Ginzelpreis 70 Heller.
Sozialdemokrat
Zentralorgan d. Deutschen ſozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik.
11 Jahrgang.
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.
Redaktion und Berwaltung: Prag II., Netázanta 18. Zelepbon: 26795, 31469.( Nachtredaktion): 26797 Bonichedami: 57544
Freitag, 18. Dezember 1931
Lavals Wahlreform erledigt! Das neue Mieterschuhprovisorium.
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Aenderungen ausschließlich auf Kosten Der tapitalsfräftigsten Mieter.
Die sonstigen Aenderungen am Mieter
Nr. 294.
Rüstet ab!
Im Zusammenhang mit den Abr. stungsaftionen, die gegenwärtig vont beiden sozialdemokratischen Par teien der Republit im Parlament und außer parlamentarisch geführt werden, mag im folgenden der Vorsißende der Sozialistischen Arbeiter- Internationale mit einem Artikel and dent Brüsseler Peuple" zu Worte fommen. Wie Genosse Vandervelde sind auch wir der Meinung, daß die jetzige, auf ein begrenztes realpolitisches Ziel ausgehende Aktion nur die Einleitung zum Kampfe um die völlige Ahrüstung ist.
war heute neuerlich Gegenstand einer Tebatte in Berlängerung auf sechs Monate. der Deputiertenkammer. Ministerpräsident Laval ersuchte ohne jedoch hiebei die Ber Prag , 17. Dezember. Die heute im Par- 1 Die Bestimmungen unter 1. und 2. betrauensfrage zu stellen die Wahlreform auf lament vorgelegte Regierungsvorlage über die treffen nicht Wohnungen, welche bis zur Kunddie Tagesordnung der nächsten Mittwoch statt Verlängerung des Mieterschußes bestimmt machung dieses Gesezes ganz oder teilweise zur findenden Sigung zu setzen. Deputierter He r- folgendes: Ausübung irgend eines Berufes beriot sprach sich im Namen der Linksopposition Die Wirksamkeit des mit Ende dieses Jahres nügt worden sind und bis 31. Dezember 1932 dagegen aus und kritisierte die vorgeschlagene ablaufenden Mieterschutzgeseßes wird bis Ende derart benüßt werden. Reform als Angriff gegen eine demokratische Ein- uni 1932 verlängert, ebenso das Gesez über den Aufschub der exekutiven Räumung von Woh- schuß sind folgende: richtung. Der Antrag Lavals wurde dann mit nungen( lex Meißner) und die§§ 1 bis 16 Bei Räumlichkeiten, welche dem Staat, den 234 gegen 228 Stimmen abgelehnt. Die des Gesetzes über die außerordentlichen Maß- Ländern, Bezirken, Gemeinden und deren UnterWahlreform in der von der Regierungsmehrheit nahmen der Wohnungsfürsorge.. Zu demselben nehmungen vermietet sind, ist die Erhöhung vertretenen Fassung kann nach dieser Abstimmung Termin ist auch die Enteignung von Grund- des Mietzinses ab 1. Jänner 1932, und Als zu Beginn des 16. Jahrhunderts stüden zu Bauzwecken nach dem Gefeß vom 10. bei Räumlichkeiten, welche den vom Staate ver- Fernando Cortez und seine Gefährten in als erledigt angesehen werden. April 1930 über die Baubewegung zulässig. walteten Fonds vermietet sind, ab 1. April 1932 Mexiko eindrangen, stießen sie auf ein Volf, Folgende Räumlichkeiten werden mit 31. allgemein auf einen den Grundmiet das auf einer ziemlich hohen Kulturstufe Dezember 1932 aus dem Mieterschutz ausgezins um 340 Prozent nicht über- stand, in dem aber der Brauch fortlebte, den schieden: steigenden Betrag zulässig. Göttern Tausende von Menschenopfern darDie Bestimmung, daß die Gemeindezuschläge 1. Wohnungen, nicht aber andere Räumlichkeiten von Mietern, denen auf Grund zur Hauszinssteuer nicht über 200 Prozent er- zubringen. Noch heute staunt man über diesen rechtskräftiger Vorschreibung für die letzten höht werden können, wenn auch die nach den blutigen Anachronismus. Die Historiker der Zukunft werden drei Jahre eine Einkommensteuer für ein allgemeinen Bestimmungen zulässigen GemeindeJahreseinkommen von durchschnittlich zuschlagssäge höher sein sollten, gelten auch für ebenso darüber staunen, daß im 20. Jahrwenistens 75.000 kronen vorgeschrieben das Jahr 1932. hundert in europäischen Ländern oder in worden ist; Das Gefeß tritt mit 1. Jänner 1932 in Ländern mit europäischer Zivilisation dic Wirksamkeit; seine Durchführung obliegt dem Völker, die in ihrer großen Masse keinen 2. Wohnungen, welche außer Küche und minister für soziale Fürsorge gemeinsam mit andern Wunsch haben, als im Frieden leben Wohnräumen für das Dienstpersonal aus den Ministern für Justiz, der Finanzen, des zu fönnen, einen großen Teil ihres Einkom fünf oder mehr Wohnräumen be- Innern und für öffentliche Arbeiten. itchen;
Das
des
Oberste Gerechtigkeit für Major. Brünn , 17. Dezember. Der Oberste Ge richtshof in Brünn fällte heute um 10 Uhr in Angelegenheit der Nichtigkeitsbeschwerde Abgeordneten Stephan Major sein Urteil, durch das die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Die Nichtigkeitsberworfen wird. beschwerde des öffentlichen Anflä gers , der forderte, daß die Tat als Verbrechen qualifiziert werde, wird entsprochen, Infolgedessen werden die Urteile der beiden Gerichte niederer Instanzen aufgehoben und Abgeordneter Major zu einer Kerkerfirafe in der Dauer von einem Jahr und vier Monaten als Hauptstraße und zu einer Geldstrafe bon 2000 K, im Nichteinbringungsfalle zu weite= ren zwanzig Tagen Kerters, zum Amtsverlust für fünf Jahre und zum Berlust des Wahlrechts für drei Jahre als Nebenstrafe verurteilt. Der Rat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nußbaum begründete hierauf das Urteil.
Das Blutbad in Voitsberg.
mens und technische Wunderwerke dazu ver 3. gewerbliche Betriebsstätten und an= Der Motivenbericht führt u. a. an, daß der wenden, in der industriellen Gesell dere Räumlichkeiten als Wohnungen, in Entwurf des neuen Wohnungsgesetzes fertig haft mit einem Millionenaufwand den denen eine Erwerbstätigkeit betrieben wird, und bereits der Regierung vorgelegt worden sei. übermäßig angeschwollenen Apparat der alten wenn eine Aktiengesellschaft, Kommanditgesell- Es sei dies ein umfangreicheres Wert, das sich militaristischen Gesellschaft auff schaft auf Attien oder Gesellschaft m. b. H. mit dem Wohnungsproblem in seinem gan recht zu erhalten nicht, weil sie sich schlagen Mieter ist; zen Umfang befasse und daher eine gründ- wollen, sondern weil es gelungen ist, ihnen. 4. zu einer Erwerbstätigteit be- liche Vorbereitung erfordere. Um für diese Ber - einzureden, daß die andern sie angreife nüßte Räumlichkeiten, die nicht Teil einer handlungen Zeit zu gewinnen, erwies sich das wollen. Wohnung sind, wenn sie den Charakter gro- Provisorium als notwendig. ßer Betriebsstätten befißen.
Der Motivenbericht führt weiter ausdrüd
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Der Krieg, wie man ihn heute verstehe Bis 31. Dezember 1932 stehen diese Wohlich an, daß von den unter Punkt 1. und 2. ge- ist, wie allgemein zugegeben wird, eine Sache. nungen noch unter dem bisherigen Mieterschutz; nannten Wohnungen diejenigen nicht vom die sich nicht bezahlt macht", er ist furchtba mit dem 1. Jänner 1933 wird der Mieterschus Mieterschutz ausgeschlossen werden, die der Mie- und zugleich eine ungeheure Dummheit. für die unter 1. bis 4. angeführten Räumlich- ter teilweise oder zur Gänze zur Ausübung Aber in Staaten, wie den unsrigen, gibt leiten aufgehoben oder, wie es im Gefeß irgendeines Berufes benötigt. es etwas, das, moralisch betrachtet, vielleicht wörtlich heißt: noch schlimmer: das ist die Vorbe Die Vorlage wurde am Nachmittag nach reitung zum Krieg; das ist das stän längerer Debatte vom sozialpolitischen Ausschuß dige Vorhandensein einer Organisation, dic unverändert angenommen und wird bereits teinen andern Zweck hat als den Massenmord. morgen im Plenum verhandelt werden.
richten sich die Verhältnisse aus Mietverträgen über diese Wohnungen und andere Räumlichkeiten nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes."
Steuerüberwälzungsverbot auf zwei Jahre aufgefchoben.
Es ist noch erklärlich und begreiflich, wenn die Menschen in einen gegebenen Moment, in einem Zustand der äußersten Spannung, zur Gewaltanwendung schreiten. Daß aber mitten im Frieden in jenem Frieden, den alle zivilisierten Völker ohne
Wien , 17. Dezember.( Eigenbericht.) Die Schießerei in Voitsberg ist auf eine offenbar ganz beabsichtigte Provokation durch Die Heimwehr zurückzuführen. Während in Boitsdorf zwei Versammlungen, eine sozial demokratische und eine hakenkreuzlerische, tagten, hat die Gendarmerie auf eine Anzeige hin das Rathaus durchsucht und in einem unversperrten Raum angeblich 150 Handgranaten gefunden, Sowohl der sozialdemokratische Bürgermeister wie der bürgerliche Vizebürgermeister erklären, daß dieser Raum sowie die ganze Abteilung, in der er liegt, immer versperrt find, zumal beute dem Barlament einen Regierungsentwurf Ansicht zu eigen, daß das SteuerüberwälzungstenPrag, 17. Dezember. Die Regierung hat erwähnten Antrag unserer Genossen vertretene Ausnahme als ihr höchstes Gut betrach die Regierungen, die sich zivilisiert fich dort das Magazin benetan überreicht, der im Sinne des fürzlichen Initiativ- verbot die Angestellten in einer Zeit ungünstiger nennen, jährlich 140 Milliarden offenbar, daß diese sogenannten Handgranaten von den Heimwehren oder sonst jeman- antrages der Genossen Macoun und Klein wirtschaftlicheer Verhältnisse treffen würde, so dazu verwenden, um Tausende von jungen dem hineingeschmuggelt worden sind. den Aufschub des im Gesetz über die direkten daß sie kaum in der Lage wären, durch neue Arbeitern in die Kasernen zu sperren, hochEs ist auch noch gar nicht sicher, ob es wirkliche Steuern ausgesprochenen Steuerüberwälzungs- Dienstverträge den Ausfall an Einnahmen weit bezahlte Generalstäbler und Berufsoffiziere in verbotes vorsicht, das mit 1. Jänner 1932 hätte zumachen. Es würde also in der Regel der Fall goldverzierte Uniformen zu kleiden, alle ErHandgranaten find. eintreten, daß die Bezüge der Angestellten um
Ein schöner Erfolg der freien Gewerkschaften.
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Demnach kann auch weiterhin bis Ende die Krankenkassenbeiträge und die Einkommen rungenschaften der Technik für Kanonen und Demnach kann auch weiterhin bis Ende steuer gekürzt würden, während namentlich Panzerkreuzer zu verwerten und Flugzeuge 1933 auf Grund der bestehenden Kollektivver die Angestellten mit höherem Einkommen ohne und Giftgafe zu erfinden, die in einer be träge die Zahlung der Krankenkassenbeiträge dies schon durch den Zuschlag zur Einkommen- ftimmten Region alles Leben vernichten sowie der Steuern und sonstiger Abgaben steuer betroffen werden. Ein Aufschub des können und das alles nur für Zwecke des durch den Arbeitgeber erfolgen, Steuerüberwälzungsverbotes um zwei Jahre er Ehrgeizes und des Prestiges dann handelt der se nerseits diese Beträge als Abzugsweise sich daher als notwendig. es sich um Ueberreste einer Barbarei, die die post bei der Bemessung der Einkommen, Die Vorlage wurde heute nachmittag bereits Menschenopfer der Azteken tausendmal überbezw. Erwerbssteuer anführen kann. bom Budgetausschuß angenommen und wird trifft. Der Motivenbericht macht sich die in dem schon morgen vom Plenum verabschiedet werden.
Im selben Augenblid eröffneten 8iin Kraft treten sollen. Gendarmen das Feuer und schossen auch noch in die flüchtende Menge hinein. Wie sin n Ios die Schießerei war, geht schon aus dem Be= rufen und der Parteizugehörigkeit der Opfer herbor. Die Toten sind eine sozialdemokratische Lehrerin namens se o ch, die Tochter eines Generals, und der Führer der Kommunisten in Köflach . Einer der Schwerverwundeten ist ein Nationalsozialist, ein zweiter ein Landbündler, ein dritter. ist parteilos. Eine verwundete Frau ist die Gattin eines Heimwehrmannes!
anstalten.
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Gegen diese Ungeheuerlichkeit des bewaffneten Friedens protestiert die ganze sozialiDer Termin des 19. Dezember bedeutet stische Internationale und fordert, um ihm ein offenbar einen Liebesdienst für die Ende zu machen, die vollständige, Seimwehren, die für morgen abends in gleichzeitige und kontrollierte Graz einen Fadelzug als Siegesfeier für brüstung. Pfrimer angesetzt haben. Besonders nach der heutigen Verteidigungsrede, die Rintelen als Zeuge für Pfrimer gehalten hat, halten sie den Freispruch für ganz sicher.
Nun hat es die Gendarmerie für notwendig Weihnachtsburgfrieden in Desterreich. gehalten, gerade in dem Augenblick, als die Ver jammlungen zu Ende waren, einen jungen Mie- Die Heimwehr darf noch eine Siegesfeier verchaniker, von dem fie nachher behauptete, daß er überhaupt gar nicht als Beschuldigter in Frage fam, fondern nur zu einem Verhör gebraucht Wien , 17. Dezember.( Eigenbericht.) Der wurde, mitten durch die Menge zu Ministerrat hat beschlossen, an die Landesführen, die eben aus der Versammlung hauptleute folgende Weisungen zu erlassen: Von strömte. Es tam natürlich zu stürmischen Szenen Samstag, den 19. Dezember mittags bis einund da soll nun ein Unbekannter auf einen Gen- fchließlich 6. Jänner 1932, sind im gesamten darmen losgegangen sein und versucht haben, Bundesgebiete von wem immer veranstaltete ihm das Gewehr zu entreißen. Es kam zu einer öffentliche Versammlungen( Aufzüge, Auf- Rom, 17. Dezember. Von den 1144 Uni Balgerei, Fei der der Gendarm leichte Vermärsche) ausnahmslos nach Baragraph 6 des versitätsprofessoren, die zum Ablegen des neuen legungen erlitt, wie sie für eine Rauferei mpisch Versammlungsgesetzes vom Jahre 1867 zu un- Amiseides auf das faſciſtiſche Regime und den find. Plötzlich ging ein Schuß los, der den tersagen, da die Abhaltung solcher Veranstal- König aufgefordert wurden, haben elf, darunter Gendarmen am Oberschenkel streifte. Zeugen er tungen gegenwärtig die öffentliche Sicherheit vier Professoren der Universität Rom , die Eides zählen, daß der Schuß ganz zufällig losging und das öffentliche Wohl gefährden. leiftung verweigert.
Elf Aufrechte.
Die belgische Arbeiterpartei war auf ihrem letzten Kongreß in ihrer Mehrheit der Ansicht, daß das kleine Belgien in einem bewaffneten Europa nicht auf das Minimum bon bewaffneter Verteidigung verzichten fönne, das in den Verträgen von Locarno vor gesehen ist und die Voraussetzung für dic Intervention der Garantieftaaten im Falle eines nicht provozierten Angriffs bildet. Aber er hat gleichzeitig beschlossen, daß gerade auf Grund der in diesen Verträgen niedergelegten
J.