NHI Nr. 281. Donnerstag, 8. Dezenrler 1281. Wenn die einen der bürgerlichen Parteien glauben, mit dieser geheuchelten Besorgnis um das Wohlergehen der Kleinen diese gegen die Sozialdemokratie aufputschen zu können und auf diese Weise gegen die Vertretung der Ar­beiterklasse anstürmen, betätigen die anderen ihre Arveiterseindlichkeit weit offener und un­geschminkter. Allen voran belegen di« Kano­nen der tschechischen Agrarier, welche in der Front der Scharfmacher die Avantgarde zu sein sich bemühen, die sozialistischen   Stellun­gen mit einem wahren Trommelfeuer und es ihnen gleichzutun, sind auch die tschechischen Nationaldemokraten und tschechischen Klerika­len eifrigst bemüht. Noch nie vordem feierte die, antisozialistische Gesinnung des tschechi­schen Bürgertums solche Orgien wie jetzt, nie vordem wurde von seiner Presse die Aufrei­zung zum Klassenhaß so robust und offen be­trieben, wie in diesen Zeiten der Krise, da zahllose Arbeiterfamilien am Rande der Ver­zweiflung stehen und die noch in Arbeit stehen­den Menschen in banger Sorge dem Tage ent­gegensehen, da auch sie das Schicksal, auf die Straße geworfen zu werden, ereilt. Davon, daß di« jetzige außerordentliche Zeit auch außer­ordentliche Maßnahmen verlangt und daß es angesichts der Massenarbeitslosigkeit jetzt die alberoberste Aufgabe sein muß, dafür zu sor­gen, daß die armen Opfer dieser wahnwitzigen kapitalistischen   Gesellschaftsordnung wenigstens ihr Leben fristen können, davon hat die tschechische Agrarpartei und ihr Gefolge noch kaum Notiz genommen. Noch immer stellt sie die Interessen der Agrarbourgeoisie und neue­stens auch jene der städtischen Hausbesitzer in den Vordergrund. Sie nennt sich d i e staats­erhaltende Partei, verteilt über patriotisch« Gesinnung Zensuren und Noten, dabei be­trachtet sie selbst in dieser kritischen Zeit den von ihr angeblich so geliebten Staat als ihr Restgut, auf dem di« anderen nur die Gedul­deten, die Vasallen, ihre Angehörigen dagegen die Nutznießer zu sein haben. Tagtäglich rich­ten ihre Organe ein« Flut von Angriffen gegen den sozialdemokratischen Fürsorgemini­ster, weil er nach ihren moralischen und sitt­lichen Begriffen eine zu große Fürsorge für di« Arbeitslosen entwickelt uiw über die Ar­beitslosen schreiben sie in einer Art, als wenn diese sämtlich Faulenzer und arbeitsscheue Elemente wären, die auf Staatskosten ein sybaritisches Leben führen und kein größeres Glück kennen würden, als die Arbeitslosen­unterstützung zu beziehen oder in den Besitz von Lebensmittel- und Milchkarten zu kom­men. Ihnen eifern ihre Brüder im Geiste, die Nationaldemokraten nach, so schreibt beispiels­weise ihr« gestrigeNärodni Politika", ohne auch nur den Schatten eines Beweises dafür aufzubringen, die Arbeitslosigkeit habe einen ungewohnten Umfang angenommen, nicht nur weil Mangel an Arbeit herrscht, sondern auch wegen ,ches eifervollen Zusammensuchens der Arbeitslosen", auch werde Mißbrauch mit der Arbeitslosenunterstützung geübt, es gebe Be­schäftigt«, Ausgedinger und Saisonarbeiter, welch« die Unterstützung beziehen lauter Behauptungen, für die nicht ein Beweis er­bracht wird. Und daß der größte Teil der Ar­beitslosen gar nicht arbeiten wolle, dafür scheint dem feinen Bourgeoisblatt Beweis, daß es in 16 Dr. Tolpes Rache. Roman von A. Altichul DaS war Doktor Adolf Tolpe, der Direktor der Handelsakademie, der Lehrer und Führer von zwechundert jungen Menschen, die sich auf das Leben vorbereiteten. Die Tür wurde geöffnet. Franzt zuckte zu­sammen. Es war die erste Mathematikstunde. ES konnte auch Tolpe kommen. Professor Stromer trat«in. Gott   sei dank, nicht der Tiger", sagte jemand halblaut. Stromer verbiß ein Lachen. Setzen", sagte er und begann mit den Klassenbucheintragungen. Dann machte er einen Runoavng durch d'« Klass«. Es war ganz ruhig. In seinen Stunden unterhielt man sich leise. Stromer ging von Bank zu Bank, begrüßt« jeden einzelnen als alten Bekannten, dankte für Kartengruße, erzählte Sommererlebnisse. » hatte zufällig ein beinahe ausge- Heft auf dem Pult liegen, als Stro­mer bei ihm anlangte. ,,Wa» ist in Sie gefahren, Manzberg", rief er erstaunt,sie haben ja schon«in Heft vorbe­reitet? Macht da- vielleicht di« bevorstehende Matura?Wollen Sie sich für den Rest de» Schuljahre» nicht doch lieber ein neues kaufen?" meint« er. Franzl schien von der Notwendigkeit dieser Anschaffung nicht völlig überzeugt zu sein.Steht er dafür?" fragte er und begann da» alte Heft nochmal» eingehend auf seine Zulänglichkeit zu prüfen. Ich glaube, c» steht noch dafür, lacht« Stromer,da» Schuljahr ist ja noch nicht ganz zu Ende." Prag   30.000 Beschäftigungslose gibt, von denen, wie angeblich amtlich festgestellt wurde, aber nur 7000 tatsächlich arbeitswillig seien. Welches Maß von Wahrhaftigkeit und sozialer Einsicht ein bürgerliches Blatt seiner Leser­schaft bieten darf, geht schon daraus hervor, daß es in Prag   nicht 80.000, sondern nur 10.000 Arbeitslose, was nicht nur die Stati­stik des nationaldemokratischen Blattes, son­dern auch seine Gewissenschastigkeit illustriert. Auf dem gleichen Niveau der Borniertheit mrd Arbeiterfeindlichkeit bewegt sich die ge­samte Politik der herrschenden bürgerlichen Parteien. Sie können es nicht verwinden, daß auch Sozialisten an der Regierung teilnehmen, sie fachen diese um jeden Preis an di« Wand zu drücken, um schrankenlos herrschen und $fl(en(rtm(tröin| eenem. Keine Partei zeigt solche Widersprüche Mi­schen den Erklärungen ihrer Führer und ihrer Taktik wie die nationalsozialistische. Hitler   er­zählt den gläubigen Richtern und Staatsanwälten über die Legalität seiner Bewegung und in den verschiedenenbraunen Häusern" deS Reichs liegen wie die kleine Demaskierung in Hessen  bewies bis ins Detail ausgearbeitet« Putsch­pläne. Eine Lieblingsparole der Nazi» heißt: Schutz dem deutschen   Arbeitsplatz." Herrn von KorSwant, ihren pommerschen Reichstags­abgeordneten, hindert da» durchaus nicht, pol­nische Landarbeiter auf seinen Gütern zu be­schäftigen. Zu den Widersprüchen zwischen Worten und Taten, zwischen den Worten, mit denen sie die Massen ihrer Wähler belügen und zwischen den Taten, die sie gegen daS Interesse dieser Massen zur Ausführung bringen, gesellen sich die Wider­sprüche der von den verschiedenen Nazitheoretikern verzapften Ansichten. Selbst in oer obersten Führung de- deutschen FaseiSmut diesseits und tenseitS der Sudeten   besteht ein einheitlicher politischer Wille nicht. Ihr erstes programma­tisches Fundament war ja überhaupt keme theo­retisch« Erkenntnis, sondern di« hohl«, nackt« Phrase, di« nur aus den politisch am wenig­sten geschulten Teil-er Wähler Anziehungskraft auSüben konnte. Erst später, als ihnen die ersten Opfer auf den Leim gegangen waren und ihr« ersten parlamentarischen Vertreter, di« Bänke deS Reichstage- zierten, legten sie sich ein« scheinbar wissenschaftliche Begründung für ihre Phantasien von Zinsknechtschaft und Federgeld zurecht und bekannten sich zu Schülern dreier von der Ent­wicklung längst überholter BollSwirtschaftler der vorkapitalistischen Zeit. Adam Müller, Thü­ste n, List wurden au» ihrer friedlichen Grabes­ruhe aufgestöbert und marschierten als Kron- Ben gegen den MarriSmuS auf. Trotz dieser «en au» dem vorigen Jahrhundert ist eS den Nationalsozialisten nicht gelungen, zu einem klaren und eindeutigen Standpunkt in entschei­denden Fragen de- wirtschaftlichen und politi­schen Leben- zu grlangen. Wir wollen zwei berühmten Persönlrchkeiten de» dritten Reichs da» Wort geben, um ihre diametral entgegenge­setzten Ansichten über den Klaflenkampf und über den Ständestaat zu hören. Der eine GöbbelS, der präsumptive nationalsozialistische Reichs- innenminister, hat seine Wahrheit in einem unter­haltsamen Büchlein festgelegt, im bekannten Kleinen ABT des Nationalsozia- l i st e n." ES erschien im Berliner K a m p f v e r- la g, von wo au» auch die Broschüre unseres zweiten Helden, de» Parteiführer- Jung auf ^Also aut", sagte Franzl, als hätte er sich zu einem schweren Entschluß durchgerungen, ,/rber auf Ihre Verantwortung, Herr Professor." Die- Klasse gröhlte. Stromer lachte auch. Plötzlich bemerkte er di« dunklen Fleck« an der Tür. Wa- bedeutet dies« Kriegsbemalung?" fragte er und besah sich di« Spuren von Tolpe- Besuch au- der Nähe.Da- scheint Tinte zu sein. Wie kommt die daher?" Horn stand auf.Der Herr Direktor war gestern ist der Klaffe." Nun, und? Was hat das damit zu tun?" Und ein Tintenfaß hat sein Ziel verfehlt." Stromer horchte auf. Da» war während seiner zwanzigjährigen Tätigkeit in dieser An­stalt noch nie vorgekommen. Sollte da» der An­fang eine- Endes sein? ES wäre nicht zu ver. wundem gewesen. Tolpe trieb e» zu arg. Tolpe mußte aber doch etwa- davon be­merkt haben. Warum hat er di« Sach« totschwei­gen wollen und nicht, wir e- seine Gewohnheit war, eine außerordentliche Konferenz zur Be­strafung der Schuldigen«inberufen? War sich Tolpe seiner Macht nicht mehr sicher? Glaubt« tr, dieser Klasse nicht gewachsen zu sein? Oder führte er etwa» anderes im Schild«?"< Solche Gedanken schien Stromer zu haben, al- er von der Tür zum Katheder schritt. Wir wollen jetzt mit dem Lehrstoff begin­nen", sagte er und schrieb«in Beispiel-- die Täfel. Nach der Pause kam Professor Krüger. Er hatte Buchhaltung und Handelskorrespondenz zu unterrichten. Machen'- doch kein solchen Wirbel", war sein«rste- Wort, al» er unter Hochrufen in die Klaff« kam. Er war Oesterreicher   und sprach fast immer ein wenig im Dialekt. Da» allein trug schon zu einem besseren gegenseitigen Berständni» bei. Staat und Volk al- willige Melkkuh ausbeu- tcn zu können. In ihrer Skrupellosigkeit hält es die tschechische Agrarpartei unter anderm gerade jetzt für angemessen, mit ihrer Forde­rung nach Beseitigung des Mieterschutzes her­vorzutreten und tvenn sie schon seiner Verlän­gerung um einige Monate ihre Zustimmung geben soll, dann will sie rvenigstens dafür be­zahlt sein und sie fordert als Ersatz die An­nahme des Benzinmischungsgesetzes, dessen Hauptwirkung die Verteuerung der Kartoffeln inmitten des schrecklichen Hungerwinters wäre. Die traurigen Ereignisse von Freiwaldau  scheinen dieser Bourgeoisie noch mcht genug Mahnung und Warnung zu sein. Gedenken die polttischen Parteien deS Bürgertums ihr frevleS Spiel weiter fortzusetzen? WWWWW a 11 die Menschheit lo-gelassen wurde. Die Broschüre ttägt den TitelNationaler oder inter­nationaler Sozialismus?" Ihre Ansichten über, den Klassenkampf sind folgend«: Göbbels  : Wlll die NSDAP   den Klaffen­kampf zur Erreichung ihres Zieles? Nein, die NSDAP   will nicht den Klaffenkampf, sie will den Kampf gegen den Klassenkampf. Der Klaf» senkampf zerreißt das BoÜ in zwei Teile und macht«- unfähig, eine Nation zu werden. Jung: Die Partei erklärt Weiler, daß sie sich auf den Boden des Klaffenkampfes stellt, insofern, als darunter die Auseinandersetzung zwischen schaffender Arbeit und arbeitslosem Einkommen verstanden wird. ES geniert Herrn Jung gewiß nicht, daß er seine Forderung nach Klassenkampf, die in einer von ihm verfaßten Resolution-c- Trop» Pauer nationalsozialistischen Parteitag» wieder« kehrt, demjüdischen Marxismus  " entlehnt. DerKlassenkämpfe?' Jung dürst« wohl«benso. wenig den Schrecken der Kapitalisten erregen, wie di« italienischen faseistffchenKlassenkämpfer" des Jahre- 1919. Wie sollen die staatlichen Einrichtungen des dritte« Reiche- beschaffen sein? Auch di«s« Frage ist für die Natwnalsozialisten ein wichtige- Broblem. Daß zuerst die Diktatur der Braun­hemden ausgerüstet wird, da- ist für alle selbst­verständlich. Aber war geschehen soll, wenn die Köpfe der Juden und Marxisten, di« heute auf den schwarzen Listen deSbraunen Haus«-" stehen, in den Sand gerollt sind, darüber herr­schen die größten Unklarheiten. Die einen wollen mit Göbbels  «ine Ständekammer, Pg. Jung ist aber auch hier anderer Meinung: G ö b b«l S: Wodurch soll diese nationalsozialistische Dik­tatur abgelöst werden? Durch ein beruf-stän­discher Parlament, dar vom ganzen schaffenden deutschen   Bolle, nicht nach Parteigruppen, son­dern nach Berufsständen geschichtet, gewählt werden soll. Jung: ... der Parlamentarismus ist alt gewor­den und entartet, daS Lebe» drängt nach neuen Formen. Die sind aber nicht in einem Ersatz durch«ine Stände« und Wirtschaftskammer auch eine- der Rezepte gegeben, denn da­hieße der Wirtschaft ungeheuere Vorrechte ein­räumen und die großen Fragen der Weltan­schauung vollständig au-schalten, d. h. alles materialisieren und mechanisieren. Armer Göbbels  ! Er muß es sich sagen lassen, daß er materialistischen Ideen huldigt, noch dazu Außerdem liebte er da- Strebertum nicht, hatte Sinn für Witz und schien selbst unter TolpeS Druck zu leiden. War also eher Verbündeter als Lehrer. Darum wurde er nicht behelligt und seine Stunden verliefen verhältnismäßig ruhig. Krüger unterschied auch nicht zwei Gruppen von Schulern, wie e- Tolpe tat, der nurver­trauenswürdige Schüler" undehrlose Buben" kannt«. Für Krüger waren alle gleich, einig« mehr, einige minder begabt, aber alle, ohne Ausnahme junge Menschen, di« erst im Leben zeigen würden, wa- si« wert wären. Deshalb war er bei den Strebern nicht beliebt. Er war selbst jung, war noch kein« dreißig und stand den Schuler» am nächsten, da er im Gegensatz zu seinen Kollegen seine Macht nicht fühlen lreß. Besonder- Franzl und Horn hatten sich ihm angeschlossen und sahen in ihm mehr einen Freund al- einen Lehrer. Sie verbrachten viel« freie Stunden mit ihm und auch er schien sie gern zu haben. Krüger hielt nun eine Art Antrittsrede. Ich werde", sagte er,ine letzte Klaffe«in bifferl anders führen, als ich es bisher getan hab«. Bei mir brauchen's tret lernen, müflen's gor kein Buch anschauen, aber können müssen'- halt waS. Wie Sie das machen, ist mir ganz Wurscht. Vergessen's nur net, die Matura machen Sie und net ich." Er wurde unterbrochen, da der Schuldiener das Umlaufbuch brachte. Eine Stundenplan­änderung. Krüger las vor und nannte gleichzeitig die Professoren. Geschichte, Geographie Neber, Mathe- mattk Stromer, Buchhaltung, Korrespondenz mein« Wenigkeit, Deutsch Schwarek, Eng­ lisch   Hackbein, Französisch Löffler, Rechnen - Schipper, Warenkunde Peterka, Handels­recht Sieber." in einer derkleinen Kampfverlag-Broschüren", zu denen auch sein unsterbliches»Meine- ABC des Nationalsozialisten" gehört, daS künftigen Geschlechtern ein aufschlugreiches Dokument über den geistigen Tiefstand der Politik dieser Tage sein wird. wk. Gegenstück zum Fall Sffietzly und ein Schlag aufs Maul gewisser Humanisten! Der kommunistisch« Abgeordn«te Viktor Stern, der Wohl außer jedem Verdacht steht» unsere Sympathien zu genießen, ist auf Grund d«S Schutzgesetzes zu einer dreimonatige« Kerkerstraf«, verschärft durch Fasten, und zum Verlust der bürgerlichen Ehren­rechte verurteilt worden. Gegenstand der Anklage bildeten Aeußerungen Sterns in einer BerfammlnngSvede, in der er zuMilitär­verbrechen" ausgefordert habe» soll! Der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bedeutet, daß Stern sein Mandat, feine» Doktortitel und sein Wahlrecht ve«. l i e r t. Es scheint, daß die Gericht«, die nicht im Traum daran denken, einem politischen Angeklag­ten gegenüber von dem Milderung-recht des Staatsgefängniffes Gebrauch zu machen, im Gegenteil ihr Mißfallen mit dem Gesetz und sei­nen Schöpfern durch Justamenturloik« demonstrieren wollten was freilich nur di« von uns schon seinerzest gerügt« Unzuläng­lichkeit d«S Gesetzes bloßlegt, da-«S der richterlichenEinsicht" überläßt, ob«in Angeklag­ter der Vergünsttgung zuteil wird oder nicht. Es kau» Wohl schon jetzt gesagt werden, daß di« Patentdemokraten, di« sich tagtäglich für«in demokratische- Deutschland   und ein demokratisches Ungarn   erwärmen und ihrer Ent­rüstung über die Verurteilung Ossietzkys Luft machen, keinerlei Empörung über dos ungewöhn­lich harte Urteil gegen Stern an den Tag legen werden. Und da der Herr Außenminister auch außer Lande den Presse-Apparat kräftig zu schmieren versteht, wird jenseits der Grenzen von diesem Urteil, wie von dem gegen FuLik oder von dem Ritualmordprozeß von Dell- Berezn« nicht die Rede sein! Seralvngen über die veariumifchuug. Im Finanzministerium fand gestern«ine Beratung der Behörden und der Vertteter der Koalitionsparteien über die Benzin- mischungsangelegenheit und über die Gesamtregelung der Spirituswirtschaft statt. In der Sitzung war der Fmanzminister Dr. T r a p l selbst anwesend. Die Sozialdemokraten stellten sich auf den Standpunkt, daß di« Frage der Mischung von Benzin mit Spiritus erörtert werden könnte, wenn di« Preis« dadurch nicht«rhöht werden würden. Dafür kann, aber heut« niemand die Garantie übernehme«. Nach den heutigen Schätzungen würde die Durch, führung det agrarischen Antrages ein« Ver­teuerung des Antriebstoffes um 80 Heller pro Liter, also um 12 Prozent bedeuten. Ter Staat würde an Gebühren und Zöllen 43 Millionen Kronen, di« übrig« Wirtschaft 60 Millionen Kronen einbüßen. Der Antrag der Agrarier würde also, wenn er durchgeführt werden würde, di« Volkswirtschaft 103 Millionen Kronen kosten. Der Finanzminister schloß die vierstündig« Sitzung mit der Mitteilung, daß er«in« Enquete aller Interessenten, also der Konsu­menten, der Spiritusfabriken, der Kartoffel- Produzenten usw.«inberufen und nach ihrem Ergebnis in den politischen Verhandlungen fort­fahren werde. Er klappte das schwarze Buch zu. Danke", sagte er zum Schuldiener, der sich eben mit Lion über di« Würstel unterhielt, die er in der Zehnuhrpause verkaufen wird. Die Stund« war zu Ende. Alle- strömte auf den Gang, wo di« Frau de» Schuldieners di« besprochenen Würstel verkaufte. Willst du nicht einen Tschik rauchen?" fragte Horn Franzl, und st« gingen gemeinsam m den»Rauchsalon'. Ein fast undurchsichtiger Qualm schlug ibnen entgegen. Zu zehn, zu zwölf standen di« Schüler zusammengepfercht in den lleinen Kabinen und logen vergnügt an den verbotenen Zigaretten. Wenn da«in Prof hereinkommt", sagt« einer aus dem zweiten Jahrgang, der zum ersten Mal hier war. »Mlsch", fuhr ihn ein Aelterer an,»Kannst ja Weggehen, wenn du beschissen bist." Das ist ja unser Rauchsalon", sagte ei« anderer und hielt mit Mühe di« Folge« der un­gewohnten Zigarette zurück. Jemand klopfte. Schon kein Platz mehr", kam eS von inne« zurück. Aber ich muß auf die Seite", sagte eine klägliche Stimme. Dann geh' in die DirettionSkanzlei. Der Abort ist nicht dazu da." Die Stimme schwieg resigniert. Es läutet«. Zigaretten siele« zffchend in di« Becken. Man eilt« in di« Klassen. Im Vorbeigehen sah Framl einen kleine« Jungen, der sich ganz änWich an die Wand drückte. Kannst schon hineingehen", rief er ihm zu. Zu spät", klagte der Unglückliche und ver- schwand schnell in einer Kabine. Georg legt« eine Platte auf daS Grammo­phon. (Fortsetzung folgt.)