Einzelpreis 70 Heller.

Sosialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik.

11. Jahrgang.

Ueberflüssiges Geschrei.

Es kommt keine vormilitärische Erziehung!

ordnung zum Elektrifizierungsgesetze, die Deffent­

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

Redaktion und Berwaltung: Prag   II., Relézania 18 telepbon: 26795, 31469( Ratrebaltion): 26797 Bollidedamt: 57544

Mittwoch, 14. Oftober 1931

Die Weltarbeitslosigkeit.

Ziffern des Internationalen Arbeitsamtes.

Nr. 239.

Parlamentsbeginn.

In außerordentlich schwerer Zeit, unte einer außerordentlichen Verantwortung tritt

Kommunistische  , christlichsoziale und deutsch  - Genf  , 12. Oktober.  ( Eig. Drahtb.) Der 196.000 Unterstützte gegenüber 156.000, Belgien   heute die Nationalversammlung zusammen. nationale Blätter gefallen sich wieder einmal in Verwaltungsrat des Internationalen Arbeits- 176.000 Unterstützte gegenüber 64.000, Däne- Mag auch die Tschechoslowakei   von den poli­gespielter Erregung und wollen, genau so wie amtes hat am Montag seine 55. Tagung eröffnet. 26.000, Frankreich   53.673 eingetragene Arbeits- tischen Erschütterungen, wie sie heute Deutsch­mart 36.000 organisierte Arbeitslose gegenüber vor drei Monaten bei der Durchführungsver Als Nachfolger für Arthur Fontaine wurde der lose gegenüber 11.200, England 2.8 Millionen land, wie sie England durchzumachen hat, lichkeit gegen die deutschen   Regierungsparteien belgische Regierungsvertreter Maha im ein- gegenüber 2.1 Mill., Ungarn   29.400 organisierte verschont sein, die wirtschaftliche Katastrophe und vor allemt gegen die deutschen   Sozialdemo- stimmig zum Vorsitzenden des Verwaltungsrates gegenüber 21.800, Italien   27.600 eingetragene hat das Land mit aller Wucht erfaßt. Ein fraten aufputschen. Sie behaupten, daß die gewählt. Arbeitslose gegenüber 20.400, Norwegen   22.500 schwerer Winter steht uns bevor. Alle Auf­Regierung die vormilitärische Erziehung auf Der Konferenz liegt u. a. eine Zusammen- gegenüber 12.900, Holland   66.000 organisierte merksamkeit des Parlaments muß der wirt­Umwegen einführen will und daß dieser Zived stellung der Weltarbeitslosigkeit vor, gegenüber 32.700, olen 332,800 gegenüber schaftlichen Not zugewendet, alle seine Arbeits­durch ein Gesetz über die pflichtgemäße körper- bie ein wahrhaft erschütterndes Bild gibt. Die 244.100, Schweden   44.300 organisierte gegenüber kraft der Krisenbekämpfung, der Hilfe für die liche Erziehung der männlichen und weib- Zahlen sind unvollständig und nicht mit 27.200, Schweiz   19.000 eingetragene gegenüber Krisenopfer gewidmet ſein. lichen(!) Jugend erreicht werden soll. Angeblich einander vergleichbar, da in vielen Staaten feine 10.300, Tich e do flowatei 211.000 gegen­befinde sich ein solcher Gesetzentwurf in Vorbe- amtliche Statistit besteht und in anderen Zän über 77.300, Kanada   32.400 organisierte gegen­Ein großes Arbeitsprogramm ist den reitung oder gar schon in interministerieller dern mur gewisse Kategorien von Arbeitslosen über 18.500, Neuseeland   48.670 organisierte Kammern bereits durch zeitbedingte Notwen­Verhandlung. registriert werden. So hatte Deutschland   gegenüber 5371, endlich USA   eine Steigerung digkeit vorgeschrieben. Der Staatsvoranschlag am 15. August 4.1 Millionen Arbeitslose gegen der organisierten Arbeitslosen von 15.7 Prozent muß erledigt werden. In einer Zeit, da in über 2.8 Mill. im August 1930, Oesterreich   im Jahre 1930 auf 19 Prozent in diesem Jahre. aller Welt neue Inflationsgefahren drohen, reicht die Sicherstellung eines geordneten Staatshaushaltes in ihrer Bedeutung weit über das bloße staatsfinanzielle Gebiet hinaus. Der Voranschlag bringt diesmal eine Reihe von Aenderungen, die uns Sozialdemokraten durchaus sympathisch sind: Das Militär­budget wird herabgesetzt, die Gesamtausgaben werden verringert, aber die soziale Fürsorge erfährt teine Kürzung, im Gegenteil eine kleine Erhöhung. Darüber hinaus wird ein Kredit von 300 Millionen für Zwecke der Arbeitslosenfürsorge vorgesehen.

Wir haben uns an kompetenter Stelle nach der Sachlage erkundigt und haben erfahren, daß an allen diesen Meldungen tein wahres Wort ist.

Es wurde zwar vor vielen Jahren einmal im Gesundheitsministerium ein Gejebentwurf über

obligatorische förperliche Erziehung der

Brüning vor dem Reichstag.

tommenden Winter.

die Jugend ausgearbeitet, aber dieser Entwurf Das Schlimmste bereits überstanden?- Reine übertriebene Angst vor dem bildet heute feinerlei Diskussionsgrundlage und besitzt nicht die geringste Aktualität. Alle Behauptungen, als würde daran gedacht, jetzt mit einem solchen Gesebentwurfe an die Deffentlichkeit zu treten, sind frei erfunden!

Der Fernolt- Konflitt im Böllerbundrat.

Neue Fliegerangriffe auf chinesische Städte. Genj, 13. Oktober. Die öffentliche Sigung des Bölkerbundrates wegen des chinesisch japani schen Stonfliktes wurde heute um 12 Uhr eröff net. Der Vorsitz wurde dem Vertreter Frank

Berlin, 13. Oktober.  ( Eigenbericht.) Der der durch seine Rede einen unerhörten Vorstoß Reichstag   hat heute unter außerordentlichem An- gegen die deutsche Währung unternommen habe. drang des Publikums seine Beratungen nach fast Wenn man Banikſtimmung über die deutsche  halbjähriger Bause wieder aufgenommen. Das Währung und über die Lage der Reichsbank ver­Reichstagsgebäude war schon seit den frühen breite, dann zerstöre man von vornherein die Morgenstunden von vielen Schauluftigen imla- Grundlage jeder Regierung.

gert. Zu dem einzigen Punkt der Tagesordnung Er habe das Vertrauen, daß die schlimmste Entgegennahme einer Erflärung der Reichs- Wirtschaftszeit für Deutschland   vor über sei regierung" erteilt der Präsident dem. Reich und daß der kommende schwere Winter über tanzler das Wort, der von den Kommunisten mit Zurufen wie Hungerkanzler!" empfan­gen wird.

Er beginnt seine Rede mit einer formu

standen werden würde. Der Produktionsapparat der deutschen Wirtschaft sei gefund; auch für die öffentlichen Finanzen sei Vorsorge getroffen.

Das Parlament muß auch noch vor Jahresschluß gesetzgeberische Vorsorgen auf dem Gebiete der Wohnungsgesetzgebung treffen. Hier stehen die Klasseninteressen, die Partei­forderungen einander schraff gegenüber und es wird ein heißes Ringen notwendig sein, um Brüninig schloß mit einem Appell an die in der Zeit der Arbeitslosigkeit, des Lohr­Barteien, seine Politik zu unterſtüßen, denn alle druckes, der Kurzarbeit, die Interessen der Barteien trügen die Verantwortung für das, was proletarischen Mieter zu wahren und die not­kommen werde. Die Debatte wurde auf Mittwendige Ausgestaltung der staatlichen Bau­fommen werde. woch mittags vertagt. förderung zu sichern. Daß die Sozialdemo kratie in der Wahrung dieser Interessen eine unabweisbare Pflicht erblickt, die sie zu ex­füllen entschlossen ist, muß nicht erst gesagt werden.

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Sozialdemokraten gegen die Mißtrauensanträge.

reichs übertragen. Außenminiſter Briand gablierten Erklärung der neuen Reichsregierung, zunächst einen lleberblick über den gegenwärtigen die er dem Hause vorstellt und deren Zusam die Vereinigung Stand des chinesisch- japanischen Konfliktes und menießung, namentlich was die Vereinigung erteilte dann dem Vertreter Chinas   das Wort, des Wehr- und Innenminifteriums und die Uebernahme des Außenministeriums durch ihn der erklärte, China   habe sein Schicksal vollständig felbst anlangt, er eingehend begründet. dem Völkerbunde anvertraut und die ihm vom Nach einem Rüdblick auf die politische und Völkerbund auferlegten Berpflichtungen getreu lich erfüllt. Für den Schutz der japanischen Bewirtschaftliche Entwicklung seit dem Frühjahr völkerung nach der von China   geforderten Rau- und auf die außenpolitischen Aussprachen in mung des besetzten Gebietes durch die japanischen Chequers  , Paris  , London  , Rom   und Berlin   be­Truppen sei bereits Vorsorge getroffen.faßte sich der Reichskanzler mit der deutschen   trat nach der Rede des Reichstanzlers zu einer Programm ausreichte, um den Sessions­In der Nachmittagssigung erklärte der Ber Finanzkrise und den in den verschiedenen kurzen Sigung zusammen. Ohne Aussprache abschnitt bis zum Jahresende auszufüllen, treter Japans  , es dürfe nicht verschwiegen wer- Noterordnungen niedergelegten scharfen par wurde beschlossen, die gegen das Kabinett Bri­maßnahmen, die inzwischen in der gonzen  den, daß Gewaltalte von chinesischer Seite, Plint Belt Nachahmung gefunden hätten. Die Reiche ning vorliegenden Mißtrauensanträge abzu- 10 stellen die außerordentlichen Verhältnisse,

derungen und seien. Er beschäftigte sich ausführlich mit dem Wirtschaftsboyfoft und brachte, sodann die bereits bekannte Erklärung des japanischen Kabinettes zur Verlesung, die darin gipfelt, daß Japan   auf einer diretten Regelung des Ronflittes zwischen Japan   und China   be

steht und der Auffassung widerspricht, daß die chinesischen Behörden in der Lage seien, die Ord nung, cufrechtzuerhalten, wenn erst einmal die japanischen Truppen zurüdgezogen feien. Japan  sei zur Räumung der noch besetzten Gebiete be­reit in dem Maß, als es die Sicherheit des Eigentums und des Lebens der Bevölkerung ber­lange.

Der Vertreter Chinas   lentte in einer Replik die Aufmerksamkeit des Rates an Hand einiger Telegramine auf

regierung sei durch diese allerdings unpopulären Maßnahmen in die Lage versetzt worden, gerade in dieser Zeit zur Rettung der Privatwirtschaft schwebende Schulden in Höhe von fait 300 mit fionen Mark zurückzuzahlen.

Brüning fündigte weiters an, daß die Reichsregierung in Uebereinstimmung mit dem Reichspräsidenten   beschloffen habe, einen Wirt­fchaftsbeirat zu ernennen, mit dem zu fammen ein Wirtschaftsprogramm für die nach ten Monate ausgearbeitet werden solle. Dieses Programm habe

die Aufrechterhaltung der Stabilisierung der Währung zur ersten Vorausseßung; an ihr dürfe unter feinen Umständen gerüttelt werden.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion

lehnen.

Aber wenn in normalen Zeiten dieses

unter denen wir leben, das Parlament vor weitere Aufgaben, denen es sich nicht entziehen

fann.

Bestimmend für diese Entscheidung waren die Gründe, die bereits in der gestrigen Situng In den Sommermonaten ist die Arbeits­ausgeführt worden sind. Die Rede des Reichs lanzlers bot leinen Anlaß, die politische Situation losigkeit nicht unbeträchtlich zurückgegangen. jest anders zu beurteilen. Die Tagung der soge- Aber darin fam im Wesen nur eine saison­nannten nationalen Opposition in Harzburg   hat mäßige Erleichterung und die Wirkungen der gezeigt, daß das Großkapital mit Unterſtützung öffentlichen Arbeiten, namentlich der Baufür­der Nationalsozialisten zum entscheidenden Schlag gegen die Rechte des werftätigen forge zum Ausdruck. Ein Umschwung der Bolles ausholt. In ihrer Presse wird jest Konjunktur fann noch nicht festgestellt werden. ganz offen mit dem Putsch gedroht, wenn die So wird die Arbeitslosigkeit in den Winter­Diktatur der Schwerindustrie und der Groß- monaten wiederum steigen. Darum wird das agrarier auf parlamentarischem Wege diesmal Parlament alle Energien darauf verwenden nicht verwirklicht werden sollte. müssen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, Die sozialdemokratische Fraktion will durch Arbeit zu schaffen, die Opfer der Krise zu ihre Entscheidung berhindern, daß durch eine unterſtüßen. neue Kapitalsinflation die Gewerbetreibenden Wir wissen heute alle und auch die bür und fleinen Sparer noch einmal enteignet wer­den, daß durch rücksichtslosen Lohnabban, Zergerlichen Nationalökonomen fönnen es nicht schlagung des Tarifrechtes und der Sozialgeset- mehr leugnen, daß das einzige Mittel, das in gebung die Existenz der arbeitenden Massen ver- wirksamer Weise wenigstens einen namhaften Teil der Arbeitslosen in den Produktions­nichtet werde. Als erster Redner der sozialdemokratischen prozeß zurückführen kann, in der Verkürzung Fraktion wird Abgeordneter Breitscheid   bei der Arbeitszeit besteht. Die Vierzigstunden­Beginn der morgigen Sigung das Wort ergrei- woche muß kommen und wird kommen. Schon fen. Zum zweiten Redner wurde Aufhäuser ist sie vielfach durch Vereinbarungen zwischen bestimmt. Nachdem der englische Außenminister Lord den Gewerkschaften und den Unternehmern Reading den Berireter Japans   gebeten verwirklicht worden. In Deutschland   hat eine hatte, dem Rate möglichst bald Mitteilungen hebung der bisherigen Staatsbeiträge an die Notverordnung zur Anordnung einer fürzeren über die angeführten neuen Bombardierungen Geistlichkeit geregelt werden. Arbeitszeit ermächtigt. In Polen   hat das zukommen zu lassen, schloß Briand   die Situng Ein Spezialgesetz über die religiösen Orden Parlament sehr radikale Beschlüsse gefaßt. mit der Bemerkung, die Beratung habe in ihm Madrid  , 13. Oktober. Die verfassungsgebende bestimmt die Auflösung der Orden, die sich nicht auch bei uns find die Verhältnisse reif, find den Eindruck erweckt, daß dieser schwere Konflikt doch nicht zu einer Katastrophe.trei- Bersammlung nahm heute einen Artikel der Ver- nur den drei kanonischen Gelübden, sondern auch die notwendigen Vorarbeiten im Gange. Die fassung an, der lautet: Es besteht keine dem Sondergelübde unterwerfen, wonach sie in Der morgige Tag wird vermutlich vertrau offizielle Staatsreligion." lichen Besprechungen der Ratsmitglieder und

Die Sozialpolitik, die eine bewährte und unentbehrliche Einrichtung darstelle, müsse aller­nene Bombardiernngen chinesischer Städte, dings derart gestaltet werden, daß sie sich den die hente Vormittag in derselben Stunde statt finanziellen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten gefunden hätten, in der der Rat sich zur Be- jeinfüge. Dabei könne an dem verfassungsmäßig handlung des Konflitis versammelt habe. Gegen verbrieften Mitbestimmungsrecht der Arbeit über der von dem japanischen Vertreter betonten nehmer nicht vorbeigegangen werden. Das gelte Bereitwilligkeit zu direkten Verhandlungen er auch für den Tarifgedanken, der nur größerer flärte er, daß solche Verhandlungen nicht mög Elastizität in der Handhabung bedürfe. Besonders scharf wendete sich der Reichs­lich seien, so lange japanische Truppen sich auf fanzler später chinesischem Boden befinden. gegen Schacht,

ben werde.

Abschaffung der Staatsreligion

in Spanien  .

erster Reihe der Autorität des Papst es Abgeordneten der Gewerkschaften haben ihre Die Mönchsorden werden einem Spezial- gehorchen. Die Bestimmung betrifft insbe- Initiativanträge vorgelegt. Das Ministerium einer persönlichen vertraulichen Fühlungnahme gesen unterworfen werden. Der Staat wird sonders die Jesuiten  . Ferner sollen die für soziale Fürsorge hat eine Vorlage über die mit den beiden streitenden Parteien vorbehalten feine der Religionsgemeinschaften unterstüßen. Orden aufgelöst werden, die durch ihre Tätigkeit Vierzigstundenwoche fertiggestellt. Die Ber­Durch ein Sondergesez wird die futzessive Auf- eine Gefahr für die Sicherheit des Staates sind. handlungsgrundlagen sind also geschaffen und fein.