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Freitag, 4. Dezember 1931.

zeit zu verhindern suchten. Es ist den unaus- tie. Wer für die Abrüstung ist, wird es nun der Sozialdemokratie für die Sache des Frie- 1 gesetzten Bemühungen der sozialdemokratischen nur noch sicherer wissen, daß er in den Reihen dens fämpfen muß!

Fraktionen, dem Drängen unserer Presse und der sozialistischen   Minister zu danken, daß trotz allen Widerständen die Herabsetzung der Dienstzeit nun wirklich auf dem Wege ist.

Polizei gegen Polizei.

Nr. 282.

Neue Schwierigkeiten in der mandschurischen Frage Wegen der neutralen Zone.

Paris  , 2. Dezember. Die heutigen Verhand­Es braucht kaum auseinandergesetzt zu Wiener   freigewerkschaftliche Bolizistenver, ammlung von Hakenkreuzpolizisten Schwierigkeiten zutagetreten lassen. Der Zwöl lungen des Völkerbundrates haben gewisse werden, warum diese Verkürzung der Militär­gestört, so daß Polizei eingreisen muß! ferrat hat sich erneut eingehend mit der Frage dienstzeit ein großer Fortschritt ist. Von den der Schaffung einer neutralen Zoue be Ersparungen, die dadurch ermöglicht werden, Wien  , 3. Dezember. Wie die Arbeiter| sangen nationale und Hitler- Licder. schäftigt. Die Japaner erklären, daß sie wohl ganz zu schweigen, bedeutet verkürzte Dienst- zeitung" berichtet, hatte die freie Organisation Als das Deutschland  - Lied angeſtimmt wurde, er grundsäßlich für die Schaffung einer neutralen zeit erhöhte außenpolitische der Sicherheitswachebeamten( sozialdemokratisch) hoben sie sich mit einem fascistischen Gruß. Bone seien, sich jedoch das Recht vorbehielten, Sicherheit. Das große stehende Heer, das für gestern Nachmittag nach Währung eine Ber­sammlung einberufen, in der der sozialdemokra- Inzwischen hatte sich der Vorsitzende der falls unvorhergesehene besondere Ereignisse ein­Uebermaß von Rüstung reizen auch die Nachtische Bundesrat Schabes über die Verma Versammlung an die Polizeidireftion treten, ohne weiteres in die neutrale barn zu Rüstungen( in unserem Falle vor tungsreform und den Abbau sprechen um Silfe gegen die demonstrierenden Polizisten 3 one und sogar darüber hinaus allem Ungarn   zu obendrein geheimen Rüstun follte. Als die Mitglieder dieser Organisation gewandt. Eine Abteilung von 25 Mann erschien bor   zurüden, u. zw. ohne vorherige Befra­gen), sie wecken ein Gefühl der Bedrohung erschienen waren, war der Versammlungssaal ein; ihr Kommandant betrat dann den Saal und Sie erklären sich jedoch bereit, sofort nach durch vor dem Versammlungslokal, schritt jedoch nicht gung oder Heranziehung neutraler Beobachter, und Unsicherheit, erschweren jedes außenpoli- von den Anhängern des Wirtschaftsverbandes der verhandelte mit beiden Parteien, jedoch ohne geführter Aktion den Völkerbundsrat in Kennt tische Verhandeln und verschärfen die Gegen- Sicherheitswachebeamten( a fenkreuzlern!) Erfolg. sätze zwischen allen Staaten. Die Herabsetzung sowie seiner Alarmabteilung besetzt worden. Inzwischen dauerte der Gesang im Saale der Dienstzeit ist ein Mittel zur Beruhigung( Dieser lettgenannte Verband wurde nach den und Befriedung. Als einen Erfolg werden aber bekannten Ereignissen vom 15. Juli 1927 ge- felbft von 20 bis 24 Uhr, also bis zur Polizei gründet.) Sperrstunde, weiter an. Der Vorsitzende der ginn ber Berfar der Lärm los. Der Vorsißende war außer­Gleich nach Beginn der Versammlung ging Versammlung mußte sie endlich schließen. Die abmarschierenden Wachebeamten, die der stande, sich Gehör zu verschaffen. Der Lärm freien Organisation angehören, mußten von der steigerte sich, als Bundesrat Schabes sprechen draußen postierten Bereitschaft bis an die Grenze wollte. Die rechtsorientierten Wachebeamten des Bezirkes eskortiert werden.

vor allem die Soldaten selbst eine Verkürzung ihrer Dienstzeit ansehen. Zehntausende Solda ten, denen vier Monate Strapazen und oft disziplinarischer Druck, vier Monate Subordi­nation unter fremden Willen erspart bleiben, mögen sich bewußt sein, daß sie dies der So­zialdemokratie verdanken!

Immer ist die Sozialdemokratie für kurze Dienstzeit auch schon aus dem Grunde einge­treten, weil ein kurz dienendes Heer sich weit weniger als ein lang dienendes dazu eignet, gegen das Volk selbst verwendet zu werden. Die Obrigkeitsstaaten wollten lange Dienstzeit im Heere, um die Soldaten ,, verläßlich" zu machen; je länger einer unter der Fahne war, seinem Hause und seinen Klassengenossen ent­fremdet, an militärische Disziplin gebunden, desto eher konnte man ihm zumuten auf Vater und Mutter zu schießen", wie Wilhelm II.   es von seinen Soldaten verlangte, desto eher war er ein bloßes Werkzeug in den Hän­den der Führer. Wir wollen keine Armee, die von der Bourgeoisie oder einer fascistischen Diktatur gegen die Arbeiter eingesetzt werden fönnte. Wir sind für fürzere Dienstzeit, weil sie die Armee als Bürgerkriegswaffe abstumpft, weil sie es dem Proletarier leichter macht,

auch im Waffenrock Sozialist zu bleiben.

Die Generale und Militaristen haben sich gegen die kürzere Dienstzeit mit dem Schein argument gewehrt, der Staat" nehme dabei Schaden. Das Exempel wird das Gegenteil beweisen. Es wird der Tschechoslowakei   nur

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nüßlich sein, wenn sie auf der Abrüstungs­

fonferenz vermelden kann, daß sie einen Schritt getan habe. Es wird das Ansehen der Republik  , das Vertrauen in ihre Bolitik nur stärken, wenn sie aus eigenem Entschluß ihre Rüstungen einschränkt. d

Neu Lohnfenfung durch Notverordnung?

Beunruhigende Ankündigungen der Germania  ".

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nis zu setzen.

Die chinesische Delegation besteht unbe­

dingt auf einer Garantie des Böller­bun des für die neutrale Zone. Diese scharfe gegenfäßliche Formulierung beider Auffassungen hatte es dem Völkerbundsrat angebracht. erschei nen lassen, in Einzelverhandlungen mit den bei­den Parteien zunächst diese Frage zu bereinigen, che man auf die anderen Probleme zurüdfomme. In den Verhandlungen über die Ernennung der Mitglieder der Untersuchungskom mission find gestern neue Komplikationen Was im Dritten Reich" mit den eingetreten. Nach Italien   hat nunmehr auch Juden geschähe! Deutschland   seine Kandidatur bekannt­gegeben, desgleichen aber auch Holland  , Por= Berlin  , 2. Dezember. In der Zeitschrift fugal   und Belgien  . Gegen die belgische Deutsches Recht", Monatsschrift des Bundes der Kandidatur hat Japan   formell Protest eingelegt nationalsozialistischen deutschen   Juristen, teilt mit dem Hinweis, das Belgien   in China   Eisen­Regierungsrat von Heydebrand Einzelhei- bahnen besitzt, als interessierte Großmacht daher ten darüber mit, was im Dritten Reiche mit den der Kommission nicht angehören könne. Die Juden geschehen würde. Er untersucht zunächst Verhandlungen werden fortgesetzt. die Frage, ob den deutschen   Juden ohne Aende­rung der Reichsverfassung ihr Staatsbürgerrecht Koalitionstrise in Budapest  . entzogen werden könne, und schlägt für den Die im Interesse der Absatzfähigkeit der Anfang Zurüdhaltung vor. Es ist zu deutschen   Wirtschaft notwendigen Preissenkungen empfehlen, schreibt er, nicht sogleich allzu Wirtschaftspartei beendete heute ihre mehrtägige Budapest  , 3. Dezember. Die christlichsoziale erfordern selbstverständlich auch eine neue graufige Folgen an die ersten Maßnahmen Konferenz über die politische Lage und die be Sentung der Löhne. In den letzten Tagen zu kämpfen, vielmehr mit Rücksicht auf das Miß- vorstehenden Regierungsmaßnahmen und be­ist die Priorität der einen oder der anderen trauen des Auslandes und das zarte Gewissen schloß, die in Vorbereitung stehende Regierungs­Maßnahme erörtert worden. Praktisch gesehen etwaiger Koalitionsgenossen sich damit zu be- verordnung über die Herabsetzung der Pensionen sind die Senkung der Preise und die Senkung anügen, ein Fu den verzeichnis aufzustellen, der Staatsangestellten abzulehnen. Barter­der Löhne auf das allerengste miteinander ver ihnen die Staatsangehörigkeit abzu obmann Graf Zichy   begab sich zum Minister­fnüpft. Das eine ist ohne das andere nicht durch sprechen, sie nicht mehr wählen und präsidenten Karolyi und machte ihm Mitteilung zuführen, so daß eine annähernde Gleich Beamte werden zu lassen, im übrigen aber von diesem Beschlusse. zu vermeiden ist. Sachlich kommt es allerdings im höchsten Grade darauf an das wird auch für die Reichsregierung der leitende Gedanke sein, daß der Reallohn in feiner gegen­wärtigen Höhe erhalten bleibt."

Berlin  , 3. Dezember. Das Kabinett hat im Laufe des Nachmittags und Abends die Beratungen über die Notverordnung fortgesetzt. In einer Betrachtung über die zu erwartenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen führt das Sentrumsorgan Germania  " n. a. aus:

Trozti für die Unterstützung des

Kabinetts Brüning.

zunächst alles auf sich beruhen zu lassen und all- Durch den Beschluß dieser zweiten Regie­feits beruhigende Erklärungen abzu- rungspartei befindet sich die ganze Koalition und geben, bis sich die neue Rechtslage einigermaßen die Regierung in einer heiflen Situation. fchen eine Bezeichnung geben, die einerseits gefestigt hat. Man würde den Fremddeut­einen Abstand von den Deutschen  , andererseits jedoch eine gewisse Unterstellung unter das Reich

andeutet, 3. B. Schußfremde, Reichsfremde,

würde ihnen weiterhin Rechtsschutz gewähren und im übrigen nach dem Spruche Handeln: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!

Der Pfund urz

macht dem englischen Finanzminister feine Sorgen,

London  , 3. Dezember. Im Unterhaus wur­den heute mehrere Anfragen an den Schatzkanz­ler in Zusammenhang mit dem Fallen des Pfun­des gerichtet. U. a. wurde gefragt, welche Maß­nahmen er zu ergreifen beabsichtige, um das Pfund Sterling   vor weiterer Entwertung zu schützen. Neville Chamberlain   erwiderte: Jch höre,

gibu" berichtet, hat Trotti in Deutschland   soeben Wie das gestrige Abendblatt des" Právo  eine Broschüre herausgegeben, in der er die Kommunisten zur Unterstützung des Dr. Bfrimer will sich dem Daß es nur der erste Schritt sei, abinetts Brüning: suffordert, jo- österreichischen Gericht stellen? dem weitere folgen müssen, werden alle wün- lange diese Regierung den Kampf gegen die Graz, 3. Dezember. Aus Heimwehrkreisen schen, denen am inneren und äußeren Frieden, Hakenkreuzler führt. Tropki erinnert die deutschen  am Fortschritt der Demokratie, am Abbau von Kommunisten an die Tattit der ruffi- erfährt der Grazer Berichterstatter der Wiener   daß die Schwäche der Währung während der Haß und Gewalt liegt. Der Erfolg der Sozial- Augenblick zögerten, die Regierung Ke- den Gerichtsverhandlungen gegen die obersteiert ist auf nicht unter unserer Kontrolle stehende Sozial- hen Bolsche wifi, welche nicht einen Neuesten Nachrichten", daß Dr. Pfrimer noch vor letzten Wochen in der Hauptsache zurückzuführen demokratie im Kampf um die Dienstzeitver- reniti gegen die putschistischen Bestrebungen schen Heimwehrleute, die für den 14. d. M. ange- Fattoren im Auslande, die mit schwe fürzung zeigt ihnen, auf welchem Weg des Generals Kornilow   zu unterstützen;" so," feht worden sind, nach Oesterreich   zurückkehren ren Saison- und anderen Zahlungen für Ein­weitere Fortschritte zu machen sind: schreibt Troyki, muß auch die deutsche kommu- werde, um sich dem Gerichte zu stellen. Der fuhr zusammenfallen. Ich sehe feinen Grund, auf dem Wege der Stärkung und des nistische Partei vorgehen, solange die Gefahr Berichterstatter selbst nimmt allerdings seine die jüngsten Bewegungen des Pfundes mit Be­Aufstieges der Sozialdemokra leines Hitlerischen Umsturzes droht." Meldung mit gewiffer Stepsis auf. sorgnis zu betrachten.

2017

Dr. Tolpe's Rache.

Roman von A. Altschul.

Wollen wir tanzen?" fragte er und machte mit Erna sofort den Anfang. Die anderen folg­ten dem guten Beispiel.

,, Wißt ihr, wer zu diesem Idyll noch fehlt?" lachte Georg. Tolpe."

Tolpes Ansicht in bezug auf Moral war stadtbekannt.

,, Warum hast du ihn denn nicht eingeladen, Erna?" rief Gretl und nahm ein Stückchen Torte. Als Attraktion?"

Als König der Dschungel."

Die fleine Gesellschaft, die Erna für diesen Man sollte Hagenbeck benachrichtigen. Un­Sonntagnachmittag eingeladen hatte, unterhielt längst erst ist ihm ein Tiger durchgegangen", sich glänzend. Es herrschte allgemeine Fröhlich sagte Rudi, der die letzten Worte zufällig gehört teit, man verstand einander ausgezeichnet, man hatte. lachte, tanzte, schwazte und als die Stimmung Fürchtest du vielleicht, daß er dich aus einmal abzuflauen drohte, schlug Georg, ver- moralischen Gründen auffrißt?" fragte Franzl gnügt an einem Stückchen Schokolade knabbernd, und warf einen schnellen Blid in den verräte­ein Pfänderspiel vor. Sein Vorschlag wurde mit rischen Spiegel. Nein, brauchst keine Angst zu großem Hallo angenommen. haben, bei diesem Anblid würde er zu einer Salzsäule erstarren."

Was werden wir aber spielen?" fragte jemand der Anwesenden aus einer Ede  , in die er sich mit einer von Ernas Mitschülerinnen diskret zurückgezogen hatte.

Es wurden die verschiedensten Vorschläge ge­macht, aber man fonnte sich nicht einigen. Ein Spiel war zu stumpfsinnig, das andere fannte niemand, ein drittes ging aus technischen Grün­den nicht usw.

Sparen wir uns das", rief Gret!, und geben wir jeder ein oder mehrere Pfänder ab. Wozu das langweilige Vorspiel?" Und sie warf ihren Lippenstift in ein kleines Körbchen, das auf dem Tisch stand.

Im Nu war es von Seidentüchern, Rin. gen, Feuerzeugen, Puderbosen, Zigarettenetuis gefüllt.

,, Elli, Rudi, was ist mit Euch?" rief Erna, ,, löst ihr vielleicht schon Pfänder aus und habt noch gar keine abgegeben?"

Geht es ohne das nicht auch?" brummte Rudi Herrmann in seiner verschwiegenen Ede  . Ich finde es so bedeutend gemütlicher." Ein indistreter Spiegel zeigte, wie er Ellis schlankes, feibenbestrumpftes Bein streichelte.

Rudi knurrte etwas, stand langsam auf und stellte einen Stuhl vor' die blanke Glasscheibe. Jetzt fann er tommen", sagte er und wurde wieder unsichtbar.

Man fümmerte sich nicht mehr um die bei den, ließ sie in Ruhe.

Das Mädchen brachte Liför. Franzl hob sein Glas. Auf das Wohl der Gausfrau. Prost, Fräulein Erna."

Fräulein Erna?" rief Gret!. Noch immer? jetzt aber sofort Bruderschaft trinken." Und als Erna etwas erwidern wollte, wiederholte sie lachend: Bruderschaft, aber schnell."

,, Bruderschaft, Bruderschaft", fiel der Chor ein, fie sollen Bruderschaft trinken."

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Geficht?" begann Georg, als Franzl noch immer feine Anstalten machte, der allgemeinen Auffor. derung Folge zu leisten.

Kinder, ich hab's, es stört sie das Licht", reimte Gretl lachend und ging zum Schalter. Also aufpassen, Achtung, fertig, los!" Es wurde dunkel.

,, Also viel Glück beim Schwänzen, laßt euch Jetzt ist's aber genug", rief fie nach einer Weile, wir erblinden ja schon vor lauter Finnur nicht erwischen. Gute Nacht." sternis. Wenn ihr noch nicht fertig seid, müßt Sie schloß die Tür. ihr es eben bei Licht fortsetzen." Sie drehte den Schalter auf.

Erna strich sich die Haare aus der Stirn, warf sich in einen Klubsessel. Ein eigenartiges Feuer leuchtete aus ihren Augen. Hat's lang gedauert?" fragte sie und schlug die Beine über einander.

Georg nahm eine Zigarette. Mindestens eine halbe Stunde", meinte er trocken, während er vergeblich seinem Feuerzeug die Kunst des Brennens beizubringen versuchte.

Probier es vielleicht einmal mit einem Streichholz, es wird besser gehen, sagte Franzl und reichte ihm Feuer.

Es ist nur fein Benzin drin", entschuldigte Georg sein störrisches Feuerzeug und besah es sich liebevoll von allen Seiten. Braucht mehr als ein Rolls- Royce, so was. Auf dem Heimweg tommen wir doch an einer Benzinpumpe vorbei?" fragte er.

Das schon", bestätigte Erna, aber mehr als fünfzig Biter dürften nicht vorrätig sein." Muß zur Not genügen. Bis morgen früh, jedenfalls", gab Georg mit ernsthafter Miene zu rüd und ließ seinen Rolls- Royce in der Westen tasche verschwinden.

Gretl schaute auf die Uhr. Nein; so spät ist es schon?" rief fie erschrocken. Ich sollte doch beinahe schon zu Hause sein."

Man brach auf. Also auf morgen", sagte Erna und reichte Franzl die Hand. Gretl, dich sehe ich ja in der Schule."

"

,, Wenn ich nicht plötzlich frank werde. Ich werde morgen aus Latein geprüft."

Im Falle einer notwendigen Krankheit erwarte ich dich im Lloyd"", lachte Georg. Ich bin morgen bestimmt dort. Gott   Kupfer prüft nämlich.

Vor dem Hause verabschiedete man sich. Elli und Rudi behaupteten, in der entgegenge setzten Richtung gehen zu müssen. Gretl, Georg und Franzl schritten der Haltestelle zu.

Sie durchquerten den Baumgarten. Durch die schon fast laubleeren Wipfel streute der auf­gehende Mond sein fahles Licht. Einsam und ver lassen lagen die breiten, tiesbestreuten Wege da, die sich wie weiße Riesenschlangen zwischen den dunklen Bäumen wanden, sich verzweigten und wieder zusammentrafen. Die welten Blätter fnirschten unter den Füßen und schienen bei jedem Schritt einen letzten, verzweifelten Hilfe. schrei auszustoßen, den nahen, unabwendbaren Tod ahnend.

Greff und Georg plauderten lustig. Franzl ging schweigend neben ihnen her. Er wäre jest gern allein gewesen, wäre am liebsten durch diese nächtliche Landschaft gewandert, solange, bis sich sein Gemüt ein bißchen beruhigt hätte. Das Herz schlug ihm zum Berspringen, in seinen Schläfen hämmerte es, der ganze Leib bebte. Auf seinem Mund brannte noch Ernas Kuß, brannte wie Feuer, fo glühend, so versengend. Andächtig bei­nahe fog er den Duft von Ernas Lippen ein. den er auf den seinen noch zu spüren glaubte und jedes Wort, daß er jest gesprochen hätte, wäre ih mals Entweihung, als Verkürzung eines föſt­lichen Genusses erschienen.

Erna. Er hat sie in den Armen gehalten, fie hat seine Küffe erwidert, heiß, verlangend, rüd­baltlos. Sie hat sich an ihn geschmiegt, weich, warm, wie ein Käbchen. feurig. wie flüssige Lava, an ihn, den ehrlosen Buben aus der letzten Bank beim Fenster. Nein, Tolpe, hier ist deine Macht zu Ende, so weit reicht sie nicht. Das ist zu schabe, zu rein für deine schmutzigen Finger, zu erhaben für deinen blutrünstigen Blid. ( Fortfepung folgt.)