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Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik.

12. Jahrgang.

Keine Demission Lavals

Statt Rekonstruktion lediglich Ergänzung.

Paris , 11. Jänner. Der Großteil der heutigen Blätter bezweifelt, daß Ministerpräsident Sabal die Demission des Gesamtkabinetts ein­bringen wird. Die entscheidende Unterredung Lavals mit dem Obmann der Sozialistisch­radikalen, Abgeordneten Herriot , findet zwar erst heute statt, doch ist man allgemein der Ueberzeugung, daß die Sozialistischradikalen den Eintritt in die Regierung ablehnen werden. In diesem Falle wird sich Ministerpräsident Laval wahrscheinlich bloß auf eine Ergän zung des Kabinetts beschränken.

Heute wird auch erst die offizielle Demis­sion des Außenministers Briand erwartet. Es sei noch fraglich, ob Briand das Anbot annehmen wird, als Staatsminister im Kabinett zu ber bleiben.

Wiener Bolizei auf der Waffenluche.

Ein

Natürlich nur beim Schußbund. Wien , 11. Jänner. ( Eigenbericht). christlichsoziales Montagsblatt hatte heute großes Aufsehen damit gemacht, daß die Wiener Polizei angeblich 40.000 Handgranaten beschlagnahmt habe. In Wirklichkeit handelt es sich nur um Metallhülsen, von denen die Polizei ver mutet, daß sie mit Sprengstoff gefüllt werden fönnten. Ein Zusammenhang mit dem Schutz­bund wird darin erblickt, daß der Lenker des Wagens eine Ehrenkarte zum Besuch des Schut

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Dienstag, 12 Jänner 1932

Die erste Revanche:

Frankreich vereitelt Kreditverlängerung an die Reichsbank.

Basel , 11. Jänner. ( Eigenbericht.) Der Verwaltungsrat der Bank für internationalen Zahlungsausgleich hat heute auf Vorschlag der Bank von Frankreich beschlossen, die von Deutsch­ land geforderte Verlängerung der auf die BIZ entfallenden Tranche des im Feber fälligen 100 Millionen- Dollarkredites an die Reichsbank, der seinerzeit zu gleichen Teilen von der BIZ und den Notenbanken von Frankreich , England und Amerika gewährt worden war, da­von abhängig zu machen, daß alle drei Notenbanken ebenfalls ihre Tranchen verlängern. Dagegen hat der Präsident der deutschen Reichsbant Dr. Luther sich schon in den Vorbespre chungen sehr entschieden gewendet; troßdem hat der Gouverneur der Bank von Frankreich Moret in der Sigung des Verwaltungsrates seinen angekündigten Antrag gestellt, der auch an­genommen wurde.

Dr. Luther erklärte, daß die deutsche Währung erschüttert werden würde, wenn der Kredit nicht bedingungslos verlängert wird. Auch dieser Hinweis machte keinen Eindruck.

Die Franzosen erklärten, daß die Verantwortung hiefür die deutsche Regierung treffen würde.

Nach einer Havasmeldung hat Moret erklärt, es sei unter den gegenwärtigen Umständen wenig wahrscheinlich, daß die Bank von Frankreich an eine Verlängerung des Kre­dites um mehr als einen Monat denken könnte.

Wie also ersichtlich, so fügt die Agentur Havas hinzu, werden die Rechte Frankreichs voll gewahrt sein, denn das französische Veto allein werde schon die Verlängerung der Hälfte des Gesamtkredites unmöglich machen. Macdonald:

Die Konferenz nötiger denn je.

21/0

Nr. 10.

Herr Brüning

und der

gordische Knoten

Der Reichskanzler hat die Karten aufs gedeckt, mit denen er in Lausanne zu spielen gedenkt. Mit einer brutalen Offenheit, die sich in der Politik, zuerst von Bismard gelegeni­lich gebraucht, ebenso oft bewährt wie gerächt hat, ohne Ansehung des Risitos, hat Herr Dr. Brüning erklärt, daß Deutschland teine Reparationen zahlen und sich auf keine Kompromiß- oder Scheinlösung einlassen kann. Inhaltlich bringt diese Erklä­rung nichts neues. Daß Deutschland nicht mehr zahlen kann, nicht mehr zahlen will und nicht mehr zahlen wird, das wissen seit dem Herbst alle Beteiligten. Der Youngplan war der letzte Versuch gewesen, Erfüllungspolitik auf der Basis der Siegerforderungen zu trei­ben. Die deutschen Staatsmänner, die ihn bor der Geschichte verantworten, Hermann Mül­ ler und Gustav Stresemann , heute nicht mehr unter den Lebenden, haben in den Pariser und Haager Abkommen das geeignete Instrument zur Befreiung des Rheinlandes und zur direkten Verständigung mit Frank­ reich gesehen. Solange die Franzosen am Rhein standen, konnte Deutschland die Repa­London, 11. Jänner. In einem Inter- fie bereits abgegeben worden ist, mache jene rationen nicht fündigen. Die Franzosen waren view bemerkte Macdonald mit Bezug auf Dr. Konferenz noch notwendiger denn aber nur dann zur Räumung zu bewegen, Brünings Erklärung zur Reparationsfrage, daß wenn Deutschland seinen ernsten Willen zur Außerdem hat die Polizei Samstag einen die Politik und der Standpunkt der englischen Erfüllung" nochmals zeigte. Das geschah Wagen angehalten, in dem bei der Durch Regierung nur am richtigen Blaze und zur rich durch die Annahme des Youngplanes, den fuchung 40 Gewehre gefunden wurden. Da die tigen Zeit bekanntgegeben werden könnte. Border Deutschland bei anhaltender Konjunktur frei lich unter schwersten Opfern ja auch noch ein Polizei vermutete, daß diese Waffen aus dem hand könne nur gesagt werden, daß im Hinblick Zum Schluß erklärte Macdonald, es sei paar Jahre hätte tragen können. Daß der Arbeiterheim in Ottakring stammen, wurde dort auf die durch den Bericht der Sachverständigen heute eine mehrstündige Haussuchung abgebal- offensichtlich aufgezeigten wirtschaftlichen Bedin- sicher, daß deutlich erwiesen werden wird, daß Youngplan kein Definitivum, sondern, wie die ten, wobei lediglich zwei alte Bajonette beschlag- gungen und im Hinblick auf die innerpolitischen alle interessierten Regierungen fich flar bewußt nahmt wurden, die zu den Theaterrequifiten ge- Probleme Deutschlands es nicht unwahr sind, die Gesundung Europas und die Wieder ganze Erfüllungspolitik" eben nur ein Weg hörten. scheinlich sei, daß irgendeine solche Erklärung, herstellung normale Lebensverhältnisse hänge zur friedlichen Revision unmöglicher Zustände wie die Dr. Brünings, auf der Lausanner Kon- vor allem davon ab, daß sie sich nicht fürchten, war, das haben die verantwortlichen Staats­männer in Deutschland , wahrscheinlich auch ferenz gemacht werden würde. Die Tatsache, daß den harten Tatsachen Aug ins Aug zu sehen. ein Teil der französischen Politifer immer ge wußt. Die Krise hat den Youngplan Paris , 11. Jänner. Die Agentur Havas Verlegung des Youngplanes durch Deutschland früher vernichtet, als man diesseits und jenseits des Rheins gefürchtet oder er­Liste der preußischen Polizei für das Jahr 1931. meldet, daß die französische Regierung ihr Ver- vorgesehen sei. Den Tod infolge Dienstunfällen erlitten 15 halten angesichts der Erklärung des Reichs­hofft hatte. Deutschland , das kaum imstande Offiziere und Wachtmeister, von denen aber nur fanglers über die Einstellung der Reparations­ist, seinen Staatshaushalt zu decken, das seine drei tatsächlich infolge eines Unfalles im Dienste zahlungen noch nicht festgelegt habe. Der Mi Paris , 11. Jänner. Ministerpräsident fommerziellen Schulden nicht zahlen fann, ist ums Leben gekommen sind, während neun nisterrat werde zweifellos am Dienstag darüber Beamte im Dienst erschossen wurden beraten. Auf jeden Fall dürfe man annehmen, Laval hatte heute nachmittags eine dreiviertel- unfähig, politische Reparationen zu leisten. und weitere drei Beamte durch Gewalttätigkeiten daß Frankreich zur Reparationskonferenz, die stündige Unterredung mit dem deutschen Bot- Es gibt in Deutschland keine politische Partei, am 25. Jänner in Lausanne zusammentrete, schafter von Hoesch. Den Hauptgegenstand der die anders dächte und es gibt außerhalb tödlich verletzt wurden. Schwer verletzt, und zwar in der Hauptsache erscheinen werde. Auch scheine man in offi- Unterredung bildete der von Kanzler Brüning in Deutschland kaum einen Politiker oder einen durch Schuß- und Stichwunden, wurden 149 ziellen Streifen nicht daran zu denken, an den der Reparationsfrage eingenommene Standpunkt. Mann der Wirtschaft, der es nicht verſtünde. Internationalen Gerichtshof im Haag zu appel- Ueber das Ergebnis der Unterredung wurde kein Bolizeibeamte, leicht verletzt 780. lieren, was für den Fall einer absichtlichen Kommuniqué ausgegeben.

bundballes hatte.

Die Verlustliste der preußischen

Polizei.

Berlin , 10. Jänner. Der Verband preußi­scher Polizeibeamten veröffentlicht die Verlust­

ie, denn es sei unmöglich, die Dinge so zu lassen, wie sie sind. Die gegenwärtige Lage sei das Er­gebnis internationaler Abmachungen und eine internationale Ronferenz fei deshalb nötig, um fich mit ihr zu befaffen.

Frankreich geht doch nach Lausanne .

Das Echo.

*

Konferenz Laval- Hoesch.

*

Die Konferenz von Lausanne hatte von feinem Standpunkt aus einen anderen Sinn als den, die endgültige Beseitigung der Reparationen ,, Gine gewaltige Anstrengung." Teil warnt vor Ueberraschungen, die die gleiche in die Wege zu leiten. Wenn Frankreich nicht Taktik Deutschlands bei der Abrüstungskonferenz mehr als ein zweijähriges Moratorium zu Paris , 11. Jänner. Wie New York Herald " aus New York meldet, hat der Präsident bringen könne. Einmütig sind aber die Blätter gestehen wollte, so waren dafür budgetäre und der Chase National Bank in seinem Jahres­bericht, aut die Aktionäre, der Bank erklärt, daß in der Meinung, daß Frankreich gezwungen sein psychologische Gründe maßgebend. Frankreich bericht an die Aktionäre der Bank erklärt, daß werde, seine Zahlungen an Amerika einzustellen, will so lange als möglich sein ,, geheiliges Deutschland im Verlaufe der beiden letzten Jahre durch Zahlung von ungefähr 5 Milliarden Mart Reparationen aus. Ein großer Teil der Blätter wenn Deutschland keine Reparationen mehr an Recht auf Reparationen" wahren, auch wenn Frankreich bezahle.

London , 11. Jänner. Die gesamte Preffe ſpricht ihre Verwunderung über die Kundgebung des Reichskanzlers Dr. Brüning betreffend die

betont, wie unzeitgemäß diese Initiative erfolgte und wie ungeschidt die Form der Kundgebung sei.

betont wird.

Der sozialistische Populaire" führt aus, es keinen roten Pfennig bekommt. Frankreich seit dem Herbst 1931 sehr große Vitalität be wiesen hat. Die auswärtige Schuld Deutschlands daß die Geste Brünings so ungefchidt wie will nicht so unvermittelt auf 50 Milliarden fei unt 1080 Millionen Mark vermindert wor­Dagegen schreibt das Arbeiterblatt Daily nur möglich sei und erinnert an das verzichten und Frankreich will feine Lösung die gleichzeitige Bereinigung der den. Die Rückzahlungen stellten eine gewa l- tige Anstrengung dar und zeigten zur Herald": Die deutsche Kundgebung ist in der Husarenstückchen" mit der österreichisch- deutschen ohne Genüge, daß die kurzfristigen Deutschland ge at ein nügliches Vorspiel zur Laujan- Bollunion. Die wirtschaftlichen und politischen Kriegsschuldenfrage. In dem währten Kredite wohl überlegte Verwendung ner Konferenz. Durch Brünings Worte wurde folgen der Worte Brünings, so fagt das Platt, Augenblick, da Deutschland nicht zahlt, Frant­gefunden hätten. Die Rückzahlungen seien aber ohne Zögern das Hauptproblem erfaßt, und wir können nicht nur für Deutschland, sondern auch reich aber nach Ablauf des Hooverjahres seine Zahlungen an Amerika wieder aufnehmen soll, zu hoch gewesen. Die deutschen Banfiers hätten sind so vor die Tatsachen gestellt, wodurch die für ganz Europa verderblich werden. Italien nicht überrascht. ist der französische Staatshaushalt in einer fedenfalls bona fide gehandelt und Zusammen- Nüglichkeit der künftigen Reparationskonferenz arbeitsgeist bewiesen. In London ist es fein Geheimnis, daß der Rom, 11. Jänner .( Wolff.) Die Entwicklung, beinahe so pretären Lage, wie der deutsche es Reichskanzler auf den Rat englisch die die Reparationsfrage mit dem Interview gegenwärtig ist. Die Weigerung des amerika­amerikanischer Bankiers gehandelt hat. des Reichskanzlers an das WTB. genommen hat, nischen Kongresses, die Kriegsschulden zu strei­Man glaubt jedoch nicht, daß Frankreich Sant- war von der italienischen Außenpolitit seit eini chen, hat daher die Situation Frankreichs er­tionen wirtschaftlicher oder militärischer Art in ger Zeit in den Bereich des Möglichen gezogen schwert und der Konferenz von Lausanne den Anwendung bringen könnte, wenn Deutschland worden. Man verweist darauf, daß Italien stets Weg zu einer endgültigen Lösung verrammelt. sich weigern würde, seine Verpflichtungen zu großes Verständnis für die Deutschland In den letzten Tagen war die Lage völlig ver­aus dent Reparationsproblem entstandenen wirrt. Deutsch- englische Einheitsfront gegen erfüllen. Schwierigkeiten aufgebracht hat. Die Erklärun- Frankreich, europäische Einheitsfront gegen gen des Reichskanzlers seien infolgedessen ohne Amerika, anglo- amerikanisches Zusammen­Nervosität aufgenommen worden. Italien habe immer die Notwendigkeit einer großzügigen gehen gegen Frankreich, Moratorium und zwischen all diesen Lösung des Reparations und Schuldenproblems Revision des Youngplanes, Moratorium und verfochten und sei trotz der damit verbundenen feine definitive Lösung Varianten bewegte sich die Diskussion und Opfer für eine mutige Lösung dieser Frage.

Auch England für die Politik der offenen Zür.

Tokio, 11. Jänner. Wie Reuter von zustän­diger Stelle erfährt, ging dent japanischen Außen ministerium eine Note der britischen Regierung zu, in der Japan ersucht wird, zu bestätigen, daß es sich zur Politik der offenen Tür in der

Mandschurei bekenne.

Wie verlautet, ist der japanische Botschafter in London, Matsudaire, ermächtigt worden, Japans Verpflichtungen in dieser Hinsicht erneut zu bestätigen.

So ungeschickt wie nur möglich Paris, 10. Jänner. Ein Teil der Presse sieht in der Kundgebung Brünings ein Manöver, das darauf abzielt, Frankreich und England vor der Lausanner Konferenz zu entzweien; ein anderer