Seite 2

Sonntag, 15. November 1931.

möglich wäre, im Wege internationaler Verein Produktive Arbeitslosenfürsorge|

barungen, sei es allgemeiner, sei es solcher, die für die einzelnen Industriezweige gelten, zu einer bes­feren Regelung der Arbeitszeit zu gelangen." Tatsächlich hat das Internationale Arbeitsamt - gemäß des obenbezeichneten Beschlusses die Ar­beitslosigkeitskommission für den 7. Dezember 1981

einberufen.

In diesem Zusammenhange sei auch darauf ver­wiesen, daß alle bisherigen Behauptungen über die angebliche Bereitschaft des Ministeriums, für den Fall der Verkürzung der Arbeitszeit der Lohn­sentung zuzustimmen, sich schon durch den Hinweis auf den Inhalt der Vorlage von selbst wider­Yegen.

Gegen Lohnsenkung.

Soweit das Fürsorgeministerium selbst bei der Arbeitsbeschaffung in Betracht kam, vermochte es durch Bewilligung von Lohnzuschüssen die Zahl der Arbeitslosen in sehr beträchtlicher Weise herabzusehen. Aus dem von dem Ministerrate be­willigten Kredit per 80,302.170 fonnten 5199 Ge­suche um Lohnzuschüsse bewilligt und dadurch für viereinhalb Monate rund 100.000 Arbeitslose wie der dem Nährzustande zugeführt werden.

Das Genter System.

Weitere Hilfsmaßnahmen.

Arbeiterschutz.

Nr. 266.

liche Herabsehung um sicherlich mehr als die Hälfte erfahren.

bereiten.

Neben den vorerwähnten Hilfsmaßnahmen hat das Fürsorgeministerium auf Grund der ihm vom Internationale Zusammenarbeit. Ministerrate erteilten Kredite eine ganze Reihe von Hilfsaktionen in die Wege geleitet. So hat es erscheint die Zusammenarbeit mit den anderen Gerade auf dem Gebiete des Arbeiterschutzes für eine bejjere Dotterung der Konfularstellen des Staaten unumgänglich notwendig. Darum ist das Staates gesorgt, um auch die außerhalb des Ministerium bemüht, seine Zusammenarbeit mit dem Staates lebenden Staatsangehörigen Internationalen Arbeitsamte in Genf immer einer staatlichen Hilfe teilhaft werden zu lassen. Es inniger zu gestalten, und bennüht sich dort, durch seine bereitet weiters für die allernächste Zeit die Durch Initiative, wie dies z. B. bei der Regelung der führung der Hilfsaktion für die in der Heim- Arbeitszeit im Bergbau geschehen ist, die industrie selbständig tätigen, dem schwersten Arbeit des Internationalen Arbeitsamtes wesentlich Die im Vorjahre durchgeführte Erhöhung der Notftande ausgesetzten Personen vor. Das Mini- zu fördern. Augenblicklich macht es alle Anftren­Staatszuschüsse zu den Gewerkschaftsunterstützungen, sterium hofft auch, im Rahmen der von ihm organi- gungen, um den Beitritt der Tschechoslowakei zu wie auch die Einführung der Krisenfürsorge versierten Weihnachts- und Winteraushilfe einer ganzen Reihe von Konventionen, so auf mochte den schweren Notstand wenigstens eines für die krassesten Notstandsfälle durch Beistellung von dem Gebiete der Arbeitsvermittlung, der Was im Vorstehenden gesagt wurde, gilt auch Teiles der arbeitslosen Familien zu lindern. Diese Kälteschut usw. Vorsorge treffen zu können, welche Berufstrantheiten, der Nachtarbett von den Tendenzen, durch einen Lohn abbau Ausgestaltung der Arbeitslosenfürsorge war um so eine Ergänzung der vom Ernährungsministerium der Jugendlichen, des Schußes der Schwan­zur Hebung der Produktion gelangen zu wollen. notwendiger, als sich das für normale Zeitverhält ins Leben gerufenen, großzügigen Kartoffel- geren, durch entsprechende Gesehentwürfe vorzu­Ich sehe ganz davon ab, daß alle im Anschlusse an nisse geschaffene Genter System dem Krisenansturme und Kohlenaktion bilden soll. die zurüdliegenden Lohnabbautendenzen gemachten gegenüber als unzulänglich erwies. Darum Ankündigungen, daß dadurch der Produktions - hat das Fürsorgeministerium bereits wiederholt In diesem Zusammenhange soll auch der Mit­apparat wieder flottgemacht werden würde, fich als deutlich zum Ausdruck gebracht, daß das Genter arbeit der Tschechoslowakei an der vom Internatio­ganz verfehlt erwiesen haben. Es trat viel System durch eine Einrichtung ersetzt werden müsse, mußte natürlich auch der Ausbau des Arbeiter- internationalen Investitionspro Hand in Hand mit allen diesen Maßnahmen nalen Arbeitsamte angeregten Realisierung eines mals das Gegenteil zutage, daß die Herabjegung welche obligatorische Vorsorgen für alle der Löhne eine weitere Sekung der Kaufkraft der im Produktionsprozesse stehenden Personen vor schutes vor sich gehen. Diesem Zwecke diente vor grammes gedacht werden, für welches das Für­Massen zur Folge hatte und die Krise verschärfte. sieht und vor allemt auch auf der Beitrags- allem die Vorlage über die Verkürzung der Arbeits- forgeminifterium gemeinsam mit den anderen Darum erklärt das Ministerium, daß der 2ohn- leistung der Arbeitgeber aufgebaut wird, zeit und über die Arbeitsvermittlung sowie der Ressorts des Landes konkrete Anträge ausgearbeitet abban tein Heilmittel gegen die Krife sei, die bei uns bisher zu den Basten der Arbeitslosen Gesezentwurf zum Schuße der Frauen vor hat. Nach langjährigen Bemühungen ist es dem sondern sich nur gegenteilig auswirke. fürsorge überhaupt nicht herangezogen wurden. und nach der Geburt, der Gesezentwurf Ministerium dank der Mitwirkung des Außen­Sozialpolitik- kein Luxus. Dagegen hat der Beitrag der österreichischen Arbeit über das Verbot der Nachtarbeit der ministeriums in diesem Jahre gelungen, auf dem geber zur Arbeitslosenversicherung in den letzten iugendlichen Arbeiter, die im Parlament Gebiete der Sozialversicherung den längst fälligen Trok diesem Standpunkte bekennt sich auch das Jahren rund 300 Millionen Kronen erreicht. In zur Verhandlung stehende Novelle zum§ 82 Gegenseitigkeitsvertrag zwischen Fürsorgeministerium zu der Parole der Regierung, verhältnismäßig noch beträchtlicherer Höhe bewegt sich der Gewerbeordnung, das zur interministeriellen Be- Desterreich und der Tschechoslowatet daß angesichts der Verschlimmerung der Wirtschafts- die Beitragsleistung der reichsdeutschen Arbeitgeber. handlung übergebene Gesetz über die Behand unter Dach und Fach zu bringen. Das Ministerium lage mit Sparmaßnahmen in der Verwaltung vor- Das Ministerium hat bereits die Verfassung ung der Berufskrankheiten als un hat auch nach langjährigen Bemühungen analoge gegangen werden müsse. Aber das Fürsorgemini- eines Entwurfes einer obligatorischen Arfallsfolgen, die bereits erlassene Regierungs- Abmachungen mit Deutschland getroffen und sterium bekennt sich gleichzeitig auch zu dem Worte beitslosenversicherung in Angriff genom- verordnung über den Bauarbeiterschuh, die erhofft die baldige verfassungsmäßige Verabschiedung des Präsidenten vom 28. Oktober, daß, wenn man men. Es ist sich aber dessen bewußt, daß eine Ver- im Ministerium fertiggestellten Vorlagen einer auch dieses Gegenseitigkeitsvertrages. Auch auch sparen müsse, man auf der anderen Seite nicht wirklichung desselben in diesem außerordentlich Novelle sowie einer Regierungsverordnung über die Frankreich , Polen und dem jugoslavi doriknausern dürfe, wo dies der Vorteil und schwierigen Augenblicke ganz unmöglich ist, und Heimarbeit, die im interministeriellen Ver- hen Staate wurden aleiche Verhandlungen in die organische Entwicklung einzelner Zweige oder bereitet daher eine Gesetzesvorlage über einen fahren zur Verhandlung stehende Vorlage über die die Wege geleitet. des Staatsganzen nicht gestatte. Wenn dieses Wort außerordentlichen staatlichen Rollektivverträge, die Vorlage einer Re­irgendwo seine volle Berechtigung hat, so gerade auf gierungsverordnung über den Schutz der in der dem Boden der Sozialpolitik, welche, wie Albert zint und bleiverarbeitenden Indu Thomas kürzlich sagte, fein Lurus, sondern eine strie beschäftigten Personen und schließlich auch der Entwurf über die Gehaltstlaffen im ernste Notwendigkeit sei. Und darum sage ich in Apothekergewerbe. dieser Stunde:

Trotz Krise erst redit Sozial­politik!

Ich sage es angesichts des großen Leides vieler hunderttausender Menschen, die mit Recht den An­spruch erheben, daß die Maschine, die heute im Dienste der Privatwirtschaft steht, einmal aud; in den Dienst der arbeitenden Menschen gestellt werde.

Arbeitsloseniürsorge- Arbeits­

beschaffung.

Notstandsfond

vor, der auf der Beitragsleistung der Arbeitgeber und einer Alimentierung durch neu zu schaffende 3wedabgaben basiert sein und eine aus­giebigere Hilfeleistung für die von der Krise heim­gesuchten Familien ermöglichen soll.

Selbstverständlich bleiben die bisherigen Not­standsaktionen des Stataes vorläufig noch weiter im Gange. Die bezüglichen Vorsorgen wurden bereits bis zur Höhe von rund 376 Millionen Kronen im Budget für das Jahr 1932 getroffen. Arbeitslosenzählung, Arbeits­vermittlung.

Eine der wichtigsten Aufgaben des Ministeriums Die Hauptschwierigkeit bei der Organisierung war die Fürsorge für die von der Arbeitslosigkeit der Arbeitslosenfürsorge bildet die genaue Ermitt heimgesuchten Arbeiter. Es muß nicht erst besonders lung der Zahl der Arbeitslosen. Das Ministerium betont werden, daß das Fürsorgeministerium nach tonzentriert seine ganze Kraft auf die Herbei dieser Richtung die Sorge um die Arbeitsführung der raschesten Verabschiedung seiner Vor­beschaffung an die Spize seines Programmes lage über Arbeitsvermittlung, welche mit stellte. Mit Rücksicht auf den Exportcharakter des den chaotischen Verhältnissen auf dem Gebiete des Staates setzte es sich vor allem für gute handels- Arbeitsmarktes aufräumen und die Arbeitsvermitt­politische Beziehungen zu allen Staaten, besonders zu lung auf feste Grundlagen stellen soll, wobei es den benachbarten, ein und wirkte dahin, daß die selbstverständlich auch die nötigen Vorsorgen be­handelspolitischen Beziehungen zur Sowjetunion er- züglich Stillegung von Betrieben, der weitert werden. Augenblicklich ist es bemüht, die Anmeldung offener Arbeitsstellen. fofortige Durchführung des Exportkredit- Geseyes 31 sowie der Jnangriffnahme der Berufs­betreiben, wie auch einer wesentlichen Erhöhung des beratung ins Auge faßte. Das Ministerium hält Strebites die Wege zu bahnen. In der gleichen Linie gerade diese Vorlage für einen der wichtigsten Be­liegen auch die Bemühungen nach rasche st er helfe bei der Bekämpfung des Krisennotstandes, Vergebung und schleunigster Inan- wobei vor allem auf die Vorbeugung ganz griffnahme der bewilligten Investi- willkürlicher Betriebsstillegungen tionstrebite. befonderer Nachdrud gelegt wird.

Dr. Tolpe's Rache.

Roman von A. Altschul.

I.

1

Es dunkelte schon, als der Manzbergfranzl den Bahnhof verließ. Der letzte Zug war bereits fort und es gab nun für ihn nichts mehr zu tun. Festen Schritts ging er dem Gutshof zu.

Franzl war weder Stationsvorstand noch Weichenwärter oder etwas ähnliches, nein, er war nur ein kleiner zehnjähriger Junge, dessen Ideal die Eisenbahn war. Früh ging er in die Schule, mittags würgte er kaum ein paar Bissen hinunter und schon lief er auf den Bahnhof, von wo er erst spät am Abend zurückkehrte. Es hatte Deshalb schon viel Schelte zu Hause gegeben, er wurde im Zimmer eingesperrt, aber immer wie der wußte er einen Ausweg, unbemerkt zu ent­wischen, oder, wenn alle Versuche mißlangen, sah er vom Fenster aus den vorübereilenden Zügen nach.

Das Gut lag knapp an der Bahnstrecke. Vor zwanzig Jahren hatte es Franzls Großvater erworben, der Vater hatte es geerbt und über furz oder lang sollte Franzl selbst der Herr hier fein. Das wenigstens war der Plan Josef Manz bergs, Franzls Baters.

Franzl dachte gar nicht an diese Zukunfts­möglichkeit. Der Herr Lehrer erzählte in der Schule von fernen Ländern, von großen Meeren, über die riesige Schiffe fahren, von Menschen, die eine rote, eine gelbe, eine schwarze Haut hätten und die eine ganz andere Sprache sprã­chen.

Dorthin wollte Frangl gehen, unter fremben Menschen leben, neue, unbekannte Länder sehen, immer weiter, immer weiter, bis ans Ende der

Welt.

Er spielte nicht wie die anderen Kinder

feines Alters, er half auf dem Feld nicht mit, er war nur auf dem Bahnhof. Stundenlang konnte er dort weilen und einen auf einem Nebengleis stehenden Waggon betrachten. Seine Blicke liebkosten förmlich die massiven Gisenräder, die durch so viele Länder gerollt waren, jede Stange, jeder Nagel erzählte ihm bon fernen, fernen Dingen.

Der Stationsvorstand hatte Franzl lieb­

gewonnen, ja jogar die Schaffner tannten ihn fchon. Einmal, als ein Laftzug in der Station rangierte, durfte Franzl auf der Lokomotive mit­fahren. Das war der glücklichste Tag feines Lebens.

Als Franz zum Gutshof kam, war es bereits dunkel geworden. Vater und Mutter faßen vor dem Hause. Der Vater rauchte wie gewöhnlich seine lange Pfeife, während die Mutter eine Jade stricte. Schuldbewußt schlich Franzl vorüber. Der Vater brummte envas Un verständliches vor sich hin, die Mutter folgte Franzl in die Küche und gab ihm das Abend­brot, das sie sorgfältig für ihn vorbereitet hatte. Dabei schaute sie ihn so ganz merkwürdig an, daß ihm die Tränen in die Augen traten. Er hatte damals ihren Blick nicht verstanden. Viele Jahre später erft wußte er es; die Mutter hatte ge­fürchtet, ihren einzigen Jungen bald für immer zu verlieren.

-

Das Dorf gehörte zu den Orten, die an den Fenstern der mit unverminderter Geschirindig­feit durchrasenden D- Züge wie armselige, zur Einsamkeit Verurteilte vorbeifliegen.

Täglich fuhren hier zwei Schnellzüge durch. Franzl tannte genau die Zeit, wann die schwarze, schnaubende Riesenschlange das Stationsgebäude erzittern machte. Täglich stand er mit dem Sta­tionsvorstand auf dem kleinen Berron und fah dem sausenden, rauchspeienden Ungeheuer nach, das gleich einem Orlan schier unaufhaltsam bor­wärtsstürmte.

Auf dieses Gebiet fällt auch der Gefeßenttourf über bie

Arbeitskammern,

dessen Zweck es ist, auch die Arbeiter jener Ein­richtungen teilhaftig werden zu lassen, die bereits die Industrie und der Handel in den Handels­kammern, die Landwirtschaft in den Landeskultur räten, das Gewerbe in den Gewerbeförderungs­instituten befizen. Die Arbeit der gewerkschaftlichen Zentralstellen wird durch die Wirksamkeit der Ar­beitstammern eine wesentliche Ausgestaltung erfahren

Gewerbeinspektion.

#

Auch mit

Auf dem Gebiete der internationalen Sicherung des Arbeitsmarktes wurden Gegenseitig­teitsabmachungen mit Deutschland , Desterreich und Frankreich getroffen und auch bereits in Wirkham­feit gefeht. Auf dem Gebiete der Krisenfürsorge schweben augenblicklich wegen der gegenseitigen Anerkennung und Zubilligung der rijen­fürsorge, resp. der Notstandsaushilfen Verhand lungen mit Defterreich und Deutschland .

Baubewegung und Bar­

förderung.

Früher als angenommen wurde, hat es fic. gezeigt, daß sich die im Jahre 1930 durchgeführte Novellierung des Bauförderungsgesetzes in vollem Maße ausgetvirkt hat. Hier genügt schon die bloße Feststellung, daß es dem Staate mit verhältnis­mäßig einen Opfern gelingen wird, fünfund­zwanzigtaufend billige und gesunde Wohnungen für die wirtschaftlich schwächsten Das Bild, das im vorstehenden geboten wurde, Kreise der Bevölkerung zu schaffen. Dies wurde oor wäre unvollständig, wenn hier nicht auch der Arbeit allem durch die Zubilligung der in viele hunderte. der Gewerbeinspektion gedacht werden würde, die in Millionen gehenden Staatsgarantie erzielt, die den den schweren Stunden der Massenarbeitslosig- Staat bis auf einige verhältnismäßig geringfügige feit ihre Kräfte ganz außerordentlich anspannen Beträge faft nichts kostet. Einen noch stärkeren An­mußte, um den ihr gestellten Aufgaben gerecht zu trieb erhielt die Baubewegung durch den im Bau­werden. Gerade jest machte sich der Mangel eines förderungsgesetz vom Jahre 1930 vorgesehenen Gesetzes über die Arbeitsinspektion, dessen staatlichen Bau zu schuß, welcher bisher einen Vorlage im Ministerium für soziale Fürsorge bereits Aufwand bis zur Höhe von faum 15 Millionen feit langem fertiggestellt ist, außerordentlich fühlbar. erforderte. Darum ist die Diskussion, die die Weber­Bei der Einhaltung der Arbeitszeit und der reichung der neuen Bauförderungsnovelle herbor Regelung ber Nachtarbeit sowie der Weber- rief, laum zu verstehen. Sollte die Novelle Gefes st unbenarbeit konnte eine wesentliche Besserung werden, dann wirb es möglich sein, viele Sun herbeigeführt werden. Während die Zahl der Ueber- derte von Baugesuchen, die augenblicklich ber stunden noch im Jahre 1929 16,314.228 betrug, meritorischen Erledigung harren, zu verabschieden wurde sie im Jahre 1930 auf 5,970.079 herabgebrückt und die Bauförderung aufs neue in sehr starkent und wird im heurigen Jahre eine weitere wesent- Maße zu beleben.

Wie gewöhnlich stand auch heute Franzl| Männer zogen behutsam ein feines blutiges auf dem Bahnsteig. Neben ihm der Stations Bündel hervor. vorstand. Gleich mußte der D- Zug paffieren. Die letzte Station hatte die Durchfahrt bereits gemeldet. Franzl kannte die Signale genau. Sofort mußte die schwarze Rauchfahne am Horizont erscheinen.

Es vergingen fünf Minuten. Nervös schaute der Stationsvorstand auf die Uhr. Auch Franzl wurde schon ungeduldig und trat von einem Fuß auf den anderen.

Der Zeiger rüdte weiter. Nichts rührte sich. Schon fünfzehn Minuten Verspätung. Wo blieb nur der Zug?

Blötzlich schrillte die Glocke des Telegraphen. Der Stationsvorstand eilte hinein Franzl hinter ihm.

Totenstille herrschte in dem kleinen Raum. Nur das emfige Tiden des Morseapparates wir zu hören, der auf einen schmalen Papierstreifen Punkte und Striche zeichnete.

Der Stationsvorstand nahm den Streifen in die Sand. Franzl kannte diese geheimnisvollen Zeichen nicht, die durch den längs der Strecke laufenden Draht herüberkamen, aber dafür kannte er seinen alten Freund und fah, wie deffen Gesicht plöblich eine andere Farbe betam und er für einen Augenblick wie versteinert vor sich hin­ftarrte. Dann, fich zusammenraffend, eilte er hinaus, sprach tein Wort und rannte dem Guts­hof zu. Franzl hinter ihm her. Er konnte dem großen Manne dort vorne faum folgen, stolperte über Schwellen, schlug sich das Knie auf, sprang schnell wieder auf und rannte weiter, immer weiter, dem Stationsvorstand nach.

Als die beiden atemlos antamen, waren schon Leute dabei, die Verwundeten aus den Trümmern der gestürzten Waggons zu befreien. Stöhnen, Röcheln, Hilferufe schollen ihn von allen Seiten entgegen.

Eine junge Frau rannte händeringend hin und her und rief nach ihrem Kind. Da. 8met

Franzl mußte unwillkürlich an seine Mutter denken, wie sie ihn gestern so eigentümlich an­gefehen hatte. Diese Frau erinnerte ihn daran, wie sie laut aufschluchzend ihr Kind an sich riz.

Wohin mit ihm? Hier kann es doch nicht bleiben! Es stirbt! Seht ihr es denn nicht?" schienen ihre weitgeöffneten Augen zu rufen.

Stumm zeigte Franzl auf den kaum fünfzig Schritt entfernten Gutshof hin. Da fletterte bie Mutter, das Kind in den Armen haltend, die steile Böschung hinauf, nur von Franzl beglei tet. Bitternd vor Aufregung führte er sie in die beste Stube und strich die Kissen auf dem alt­modischen Sofa glatt.

Der alte Dorfarzt kam, wusch die Wunde der fleinen Erna sorgfältig aus und legte einen Notverband an.

,, Es ist nur eine unbedeutende Wunde, Gnädigste, wirklich gar nichts Gefährliches", ber sicherte er zum wiederholten Male der angit erfüllten Mutter. In ein paar Tagen weiß die Kleine gar nichts mehr davon, gelt Kleine, der alte Onkel Doktor hat recht?

-

Franzl stand abseits und schaute nur in das zarte, blaffe Gefichtchen der kleinen Erna, die da so hilflos in dem weißen, vom Blut befleckten Kleidchen auf dem Sofa lag. Wie ein Engel tam sie ihm vor, wie ein Gruß aus einer weiten, wei­ten Welt. Er konnte gar nicht glauben, daß er nicht mur träume. Er sah dieses schwache Ge­schöpfchen vor sich und fühlte sich selbst so start, daß er es beschützen und behüten könnte. Franzĺ war zehn Jahre alt.

Bald traf ein Hilfszug ein. Auch die Kleine Erna wurde in einen Waggon getragen, der ein groges, rotes Kreuz auf der Seite hatte.

Gortfepung folgt)