Seit« 1Ctanttag, 9. ftihtMt ISS-Jtr. 9Staatsmänner vergebens die Köpfe zerbrachen,spielend gelöst. Verständnis und geistige Reifehat der deutsche Spießer nie aufgebracht, vielnäher stand seiner beschränkten Einsicht schonder„starke Mann", den er, wenn er ihn nichtin sich selber sah, in irgend einer Person verkörpert fand und von dem er erwartete, dieserwürde, wenn er einmal ans Ruder gelange,alles sozusagen aus dem Handgelenk und überNacht ganz nach den Wünschen des sich irgendwie bedrängt oder unzufrieden fühlenden Spießers ändern. Die blindwütige Führer- undHeldenverehrung, die Wirrheit der Stamm-tischdiskussionen, das wüste Bramarbasieren,das öde politische Schlagwort, das Haschen nachdem Wind— wer sich die Mühe nimmt, einmal an einer nationalsozialistischen Versammlung teilzunehmen, findet alle Konfusion undallen Schwatz, wie er früher und auch nochjetzt an deutschen Stammtischen produziertwurde, getreu und vollzählig wieder. DerDenkfaulheit des Spießers kommt es nicht sosehr darauf an, was geschehen soll, viel wichtiger ist ihm, daß etwas zu geschehen scheint.Die geistige Disposition des Kleinbürgers,die ihn niemals daS ökonomische Geschehen verstehen gelernt hat und ihn seine Rettung durcheinen„Messias" erwarten und, erhoffen ließ,hat ihn sicher für das verschwommene und nuraus Schlagworten bestehende nationalsozialistische Programm eingenommen, doch richtigreif gemacht dafür hat ihn erst sein rascherProletarisierungsprozeß durch die Wirtschaftskrise, in Deutschland überdies durch die Verheerungen der Inflation. Bis vor wenigenJahren war der Nationalsozialismus inDeutschland eine lokale Erscheinung, die kaumüber München hinaus Bedeutung hatte. Erstseitdem mit der Inflation der Beginn derschweren Katastrophe auch über das Kleinbürgertum hereinbrach, die dann in der nun schonJahre andauernden und sich seitdem staiüngsteigernden WirtschaftSnot zur Vernichtungaller Fundament« führte, auf denen das Kleinbürgertum seine über den Lebensstandard desArbeiters gehobene Existenz dauernd gesichertglaubte, erst seitdem ist eS von der Stammtischraunzerei zur offenen Revolte übergegangen, die sich eben in dem massenhaften Anschluß des Spießers an die nationalsozialistischeBewegung äußert.Die Ungereimtheiten, Unsinnigkeiten,Widersprüche und das hilflose Gestammel dessogenannten nationalsozialistischen Programmsaufzudecken kann nur gegenüber Arbeitern vonaufklärender Wirkung fern. Den Spießer, derden Boden unter sich wanken fühlt und denvor allem die Angst davor erfüllt, dauernd dasLebenSloS des Proletariers teilen zu müssen,wird man vergebens mit der Aufzeigung derVerlogenheit der antikapitalistischen Phrasendes Nationalsozialismus auS dessen Gefolgschaft loszulösen versuchen. Denn was derSpießbürger im Nationalsozialismus sucht, dasist wahrlich nicht der Sozialismus, daS ist vielmehr die Rückkehr auf eine frühere Stufe derkapitalistischen Entwicklung. Es ist nicht dieBefreiung des Proletariers vom Joche derkapitalistischen Ausbeutung, die ihn national-sozialistisch wählen läßt, sondern der Wunsch,die Sehnsucht nach einer Ordnung, in der derProbeheft kostenlos vom Verlag der Neuen Gesellschaft 0. m.b. H.. Berlin S 42. Der..Arbeiterfunk** kann durch die Postdurch die Ortsgruppen des Freien Radio-Bundes, alle Volksbuchhandlungen sowie direkt vom Verla« In Berlin S 42,AlezaudrinenstraBe 37 bezogen werden.stische Parteiführung müßte mit dem Kampfgegen die Sozialdemokraten aufhören und müßtefür die Zusammenfassung der Kräfte der Kommunisten und der Sozialdemokraten eintreten.Die Einheit der Arbeiterbewegung kann auf derGrundlage der Bekämpfung der Sozialdemokratennicht erreicht werden.Di« Politik der Führung der kommunistischenParteien, ist unbegreiflich. Auch in der Tschechoslowakei wird zu der möglichen Entwicklung derVerhältnisse in Deutschland von der heutigenParteiführung der Kommunisten Stellung genommen. Anscheinend stolz wird erklärt:„DieFaskisten in Deutschland? Brüning? Die Sozialdemokraten? Lauter elende Kerle! Alle zusammensind nicht der Rede wert. Wir, die Kommunisten,werden sie alle zusammenschlagen und siegendwird die Diktatur teS Proletariates errichtetwerden." Diese Sprache gleicht dem Bramarbasieren der alten geistlosen kaiserlichen Militaristen. Auch diese erklärten aufgeblasen:„Frankreich? Belgien? Rußland? England? Amerika?Italien? DaS ist olles zum lachen. Das herrliche preußische Militär wird mit allen fertigwerden und nach dem Kampf wird herrlich dieWeltherrschaft Deutschlands erstrahlen." DieseSprache, sie war heillos dumm. Die Kommunisten sollten diese unsinnige Politik nicht nachahmen.Die einzig richtige Politik gegen die weiterbestehende furchtbare Gefahr deS FaseiSmuS istdie Zusammenfassung und Einheit der Arbeiterbewegung. Weg mit der Spaltung der Arbeiterbewegung! Verständigung und Bereinigung derKommunisten und Sozialdemokraten! Kampfgegen die Henker und Mörder der Arbeiterbewegung!Die Kommunisten jede- Staates, auch dieKommunisten der Tschechoslowakei könnten zudieser aus den eindeutigen Tatsachen sich ergebenden notwendigen Politik sehr viel beitragen.Skandal i« der Kaska-Krankeukassa. WiedaS SttibrnyÄIatt meldet, wurden dir beiden leitenden Angestellten der Krankenkassa derPrivatbeamten in der Saazer Gasse in Prag,Josef Kafka und Mirosiav G r e g r, von ihremPosten enthoben. Die Ursache dieser Maßregelung ist daS Vorgehen der beiden Beamtenbeim Bau des Erholungsheimes in Trentschin-Teplitz. Sie sollen ohne Genehmigung derVerwaltungskommission 2 Millionen Kronen fürden Bau dieses Gebäudes angewiesen haben,da- auf einem fremden Grundstück ohne Zustimmung deS Eigentümers erbaut worden«st.Dieser verlangt nun die Demolierung des miteinem großen Kostenaufwand errichteten Baues.— Die erwähnte Krankenlaffa ist in tschechisch-natmnalen Händen, und auch der D. H. V. hatfür diese Kassa seit Jahren Propaganda gemacht.Arbeiter aufhört, an der SchicksalsgestaltungdeS Staates mitzuwirken und ihm die Hauptlast der Krise aufgebürdet werden, auf daß derMittelstand und daS Beamtentum wieder aufjene Lebensstufe gelangen können, von der siedurch die wirtschaftliche Entwicklung des letztenJahrzehntes herabgestoßen wurden.ES wäre eine billige Erklärung für daSAnsteigen der nationalsozialistischen Flut,woute man sie lediglich als Ausdruck einesMassenwahnsinns oder einer Massensuggestionansehen. Um Wesen und Ziel des National sozialismus zu verstehen, muß man auf seinewirtschaftlichen Wurzeln zurückgehen, dannwird einem nicht unklar bleiben, daß sich inihm das Streben nach einer fascistischenStaats- und Wirtschaftsordnung verkörpert.Er ist die Rebellion des versinkenden Mittelstandes wohl gegen die Wirtschaftskrise, abernur insoweit, als er diese durch die Versklavungund Verelendung der Arbeiterklasse zu lösentrachtet. Die Arbeiterschaft muß sich in jedemAugenblick der ihr aus dieser Revolte drohenden großen Gefahren bewußt sein.Lest denOffizielles Organdes Freien RadioBundes<L Fachecboslowakei.Verlag der NeuenGesellschaft. Ber lin S 42, Alexandrinenstraße 37.DAS BLATT DER WERKTÄTIGEN BASTLER U HÖRERWTT;llHl, ld|l|kl3VlortellihrlicbKä 18.13MonatL a 6.45Wes mit der Spaltung!Von E. Bunan.Die Arbeiterbewegung Deutschlands undder ganzen Welt befindet sich in größter Gefahr.Der gefährlichste Feind der Arbeiterschaft undaller sozialen Errungenschaften der Arbeiter undAngestellten will in teuflischer Art alle Organisationen der arbeitenden Klasse niederschlagen.Die Regierung Brünings wird die Aktionen derFascisten in Deutschland nicht aufhalten, sie sindnur verschoben, die Wühlarbeit der Hitlerleutegegen die sozialisttsche Arbeiterbewegung gehtweiter. Hören wir drei Stimmen, welche Bedeutung dem Siege der Hakenkreuzler zukommenwürde.In manchen bürgerlichen Kreisen wurdeund wird noch immer angenommen, daß die Ergreifung der Macht durch die Hitlerianer inDeutschland unaufhaltbar ist. Der„PragerBörsen-Courier" schrieb kürzlich:„Wenn Brüning von den Franzosen nicht«in gewaltiger Erfolg zugeschoben wird, dann müssen wir damitrechnen, imß die Herrschaft über Deutschland inwenigen Wochen Herrn Hitler wie ein reiferApfel in den Schoß fallen wird. Der Anhangum Hitler wächst von Tag zu Tag, sein Kommenist nur mehr rin« Frage der allernächsten Zukunft."Manch« ander« Politiker sind nicht derselbenAnsicht, aber auch sie rechnen mit einem großenSieg der Hackenkreuzler bei den nächsten Reichs-tagswahlen, der dann eine Regierungskoalitionder Fafristen und der Zentrumsleute herbeiführen wird. Auch daS wäre selbstverständlichein Sieg der Fafristen. Di« Arbeiterbewegungwär« in beiden Fallen schwer, ja tätlich getroffen.Der„Prager Börsen-Eourier" nimmt fürden Fall des Sieges der Hitlerleute an, daß sichdie Kapitalisten auf allen Börsen damit leicht abfinden werden und sonst meint er ganz gelassen:„Daß Hitler mit den Sozialdemokraten und Kommunisten in Deutschland scharf abrechnea wird,ist«ne innerdeutsch« Angelegenheit." Wie dieseSt Abrechnung ausschauen würde, weiß die«stische Arbeiterschaft genau, aber auchändere Kreise schildern uns sehr lebendig, wasdie Herrschaft der Fascisten in Deutschland bedeuten würde. In der 80. Nummer der Wochenschrift„Die Bühne" schreibt Carl von Ossietzkyim Artikel„Kommt Hitler doch?":„Die gleicheNot, die alle schwächt, ist HitlerS Stärke. DerNationalsozialismus bringt wenigstens die letzteHoffnung: ven Kannibalismus. Man kannsich schließlich noch gegenseitig fressen. DaS istdie fürchterliche Anziehungskraft dieser HeilS-lehre." WaS wird nun die Folge sein, wenn dieStunde des Fascismus kommen sollte? Eine Unklarheit darüber ist unmöglich.„Dann wird derSieg de- monopolisierten Kapitalismus vollkommen sein. Dann wird der S.-A.-LandLknechtdie Manneszucht in den Betrieben schon übernehmen. Dann werden die Gewerkschaften zertrümmert werden..."In einer anderen Abhandlung—„AktiveAbwehr— schildert Erich Mühsam die Folgender Mscistenherrschaft:„Schlagen die Fascistenzu, dann ist daS erste, daß nach längst fertigenListen alle organisatorisch und rednerisch tätigenKräfte, alle der Führerschaft verdächtigen Personen verhaftet oder noch wirksamerbeiseite geschafft werden." Erich Mühsam schildert auch daS Mittel, daS gegen dieFascisten daS einzig wirksame ist:„Die einzigeKraft, die imstande wär« HitlerS Machtergreifungzu verhindern, ist der verbundene Wille der vomNationalismus nicht verwirrten deutschen Arbeiterschaft. Darüber sind sich alle Arbeiter, diesich überhaupt Gedanken machen, einig. Siewissen auch, daß daS Mittel, über daS sie verfügen, der Generalstreik ist. Nur der Generalstreik kann den Massenmord und die vollständige Versklavung der deutschen Arbeiterschaft verhindern. Die Arbeiter haben jetztanderes zu tun als sich gegenseitig zu beschimpfenund zu verprügeln... Es ist Zeit, höchste Zeit,zu handeln."FaseiSmuS in Deutschland, das ist; scharfeAbrechnung mit den Sozialdemokraten und Kommunisten, Gleichgültigkit aller kapitalistischenWelt dazu, Verhaftungen, Einkerkerungen, Ermordungen aller organisatorisch tätigen Personen,Massenmord in den Reihen der sozialistischen Arbeiter und Angestellten, Kannibalismus, Niederwerfung der Gewerkschaften, vollständige Versklavung der Arbeiterschaft, Triumph des ärgstenKapitabSmuS. FaseiSmuS—das ist Henkertum.Ob die Herrschaft des FaseiSmuS sich ,gesetzlich"oder ungesetzlich vollziehen würden, ob ohne Kompromiß oder mit einem Kompromiß mit anderenbürgerlichen Parteien, daS ist für die Arbeiterbewegung gleichgültig. DaS DÜten der Fascistengegen die Arbeiterbewegung würde sich in allenFallen gleich gestalten.DaS Mittel gegen den FaseiSmuS ist dieEinheit der Arbeiterbeweguna. DerGeneralstreik kann wirklich nur dann gelingen,Wenn Vie Arbeiterbewegung sich schon frühereinigt. Auch ein eventueller Generalstreik hatseine Vorbedingungen. Er kann nicht plötzlichwie rin Schuß auS der Pistole kommen. Die Arbeiterbewegung muß schon früher den gegenseitigenBruderkampf aufgeben. Damit würde sich dieSituation sofort zu ungunsten des Fascismusverändern. Gegen die einheitliche Arbeiterbewegung der ganzen Welt kann der FaseiSmuS überhaupt nicht aufkommen. Die Einheit der Weltbewegung der Arbeiterschaft ist eine so großeKraft, daß sie den FaseiSmuS auch ohne Generalstreik niederschlagen kann, daß aber der Generalstreik, wenn er unternommen werden müßte,dann bestimmt mit dem vollen Siege rechnenkann."Di« Einheit der Arbeiterbewegung hat wieder ihre bestimmte Vorbedingung. Die kommuni.»ab Loch Im Himmel.Novelle von Ernst Kretsdie.In den Herbergen saß er schweigend abseitsin«men« Winkel, aß fein Brot und mied denSchnaps. Er konnte kamen Schnaps mehr trinken.Ein Ekel würgte ihn schon beim Roßen Denkendaran. Aber er konnte auch nicht mehr arbeiten.Immer, wenn er Hammer und Meißel aus demRanzel nahm, mußte er an den Wilhelm Todedenken. Zu zweit waren sie gewandert. Zu zweitbatten sie nebeneinander bei der Arbeit gesessen.Zu zweit hatten die Hämmerchen ihr lustigesKlopfen ertönen lassen. Zu zweit hatten sie sierauchende Suppe aus demselben Napfe gelöffeltund zu zweit waren sie wieder weitergewandert.Alles hcttten sie gemeinsam getan. Jetzt war erallein und doch wieder nicht. Der Körper beiErschlagenen lag draußen in der Heide auf einemstillen Dorflriedhofe. Sein Geist aber war nichttot. Der lebt«. Der ging weiterhin mit ihm undwar um ihn, immer, was er auch tat. Der nahmihm den Hammer auS der Hand. Der legt« sichneben ihn in das Stroh und ließ ihn nicht schlafen. Der fand di« Ruhe nicht, niemals. Warum—? Weil der Vater auf ihn wartete—. DerVater und di« Schwester, und die Heimat, undder erste Tanz daheim im Kruge—.Wie eine jähe Erlösung war ihm plötzlichdiese Erkenntnis gekommen—: der Wilhelmwollte nach Haus«! ES litt ihn nicht in der fremden Erde, di« nicht schwer genug war, um seinestarke Sehnsucht nach der fernen Heimat zudecken. Sein Geist war au den Mörder gekelter.So mußte er nach Eldringen zu dem Bauer Todtwandern, der als der vierte seines Geschlechtes di«Schalk pflügte und als der letzte nun—.So klar und selbstverständlich erschien ihmdieser Gedanke, daß«r nur wenig Zelt braucht«,um feste Formen anzunehmen. Alles in ihmdrängte zur Verwirklichung dieses Vorhabens.Wo lag Eldringen—? Er wußte'«S nicht. Aberer begann zu wandern und zu fragen und darüber vergingen noch«in Sommer und ein Winter und als der Frühling zum zweitenmal« seitjener Nacht in der Heide«rnzog, war FridolinSohr am Ziel«.Ein großes Verwundern kam ihn an. Nunwar er hier, in Eldringen, in der Heimat, von derWilhelm ihm ein halbes Jahr lange, vorge-schwatzt, und seltsam: von der Stunde an, in derihm der Bauer Tobias Todt di« schwielige Handgereicht hatte, begann ein« Versöhnung«n ihmzu keimen, wohl zage noch, aber doch schon fühlbar. Ein« Versöhnung mit etwas, das er nichtergründen konnte, das aber doch wie ein Böses,Feindliches in ihm war. Di« Versöhnung mit sichselbst und dem Gedanken, daß er den Geist desToten in die Heimat geführt hatte.Die Dunkelheit hielt bereits die ruhendeErde in den Annen, als Fridolin Sohr von denHügeln kam und ohne Abendbrot fein« Kamm«raufluchte, di« hart unter dem Dache lag und inder es nach darrem Holze und verbrauchter Lustroch. Bevor er zu Bette ging, stieß er daS kleineFenster auf. T«r Mond schwamm bereits durchwichtes Gewölk. Um die Linde vor dem Pfarrhof« saßen di« Burschen mit ihren Mädchen,Knecht« und Mägde. Sie hielten einander bei denHänden und sangen ein Lied.Wi««in« Klag« drang eS zu ihm in di« engeStube. Er stand und horchte mit angehaltenemAtem. Und plötzlich dachte er: Hatte auch derWilhelm dieses Lied gekannt—? Wie oft ntodjxer mit denen da unten bei der Linde gesessen seinund gesungen haben. Nun war er nicht mehr. Di«anderen vermißten ihn wohl kaum mehr. Wer erwürde das Lied trotzdem hören und kommen,heute nachts, und würde ihn mit seinem Anblickequälen. Und morgen wieder, und übermorgen bMit zitternden Händen zog er sich die Klei-der vom Seite. DaS Bett kracht«, als er sich aufdie schmal« Kante setzte.„Wenn ich komm',wenn ich komm'——, wenn ich wieder-komm'" sangen di« Burschen und Dirnenbei der Linde. Da vergrub er den Kopf in di«Kissen, weil er nicht mehr hören konnte und begann zu schluchzen. DaS«rstemal seit seinerfreudlosen Kindheit—.Am anderen Morgen, als er über di« knarrenden Holzstieaen in di« Gesindestute ging, trafer den Bauer. Grotz und breitschulterig stand derinmitten des Raumes, er nickte zum Gruße.„Die anderen alle sind schon draußensagte er.„Und Ihr? Laßt Euch besehen——" ertrat«inen Schritt zurück.„Wie Ihr die ersteNacht in meinem Hause geschlafen habt, braucheich Euch also nicht zu fragen." Ein gütiges, verstehendes Lächeln huschte dabei über sein« festenZüge.„WaS soll ich tun, Herr—?" fragt« Fridolin Sohr rasch, weil ihm gerade dieses Lächelnfast körperlich weh tat.„Ihr—?" Der Bauer sann, als tvollte ereinen letzten Zweifel verscheuchen.„Gut. Ihrnehmt die Falten und spannt sie vor die leichteKalesche. Tann fahrt hinüber nach Pliensau zumeinem Bruder, dem Bauer Johannes Dwt undholt mir.mein« Tochter zurück, die dort lange ge-nung schön zu Besuch weilt. Sagt dem Baue;,daß mir schon recht bang« sei nach ihr. In einerhalben Stunde könnt Ihr fertig sein und losfahren."Er wandt« sich zum Gehen, kurz, mit einerangewöhnten, fast brüsken Bewegung. In derTür« aber blieb er wie überlegend noch einmalstehen._„Sie ist kein« Prinzessin, m«n« Dirn, daßsie in der Kalesche fahren muß. Nein. Ater«sscheint mir doch besser so. Die Zeiten sind unsichergeworden.'Vor zwei Jahren haben sie mir denSohn erschlagen und der war«in Mann. Versteht Ihr nun, Sohr—-?"Ja—,«r verstand nur zu gut. Alles Blutwar ihm tei den Worten des Bauers aus denWangen gewichen. Er stand noch immer, als diefeste, gerade Gestalt längst im Flure verschwunden war und wollte denken und konnte dochnicht.„Vor kaum zwei Jahren haben sie mir denSohn erschlagen——",Mit teesen immerwährenden Worten in denOhren ging er unsicheren Schrittes in den Stallund tat mechanisch, wi« ihm geheißen.„Bor kaumzwei Jahren hoben sie mir den Sohn erschlagen." Dn:«in« Falte schnappte nach seinerHand, di« ihm das Zaumzeug zu wett hinter dasGebiß geworfen hatte. Er achtete des schmerzen-den Schvrfes nicht. Die Worte des Bauernkreisten ihm im Schädel und bohrten sich in daSHirn wie«in fester, harter Gegenstand, der nichthinein gehört«. Er wußte nicht, WaS er tat. Atereine halbe Stunde später trabten die Falben dachzum Tore hinaus.„Der Bauer Todt har einen neuenKnecht—" sagten die Leute, di« ihn sahen, wieer hoch oben aus dem Bocke saß, d!« Zugel in denHäuten und die Peitsche über die Knie gelegt.So fuhr«r durch das Dorf, mitten durch di«Pfützen, daß das schmutzige Wasser dunkel undin großen, schlammigen Strähnen gegen di« Häuser spritzte.,Nach Pliensau mußte er sich erst den Wegerfragen. Dort wies man ihn beim ersten Begegnen schon zu dem Gehöfte deL Bauern Johanne»Todt, der wenig darüber erfreut schien, daß derBruder m Eldringen drüben sein K»nd nachHmrse verlangte. Er wischte sich mit dem flachenHandrücken über den großen Dftmd. was wohl soetwas wie eine entsagende Geste sein sollt«.(Fortsetzung solgt.)