschiert«, wurde«in« Abteilung aus einem nationalsozialistischen Lokal beschossen. Auf di« Schüsse hin erschienen PolizeiabteUungen und riegelten den Platz ab. Dabei fielen noch einige Schüsse aus dem Gasthaus, worauf die Polizei das Lokal unter Feuer nahm. Zahlreich« Personen wurden verhaftel. Da aber wieder Ansammlung«« vorkame«— unter anderem wurde ein Mitglied der Arbeiterjugend in«i« Schaufenster geworfen, das in Trümmer ging,— wurde das S.A.-H«im, wo sich immer ein« Bereitschast von S.A.»L«ut«u befindet, durchsucht. Etwa 6V Personen wurde« verhaftet«nd«in« groß« Anzahl von Waffe«, wie Dolch«, Schlangring« und auch einig« Revolver, wurden gefnuden und be- schlaguahmt.
Wnr ist„lurpkiftig"? Basel , 12. August. Die Verhandlungen deS Studienausschusses für die Kreditlage in Deutsch land wurden am Mittwoch vormittag fortgesetzt. Es scheint, daß bereits bemerkenswerte Resultate erzielt worden find. Der Ausschuß hat nämlich beschlossen, seine Arbeiten neuerdings kurze Zeit zu unterbrechen, um einen Teil der Punkte, über welche eine Einigung bereits erzielt worden ist, redaktionell zu fixieren und in einem Bericht zusammenzufassen. In dem Bericht dürften bereits deutliche Hinweise auf die unmittelbaren Kreditbedürfnisse Deut|chlands sowie auf die Möglichkeit, denselben gerecht zu werden, ent
halten sein. Die Namen der Delegierten des Stillhaltekonsortiums, das seine Beratungen zusammen mit dem Studienausschuß am Donnerstag oder Freitag in Basel aufnehmen wird, sind mit Ausnahme der Delegierten der Tschecho slowakei , Dänemark und Norwegen bereits be- kant und ein Teil dieser Delegierten ist in Basel bereits eingetroffen. Wie groß der Betrag der von Deutschland geschuldeten kurzfristigen Kredit« ist, kann zur Stund« auch nicht annähernd angegeben werden, da viel davon abhängt, wie der Studienausschuß zusammen mit dem Stillhaltekonsortium den Begriff„kurzfristig" definieren wird.
Die englische Krise. London , 12, August.(Reuter.) Die gesamte Presse befaßt sich ausführlich mit dem kritischen Stand der britischen Volkswirtschaft. Die führenden Tagesschriftsteller sprechen ihre Genugtuung über den Entschluß der Regierung aus, das künftige Budget ins Gleichgewicht zu bringen, spreche« aber gleichzeitig die Befürchtung aus, Laß die Regierung von der Durchführung der Empfehlungen der Wirtschaftskommission Abstand nehmen werde, die Ersparungen in der Staatsverwaltung in der Höhe von rund 96 Millionen Pfund Ster- ling vorsehen.
Wie bei Hitler . Bukarest , 12. August. In dem Dorfe Cazemir bei Silistria in der Dobrudscha kam es zu einem Zusammenstoß zwischen der türkischen und mazedonischen Bevölkerung, in dessen Verlaufe oer Ortsburgermeister getötet und eine ganze Reihe von Ortsbewohnern schwer verletzt wurden. Die Ursache des Zusammenstoßes bildete ein Grundstückstreitfall.
Der Abstieg. Von Paul Löb«, Präsident des Reichstags. Als im Februar 1931 die nationalsozialistische Fraktion die Auflösung des Reichstages verlangte, weil der im September gewählte die Stimmung des deutschen Volkes nicht mehr rvahr- heitsaemätz widerspiegelte, renommierte der „Vömsche Beobachter" mit der Versicherung, 200 Abgeordnete seien das mindeste, was an Ratio- nalsozialisten in den neuen Reichstag einziehen würde. Zweihundert, etwa zwei Fünftel der Wähler, würden sich für das Hakenkreuz entscheiden und bei der dann folgenden übernächsten Wahl sei ihnen die Mehrheit sicher. An diesen schäumenden Wein haben schon verschiedene Nachwahlen in fleineren Bezirken einen gehörigen Schuß Wasser gegossen. Die große Generalprobe aber ist am 9. August erfolgt. Der Prozentsatz von Wählern, den die Nationalsozialisten für sich allein in Anspruch nehmen, den haben am 9. August die neun Parteien zusammen nicht aufgebracht, die dem Kabinett Braun den Krieg angesagt hatten. Nun ist unter den negativen Siegern der Streit auSgebrochen, wer zu diesem Defizit den erheb- lichsten Beitrag geliefert bat. Für den objektiven Beobachter läßt sich das Ergebnis jedoch ziemlich genau sezieren. 9.79 Millionen Hegen 12.27 Millionen der Abstim- mungSparteiam am 14. September bedeutet einen reinen Verlust von 2.5 Millionen Stimmen, Kein Zweifel, der Löwenanteil deS Verlustes entfällt auf die beiden großen Gruppen, die allein wesentliche Anhängerscharen verlieren konnten: di« Nationalsozialisten und die Kommunisten. Die Ziffern aus Berlin , aus dem Ruhr gebiet und Mitteldeutschland zeigen, daß die kommunistisch wählende Arbeiterschaft den Führern die Gefolgschaft bei der Hakenkreuzparole versagte. Sie lassen sich zwar vieles bieten, aber alS Heloten Hugenbergs ließ sich die Mehrheit doch nicht gebrauchen. Schon bei der Panzerkreuzer-Volksabstimmung hatte sich gezeigt, daß die Kommunistische Partei kaum 50 Prozent ihrer Anhänger an di« Urne ziehen kann, wenn diese ungedeckt durch Wähler anderer Parteien zur Abstimmung gehen sollen. Diesmal waren allerdings alle abhängigen oder ängsllichen Gemüter gedeckt. Den neun Parteien, darunter solche, die bei der Hochfinanz in hoher Gnnst stehen, riefen zur Beteiligung auf. Der Zusammenbruch der kommunistischen Wählerschaft aber wurde schlimmer als je zuvor. Diesmal folgten noch weit weniger als 50 Prozent der Parole ihrer Führer. Diesmal lehnten sie sich ausdrücklich dagegen auf. Die Ablösung hat begonnen, wir wollen das Unsere tun, daß sie ihre Fortsetzung findet. Aber auch für di« Nationalsozia- l i st e n hat die Abstimmung deS 9. August bewiesen, daß ihre Bäume nicht in den Himmel wachsen. Wie schon gesagt— wenn ihre Prophezeiung über das bevorstehende Wachstum der Anhänger de» Hakenkreuzes zutreffend gewesen wär«, dann hätten sie ja allein bald die Hälfte der Wählerstimmen aufbringen müsskn, die sie zusammen mit den Kommunisten und den sieben anderen Bundesgenossen nicht aufgebracht haben. Schade, daß sich der Verlust nicht zahlenmäßig genau errechnen läßt. Aber die Resultate von Köln , Koblenz , BreSlau und anderen Städten geben genaue Anhaltspunkte für die Aynahme, daß nicht nur der Zulauf zu den Propheten des Dritten Reiches abgenommen hat, sondern daß der Abstieg auch bei ihnen im besten Gange ist.— Und daS ist kein Wunder. Dor einem Jahr versprachen diese„Volksvertreter" innerhalb kurzer Zeit di« Erlösung Deutschlands . Bon Monat zu Monat warteten die Gläubigen, die Einlösung deS Versprechens erfolgte nicht.— Die unsinnigen Parolen haben eine verhängnisvolle Wirkung zur Folge gehabt::nd m Ende der Kampagne verhandelt Herr Hitler mit Herrn Dingeldey, dem Vertrauensmann der Jacob Goldschmidt und Wassermann, der Bank- und Dorsenfürsten und je mehr er deren Zutrauen gewinnt, um so größer wird daS Mißtrauen der eigenen Anhänger. So besitzt der„Volksentscheid" über seine aktuelle, Preußen und das Reich berührende Wirkung noch eine parteipolitische Bedeutung: die Anziehungskraft der politischen Irrlichter hat zum ersten Mal« sichtbar nachgelassen, die Aufklärungsarbeit der demokratischen Repu blik zeigt ihre erste Wirkung. Nun heißt eS die Verfolgung aufnehmen bis zur weiteren Schwächung der Gegner von Volksfreibeit und Wiederaufbau.
Erfolgreiche Betriebsausfchutz- «ahle». Die am 4. August im Effenwerk N e u d e k durchgeführten Betriebsausschuhwahlen haben neuerlich den Beweis erbracht, daß die Stellung des Internationalen Metallarbeiterverban- deS in der Arbeiterschaft unerschütterlich ist. Trotz der maßlosen Hetze, die von seilen der Kommunisten»nd Hakenkreuzler gegen den Verband enffacht wurde, wurden von 938 abgegebenen Stimmen 738 für die freie Gewerkschaft abgegeben, so daß diese von 11 Mandaten 9 erhalten hat. Die Kommunfften erhielten 119 Stimmen und 2 Mandate, davon ein Restmandat. Die Hakenkreuzler erhielten 78 Stimmen und gingen leer aus, da die Wahlizahl 78 betrug.