Nr. 255.

Stattteg, 8. SMMHltt HM-

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Warum husten wir? ErkältungUhusten und nrrvSse Heiserkeit. Berufs, kortaertze und Raucherkatarrh. Wenn er zum Herbst und Winter geht, mehren sich die Erkjltungskrankheiren. Zwar gibt es auch im Sommer Gelegenheit genug, sich einen Husten zu holen, wenn Erkältunglreize auf die Schleimhaut einwirken, die Hauptjahreszeit dafür jcboch ist und bleibt die Uebergangkzeit. Davon weiß wohl jeder je nach Konstitution und Umgebung zu erzählen, wohl niemand bleibt" von Husten und Heiserkeit gänzlich verschont' WaS bedeutet nun eigentlich der Husten? Zunächst nichts andere- als einen sogenannten reflek­torischen Vorgang. Irgendein Reiz auf oder in den Schleimhäuten der Luftwege(Rase,. Rachen, Luft­röhre, Kehlkopf, Bronchien) wird auf dem Nerven­wege dem Gehirn zugeleitet und von dort auf die Nervenbahnen der AtmungSmurkulatur übertragen. Die daraufhin einsctzenden Hustenbewegungen und Geräusche sind nichts anderes als krampfhafte Zu­sammenziehungen dieser Muskulatur. Ähr Zweck ist die Entfernung von Fremdkörpern oder Schleim von der Oberfläche der Luftwege. Allerdings braucht die Auslösung eine- solchen reflektorischen Vorganges nicht immer schwerwiegende Ursachen zu haben. Tie Nervenbahnen pflegen mir häufigerer Benutzung immer reizbarer zu werden, so daß schließlich der äußere, grobe Reiz ganz wegfallen kann und auf seelisch nervösem Wege Husten und so­gar Anfälle schwerster Art zustande kommen. Das ist dann eine Art nervösen Hustens, die sich in leichterer Form alS H ü st e l n und Räuspern äußert und die sich bisweilen mit einer bestimmten Form der Heiserkeit kombiniert, die als Belegtsein der Stimme bekannt ist. Man kennt dies» Art des nervösen Hustens als Berlegenheitshusten oder alt .Zwang zum Räuspern und Hüsteln in kritischen oder sonstigen Augenblicken, in denen eS am allerwenig- sten angebracht ist. Und auch dieser nervöse'Husten ist ansteckend. Allerdings in gänzlich anderem Sinne all dem durch bakterielle Uebertragung. Er ist seelisch ansteckend. Ganze Schulklassen, ganze Theater oder Konzertsäle hallen plötzlich oder allmählich von jenem. Husten wider, mit dem ein einzelner vielleicht auk Notwen­digkeit begonnen hat," und den seine Nachbarn, immer weiter verbreitend, aufnehmen, gerade dann, wenn unbedingt Ruhe herrschen müßte. Erleichtert wirb dieseEpidemie" durch dazu besonders disponierende äußere Bedingungen in Form von rauchiger oder Zugluft, die on und stör sich schon al» Reiz wirken kann. Ablenkung und Selbstdisziplin sind die Heil­mittel dieses Hustens. Sonst aber wird der übliche Husten durch ent« zündliche Veränderungen der oberen Luftwege her- vorgcrufen. In vielen Fällen lätß sich eine gewisse Bereitschaft dafür nachweisen. Selbstverständlich spielt , auch die Art und der Grad der vorauSgegangenen Erkältung eine Rolle bei der Schwere und der Dauer der Erkrankung. Temperaturwechsel, Erwärmung üttd Abkühlung sind auslösende Ursachen. Außer den Erkältungskrankheiten der oberen oder unteren Luftwege, die fast auinabmSloS zu Husten führen, können auch chemische Veränderun­gen und Beimengungen der Luft Husten verursachen. In diesem Sinne sind bestimmte Berufe, die an der­artig verunreirstgte Räume gebunden sind, natürlich besonder» gefährdet. Auch Redner, Sänger oder Schauspieler, die ihre Stimme anstrengen und außer­dem noch derartigen Raumschädlichkeiten ausgesetzt sind, erkranken zumindest mit einem chronischen Rachenkatarrh, der nicht stet- zu Husten, doch käst -immer zu Heiserkeit führt. Aber nicht allein der Aufenthalt in rauchgefüllten Räumen, auch dar Rau­chen selbst führt zu den als Raucherkatarrh be­kannten entzündlichen Veränderungen der oberen Luftwege. Ein Leiden, mit dem sich manche Raucher bereit» abgefunde« haben und da» sie oft nicht mehr loswerden, da sie sich zu dem einzigen Mittel, dem Rauchverbot, nicht entschließen könne«. Husten und Heiserkeit können durchaus harmlose Erscheinungen sei«. DaS schließt nicht au», daß auch chronische KrankheitSprozesse mit diesen Shmpwmen

beginnen. Tuberkulose und Krebs der Kehlkopfmus- kulatur, der Schleimhaut, der Stimmbänder kann mit Heiserkeit beginnen. Lang anhaltende» Hüsteln oder leichter Husten kann den Beginn der Lungentuber ­

kulose bedeuten, die in diesem Stadium noch gut heilbar ist. Deshalb wird es immer Jache des Arztes bleiben, die genaue Diagnose zu stellen. Dr. med. F. H.

Uniform statt Gestirn.

Eine der stärksten Triebkräfte menschlichen Han­delns ist die Eitelkeit. Verletzte Eitelkeit war schon häufig in der Geschichte die Ursache bluriger und langer Kriege, und geschmeichelte Eitelkeit hat allen Zeiten den Machthabern zu den Erfolgen ver» holfen, die sie anstrebten. Ter Anbetung des eigene« Ich, aus der die Eitelkeit entspringt, steht die Tat­sache gegenüber, daß der Mensch als Einzelwesen in der grauen Majse verschwindet. Um so stärker regt sich in einzelnen Individuen der Gedanke, aus de« Millionen durch eine Tat hervorzutreten, durch sein Aussehen aufznfallen und anders zu sein als die an­deren, die, im ewig gleichen Ablauf de» Geschehens, des Berufs und der gesellschaftlichen Bindungen ver­sunken bleiben. Eitelkeit und Verbrechen sind Geschwister, die stets zusammen auftreten. Die Kriminalpshchologie beschäftigt sich in erster Linie mit diesem Faktum. Da» klassische und oft zitierte Beispiel ist jener Herostrat, der eins der schönsten Bauwerke des alten Griechenland, den Tempel der Diana zu Ephe - so» anzündete, einzig und allein zu dem Zweck, sei­nen Namen in die Geschichte eingehen zu lassen. Bon Ihm bi» zu den modernen Verbrechern, die Brücken und Eisenbahnen in die Luft sprengen, gehr eine schnurgerade Linie und wie weit dieses Motiv bei dem Eisenbahnattentäter M a t u s ch k a au-schlag- gcbend für seine Handlung gewesen ist, wird die Be­obachtung diese» Verbrechers noch weiter bestätigen, al» e» bisher bekannt ist. Solche Verbrecher nennt man, wenn ihre Taten politischen Hintergrund haben, heutzutage mitunter Helden, und es findet sich stet» eine Gruppe von Menschen, die da» Verbrechen, da» ein solcher Fana­tiker begeht, mit Lorbeer und Heilrufen feiert. Die Begriffe um solches Heldentum sind aufs höchste ver­schmutzt worden. Wenn in einer dunklen Straße zehn SA.-Leute, geladen mit Rauflust und Blutgier, mrt Geltungsdrang und blindem Haß, zwei politische Gegner überfallen, heißt es: unsere tapfere SA. hat wieder einmal ihren Mann gestanden. Statt mit Drachen, wie weiland Siegfried, kämpfe« sie mir Fensterscheiben. Der Lohn ist zwar nicht die Ver­herrlichung durch ein Nibelungenlied, wohl aber die durch ihre Zeitungen. Berühmt und berüchtigt gilt für sie dasselbe. E» liegt System in einer wichen Terminologie. Die politischen Freibeuter, die den sicheren Hintergrund in der Straßenkampfetappe dem Heldentum an der Front vorziehen, pflegen diese Ge­sinnung nicht nur, sondern sie benutzen auch di« ent­fesselten Instinkte für ihre größenwahnsinnigen Zwecke. Als stärkster Anreiz dient ihnen dabei die Uni-

Volkswirtschaft und Sozialpolitik von den Beherrschern der Filmkunst. Bor ungefähr zwei Wochen hat sich das deutsche Klangfilmshndikat mit dem Verband der Kinobcsitzer geeinigt; im Streit darum, welche Apparate di« Patentrechte der Klangfilm ver­letzen und welche sozusagen ,^qterttstei" sind. Die deutsche Machtgruppe hat fünf- bis sechs- stelli« Wahlen dafür verlangt, daß sie gnadigst die Benutzung von Apparaten gestattete, die unter Benützung de» zufamme«gekauften und sonst erworbenen geistigen Eigentums glücklicher Erfinder auf t*m, Gebiete der Elektrotechnik konstruiert sind. Die«roßen Elektrotrusts Euro­ pa » und Amerikas haben sich nämlich in den letzten Jahren gegenseitig Patentverletzungen vorgcworfen und sind in der, Begründung ihrer diversen Ansprüche bis in die Uranfänge der noch geschützten Erfindungen gegangen, um ihre« Notstand durch Ausnützung des Patentrechtes zu

form. Sie brauchten für diesen Trick sich nur die Erfahrung zunutze zu machen, die seit dem Bestehen militärischer Organisationen gesammelt wurden. Der Staat hat ja auch die Wirkung, die eine Uniform ausübt, für seine Zwecke dienstbar gemacht und ver­schafft mit ihr seinen Beamten die Autorität, die sie auf intellektuellem Wege niemals erzielen könnten. Der MUItärlsmuS treibt einen Kult mit der Uni­form, dessen ganzer Widersinn der vorbestrafte Schuster von Köpenick auf das Glanzvollste demonstriert hat. Der Fa scis mu» hat au» diesem Tatbestand, der zutiefst in der Natur des Menschen verankert liegt, die Konsequenzen gezogen. Er bietet ganz planmäßig und bewußt dem anonymen Glied der Masse die Möglichkeit, hervorzutreten. Damit ist schon der stärkste Anreiz genannt, den die Rechtsradi­kalen dem politisch Unselbständigen darbringen. Wenn wir dem Friseiirgehilfen 1", so denkt man dort,Sonntag» die Möglichkeit geben, al» tapferer SA.-Mann und rauher Kämpfer in der Oeffentkich- keit zu erscheine«, wenn wir ihm da» Gruppen­bewußtsein mit der Uniform anziehen, das Bewußt­sein:Ich, der Schwache, bin unter meinesgleichen und bin deshalb stark" werden wir ihn zum Ver­teidiger de» System» machen, da» solche» ermöglicht. Wozu eine politische 3free? Solche Kinkerlitzchen sind für die Äntelligenzbestien schmeicheln wir seinen Instinkten und wir haben ibnl" Mit derselben Systematik, mit der in der Schule der Vorkriegszeit dem«och jungen, unverbildeten Gehirn di» Herrlichkeit der militaristische« Deutsch, land Tag für Tag an Dutzenden von Beispielen ge­zeigt wurde, hat der FasciSmu» diese Methode über­nommen und für seine Zwecke umgebildet. Alle die Kniffe, al» da sind: neben der Uniform die Ein­teilung in militärische Formationen mit eigenen Be­zeichnungen, mit einem eigenen Dienstreglement, mit dorgeschriebenem Gruß, diene« diesem Zweck, der in seiner Wirkung noch vertiest wird durch die Kriegs filme, die allabendlich vor Tausenden von Menschen abrollen, und mit denen unter ande­rem auch der KapitakiSmus das Seine dazu tut, seinem besten Verteidiger die Wege zu ebnen. Das Erschütterndste an diesem ganze« Treiben ist aber vielleicht daj^daß der Welckrieg, der die verbrecheri­sch« Absicht eine» solchen Treiben» grauenhaft ent­hüllt, darüber vergessen wurde. Und noch fürchter­licher ist die Tatsache, daß dazu nur 15 Jahre not­wendig waren. Richt mrr in Deutschland , auch in der ganzen übrigen Welt kreist diese Krankheit, die die Gewalt mit einer Gloriole versteht, und die jede andere Regung wohlberechnet unterdrückt.

bessern. Auf der denkwürdigen Pariser Konfe­renz vom Jahve 1980 wurde die Wett bis auf Rußland sozusagen in zwei Teil« geteill: hi« Amerika , hie Europa , hie Western-Electric, hie Tobis-Klangfilm und daS Preismonopol Wal fertig, die Konkurrenz ausgeschlossen und die rationelle Preisbildung konnte einsetzen, di««S den meisten dieser volkswirtschaftlich so wert­vollen Gruppen ermöglichte, sämtliche Patente in einigen Jahren auS den überfließenden Supergewinnen abzuschreiben. Alles an diesem Tonfilm ist dem Kapital aulgeliefert: von jedem Meter Film, von scher Lampe, jeder Vorfüh­rung muß diesen Nutznießern einer außerordent­lichen Erfindung Lizenz gezahlt werden, eine Lizenz, die immer phantastische Höhe erreicht. Nach dem Pariser Frieden begann dann di« Klangsilm das ihr zugewiesene Terrain abzu­grasen und hatte gegen«ine ganze Reihe von tschechosiowokischen Kinobesitzern die Patenteiw grisfSAagen eingereicht, die nunmehr summa­risch vom Verband ausgeglichen wurden. AuS

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bescheidenen Ansprüchen in di« Hunderttausend« wurden kleine Abschlagszahlungen von 4000 7000 K pro Kino, immerhin ein« Summ«, di« bei den paar Tausend tschechosiowakischer Kinos ganz respektabel ist, um so mehr, als noch etwa zwei Drittel mit Klangapparaturen versorgt werden müssen. Die Ansprüche der reichsdeut­schen Volkrwohltüter wurden aus mancherlei Gründen so empfindlich ermäßigt: der Haupt­grund ist darin zu erblicken, daß den Patent- rechtSphontasien der Herren kommerziellen und juristischen Leiter der^ Tobis durch den verlore­nen Lieben-Prozeß in Deutschland ein empfind­licher Dämpfer gegeben wurde und dann noch dadurch, daß heute geschickte Konstrukteure be­reits tadellose Apparate um«inen Bruchteil der offiziellen Wüchevpveise herstellen,' die patent­rechtlich einwandfrei sind. Durch die Bezahlung obiger Abstandssumme erwerben di« dem Kino - verband««geschloffenen Unternehmungen das Recht auf Benützung der Apparatur ms zum Ende der Schutzfrist, d. L 1936 mit der Ein­schränkung, daß die Klangfilm daS ausschließliche Recht erwirbt, die Reparaturen durcksüßren?» lassen. Wie man sieht, mußte das Großkapital dies­mal ganz energisch zuin Rückzug blasen, wenn auch noch«in genügender Gewinn übrig bleibt; waü di« Oeffentlichkeit an dieser Angelegenheit am meisten tnteveffievt, ist die Feststellung, In welch unverantwortlicher Weise zugunsten eini­ger weniger Aktionärgruppen mit Rechten Raub­bau getrieben wird, wie schamlos das ko Vitali- stische RechtSgebäude ein« Ausbeutung der breite­sten Massen nicht nur gestattet, sondern noch mit dem Mantel der Rechtmäßigkeit umgibt und so­zusagen heilig spricht. Dies« ganze Verteuerung der KiniK auf Grund der Einführung von Klangapparatursn war überflüssig und nur«r- Sngen durch die schamlose Ausbeutung der »erlichen Machtposition auf Grund txr Klafsengefetze. Jeder, der einmal«in« Klang­apparatur gesehen hat, wird di« Rechtlosigkeit der Allgemeinheit gegen di« trustmäßige Aus­beutung begreifen, wird erkennen, daß dies« Lizenzverlanaen unbegründet sind und in aar keinem Verhältnis zu den wahren Kosten der Klangapparatur stehen. DaS alles wird aber in keinem kapitalistischem Staat in öffentlichem Interesse aogestellt, im Romen diese» Interesses, das als Entschuldigungsvorwand so oft herhal­ten muß, wenn«S urn Eingriffe in do» DehrnS- rwtevess« der werktätigen Massen geht.

S»mug«Irkste!ideu. Eine festige Geschichte. Bon Marti« Grill. Wenn einer em« Reise tut, so kann er wa» erzähl««, und wenn ihn di« Reis« sogar über irgend eine Reichkgrenz« führt, so erfährt diese» Erleben manchmal ein« ungeahnt« Erweiterung zu einem richtigen Abenteuer. Es muß dabei dem Helden der Geschichte nicht immer so schlecht ergehen wie meinem Freund Johann Schmied Schmied mit langem i«, bitte, dem man auf einer Zollstation trotz seinem leidenschaft­lichen Protest seine neue hölzerne Beinprorhei« abschraubt«, weil er sie nicht verzollen wollt«. Erstens, so behauptete er. sei d es kein Kuns!» gegenstand, wie der Zollbeamte meint«, sondern ein unzertrennlicher Bestandteil^keines in diesem Londe heimatzuständigen Körper!, und zwestens. so sagte er weiter, müßte mancher Grenzbeamte ohne Kopf bcrumlaufen, wenn man olle M»ernen Extremitäten deS menschlichen Körpers ab- schrauben wollte. Diese formvollendet vorgebrachie Verteidi­gung seiner Geldtasche könnt« ihm jedoch nicht die Svwpathi« der Beamten br'noen; der lieb« Freund mußte unter Ach und Web di« verlang'.« Summe bezahlen. Aber, wie gesagt, immer müssen di«s« Erlebnisse nicht io tragisch aus­gehen, wovon nachfolgende GeichichV Zeugn>» ablegen soll. Im Zugsabteil mir eegeuüber saß t n älteres Ehepaar, da» seit einiger Zeit meine Aufmerksamkeit erregt batte. Fortwährend tuschelten die zwei, Leutchen aufgeregt m't«>nander »l- ob sie sich über ein« wichtige Sach« nicht

einig werden könnten. Erst als später di« Rede auf die bevorstehend« Zollrevision kam, inter­essierten sich di« beiden auch für ihre Reise­gefährten. Die interessanteste Persönlichkeit war zweifellos d'e Dam« an meiner Seite. Sie erinnerte mich lebhaft an die Riefendame Olga, die vorige» Jcchr um 30 Pfennig im Vergnügungs­park zu sehen war. Sie gehörte zu denfenigen Personen, um de man getrost einen Morgen­spaziergang machen kann, wenn man gute Bein« hat und unterwegs einigemal ausruht. Bei ihrem Hereinkommen glaubte ich, ein Nilpferd käme angeschwommen, so ungeheuer dick war sie. Sie nahm^ut drei Viertel des Platze» ein, der für vi«r Personen bestimmt war. Ich befürchtet« immer, di« aufgehäufte Fleisch- und Fettmasse könne zerstießen und mich jämmerlich erdrücken, der ick neben ihr wie«in arme» Hascher! aursah. Woas?" sagte sie auf eine Frage des gegen- übersitzenden Herrn,die Zollrevision? Jöo, di« i» bei der nächsten Station do im Zug Herrin. Dann» wos Hom, tuan» dös nur guat vastecken. Luaders lofs'n neamand au», wanne war g'funden Hom." Sind denn die Beamten sehr streng?" fragte ängstlich d:e stein« Frau,wir hoben nämlich ein paar Sachen einaerauft..." Soo? Don ns nur ka Wurst oder Schin­ken nöt Hom. Auf dös sahns nämlich scharf. Dös darf nöt eigführt Wern. Ober wissins woS, geb'ns her» Zeug, ich wers schon durchbringa." Wenn Sie Has könnten, wir sind mit diesen Dingen wenig vertraut..." Nur her damit, itrr wer« dös Kind schon schaukeln." Und damit nahm die Tick« der kleinen Frau auch schon ein!«« Pakete an» der Hand und verstaute sie zwischen ihren säulenförmigen Beinen,

di« glücklicherweise fast ganz von dem langen Rock bedeckt waren. Na, ich werde froh sein, wenn alle» gut abgelaufen ist", ächzte der Herr, dabei nervös hin und her rutschend. Ein paar Minuten später. Grenzstation. Zollbeamte kommen herein.Die Pässe bitte!" Flüchtig werden dieselben durchgesehen. Zwei ander« kommen. ,Haben Sie etwa» Verzollbares?" Nein, gar nichts." Di« klein« Frau wird abwechselnd rot und weiß. Der Mann rutscht hin und her, al» hatte er sich unversehenerweis« in«inen Ameisenhaufen gesetzt. Der scharfe Blick des Beamte» blecht auf dem Koffer der dicken Olga haften.' Wa» ist hier drinnen?" Nicht», wa» Sie interessieren könnte." Seien Sie nicht so frech und sperren Sie auf", knurrt der Beamte. Di« Riesendam« schaut ihn an, so wie der Wolf ein Kaninchen betracht«:, daS er im nächsten Augenblick fressen will, und wirft ihm die Schlüssel hin, ohne sich vom Platz zu rühren. Die Grenzer durchwühlen den Koffer bi» auf den Grund, zerren alles heraus und finden trotz langem Suchen nicht das geringste. Haben Sie wirklich nicht» Verzollbares?" frägt der argwöhnende Beamte nochmals, den Kopf im Koffer vergraben. Ja", meinr die Dicke,Schinken hob ich!" Wa»?..Wo?" Der Grenzer fährt herum. Hier!" brüllte der Koloß und klatschte dabei mit beiden Händen aus di«, breiten Hinterbacken, daß ich befürchtet«, setzt müßten sie zerplatzen. Gemeinheit so etwa», Di« wollen mich wohl foppen?"

Wollen Sie vielletcht selber seh'n?" war di« Antwort der Dicken, und sie fing an, resolut die Röck« aufzukrempeln... Doch der Beamte wartet« da» Ergebnis der Prozedur nicht ab und verschwand fluchtartig au? dem Abteil. Mir Siegermiene gab die Dick« dem Ehepaar die Paket« zurück.Sehn Sie, so muaS man'S machen." Dabei kassierte sie geschickt einen Geld­schein«in, den der Herr in der Hand verborgen hielt,, die DankeSworte der beiden zugleich mit energischer Bewegung abschneidend. Bei der nächsten Station schon stieg oaS Ehepaar, befreit aufatmend, au». Die dick« Olga verließ mit mir zugleich den Zug. Sie war etwa» länger drin geblieben, so daß ich erst dachte, sie fahre weiter, al» sie am Fenster auftaucht« und ihren Koffer einem Dienst­ mann zuwarf. Dan« klettert« sie selbst au» dem Waggon heran», unter jedem Arm zwei umfang­reiche Pakete haltend. Da sie doch früher nur einen Koffe.r gehabt hatte, muß ich sie wohl etwa» verwundert angesehen haben, denn sie fuhr mich plötzlich an:Willst wohl auch an Schinken sehn, weilst so damisch luagft?" Dabei fuchtelt« sie mir mit einem Paket unter der Nase herum; da» Papier hatte sich davon halb gelöst und da», wa» d!« Ticke in der Hand hielt, da» war, ja, das war tatsächlich... ein Schinken! Dann schwamm sie wie ein kleiner Schrou- bendampser stolz dem Ausgang zu. Si« wirkte unter der Menge genau so imposant, al» vorher im Abteil, obwohl ich merkte, daß ihre mittler« Breite seit einer Viertelstunde beträchtlich ob­genommen hatte. Di« zwei Schinkenpaket« hielt sie fest an sich gepreßt und ei schien, al» waren Pakt» und Frau ein unzertrennliches Ganzes.