«r. 245. Mittwoch, 21. Ottofct 1931. Seit« 5 Anhänge» an ein Aut  » mit dem Leben bezahlt. Der 18jährige Porzellanarbeiter Rudolf Wagner aus All-Rohlau fuhr, Montag abends mit seinem Fahrrade aus- der Arbeit nach Hause, wobei er sich an einem Lastautomobil anhielt. In einer scharfen Kurv« ließ Wagner das Auto los und wurde gegen ein« Telegtaphenstange ge^ schleudert. Heinen Verletzungen-erlag Wagner kurz nach seiner Einlieferung ins Karlsbader Krankenhaus.. Bestrafte Leichtgläubigkeit. Ter 28jährige Ge­schäftsvertreter Josef Folta machte zu Weihnach­ten v. I. die Bekanntschaft des Maurers Skverka in Beneschau   in Hultschin  . Er teilte ihm mit, daß er für ei«e Gesellschaft in Holland   eine Anleihe von 85V Millionen K besorge, wofür sechs ausersehene Großgrundbesitzerin der Slowakei   und Kavpathorußland gekauft werden sollen. Folta fuhr dann nach Prag   und von hier nach Deutschland   und sandte Skderda Telegramme und Erpreßbriefe, in denen er um llebersendung von Geld er­suchte. Er versprach ihm, daß er. ihm nach Durch­führung der Anleihe und der Kaufes einen Groß­grundbesitz überlaste, auf dem er 15 Jahre wirt­schaften könne und daß dieses Gut nach dieser Zeit auf ihn eingetragen werde. Folta lockte auf diese Weise von Skverka 12.VVÜ X, von besten Neffen 5000 X und von einigen Personen in Beneschau  und Mähr.-Ostrau noch weitere Beträge heraus. Ls wurde festgestellt, daß Folta mit einer Anleihe nichts zu tun habe, sondern nur von vertrauens-> seligen Personen Gest) herauslockt und dann damit Reisen unternimmt. Folta wurde in Mähr.-Ostrau angebaltru und in die Hast der Polizcidnektion m Ltähr.-Osit au eingeliefert. Bei schwerem Wrststurm, der in der Montag- Nacht an der deutschen   Nordseeküste einsetzte, ist bei Borkum  -Riff der russische SchleppdampferAthoS" mit einem in England erbauten Kohlenheber auf der Fahrt nach Leningrad   in schwere Seenot geraten. Auf die Notsignale de» bei der schweren See treibenden Dampfers ist der deutsche Ber­gungsdampferWotan" zur Hilfeleistung abgegangen. Volkswirtschaft and Sozialpolitik Der«e«e Präsident de» Ber  » waltunqsrat« de» Internattenaie« Arbeitsamtes in Senk. Der Verwaltungsrat deS Internationalen Arbeitsamtes in Genf   hat soeben Herrn Ernest Ma ha im» den Vertreter Belgiens  , zum Nach­folger des verstorbenen Präsidenten Arthur Fon­taine gewählt. Der neue Präsident ist am. 27. April 1865 geboren und widmet sich schon seit langen Jah­ren dem Gebiet« der internationalen Arbeits­gesetzgebung. Auf seine Anregung hin wurde bererts im Jahre 1900 dieInternationale Assoziation zum gesetzlichen Schutze der Arbeiter" gegründet, deren eifrigstes Mitglied er dann auch bis 1914 geblieben ist. Auf der Pariser Friedens­konferenz(1919) wir er Sachverständiger der belgischen Regierung und nahm einen hervor­ragenden Anteil an den Arbeiten der Kommission für internationale Arbeitsgesetzgebung. Im Jahre 1921 wurde er Minister für Industrie, Arbeit und Bolksversorgung im Kabinett Carton de Wiart  . Seit 1923 ist er Direktor des Ernst-Söl- Vah-Jnstitüts für Soziologie in Brüssel  . Dem DerwaltungSrate des Internationalen Arbeits­amtes in Genf   und der Internationalen Arbeits­konferenz gehört er als Vertreter Belgiens   bereits seit der Gründung dieser Institutionen an. Ernest Maheim ist auch als Verfasser wissenschaftlicher Werke bekannt, darunter einesLehrbuches des internationalen Arbeitsrechtes"(1912) und einer AbhandlungDie internationale Organisation der Arbeit"(Haag 1924). Er ist Mitglied der belgischen Akademie, deS Internationalen Insti­tuts für Statistik, de» Instituts für Internatio­ nales Recht   und des Institut de France  ". O. S.   Prager Produktenbörse vom 20 Oktober 1931. (Pragoradio.) Die heutige Produktenbörse brachte in Mohlgetreide«ine w«it«re Befestigung in Weizen, welcher in den Preisen um 23 K stieg. Die ! amtlichen Notierungen brachten«ine Befestigung | nm 2 K. In Roggen war die Grundstimmung i demgegenüber ziemlich unsicher und neigte eher zu einer leichten Abschwächung. Di« amtlichen Rotie- I rungen brachten keine Kursbewegung und blieben gegenüber Freitag unverändert. Bon den übrigen Getr«idesorten lag hauptsächlich Gerste flauer, da die Absatzmöglichkeiten nach England verloren gingen und der Gerstenabsatz nunmehr hauptsächlich auf inländisch« Brauereien angewiesen ist. Dir ungenügend« Nachfrage wirkt naturgemäß aus di« Preise ein, welch« heute den amtlichen Notierungen nach um 13 K zurückgingen. Ein« entschieden flauere Haltung macht« sich für Hafer gellend, wel- cher im heutigen Verlaufe fast durchwegs um 23 K niedriger notiert«. In den amtlichen Notierungen blieb Qualitätshafer unverändert, fehlerhafter Hafer ermäßigt« sich um 2 K. Die Steigerung in Weizen blieb in den Weizenmehlpreisen unberück­sichtigt und«s wurden Weizenmehle zu unver­änderten Preisbedingungrn gegenüber der Vorwoche gehandelt. Am Maismarkt«, wo all« Sorten eine Neigung zur Befestigung zeigten, machte sich in den amtlichen Notierungen bei La Plata ein« Steige­rung geltend und stieg diese Gattung um 2 K. Was die übrigen Märkt« anbelangt, wär« hauptsächlich auf di« Verteuerung von Heu und Stroh um 1 K und auf di« Verteuerung von Stärk« um X hinzuweisen. Auch amerikanische- Fett setzte sein« Steigerung fort und erzielt« heut« einen Aufstieg um 10 K. Di« Börse war sehr gut besucht. flnWulöig verurteilt. Berichtlcmag eine» Justizirrtum».- SPD  . Wien  , Miete Oktober. Eig. Ber  .) In Wels  (Oesterreich  ) wurde vor vier Jahre» der Bahnavbeiter Karl Windhager wegen Gattenmordes zu 15 Jahren schweren Kerkers verurteilt. Wind- hager behaupte:« bis zum Schluß der Verhandlung seine Unschuld. Erst jetzt kam es zur Wiederauf» nahm« des Verfahrens. Dieser zweite Prozeß endete mit dem Freispruch des Angeklagtenl viel zu fromm!" Da^ erste Urteil wurde gefällt, wett Windhagen  seiner Frau nach einem vorausgegangenen Streit mit einem Rasiermesser die Kehl  « durchschnitten haben sollt«. Grundlage der Urteils waren die ganz verworrenen und verwirrenden Zeugenaussagen einer kleinen Kinder des Angeklagten. Auf Indizien hin wurde die Schuld konstruiert. Als der Attnan- ger Arzt Dr. Petz erklärte, er glaube an einen Selbstmord, wurde ihm(von der Landbevölkerung) mit Entrüstung geantwortet, dazu sei die Toteviel zu fromm" gewesen... Dor Gericht wurde keiner der anderen zum Teil prominenten Sachverstän­digen, di« sich keineswegs einig waren, daß es sich um einen Mord handle, vernommen. Die Ge­schworene» sprachen ihrSchuldig". Karl Windhager wandert« in den Kerker. Der Gast ick de«Blauen Kugel". Wahrscheinlich wäre GroS über die Sach« ge­wachsen, wenn nicht vor kurzem durch einen eigen­artigen Zufall di« Angelegenheit von neuem zur allgemeinsten Diskussion gestellt worden wär«. In Linz   gibt es eine GastwirtschaftZur blouen Kugel". Das Lokal gehört der Frau Achleitner, einer Nicht« de» verurteilten Karl Windhager. Diese Frau Achleitner bekam zu Anfang des Jahres 1930 den Besuch ihrer Schwester aus Böhmen  , der Marie Windhager. Eines Tages brachte der Briefträger für diese Marie Windhager einen Brief und fragte laut die Wirtin, die Frau Achleitner, nach der Empfängerin. Frau Achleitner sagte, daß daS ihr« Schwester sei. Der Briefträger lieferte den Brief ab und ging. Ein Gast, ein gewisser Franz Hofer   Gelegen­heitsarbeiter aus Linz  , war dem Gespräch aufmerk­sam gefotzt. Er erkundigt« sich b« der Wirtin, ob sie mit Windhager aus Attnang  , den man weyen Moides an seiner Frau verurteilt habe, verwandt sei. Als dir Frau aus verständlichen Gründe« die Frage verneint«, sagt« er:Schad'", sonst hält ich euch war JnteressaM«- erzählt. Ich hob nämlich mit der Frau vom Windhager a paar Jahrln ein Verhältnis g'habt." Die Frauen wurden ausmerk­sam, gaben ihre Verwandtschaft mit demMörder" Sensationeller Gattenmordprozetz. zu und ließen sich von Hofer erzählen, was er wußte: Lieb« und Leben der Cäcilie Vndhagrr. Hofer hatte mit Cäcilie Windhager einige Jahre ein Verhältnis, di« Frau reiste ihm an jein« Arbeitsplätze noch, ihm war das unangenehm, er war Ihrer überdrüssig. Häufig kam es zu unlieb­samen Auftritten. Bei einer dieser Szenen Hoser erinnert sich genau: es war in Schwaz   in Tirol, wo«r Arbeit hatte hat die Windhager plötzlich geschrien:Wenn mich mein Mann holen kommt, dann schneid' ich mir mit dem Rasiermesser di« Kehle ab." Dabei hielt sie Hoftr ein Rasiermesser vor die Nase. Bold danach, im November 1926, kam eS zum offenem Bruch. Hofer wanderte um Arbeit umher, ging ins Ausland und erfuhr eist nach seiner Rückkehr von dem angeblichen Mord. DaS ist eS ungesähr, was Hofer den Frauen erzählt«. Als diese entsetzt fragten, worum er daS nicht gleich gemeldet habe, sagte er:Ja, ich hab' mir denkt, da müßt ich dann Alimente zahlen, denn das jüngst« Kind der Wind hager ist ja von mir." Frau Achleitner teilte die Sache einem Onkel mit, einem höheren Beamten in Linz  , der seinerzeit Hofer veranlaßt«, feine Aussagen zu Protokoll zu geben. Auf Grund seiner Initiative beraumte das Wiener  OberlandeSgericht die Berufung-Verhandlung vor dem Welser   Kreisgericht an. Der Zeug« aus Reise». Plötzlich stellte sich aber heraus, daß der Haupt­zeuge, Franz Hofer  , verschwunden war. Auch feine Mutter in Linz   konnte Rechtsanvxckt Dr. Wildmoser keime Auskunft über seinen Verbleib geben, er war und blieb verschwunden, niemand hatte ein Lebens­zeichen von ihm. Wochenlang forschte Wildmoser ohne jede» Ersatz nach dem Aufenthalt des ManneS, bis er plötzlich zufällig erfuhr, daß Hofer bei einem Zirkus in Amstetten al- Angestellter gesehen worden sei. Aber als Rechtsanwalt Wildmoser nach Amstetten kam, war eS schon zu spät, der Zirkus war längst wieder cmfgebrochen und niemand wußte, wohin. Immerhin waren die weiteren Bemühungen von Erfolg. Der ZirkusKrone" meldete mrS Frankreich, daß er«inen Franz Hoser in feinen Diensten hab«. Dr. Wildmoser ließ in Marseille  seststellen, daß dieser Hof«r tatsächlich mit dem Hofer auS Linz   indentisch sei. Den Zeugen in Marseille  festzunehmen erübrigt« sich, da a versprach, in zwei bis drei Wochen in Linz   zu sein und fttne Angaben zu wiederholen. Der Freispruch. Hoftr kam pünktlich nach Linz   und gab dort und vor dem Gericht in Wels   seit« Angaben noch einmal zu Protokoll. Auch in der Haupwerhandlumg bestätigt« Hofer seine Beziehungen zu Frau Wind­hager, die ihm gegenüber erkort habe, daß st« sich mit einem Rasiermesser di« Kehle Durchschneiden werde, wenn sie zu ihrem Gatten zurückkehren müsse. Windhager selbst wiederholt« seine Aussage aus dem erst«» Protokoll: er habe in ber llrtzlücksnocht mit seiner Frau einen sehr heftigen Stroit gehabt «S wäre auch zu Tätlichkeiten gekommen plötzlich sei die Frau, in die Küche gelaufen, er habe ein merkwürdiges Geräusch gehört und dann ihren Leich­nam in der Küche gefunden,überall war Blut". Tie sachverständigen Aerzte, die seinerzeit im Hols« der Frau drei wagrechte Schnitte festgestellt hatten, meinten, daß sowohl Selbstmord als auch Mord möglich sei.. Der Staatsanwalt bat an­schließend di« Geschworenen, Windhager freizu­sprechen, wenn sie nur den geringsten Zweifel an seiner Mordschuld hätten. Der Zweifel war vor­handen der Freispruch erfolgt« einstimmtz. Unge­heurer Jubel empfing den Mann, der vier Jahre lang unschuldig eingekerkert war. Gerichtssaal Meineid oder...? Nachklänge zu einer Ehescheidung. Prag  , 20. Oktober. Man muß sehr bedauern, baß dieser Fall nicht zur Austragung kam, sondern vertagt werden mußt«, weil sich der Kronzeuge trotz ordentlicher Ladung nicht ringefunden halte. Ein Disponent einer hiesigen Großfirma namens Levy hatte gegen seine Frau«inen Scheidungs­prozeß geführt, den er in drei Instanzen ver­lor. Sowohl in der ScheidungSfache, als auch in dem folgenden'Trennung-stritt und Alimentationsprozeß war als gewich­tig« Zeugin di« Wohnung-nachbarin des Ehepaares aufgetreten. Sie hatte einig« bela­stende Aussagen gegen Herrn Levy gemacht, z. T. unter Zeugeneih. So sagt« sie aus, haß' ihr dieser von feinen anderweitige nBekannt« schäften erzählt habe, ferner hab« er ihr Lieberanträge gemacht, habe ihr Photo­graphien seiner Geliebten in-Trenczin-Teplitz   gezeigt und mit seiner intimen Bekanntschaft mit einer Wiener   Gräfin geprahlt. Er habe si« ferner gebeten, ihm zu helfen, v o ns« iner Frau los­zukommen und ihr als Belohnung zwei Spar­kassenbücher mit beträchtlichen Einlagen übergeben, di« si« aber zurückwies. Hiebei muß erwähnt wer­den, daß si« als Nachbarin des Ehepaares sich um den Haushalt des ManneS kümmert«, dessen Frau zu ihren Eltern gezogen war u. zw. gegen Bezah­lung, da si« von ihrer kftine» Pension al- Witwe eines Ungestillten allein nicht leben konnte' nnd ans Nebenerwerb angewiesen war. Sie hat also seinerzeit zugunsten der Frau ausgesagt und Herr Levy«rstatlrte nun die Anzeige wegen falscherZeugenauSsag e und Mein­eid. Tatsächlich sprech«« einig« Umstände gegen sie, di« sie aber in ihrer Verantwortung in ziem­lich einleuchtender Art zu erklären wußte. Sie er­klärt«, alle ihre Aussagen voll a u f r c cht zu er­halt«« und nachzuweisen. Zur allgemeinen UÜber­raschung stellt« sich nun heraus, daß der Hauptzeug« Levy sich zu der heutig«» Verhandlung nicht eingestellt hatte, obwohl sein« An­wesenheit unbedingt nötig gewesen wäre. Hatte er doch z. B. unter anderem unter Beweis gestellt, daß er Sparkassenbücher von solchen Instituten und über solche Beträge, wie von der Angeklagten be« hauptet wurde, niemalr besessen hab«, während sie wieder den Beweis durch Zeugen anbietet, daß sich diese Bücher tatsächlich in chrer Hand befunden hätten. Der Senat(OGR. Toman) beschloß daher die nochmalige Ladung des Zeugen und vertagte di« Verhandlung auf unbestimmte Zeit. rb. Herr, der Weiße!". Ein« Urwaldtragödie von Franz Heizck. Ich blätterte im Tagebuch... Je weiter die Jahre sich der Gegenwart Nähern, um so kurvenreicher werden die Ein­tragungen. , Halt! Da verhoffe ich an einer mit Kreuz mar­kierten Stelle. Ein Todesfall verlangt besonderes Gedenken. 23. 3. 29. bei N'Djolh, Lagerplatz rm Busch am Kongo. Wright stirbt i Plötzlich durch Schlangenbiß. Ich be­grabe ihn. am Rand der Steppe..." Trauernd erinnere ich mich, als sei es heute, aller Einzelheiten. Ich traf Mister Wright an der Küste im Kreise gemeinsamer Freunde, wo er, aus der fernen Heimat kommend, die Gelegenheit erwar­tete, ins Innere zu fahren, um sich eine Ueber- ßt über Möglichkeiten neuer Siedelung zu tffen. Da ich am nächsten Tage ohnehin aufs Neue schon flußauswärts fuhr, schloß Wright sich deisefreudig meinem Bootstrupp an. S«hs Wochen Reisezeit waren vorgesehen. Schon hatten wir fünf Wochen Boots- und Marschweg hinter uns und strebten einem nahen Flußarm zu, als ich den guten Freund verlieren sollte. Tag und Nacht überfallen bekanntlich den Aequatormenschen mit überraschender Plötzlich- keit. Eben noch sendet dir glühende Sonne ihre spitzigen Todesstrahlen über Urwald und über Steppe nieder, da sprühen auch schon Millionen kleiner Glühkäfer in gigantischem Spiel durchs Dunkel der immerschwülen Tropennacht. Un­durchdringlich für Auge und Fuß wird der uner­forschte Äusch, und wo irgerwein Mensch ist, da sucht er am schwelenden Holzfeuer, jeden An­griffs wilder Tiere wohl bedacht, seinen nächt­lichen Ruheplatz, bis ihm am lachenden Fruh- morgen die grelle Sonne wieder weckt. Raub­lustiges Gesindel hat in Nacht und Dunkel ganz allein von der Natur das Recht zu wandern. Und den Frieden der Aequatornacht zu stören. Tausendstimmig kündet uns ein Schlummerlied des Bögelchors den Abschied eines schönen Tropentages an, und tausendstimmig schließt ihr Morgenlied die harmonische Stille der heutigen Nacht. Gerade nahm ich meinen Tropenhelm vom Köpft, der zwölf heiße Stunden Haupt und Nacken schützte, und will die Anweisung zur Er­richtung eines Lagers geben, als ein Schwarzer aus der Ferne lebhaft durch die Büsch« schreit: Onouä, tangani! Onouä tangani!" Herr, der Weiße! Herr, der Weiße!" So oft ich jemals diese kurzen Worte hörte, nie noch hatten si« solch einen seltsam ernsten Klang! Wright, der leidenschaftlich gerne jagt« und der erst vor wenigen Tagen beim Angriff eines starken Panters mit klaffenden Wunden und Schrammen an Wange und Arm glücklich davon­gekommen war. blieb vor einer guten Wegstunde im Busch zurück, um noch etwas frisches Fleisch zum Nachtessen zu schießen. Manch prächtiges Stück Wild   hatte er im Lauf der lebten Wochen schon in den Tierhimmel entsandt. Ach, wie oft hab' ich doch lachen müssen, wenn er vor dem Abschied zum Jagen mit scho:- tischem Akzent die Worte sprach:Wenn's knallt, gibt's Fleisch!" Wie oft hat er dann die Bestä­tigung erbracht. Noch nach dem letzten Unfall schoß er einen starken Elefanten. Die ganze Nacht saß er dann selbst am Lagerfeuer, um sich den zqben Rüffel gar zu kochen, und zu meinem^leb­haften Erstaunen fand ich auch am frühen Morgen einen delikatenElefantenrüsselsalat" vor. Unsere Träger aber hatten nie so reichlich Fleisch zu essen als nach einem Schuß aus Wrigths geübter, unfehlbarer Büchse. Onouä, tangani! Onouä, tangani!" Der Neger jagt nie etwas auf den ersten Anhieb heraus. Hastig fragte ich daher das Dutzend Fragen, das zur Schaffung eines klaren Bildes unbedingt notwendig ist, bis ich schließ­lich von dem neuen Unglück erfahren muß. Hastig greife ich zur Büchse. Schußbereit, taste ich mich mit zwei Lampenträgern und ge­folgt von meinem Jäger nebst dr«i eingeborenen Begleitern durch das Dunkel auf dem gleichen Pfade vorwärts, den erst vor Minuten me«ne Schwarzen mit den großen Messern schlugen. Ich zitterte vor innerer Erregung. Was gäbe ich, wenn ich den Schotten retten könnte! Sekunden wurden zu Minuten, Minuten wuchsen zu Stunden. Endlich kam ich an die Stelle, an der mich Wright verlassen hatte, um eine kleine Strecke seitlich abzubiegen. Den schwarzen Ueberbringer der Hiobsbotschaft schickte ich voran, und wir folgten aufmerksam und stumm den Spuren seines WrgA- Eine vereinbarte Verständigung, der kurze Pfiff eines Küstenvogels, wurde in weiter Runde nicht gehört. Ich griff, da not­gedrungen doch nun einmal Lichter brannten, zu einer Zigarette, dft aber bald schon an den trockenen Lippen klebte. Im Bogen spuckte ich sie vor die Füße und zertrat,die Glut.Wright Wright!" wollte ich schreien.. Di« Stimme versagte. In weiter Ferne nur brüllte ein wildes Tier. Meine Schläfen dämmerten. Fern von mir höre ich plötzlich ein ver­wischtes Rufen. Wie eine Erlösung kommt eS über Mich. Isa! Isa!"-Hier! Hier/ ES sind die Schwarzen, dte den Schotten begleiteten und unser Licht gesehen haben. Wrights Stimme aber fehlte... Mit zerfetzten Beinen kam ich bei den Bur­schen an. Friedlich, wie in sorgenlosem Schlaf« lag der Freund auf niedergetrampeltem Gestrüpp. Neben ihm ein erlegtes Chimpansenkind. Seme schmalen Lippen im todesbleichen Antlitz waren hart zusammengevreßt und sprachen nur von einem kurzen Leid. Im schwachen Schein der Sturmlaternen Prüfte ich das furchtbare Geschehen.'* Zwei winzigkleine dunkelrote Pünktchen, unscheinbar wie dre Riffe jener häßlich schwarzen Spinne, deren Gift im Augenblick^um Tode führt, zeigten sich an seiner freien rechten Wad«. Im Abstand von einigen Metern aber lag im Blättergrün ein dunkelbrauner Ballen. Dort ist sie, Herr", erklärte mir ei» Schwarzer, der mit Wright zurückgeblieben war. Als ich st« sah, hab' ich sie gleich getötet." Und stolz zeigte er mit dem Gewehr ans seine Beute. Zu spät! Dft giftige Natter batte ihr furcht­bares Werk bereits vollendet Am nächsten Tag schaufelten wir Wright in der Nähe meines Lagerplatzes ein. Befestigt mit Bambusstöcken und Lianensträngen liegt auf dem einsamen Hügel des Toten Tropenhelm. Eine leere Flasche auf dem Grabe birgt eine« Nachruf in verschiedenen Sprachen» einen Nach­ruf, den ich in ernster Stunde schrieb...-: Wird jemand hier vorüberkommen? Urwald und Steppe sind unendlich weit.'.. Dann schrieb ich der alten Mutter nach England einen langen Trostbrief, einer Mutter, von der der Toft mir so vieles' erzählt hatft... Heute denke ich an beide ,,.