Seite 2 Freitag, beit 11. Dezember 1931 Kr. 288. Hakeukeuzler schießen drei Kommunisten nieder. Berlin , 9. Dezember. Anhänger der kom munistischen Partei hielten heute abend in Char- lottenburg eine Versammlung ab. Gegen LZ Uhr begaben sich einige Versammlungsteilnehmer aus den Heimweg. Als sie die Lohmeherstraße passieren wollten, tauchten etwa 20 Nationalsozialisten auf, die sich sofort auf ihre Gegner stürzten. Sie feuerten mehrere Schüsse ab, durch die drei Kommuni st en schwer verletzt wurden, der eine am Arm, der andere am Becken, der dritte am Hals. Dann ergriffen die Täter die Flucht. Man schaffte die drei Schwerverletzten nach dem Westend-Krankenhaus, wo der eine, der den Halsschuh erhalten hatte, seinen schweren Verletzungen erlag. Die Polizei nahm neun Kommunisten und vier Nationalsozialisten fest. nünftiger Mensch verlangen, daß alles andere, vor allem die Arbeiterschaft, den agrarischen Interessen geopfert wird. Die Agrarier können sich wirklich nicht beklagen, daß sie zu kurz kommen. In Deutschland erhält die Landwirtschaft in der Form von Zöllen jährlich 3.5 bis 4 Milliarden Mark , während deren gesamte Steuerleistung an Reich, Länder und Gemeinden jährlich nicht einmal 700 Millionen Mark beträgt. So ähnlich, wenn nicht schlimmer, liegen die Dinge bei uns! Und dabei kommen sie immer wieder mit neuen Forderungen. So verlangen die tschechischen Agrarier ein halbjähriges Steuermoratorium für kleine und mittlere Landwirte. Am liebsten würden sie begehren, daß der Staat das ganze Risiko der heutigen privatkapitalistischen Landwirtschaft zu tragen hat. Für die Sozialisierung ihrer persönlichen Schulden wären die Agrarier ohneweiters zu haben. Der Gewinn aber soll„natürlich" privatisiert bleiben. In einem Antrag der landbündlerischen Senatoren für einen wirksamen Schuh der Viehwirtschaft klagt man über die jetzigen niedrigen Preise, welche für Rinder und Schweine bezahlt werden und verlangt schärfste Drosselung der Einfuhr. Man gibt hiebei zu, daß eine heimische Ueber- Produktion an Rindvieh besteht, aber kein Wort wird von einem Abbau die- s e r Ueberproduktion, von der Einschränkung der Landwirtschaft gesprochen; ebensowenig von der Notwendigkeit, den geringen Konsum durch bessere Löhne zu heben. Wenn man boshaft sein wollte, könnte man auf Agrar- Politiker wie Dr. S t r a k o s ch in Wien Hinweisen, welche allen Ernstes behaupten, angesichts der erträglicheren und billigeren Agrarproduktion in den außereuropäischen Ländern werde sich ein großer Teil der weniger rationellen Landwirtschaft Enropas auf die Dauer trotz Schutzzölle nicht halten lassen. Die„Deutsche Landwirtschaft", die agrarischen„Philosophen" werden also gut tun, etwas weniger auf die Sozialdemokraten loszudreschen und etwas mehr nachzudenken, ob ihre völlig einseitige agrarkapitalistische Politik überhaupt praktisch möglich ist. Ueber das Resultat des landbündlerischen Nachdenkens sind wir uns allerdings im klaren. Sie bleiben— vernebelt. 23 Dr. Tolpe’s Rache. Roman von A. Altschul „Du warst mit der kleinen Erna Pensen beisammen", flüsterte dieser und schnalzte lüstern mit der Zunge.^Hübsches Mädel. Zu haben? Oder kann man vielleicht schon gratulieren?— Ein fester Kerl ist sie, ich weiß. Habe mit ihr einmal getanzt. So» siehst du?" Er machte einige Bewegungen im Tanzschritt. Seine Augen glänzten bei der bloßen Vorstellung, Erna in den Armen halten zu dürfen und ihren jungen Körper neugierig abtasten zu können. Franzi stand einen Augenblick wie versteinert da. In unaussprechlicher Wut krampften sich seine Hände zusammen, er wollte etwas erwidern, besann sich aber noch im letzten Augenblick.„Nichts verraten", sagte er sich in einem fort vor,„et darf nichts merken. Erna wäre sofort im Munde aller, man würde sich auf sie stürzen, sie zerreißen, zerstückeln mit dem Tratsch. Wie ein Lauffeuer würde es sich verbreiten, Erna wäre verloren." Mit Aufbietung aller Kraft sagte er so gleichgültig wie nur möglich:„Tn kennst sie also? Aber ich finde keine Wichtigkeit, mir das zu erzählen. Ob du sie kennst oder nicht, ist mir gleichgültig." . Nowak zuckte die Achseln. Er war enttäuscht, hatte mehr zu erfahren gehofft. Es hätte eine Sensation sein können. Den Rest des Vormittags blieb Franzl verstimmt. Warum ließ man Erna und ihn nicht »..Ruhe, warum verfolgte man sie mit neu- MWig zudringlichen Blicken, warum zerbrach man ds den Kopf über sie? Wer war dieser Moloch, der sich„Gesellschaft" nannte und jetzt in der Person des Schüler- Nowak zu ihm gesprochen hatte. Was hatte die'e Gesellschaft für ein Recht, sie zu belästigen, alle ihre Handlungen zu kon- Was lehrt Deitstchland? Ursache« und Lehre« des Loh«- abbaudetrets. Unter diesem Titel veröffentlicht die „Arbeiter-Zeitung " einen lehrreichen Artikel, aus dem wir einige Stellen hervorheben: Es gibt Hetzt viele^Feinde der Demokratie. Sie machen für all die Not und all das Elend, die der Zusammenbruch des Kapitalismus hervortust, die Demokratie verantwortlich. Es gibt auch innerhalb der Arbeiterklasse aller Länder viele, die von der Demokratie enttäuscht sind. Ist es doch noch überall die Demokratie auf der Basis der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse, die von den kapitalistischen Klassen, beherrschte und verfälschte Demokratie, die bürgerliche Demokratie. Aber allen denen, die den Wert der Demokratie, selbst der noch bürgerlichen Demokratie, unterschätzen, sollte Deutschland eine Lehre sein! Bestünde in Deutschland noch die parlamentarische Demokratie, gäbe es dort noch keinen andern Gesetzgeber als den vom Volke gewählten, vor der ganzen Oeffentlichkeit beratenden und beschließeichen, dem Volke verantwortlichen Reichstag, dann bliebe der deutschen Arbeiterklasse diese, allgemeine Lohnsenkung erspart. Nur weil in Deutschland seit den" unseligen Septemberwahlen 1930 die parlamentarische Demokratie nicht mehr besteht, nur weil dort nicht mehr der Reichstag die Gesetze gibt, sondern der Reichspräschent aus Antrag der Regierung sie dekretiert, nur deshalb ist dort ein Dekret möglich, das mit einem Schlage zwanzig Millionen Menschen die Löhne in unerhörtem Ausmaß kürzt. Die schlechteste, die bürgerlichste, die reaktionärste Demokratie— sie gibt der. Arbeiterklasse immer noch mehr Möglichkeiten, ihre Löhne und ihre Rechte zu verteidigen, als die unbeschränkte Regierungsgewalt einer Diktatur, die, ohne jemanden zu fragen und fragen zu müssen, Millionen und aber Millionen mit einem Federstrich in verschärftes Elend stürzen kqnn. Die Notverordnung, die mit einem Federstrich alle Kollektivverträge, die gewerkschaftliche Kraft in vielen Jahren mühselig erstritten hat, für gekündigt erklärt, alle Löhne und Gehalte senkt, sie sagt den Arbeitern und Angestellten ganz Mittel europas : verteidigt die Demokratie! Ihr verteidigt damit eure Löhne und eure Rechte! ♦ Wie ist daS in Deutschland gekommen? Wie hat das deutsche Volk die Demokratie, die eS im Sturme des November 1918 erobert hat, verloren und seine Löhne der Willkür einer unbeschränkten RegierungSgewatt preisgegeben? Es war im September 1930. Das deutsche Volk wählte sein Parlament. Schon war schwere Wirtschaftskrise im Land. Erbittert über Not und Elend gingen Arbeiter und Angestellte zur Wahl. Millionen deutscher Arbeiter wählten kommunistisch. Millionen deutscher Angestellter wählten nationalsozialistisch. So wurde ein Reichstag gewählt, mit einer großen kommuni stischen Fraktion links und einer großen Haken- kreuzlersraktion rechts. Ein Reichstag, in dem eine regierungsfähige Mehrheit nicht mehr zu bilden ist. Ein Reichstag, der seine Funktionen nicht mehr zu versehen vermag. So fiel die Macht, die nach der Verfassung der Reichstag ausüben soll, an den Reichspräsidenten und an die Reichsregierung. Millionen deutscher Arbeiter haben kommunistisch gewählt. Sie glaubent, dar sei revolutionär. Was haben sie in Wirklichkeit erreicht? trolliereN, Auskunft über die privatesten Privatangelegenheiten zu verlangen. Was ging das die sittenstrengen Damen im Kaffeehaus an, ob das Fräulein X. ein Verhältnis hatte oder nicht. Niemand hat Sie jemals nach Ihrer Meinung gefragt, Frau Doktor. Sie waren auch einmal jung, denken Sie nur nach, Frau Direktor. Und Sie, Frau Professor, können Sie sich nicht mehr an den Herrn vom Frühlingsfest erinnern, um deffenwillen es beinahe zu einem Skandal gekommen wäre. Bedenken Sie doch, ein Skandal. Wie hätten die Damen im Kaffeehaus die Köpfe zusammengesteckt, nein, nicht auszudenken wäre es gewesen, wenn sie erfahren hätten, daß jener Herr und Sie... Einfach schrecklich.— Was würden Sie empfinden, Frau Inspektor, wenn man am Nebentisch von Ihrer Tochter spräche, genau so, wie Sie es jetzt von einer anderen Tochter einer anderen Mutter tun. nur weil sie mit einem jungen Mann auf der Straße gesehen worden ist. Und Sie, Frau Oberrevisorstellvertreter, was möchten Sie für Augen niachen, wenn Sie Ihr keusches Töchterlein sähen, wie es in diesem Augenblick, auf dem Sofa liegend, mit jungfräulichem Raffinement den jungen Meyer, den sie, die Abwesenheit der Mutter missend, eingeladen hat, zum Aeußersten reizt. — Jetzt.' schade, daß Sie es nicht sehen können, küßt er sie und sie sagt in ihrer so rührend unwissenden Unschuld:„Kannst ja gar nicht küssen, Schatz." Schauen Sie genau hin, tugendsame Richterin über andere, Ihr Kind hat ja gar kein Kleid dn. Und der junge Meyer... Nein, ich spreche nicht weiter. Sie würden schamrot werden, Sie Tratschweib. Kehren Sie doch lieber vpr der eigenen Tür aus, bevor Sie sich über andere den schmutzigen Mund zerreißen, Sie und Ihre ganze Geselftchaft. Es hat Sie niemand um Rat gefragt, behalten Sie allo Ihre Weisheit für sich und vergkften Sie nicht mit Ihrer krickelnden Sensationslust da- Leben der anderen. WaS liegt daran, wenn zwei Lenke einander Daß an die Stelle der parlamentarischen Demokratie der Absolutismus der Regierung getreten' ist. Daß eine Regierung, deren Macht durch keinen arbeitsfähigen Reichstag mehr beschränkt ist, ihnen jetzt mn einem Federstrich die Löhne senken kann! Millionen deutsche Angestellte haben natio- nalfonalistsch gewählt. Sie glaubten, das sei eine Tat für das deutsche Volk. In Wirklichkeit rvar es eine Tat für die Profite der Kapitalsmagnaten! Der Reichstag ist ausgeschaltet.* Die parlamentarische Demokratie existiert nicht mehr. Im Dienst und unter dem Druck der Kapitalsmagnaten senkt jetzt eine von jeder parlaNtentari- schen Kontrolle befreite Regierung die Lebens- haltung des ganzen deutschen Volkes! Wäre die deutsche Arbeiterklasse einig, wären die deutschen Arbeiter und Angestellten vereint in einer großen Arbeiterpartei, dann gäbe eS einen Reichstag mit einer sozialistsscheu Mehrheit! Dann gäbe es heute kein Lohnsenkungsdekret in Deutschland ! Mit der Lohnsenkung bezahlt die deutsche Arbeiterschaft ihre Spaltung— die Spaltung, die dir Ursache ihrer Ohnmacht und damit die Ursache des Versagens der deutschen Demokratie ist! Eindrinalich mahnt Deutschland die Ar-, beiter und Angestellten der ganzen Welt: seid einig, einig, einig! Aber noch eiws muß man wissen, um das deussche Lohnsenkungsdekret zu verstehen. Die Ereignisse in Deutschland wären unmöglich ohne das, was in England vor sich gegangen ist. Da» englische Pfund Sterling ist um ein Drittel entwertet. Der englische Arbeiter bekommt in Pfund Sterling ebenso hohen Lohn wie vor dem 20. September. Aber da» Pfund Sterling ist seit dem 20. September um ein Drittel weniger wert. Die englische Kapitalistenklasse hat die Löhne aller englischen Arbeiter, die Gehalte aller englischen Angestellten ihrem wirklichen Werte nach um ein Drittel herabgesetzt, indem sie das Pfund Sterling auf zwei Drittel seine- früheren Wertes sinken ließ. In deutsche Mark umgerechnft, sind die Löhne der englischen Arbeiter und Angestellten um ein Drittel niedriger als vor dem 20, September. Daher kann die deutsche Industrie den Wettbewerb der englischen schwerer al- früher bestehen. Darauf antwortet die deutsche ReichSregie- rung mit ihrem Lohnsenkungsdekret. Hat die eng lische Regierung die Reallöhne der englischen Arbeiter durch die Entwertung des Pfunds gesenkt, so senkt die deutsche sie durch die Herabsetzung dcS Geldlohnes. Auf Kosten der Arbeiter Huben und drüben führen die englischen und die deut schen Kapitalisten ihren Konkurrenzkampf um den Weltmarkt. So büßen die deutschen Arbeiter und Angestellten jetzt die Niederlage der englischen Ar- beiterklasse! Und die Arbeiter aller andern Länder werden die Niederlage der deutschen Arbeiterklasse büßen! Denn wenn in England und in Deutsch land , in den beiden größten Industriestaaten Europas , die Löhne gesenkt werden, so wird die verschärfte Konkurrenz dieser beiden Ander allen andern Industriestaaten gefährlich werden, so wird der Lohndruck auch in den andern Industriestaaten verstärkt werden. Eindringlich zeigt es der kapitalistische Wettbewerb im Lohnabbau den Arbeitern der ganzen Welt: Jede Niederlage der Arbeiterklasse in einem Lande ist eine Gefahr für die Arbeiter und Angestellten aller Länder! Eindringlich mahnt Deutschland die Arbeiter der Welt zur inter - nationalen Solidarität! gern haben? Neiden Sie eS ihnen vielleicht? ES scheint so. Auch bei Ihrer Tochter liegt nichts daran. Das wissen Sie ganz gut. Was wollen Sie also von den anderen? Warum schlagen Sie entsetzt die Hände zusammen, wenn Sie eine solche Geschichte hören und warum erzählen Sie ebendieselbe Geschichte brühwarm weiter, damit sie nur ja schnell die Runde macht und— um mit Ihren Worten zu sprechen— zum Skandal wird.— Um andere davor zu bewahren, sagen Sie? Machen Sie sich doch nicht lächerlich, gnädige Frau, was wollen Sie denn verhüten? Die entsetzlichen Folgen, werden Sie mir antworten, ich weiß es. Aber was sind denn diese entsetzlichen Folgen, wodurch werden sie so furchtbar? Sir zucken die Achseln, verstecken den Kopf im Sand. Nein, sie nützt Ihnen nichts, diese Vogel- Strauß-Politik angesichts von Tatsachen, die in ihrer Unmenichlichkeit lauter gegen Himmel ( schreien, als alles was bisher dagewesen ist. Sie allein können zwar nichts dafür, Madame, aber Sie und Ihre Freundinnen, deren Männer, deren Freunde und wieder deren Frauen, alle, alle, alle, die Ihr unter dem stolzen Namen„Gesellschaft" so unnahbar einherschreitet, seid dafür verantwortlich, daß jene Folgen so entsetzlich sind, daß es im Strafgesetzbuch einen Paragra- vhen gibt der jährlich tausend und tausend unschuldige Menschenleben verschlingt. Direkt oder indirekt, das ist gleichgültig. Was ist sittlicher, ein noch ungeborenes Leben nicht au-reifen zu lassen und so vielfach vor Not und Elend zu bewahren oder ein schon längst entwickeltes zur Berzweisiung und oft. in den Tod zu treiben? Denkt nur einmal nach, ihr Mütter, Väter, Männer, Frauen, revidiert euere so hehre Moral.— Auch du, Tolpe. der du jede Schülerin nach Hause schickst, wenn sie im Sommer mit kurzen Aermeln in die Schule kommt. Du duldest keine Fleischausstellung, sagst du. das widerspricht deinem Sittkichkeitsgefühl. Geh nur einmal dein eigenes Leben durch, du vor Anständigkeit 6in dreistes Manöver des„Tag" Oie Bilder aus d«m Braunen Haus. Der-'^l ag" reagiert auf unsere Beröfferu- lichuna zweier Bilder aus dem Braunen Haus in der aufgeregtesten Weise und mit einem Aufwand an Dreistigkeit, der seinesgleichen sucht. Wir hatten zwei Buder publiziert, das„Führerzimmer", und den„Senatorensaal". Von diesem redet der„Tag" überhaupt nicht. Bon jenem behauptet er, es sei„geschwindelt, ge fä l scht" und erlogen. Zum Beweise dessen bringt er neben dem von uns wiedergegebenen und natürlich echten und jederzeit zu beglaubigenden Bild ein Bild des Arbeitszimmers Hitler «; so sehe also daS„Führerzimmer" wirklich aus! Wir haben nicht« zu verbergen und werden in den nächsten Tagen unsererseits ein Bild des Arbeitszimmers Hitlers bringen. Daß es daneben noch ein„Führer-' zimmer" gibt, das eben so avssieht, wie wir es zeigten, wird durch kein noch so hysterisches Geschrei au» der Welt geschasst. Für die Ausdrücke, deren sich der„Tag" bei seinem plumpen Manöver bedient, wird sich sein Redakteur an anderer Stelle zu verantworten haben. 3amra spanischer Präsident. Madrid , 10. Dezember. Der verfassungsgebenden Cortes wählten heut« Alcara Zamora zum Präsidenten der Republik. Er er. hielt 362 von 410 Stimmen, von de« abgrge. denen Stimmzetteln waren 34 leer, der Rest zersplittert. * Ton Niceto Aleala Zamora , der jetzt 65 Jahre alt ist, steht seit mehr als 30 Jahren im politischen Leben. Mehrmals war er liberaler Minister der Monarchie. Erst die Diktatur trieb ihn ins republikanische Lager. Die Empörung über die unter- stützung, die die Entrechtung des Volkes unter Primo de Rivera durch den König fand, hat ihn zum unerbittlichsten Feinde der Bourbonen gemacht. Als sich dann nach dem Sturze von PrimoS Militärdiktatur die Republikaner allmählich sammelten, fiel ihm als dem politisch erfahrenen Taktiker ohne weiteres die Führung zu. Als vor nunmehr saft einem Jahre am IS. Dezember 1930 der erste Aufstand gegen die Monarchie versucht werden sollt«, wurde Aleala Zamora verhaftet, ehe der Hauptschlag in Madrid geführt werden konnte. In den folgenden Togen wurden andere Mitglieder des Revolutionskomitces ebenfalls ins Gefängnis geschickt. Tie Absperrung der Verhafteten, die bis Ende März auf ihre Aburteilung warten mußten, war jedoch nicht sehr scharf. Vga den Zellen.au - wurde die revolutionäre Bewegung weiter vorbereitet. Endlich, ein Viertel» jdhr"später, kam es' zur Verhandlung vor dem „Wersten Gericht für Heer und Marine". Ter Prozeß war eine Art Volksversammlung gegen die Monorchie. Ter Generalstaatsanwalt hatte IS Jahre Zuchthaus für Aleala Zamora beantragt. Tos einem Freispruch und einer. Verdammung der Monarchie gleichkommende Urteil lautete auf sechs Monate Gefängnis! Wenige Tage später wurden die Verurteilten freigelassen Einen halben Monat darauf stürzte die Monarchie über dem Ergebnis der Gemeindewahlen. Der König verließ das Land. Tas Revolutionskomitee übernahm al»„provisorische Regierung" die Macht. Aleala Zamora wurde Ministerpräsident und als solcher gleichzeitig provisorischer StaatS- präsident. Im Oktober trat er vom Amte zurück, weil er sich als Katholik mit einigen der Gesetze zur Trennung von Kirche und Staat nicht Idcntifi. zieren wollte. strotzender Philister. Erinnerst du dich noch, daß du einmal verheiratet warst und du während deiner Ehe eine andere Frau kennen lerntest. Daran liegt nichts. Aber kennst du noch die Worte Streit. Zwist, Schmutz, Gericht, Beweise, Scheidung? Nein, ich will deine Familienverhältnisse nicht ans Licht zerren, aber eines kann ich dir nur versichern, daß sie deine strenge Moralaanz eigenartig beleuchten würden.—— „Willst du vielleicht hier übernachten, Franzl?" tief Horn und rüttelte Franzl an den Schultern.„Denkst wohl über die Unsterblichkeit der Maikäfer nach. Oder etwas ähnliches. Es hat doch schon längst geläutet. Komm» gehen wir schnell auS dieser stinkigen Bude hinaus, sonst ersticke ich noch. Schau, wie schön die Sonne scheint, wie auS Freude über meinen achtstündigen Karzer." Franzl blickte erschrocken aus und packte schnell seine Sachen zusammen. Dann ging er mit Horn auf die Straße. Die Zeit verrann. Die erste Vierteljahrskonferenz war vorüber. Da» Ergebnis war nicht besorgniserregend. Die letzten Bänke beherbergten kein Zensurproletariat, wenn auch Tolpe von einer nur gnadenweisen Existenz gesprochen hatte. Horn und Geher haben ihre Karzer abge- sessen. Schließlich war eS in Schippers Stunde wirklich nicht gerade schulmäßig zugegangen und einer muß ja immer das Bad auSgießeu. Also wurde die Strafe, obwohl sie mit der begangenen Kinderei verglichen, unverhältnismäßig hoch war. schweigend eingesteckt. Lehrgeld muß eben jeder bezahlen und daran, daß eS immer einer auS der letzten Bank beim Fenster sei» mußte, hatte man sich im Laufe der Zeit schon gewöhnt. Der Vorfall geriet allmählich in Vergessenheit und lebte nur mehr in den Aufzeichnungen für die Maturazeitung und im Klassenbuch fort. (Fortsetzung folgt.)
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11 (11.12.1931) 288
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