Einzelpreis 70 Heller.

Sozialdemokrat

Zentralorgan d.Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12 Jahrgang.

Die Wurzel des österreichischen

Uebels:

Der desolate Zustand der christlichsozialen Partei!

Die Arbeiter Zeitung  " schreibt zum Sturz der Regierung Buresch  :

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Freitag, 29. Jänner 1932

Japanische Truppenlandung in Schanghai  . Neue Offensive

Nr. 25.

Das Europäerviertel gegen die Sozialdemokratie.

Die Chinesenstadt unter Kämpfen besetzt. im Verteidigungszustand. Shanghai  , 28. Jänner. Zwischen Chinesen und Japanern haben heute an der Grenze der internationalen Konzessionen heftige Kämpfe begonnen. Troßdem die Chinesen alle japanischen Forderungen angenommen hatten, beschloß der Kommandant der japanischen Kriegsflotte dennoch, die Schanghaier Chinesenstadt Tsch apei, die an die inter­nationale Stadt angrenzt, zu befeßen. Der japanische Kommandant verlangt auch die sofortige Schleifung aller Verteidigungswerke, die die Chinesen in den letzten Tagen an der Grenze zwischen der Chinesenstadt und der internationalen Konzession errichtet haben.

Japanische Marineschüßen, die von einer Abteilung Panzerautomobile begleitet waren, begannen um 23.15 Uhr das chinesische   Viertel von Schanghai Schapei zu beseßen. Im Viertel Honken, das bereits von japanischen Marineschüßen und Panzerautomobilen besetzt ist, ist ununterbrochen Gewehr- und Maschinengewehrfeuer zu hören.

Um 1.30 Uhr früh hatten die Japaner den größten Teil von Tschapei besetzt. Die Chine­sen leisten hartnäckigen Widerstand und weichen nach der internationalen Konzession zurück. Dreizehn japanische Verwundete sind in die Lazarette gebracht worden. Die chinesischen   Ver­luste sollen schwer sein. Etwa fünfzehn Chinesen sind gefangen genommen worden.

Ein japanischer Panzerwagen versuchte durch die Konzession vorzubringen, mußte aber umkehren, da britische Freiwillige ihm die Durchfahrt nicht gestatteten.

Die Behörden der hiesigen internationalen Konzessionen verkündeten den Ausnahme= zustand.

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Nach kommunistischer Darstellung sieht es im Lande so aus: in allen, selbst in den klein­stent Orten tagen Massenversammlungen der Die christlichsoziale Partei ist längst keine kommunistischen   Partei. Arbeitslose wie Ar­Partei mehr; sie ist ein Haufen von In­beitende drängen sich in sie so, daß überall triganten, die gegeneinander intrigieren, von ein lebensgefährliches Gedränge herrscht. All­Strebern, von denen jeder den andern ver­überall gibt es auch Kampfaufmärsche von drängen will, von Unruhe stiftern, die es tommunistischen, sozialdemokratischen und par­nicht aushalten, wenn ein paar Monate lang keine teilosen Arbeitern, regelmäßig unter Führung politische Krise ist, und denen es nicht darauf an der kommunistischen   Partei" und oft kommt es kommt, das Land in einer Zeit, in der es mit den vor, daß durch diese Kampfaufmärsche und größten wirtschaftlichen Gefahren ringt, mit den nur durch sie Erhöhungen der Arbeitslosen­größten Opfern die Währung verteidigt, in Abenteuer zu stürzen. Die Regierung Buresch- hilfe erzwungen" werden, wie überhaupt eine Regierung, in der sechs Christlichsoziale alles, Bourgeoisie und Sozialfascisten, in den fißen hatte in der christlichsozialen Parla­furchtbarsten Schrecken durch diese Kampfauf­mentsfraktion schon seit geraumer Zeit nicht eine märsche versetzt wird. Schon ist es der font Opposition, sondern drei Oppositionen gegen sich. munistischen Agitation gelungen, in der ge­Zuerst den Seipel- Klüngel Seipel, samten Arbeiterschaft eine Gärung und Stim­Kienböck, Schmitz, der gegen jede Regierung mung zu erzeugen, die so heftig ist, daß alles intrigert, an deren Spitze nicht der Prälat steht. meint, am Vorabend der bolschewistischen Dann den schwarzgelben, unzweideutig monar Revolution zu stehen. Von den Sozialdemo­chistischen Flügel der Tiroler Christlich­fraten will fein Arbeiter mehr etwas wissen fozialen, der nach einer Regierung Seipel mit Die gesamte männliche Bevölkerung der aus­Rückfrage Ameritas in Tokio  . und dementsprechend werden in allen fommu Ausschaltung des Parlaments", also nach Staats- ländischen Konzessionen in Schanghai   versammelt streich und Diktatur schreit. Und schließlich den fich auf Aufforderung der einzelnen Stadträte, Washington, 28. Jänner. Außenminister nistischen Versammlungen die Sozialfajcisten Herrn Rintelen, der in Zeiten, in denen über um auf den an fie ergehenden Ruf hin hilfsbereit die Verlassenschaft von Banken zu entscheiden ist, zu sein. Auf der bekannten Schanghaier Renn- Stimson bestätigte einer Reutermeldung zufolge, zu Sägespänen verarbeitet. Tagtäglich wenden immer das Bedürfnis hat, Minister zu werden bahn, die eiligst in ein bewaffnetes Lager umge- daß er gestern die Regierung in Tokio   gefragt unzählige sozialdemokratische Arbeiter ihrer jetzt geradeso wie zur Zeit der Bankskandale wandelt wurde, werden Abteilungen leichter habe, welche Absichten sie bezüglich Schanghais Partei empört über so viel Verrat den Rüt­von 1926. Gegen diese drei Oppositionen hat sich Kavallerie amerikanischer Marinesoldaten und verfolge. In amtlichen Streifen wird nach wie fen und treten reuevoll der alleinseligmachen­Buresch auf die Bauern, vor allem auf Panzerautomobile zusammengezogen. Gleichzeitig bor   betont, daß Amerika   weder die Besetzung der den kommunistischen   Partei bei. internationalen Niederlassung, durch japanische den Niederösterreichischen Bauernbund ge st üt. wird auch die Sith- Polizei konzentriert. In den Truppen noch die Blockade des Hafens von nerten Stampf- und Siegesberichte, mit denen Ganz so genau ist es nicht. Die aufgedon­stü Nun bilden die Bauern zwar den Kern der christ- Straßen der Stadt patronillieren Freiwilligen­lichsozialen Wähler; aber in der christlichsozialen abteilungen in Khaki- Uniformen und mit Stahl- Shanghai durch japanische Striegsschiffe als ge- fich die kommunistischen   Führer gegenüber den Häuptern der Kommunistischen Internationale Bartei haben fie gar nichts zu reden. Als 1929 helmen. Auch die gesamte Munizipalpolizei wurde rechtfertigt ansehen würde, denn die in der Nie­derlassung befindlichen Polizeikräfte seien zur christlichsoziale Intrigen gegen die Regierung mobilifiert. In den Hauptstraßen an der Grenze Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung durch ausweisen und sich selbst sowie ihren arg zu­Streeruwiß gesponnen wurden, hat der Nieder- der ausländischen Konzession und der Chinesen aus ausreichend und die Blockade sei eine ſammengeschmolzenen Anhängerscharen Mut österreichische Bauernbund der Regierung ein stadt wurden Barrikaden aus Stacheldraht Kriegsmaßnahme, die die Kriegserklärung zusprechen wollen, werden von niemandem feierliches Vertrauensvotum bewilligt; am folgen errichtet. Um die ausländischen Konzessionen haben sich Japans   an Chinas   zur Bedingung haben würde. mehr ernst genommen und große Aktionen den Tage ist die Regierung gestürzt worden. Um die ausländischen Konzessionen haben sich selbst im Kriegsfalle sei es zweifelhaft, ob eine werden wohl pompös von Zeit zu Zeit ange= Ganz genau so ist es auch jetzt wieder gekommen. einige tausend chinesische Flüchtlinge angesammelt. so internationale Stadt wie Schanghai   blockiert fündigt, aber sie mißlingen regelmäßig, weil Am Donnerstag hat der Niederösterreichische In der Nähe der ausländischen Konzessionen bes werden könnte, denn Schanghai   sei grundver- die Statisten fehlen. Die Sozialfascisten, die Vauernbund der Regierung Buresch sein Ver- finden sich schätzungsweise mindestens 24.000 schieden von den übrigen chinesischen   Städten. mit Haut und Haaren zu verschlingen seit lan­trauen ausgesprochen; heute ist die Regierung Mann undisziplinierter chinesischer Truppen, die schieden von den übrigen chinesischen   Städten. für die ausländischen Konzessionen eine ernste Be­drohung und Gefahr bedeuten, da sie keinem Be­gut! beginnen können. Aus der Chinesenstadt Tschapei werden bereits Plünderungen und Räubereien gemeldet.

gegangen.

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Im übrigen seien diese Fragen zur Zeit gem versprochen wird, sind noch immer nicht nur theoretisch und es sei weder eine militärische tot, sondern springlebendig. Nicht einmal die Boykott geplant.

Er war nur als Schlächter cutt fehle unterliegen und jeden Moment zu plündern Attion noch ein wirtschaftlicher oder finanzieller furchtbare Notzeit, auf die die kommunistischen

Die Klerikalen über den unfähigen Schober.

Wien  , 28. Jänner. Die Reichspost" Auch Charbin   wird befekt!

Auf dem Dache fißt ein Greis... Bern   28. nöfefretariates eifrig ein

Macher so viel Hoffnungen gesetzt haben, hat auch nur annähernd die gehegten Erwartun gen erfüllt und dem Marasmus der einst bfauenstolz einherschreitenden kommunistischen

Bartei abzuhelfen verntecht.

Genf  , Jänner. Während in vertraulichen Beratungen des Weg gesucht wird, durch welchen der Völkerbund  - In dieser wenig erfreulichen Lage wer­rat temporär die heiklen Fragen des chinesisch- den die derzeitigen Platzvertreter Moskaus   bei japanischen Konfliktes erledigen könnte, bevor die uns von unbehaglichen Stimmungen befallen. Sonderkommission des Völkerbundes, welche sich Es ist noch in guter Erinnerung, daß das zur Reise über Amerika   nach der Mandschurei  rüstet, verlägliche Informationen über die Si tuation zu erstatten in der Lage sein wird, we den in den öffentlichen Sizungen des Völkerbund­rates gründlich vorbereitete Fragen erörtert, bei welchen von keiner Seite ein Widerstand zu er­warten ist.

Langwierige Verhandlungen in Wien  .

schreibt über den Abgang Dr. Schobers: Es London  , 28. Jänner. Reuter zufolge ver­gehört heute schon zum politischen Einmaleins. das jeder Desterreicher kennt, wieviel Unglü& lautet, daß sich japanische Truppen auf dem die Außenpolitit Dr. Schobers ge- Marsche nach Charbin   befinden, um die Inter­bracht hat. Das Abenteuer des Zollunions- effen der dortigen Japaner zu schüßen. projektes hat uns unermeßlich viel gekostet und Tolio, 28. Jänner.  ( Reuter.) Der japani­die schwere Sorge, unter der heute wir Dester- sche Botschafter in Moskau   erhielt Instruktionen, reicher gebückt gehen, ist die unmittelbare Folge, in denen er aufgefordert wird, die Gründe dar­doch hätte dieser Zwischenfall weniger fostspielig zulegen, warum die Japaner eine Abteilung von erledigt werden können, sobald sich Deutschland   tausend Mann nach Charbin   entsandten und daß daraus zurückgezogen hatte und der Verzicht in die japanischen Truppen keineswegs die oftchine­Desterreichs Namen ausgesprochen war. Was fische Eisenbahn zu besetzen beabsichtigen. aber dem Minister überaus unheilvoll wurde und bis zur Kompromittierung führte, waren die Methoden, die im Anslande auf das tiefste ver­legten und selbst gegebene Versprechungen ent­werteten. Es erweckt bei uns tiefstes Bedauern, daß sich dieser Mann, der sich hohe Ver­dienste um die Hauptstadt und den Staat( 90 Tote! Anm. d. Red.) an der Spihe Wien  , 28. Jänner.  ( Eigenbericht.) Die seines Amtes am Schottenring  ( Polizeidtrektion) Berhandlungen über die Regierungsbildung sind erworben hat, auf ein Gebiet begeben hat, auf auch heute noch nicht zu Ende geführt worden. dem er nicht zu Hause war und die Geister Um 9 Uhr abends wurden die Verhandlungen, der Diplomatie mit anderen pein die der Bundeskanzler mit dem Landbund führte, lich verwechselte. wieder abgebrochen und auf morgen vertagt. Die Schwierigkeiten sind noch ganz bedeutend, denn der Landbund verlangt außer der Sicherung des Fortbestandes des außenpolitischen Kurses einen Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, was die Christlichsozialen nicht bewilligen wollen. Die Großdeutschen haben heute endgültig eine Beteiligung an der neuen Regierung ab gelehnt.

3 Millionen Mart Arbe ter­spargelber bei den Vorsig- Werken verloren! Berlin  , 28. Jänner. Bei der heutigen Gläubigertagjagung der verkrachten Borsig- Werte wurde festgestellt, daß die Guthaben der Wert­sparkasse, in der drei Millionen Mart Arbeiter gelder angelegt sind, so weit hinter anderen gleichberechtigten Forderungen zurückstehen, daß fie glatt verloren sind.

Durch die Gewissenlosigkeit der Unternehmer sind also drei Millionen Mart Arbeiter- Spar­pfennige vollständig verloren!

Politbüro verkündete, es gäbe in der Tschecho­ slowakei   eine unmittelbare revolu tionäre Situation", was doch so viel besagen sollte als: der Augenblick für große revolutionäre Aktionen ist gekommen, dem­nächst schon wird neben der Kapitalistenklasse der Sozialfascismus hinweggeräumt werden. Da nun selbst in dieser ,, unmittelbaren revo­lutionären Situation" die erhofften Früchte nicht reifen wollen, fürchten die Politbürr Leute, Moskau   würde ungehalten darüber sein und zornentbrannt über sie ein ebensolches gerichtet sei und daß er entschlossen sei, Strafgericht halten, wie jüngst über das Pelit­mit aller Schärfe vorzugehen. Ferner büro der französischen   kommunistischen   Partei. habe Buresch erklärt, daß auch maßgebende Per- Gemäß einem Utas aus Moskau   wurde in fonen im sozialdemokratischen Lager von den Frankreich   das gesamte Politbüro wegen Waffenlagern gewußt hätten und daher als schlechter Führung abgesägt. Auch in Frant­Mitschuldige zur Verantwortung reich machen sich die Auswirkungen der Welt­gezogen werden müßten.

Buresch verspricht Einschreiten gegen den Schutzbund?

Eine bezeichnende Episode hat sich bei diesen Verhandlungen abgespielt. Der Bundeskanzler hatte, wie mit allen Parteien, so auch mit den Heimwehren verhandelt, worauf diese ein Kom­muniquée veröffentlichten, er habe ihnen gegen über in sehr scharfen Worten die Ausrüstung des Schußbundes mit Brandgeschossen verurteilt und erklärt. daß diese Ausrüstung gegen die Erekutive

Als dieses Kommuniquée im Parlament wirtschaftskrise fühlbar und die Exekutive der Internationale erwartete bekannt wurde, war der Bundeskanzler natürlich Kommunistischen Internationale in größter Verlegenheit. Er ließ sofort die Ver- daher von ihrer französischen Sektion, daß diese treter der Heimwehr   wieder zu sich bitten und Not und Hunger der Massen zu ihren politi­berlangte, daß sie das Kommuniquee zurückziehen. schen Geschäftszweden entsprechend ausnüßen Alls fie dies verweigerten, erklärte er, er müsse werde. Es geschah aber, daß sich Erfolge nicht es dann amtlich berishtigen. Tatsächlich enthält einstellen wollten, daß die französische   kommu­das amtliche Kommuniquee eine Bemerkung, daß nistische Partei ständig abbröckelt, ihr Einfluß die in der Veröffentlichung des Heimatblocs ent in den Gewerkschaftsorganisationen weiter haltenen Bemerkungen über die Waffenfunde und das Verschulden leitender Funktionäre ,, in dieser schwindet und tausende Arbeiter, angeekelt Form den Tatsachen widersprechen"." Offenbar von der mit ihnen getriebenen Demagogie, die hat Buresch nicht daran gedacht, daß seine Worte Partei verlassen. Entsprechend alteingemurzel­von den Heimwehren sofort in großer Auf- ter Gepflogenheiten werden in solchen Fällen niemals die urblöden Thesen und Linien" machung hinausgegeben werden.