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osialdemokrat

Jentralorgan d Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12 Jahrgang.

Neujahrsempfang bei Majaryt.

Keine offiziellen Ansprachen.

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Samstag, 2. Jänner 1932

Aufruf zum Boykott.

Allindischer Kongreß rüstet zum Kampf.

Nr. 2.

Der Spießer rebelliert.

In früheren Zeiten war der politische Besitzstand der bürgerlichen Parteien ein ziem­

London, 1. Jänner.  ( Reuter.) Der all- ten Boykott britischer Waren, auf die lich stabiler und nicht leicht änderbarer. indische Kongreß hat sich als Ausschuß konsti. Nicht bezahlung von Steuern und Manche dieser Parteien durchlebten mitunter tuiert und eine Resolution angenommen, in schließlich auf die Nicht beachtung beson welcher der Vorsitzende des Kongresses ermächtigt berer Verordnungen der Regierung wird, für den Fall seiner Verhaftung seinen Nachfolger zu bestimmen.

Gehorsamsverweigerung.

beziehen.

Prag  , 1. Jänner.  ( C. P. B.) Das Neujahr wurde beim Präsidenten der Republik auf der Burg in sehr einfacher Form durch die üblichen Audienzen der offiziellen Persönlichkeiten ge­feiert. Das Prager   diplomatische Korps entsandte eine Art Hochkonjunktur, so die christlichsoziale zur Neujahrgratulation. Namens der National in Wien  , die deutschvölkische in den Subeten. ländern, manche erlitten gelegentlich bei Wah versammlung fanden sich auf der Burg der Vor­len Einbußen, doch nie vordem vollzog sich bei fizende des Abgeordnetenhauses J. Malypetr Bor der Verhaftung der Führer? ihnen ein so rapider Auflösungsprozeß, wie und der Vorsitzende des Senates Dr. F. Sou Der Kongreß wendet sich in der Resolution tup ein, denen sich namens der Regierung Bombay, 1. Jänner. Der Vizekönig hat in gegenwärtig in Deutschland   und nach den Er­Ministerpräsident F. udržal anschloß. Der sodann an das Land und fordert zu einem Chef der Militärkanzlei des Präsidenten der Re- Boykott aller öffentlichen, von der seinem Antwortbrief auf das Ultimatum Gandis zen, bei einzelnen von ihnen, so bei der Deut­publit General Bláha geleitete sodann eine Regierung betriebenen Institu- mitgeteilt, daß er grundsäßlich zu einer schen Nationalpartei, auch bei uns. Der bür­Delegation der Armee, in der fich Nationalber- tionen, wie des Telegraphenwesens, der Ge- Unterredung bereit sei, jedoch keine gerliche Wähler, einmal auf eine Partei ein­teidigungsminister Viškovsky, Generalinspek­Erörterung der neuesten Antiter geschworen, war nicht leicht zu einer Aende­tor Podhajsty, der Chef des Generalstabes richte usw. auf. rormaßnahmen wünsche. rung seines politischen Glaubensbekenntnisses Syrovy und der Chef der französischen   Militär­Gandi erwiderte auf das Schreiben, er zu bewegen. Das ist jetzt anders geworden, mission General Faucher befanden, zur betrachte die Antwort des Vizekönigs als unbegründlich anders. In Deutschland   zeigt gegen­Audienz. Diese Besuche beim Präsidenten nahmen die Zeit von 11 Uhr bis 12.30 Uhr in Anspruch. Gandhi   regt leyte   Berhandlungen an friedigend und als Zurückweisung wärtig jede Wahl zu irgend einer parlamen­Offizielle Ansprachen wurden nicht gehalten. Gandhi   richtete an den Vizekönig eine De eines Borschlages. Er wiederholte dann tarischen Körperschaft dasselbe Bild: binnen Abends hatte der Präsident den Besuch des Städt. Theaters in Weinberge, wo Langers Stück Engel pesche, in welcher er ihm den vorläufigen Be- feine Bitte um eine bedingungslose Unterredung. furzer Zeit schmilzt die Wählerschaft ganzer schluß des allindischen Kongresses mitteilt, dem- In maßgebenden Kreisen wird der Erlaß Parteien auf die Hälfte und noch mehr als unter uns" aufgeführt wurde, auf dem Pro zufolge die Aktion der Gehorsamsverweigerung einer Antiterrorverordnung für die um die Hälfte zusammen, man kann in fortgesezt werden soll. Sollte der Bizetönig nächsten Tage erwartet, die die Verhaftung flucht der bürgerlichen Wähler sprechen und Deutschland   heute von einer wahren Massen­jedoch der Meinung sein, daß es zweckmäßig wäre, vorher mit Gandhi   zu verhandeln, so wichtiger Kongrefführer, möglicher manche Vorzeichen deuten an, daß es bald viel­würde man die Durchführung dieses Planes in weise auch Gandis, vorsehen soll. In einer Ver- leicht auch bei uns so sein wird. Wohin diese der Hoffnung aufschieben, daß bei einer fammlung erklärte Gandi, daß er nur noch bürgerlichen Wähler flüchten, das ist das Lager persönlichen Zusammenkunft vielleicht eine einige Tage Freiheit vor sich habe. 2ösung gefunden werden könne, auf Grund der Nationalsozialisten. Diese mit dem Gelde deren die indische nationale Bewegung von Der Kongreß wird voraussichtlich noch am der Schwerindustrie und des Trustkapitals ihrer Absicht Abstand nehmen könnte. Nach dem Freitag abend eine Entschließung fassen, worin großgezogene Partei wurde und wird auch borläufigen Beschluß des allindischen Kongres- die Weltstaaten aufgefordert werden sollen, der noch jetzt von den bürgerlichen Parteien ge­ses würde sich die Aktion des sogenannten bür indifchen Lage ihre Aufmerksamkeit zu schenken hätschelt und zumindest wohlwollend toleriert, weil sie in ihr das Mittel zur Niederringung gerlichen Ungehorsams auf den verschärfund zugunsten Indiens   einzuschreiten. des Marrismus erblicken, nun werden sie mit Bestürzung gewahr, daß trotz aller Anstren­gungen und Demagogie des sogenannten Na­tionalsozialismus der Marxismus im wesent­lichen unerschüttert geblieben ist, daß dagegen

gramm.

Vor der Belegung Lichintichaus. Tokio  , 1. Jänner.  ( Reuter.) Nach hier eingetroffenen Meldungen hat die Borhut der japanischen Truppen den Fluß Taling erreicht, so daß sie sich bereits de facto hart am Rande der Stadt Tichintschau befinden, die in der letzten Zeit den Mittelpunkt des Interesses bildet.

*

China   leistet Widerstand?

Paris  , 1. Jänner. Wie Havas aus Nan­fing meldet, dementiert General Ticheng Ming

Schu formell, daß die chinesischen Truppen sich Hindenburg   appelliert an die

ohne Widerstand aus der Mandschurei   zurückziehen würden. Die Zentralregierung habe im Gegenteil Marschall Tichanghsueliang angewiesen, den vor­dringenden Japanern energischen Widerstand ent­

gegenzusehen.

Solidarität der Welt.

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der Arbeitslosigkeit gepeinigten Völfern neuen Lebensmut einbaucht. An diese schwere Arbeit des neuen Jahres geht die Reichsregierung von dem festen Willen beseelt, dem deutschen   Bolle sie selber vom Nationalsozialismus mit Haut und Vaterlande die notwendigen Erleichterungen und Haaren aufgefressen werden. schaffen."

Berlin  , 1. Jänner. Bei dem heutigen Neu­jahrsempfang beim Reichspräsidenten von Gin­denburg wies der apostolische Nuntius Orse- 3 nigo im Namen des diplomatischen Storps darauf hin, die gegenwärtige Weltkrise zeige, Kommunistische Streifparolen. Hindenburgs Rundfunkrede durch wie eng und unlösbar die wirtschaftlichen Bande tommunistische Barolen gestört. Eschweiler  , 1. Jänner. Die Zentralstreit seien, welche die Völker miteinander verknüpfen. Die Wohlfahrt einer Nation, ob sie nun zu den leitung" der Bergleute im Wurmgebiet, eine vor Anzapfung des Kabels zur Sendestation. Siegern oder zu den Besiegten gehöre, sei heute furzem neu ins Leben gerufene Organisation, Berlin  , 1. Jänner. Die gestrige Rundfunk- nur im Rahmen einer gewissen die ganze Welt die sich aus Bergarbeitern aller Richtungen zu­rede des Reichspräsidenten   war von unbekannter umfassenden Gesamtwohlfahrt vorstell­Seite durch Dazwischenreden und durch Vortrag bar. Der Zusammenbruch auch nur eines Groß- sammensetzt, hat beschlossen, morgen auf allen verschiedener kommunistischer Parolen staates müßte heute unvermeidlich seine Rückwir Gruben des Wurmreviers den Streit auszuru start gestört worden; auch ein fortwährendes fungen auf viele andere Staaten ausüben. An- fen. Als Grund wird die 10prozentige Lohntür­einen großen Teil der Zuhörerschaft stellenweise endlich alle Völker die Notwendigkeit einer aufzung angegeben. Die Gewerkschaften werden an direkt unverständlich war. richtigen allseitigen Verständigung zu begreifen den Streit offiziell nicht teilnehmen. Die Berliner   politische Polizei hat noch in begonnen.

Silvesternacht.

Fluchtartig übergehen also die bürger­lichen Wähler in das Lager der Nazis. Was übrigbleibt, ist oft nur ein Torso. Wenn bei­spielsweise in einem Lande wie Hessen   die bür­gerlichen Parteien auf einen Schlag 100.000 Stimmen, das ist mehr als die Hälfte ihres Besitzstandes an die Nazis verlieren, so fann man wohl behaupten, daß sich im Bürgertum ein noch nie dagewesener Umschichtungs- und Bersetzungsprozeß vollzieht und daß das Bür­gertum bis auf kleine Reſte ſeine früheren Ideologien über Bord wirft.

Was sich hier vollzieht, es ist die Rebel­lion der Mittelschichten gegen die Wirtschafts­frise. Proletarisiert, deklassiert, in ihrer früher der Silvesternacht umfangreiche Ermittlungen In seiner Griv derung erklärte Präsident Wieder ein Satenkreuzmord in der gesicherten Existenz aufs schwerste erschüttert, wegen dieser Störung aufgenommen. Durch Be- Hindenburg u. a.: Deutschland   mußte zu unge­sprechungen mit den Rundfunk- Sachverständigen wöhnlich fief einschneidenden Maßnahmen grei werfen sie sich dem Fascismus in die Arme. Angesichts der Erschütterung der Grundlagen der Reichspost konnte zunächst ermittelt werden, fen, die jedem Deutschen   schwerste Opfer aufer­Danzig, 1. Jänner. Zu einem schweren des kapitalistischen   Wirtschaftssystems, die auch daß die Störung nicht im Rundfunkhaus ihren legen, Aber auch die höchsten Anstrengungen eines Ursprung hatte, sondern daß von fachkundiger einzelnen Boltes reichen allein nicht aus, um der Zusammenstoß fam es in der vergangenen Nacht sie in den Wahlstrom der wirtschaftlichen Kata­Hand das Kabel, das die Uebertragung zum Sen- fritischen Lage Herr zu werden. Diese Erkenntnis in Zoppot   zwischen Anhängern der National- strophe hineingerissen hat, ohne daß sie einen Der Königswusterhausen vermittelte ,,, ange müsse ohne Zögern in die Tat umgesetzt werden. fozialisten und Mitgliedern des Vereins Freunde Ausweg sehen würden, steht ihnen nur die eine zapft" worden ist. Es gelang auch bereits, in n verständnisvollem Zusammenwirten müffen der Sowjetunion". Eine etwa 20 Mann starte Erfahrung zur Seite: daß es früher besser war der Nähe des Neuköllner   Krankenhauses die die Regierungen Lösungen finden, die eine Ge­Störungsstelle sicherzustellen, an der sich die Täter sundung der Wirtschaft und der Finanzen in der Gruppe von Nationalsozialisten drang in em und in ihrer Bedrängnis, die ebenso groß ist mit ihren Apparaten in den Stromkreis einge Welt ermöglichen. Weiters erklärte der Präsident, Lokal ein, in dem die Kommunisten eine Silvester- wie ihre Ahnungslosigkeit möchten sie das Rad schaltet hatten. die Erwartungen in der Frage der Abrüstung feier abhielten, und gab mehrere Schüsse ab, durch der Entwicklung nach rückwärts drehen, die auf diesem Gebiete darf in Zukunft ein ben darauf folgenden Schlägerei wurden mehrere Ber- mus als das geeignete Mittel. dürfen nicht nochmals enttäuscht werden. Auch die eine Person tödlich verlegt wurde. Bei der Zukunft nach der Vergangenheit gestalten. Und eben dazu erscheint ihnen der Nationalsozialis schiedenes Recht für die einzelnen Per- mus örfer gelten. Der Präsident schloß mit dem sonen verlegt. Die Polizei nahm 13 Personen Wunsche, es möge den Regierungen im neuen fest. Die Nationalsozialisten erklärten, in das Jahve gelingen, der Welt die endgültige Befrie- Lokal eingedrungen zu sein, weil sie angeblich dung zu geben. von dort beschossen worden wären.

die Polizei auch bereits die Spur der Täter auf Mit der Ermittlung der Störungsstelle dürfte genommen haben, denn die Ausführung der Störung läßt faum einen Zweifel darüber, daß die Täter mit den technischen Betriebsverhält nissen vertráur sein mußten. ne und w

Neuer Lebensmut".

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56.500 Mart aus dem Poftwagen geraubt. Bottrop  , 1. Jänner. Zwei mastierte Räu­

Gewiß, man muß auch die geistige Atmo­sphäre, in der das Kleinbürgertum lebt, fen­nen, um sein Ueberlaufen in das nationalso­zialistische Lager zu verstehen. Am Anfang aller politischen Weisheit des Spießers, beson­ders des deutschen  , stand der Stammtisch. Hier hat er seit jeher jener stupiden Raunzerei über alles und jedes sich befleißigt, die im Grunde genommen den Gedankeninhalt des National­

Interessant, doch nicht ganz klar ist die Frage, welches Deliktes sich die Rundfunkhörer schuldig. gemacht haben. Zweifellos liegt schwere Sach­beschädigung vor; denn es handelt sich bei dem angezapften Rabel um einen Gegenstand, der dem Berlin  , 1. Jänner. Als Vertreter des öffentlichen Nußen dient. Zweifellos ist auch der beurlaubten Reichskanzlers begrüßte Reichspost­Tatbestand des groben Unfuges gegeben. Die minister Dr. Schäßel namens der Reichs­Staatsanwaltschaft wird aber ferner noch zu regierung den Reichspräsidenten mit einer An- ber drangen gestern abends in einen Bahnpost- sozialismus bildet. Hier oblag er der politi­prüfen haben, ob nicht in der Störung eine sprache, in der er die Glückwünsche der Reichs- wagen ein, der auf dent hiesigen Bahnhof zur schen Quacksalberei, die aus einem umso un­Beleidigung des Reichspräsidenten   liegt und ob regierung übermittelte und in der er sagte: Das Abfahrt nach Essen   bereit stand. Während einer die Angelegenheit nicht auch unter die Bestim neue Jahr soll nun die entscheidenden Verhand von ihnen, in jeder Hand einen Revolver, die fehlbarer und selbstbewußter sich fühlenden mung der Rotverordnungen fällt, die zur Auflungen bringen und die Reichsregierung hofft, Postbeamten in Schach   hielt, raubte der zweite Herzen strömte, je mehr Bierkrügel die Kehle rechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung daß es der Einsicht aller gelingt, zu einer Re einen 40 Kg. schweren Geldfasten mit 56.000 hinuntergeflossen waren. Mit fräftigem Auf­und Sicherheit besonders verschärfte Bestimmun gelung zu fommen, welche die Wirtschaft wieder Mart. Die Täter flüchteten mit ihrer Beute in trumpfen und Bramarbasieren wurden hier heilt und den schwer geprüften, von der Geisel einem bereitstehenden Auto. alle Probleme, über deren Lösung sich die gen vorsehen.