Lette S Nr. 31. Freitag, 8. Feber 1832. s Ansetzung einer Spar» und Kontroll« lommission. Vorbereitende Koalitionsberatmrgen. Donnerstag nachmittag tagte im Parlament unter dem Borsitz des Abgeordneten Dr. Kra­ms r eine Kommission der koalierten Parteien, um über die Hauptgrundsätze und Richtlinien zu verhandeln, die mit der vorbereiteten Bildung einer Ersparungs- und Kontroll­kommission zusammenhängen. In der heu­tigen Sitzung wurde die Generaldebatte abge- äus Fürsorgegeldern entfremdet wurden, um die Schulden dieses geistlichen Sozialpolitikers zu bezahlen. Derzeit führt ein bürgerlicher Abgeord­neter den Beweis, daß die hohe Bürokratie des Wohlfahrtsministeriums Flüchtlingsunterstützun­gen unter sich aufgeteilt habe. Warum erzähle« unsere Klerikalen so wenig von der christlichen Sozialpolitik in Ungarn  ? Das Einzige, was auf dem Gebiete der Arbeitslosenhilfe geschah, war die Beistellunq von 4100 Waggon Getreide für notleidende Dorf­bewohner. Davon erhalten die Bedürftigen 10 Kilogramm Mehl pro Monat und Kopf, müssen aber den Gemeinden dafür Zwangs­arbeit leisten. Auf Geldwert umqercchnet ergibt sich dann ein Taglohn von 6d Hellern. Die sozialpolitischen Ideale der deutschen   und tschechi­schen Agrarier sind also in Horty-Ungarn   bereits erfüllt. Bei den Verstoßenen. Die Stadt Budapest   hat sich unter dem Druck der rührigen sozialdemokratischen Gemeindefrak­tion entschlossen, den Arbeitslosen täglich 60.000 Mittagessen zu geben. Dies reicht aber bei weitem nicht einmal für die Familienerhalter. Der Metallarbeiterverband bekam im Jänner für seine 3887 arbeitslosen Mitglieder in der Haupt« sührt. Die Mitglieder dieser Koalitionskörper­schaft werden über diese Frage noch in ihren Klubs verhandeln und den Standpunkt ihrer Parteien in der nächsten Sitzung, die für Don­nerstag, den 11. Feber, anberaumt ist, zur Kennt­nis bringen. Zu dieser Sitzung werden auch der Ministerpräsident und die Mitglieder der Regi:- rung eingeladen werden. An der heutigen Beratung beteiligten sich außer dem Vorsitzenden noch die Abgeordneten Dr. 6erny, Rem«8, Dr. Patezdl, Dr. Dolanskh, Najman, Taub und Hodina. KoMiorisberatmmu über de» Rotftandslonds. Mittwoch, den 3. Feber, fand in den Regie­rungsräumlichkeiten des Parlamentes die fort­gesetzte Beratung deS von den Koalitionsparteien eingesetzten sozialpolitischen Ausschusses statt. Rach einleitenden Worten des Vorsitzenden Minister Dr. Czech wurde die in der letzten Sitzung be­gonnene allgemeine Aussprache über den Gesetz- entwurf über den staatlichen Notfonds fortgefuhrt, wobei alle für dieses Problem in Betracht kommenden grundsätzlichen Fragen einer eingehenden Erörterung unteitzogen wurden. An der Aussprache beteiligten sich oi« Abgeordneten Dubicky, Winter, Petr, Tuöny, Taub, Hodaö, Bene 8, welch« ihren grund­sätzlichen Standpunkt zu dem Gesetzentwürfe präzisierten und zu einer Reihe von damit zu- sammenhängenden Fragen Stellung nahmen. Im Anschluß daran, faßte der Fürsorgeminister daS Ergebnis der Aussprache zusammen und nahm S: allen in der Beratung aufgeworfenen Fragen tellung. Der Fürsorgeminister übernahm eS, die Regierung über den Berlauf der Beratungen und den Standpunkt der einzelnen Koalitionsparteien zu unterrichten. Di« Beratungen des Ausschusses werden in der nächsten Woche fortgesetzt. stadt 300 Mittagskarten. Die Notstandsküche, die ich mit einem sozialdemokratischen Gemeinderat besuchte, lag in düsteren Kellerräumen. Eine Warmestube ohne Sitzgelegenheiten war dabei, doch sie ist nur zu bestimmten Tagesstunden offen. Alle Schattierungen des Elends waren vertreten, vom schlotterrwen Menschenschatten bis zum auf­gedunsenen Körper, den schon der Hungertyphus m den Krallen hat. Junge Burschen terlten sich, müde an die Mauer gelehnt, brüderlich in die letzten Züge eines Zigarettcnstummels. Frauen huschten mit gefüllten Kasserolen dem Eingang zu, denn auf die einzige offenbar ganz gut zübereitete Portion wartete zu Hause die ganze Familie. Ein zerlumpter Mensch trat auf uns zu und grüßteBaratschag". So heißt unser Parteigruß Freundschaft" im Ungarischen  . Mein Begleiter erkannte chn als organisierten Tischlergehilfen, seit zwei Zehren arbeitslos. Kaum hatten wir einige Worte gewechselt, waren wir schon um­ring. AuS gierig flackernden Augen las ich die Frage: Was wollen die zwei Bessergekleideten bei uns Verstoßenen? Bringen sie Arbeit, Hilfe, Trost? Wir wandten uns schweigend dem AuS- gang zu. Ein furchtbarer Menschenfeind ist der Hunger. Aber Rot und Rechtlosigkeit zugleich leiden müssen, ist schlimm­st e s M e n s ch e n l o s. W. I. Abrüstungspelitionen aus der Alhechottowakei. Genf  , 4. Feber.' Ein Vertreter der tschecho­slowakischen Delegation bei der Aorüstune^kon- ferenz überreichte heute dem Archivar des Sekre­tariates eine Truhe mit den Bogen, welche etwa eine Million Unterschriften enthalten, die von der Frauenliga für Frieden und Freiheit in der. Tschechoslowakei   gesammelt wurden. Auf der inneren Seite des Deckels der schön gearbeiteten und verzierten Truhe befindet sich ein" Anschrift, die die Notwendigkeit der Friedenspolitik ver­kündet. uii uuui iiuyuii dagegen einzuwenden, daß die Ar­beitslosen von solchen Leuten um die wenigen Unterstützungsheller be­trogen werden. Vor allem aber sind die Bolschewiken für den Mißbrauch der Arbeitslosen zu chren dunklen politischen Zwecken. Sie sind gegen die Kontrolle der Ernahrungsaktion und fordern die Arbeitslosen in ihren Zeitungen unter fetten Ueberschriften auf, gegen drese Kon­trolle Stellung zu nehmen, d. h., gegen ihre eigenen Bedürfnisse. Selbstverständlich nimmt die kommunist>'che Presse auch gegen die Einführung des Not- SondS Stellung, der zum ersten Mal die nternehmer verpflichten soll, zur Unter­stützung der Arbeitslosen belzusteuern. Die Kom­munisten wissen, daß die Unternehmer und die bürgerlichen Parteien den Notfonds be­kämpfen, sie wissen, daß es aller Kraft bedarf, um den Erwerbslosen di: aus dem Notfords vor­gesehenen Unterstützungen-u erkämpfen. Trotzdem leiste« diese Verräter an den Arbeitslosen der Industrie und den bürger­lichen Parteien schmähliche Schützenhilfe, dabei denselben Minister für soziale Fürsorge als den Büttel der Kapitalisten bet^nnpfrild. der von de« Kapitalisten Wege« des Not­fonds a«f daS schärfste befehdet wird. Logik ist nicht die Sache kommunistische- Zei­tungsschreiber und Anstand noch weniger. So sollen denn am 10. Feber die Arbeiter aufmarschieren: gegen die Kontrolle, gegen den NotsondS für die niederträch­tigen Schlagworte der kommunisti­ schen   Gaukler. Die Arbeitslosen werden gut daran tun, die kommunistischen   Schreier unter sich zu lassen und sich hinter denselben Fürsorgeminister zu stellen, dessen kleinste Tat ihnen schon mehr Hilfe ge­bracht hat, als das Hetzen der bolschewistischen Zeitungen und das Gebelfer kommunistischer Bolksbetrüger. such deS Fürsorgeministers, die Ernährungsaktion «i« z«f,- binden die Kommunisten den Versuch, die Ar­beitslosen aufzupukschen gegen die Kontrolle, gegen die Regierung und selbstverständlich! vor allem gegen den sozialdemokratischen Für­sorgeminister. ES ist begreiflich, daß jeder Versuch, die Arbeitslosen um die karge Unterstützung aus der Ernährungsaktion M bringen, Erbitterung Her­vorrufen müßte. ES wurde jedoch ein solcher Versuch nicht unternommen er ist von der kommunistischen   Presse er­funden worden zum Zwecke der Irreführung der Arbeitslosen. Wie erbärmlich diese Stim­mungsmache ist, geht daraus hervor, daß die kommunistischen   Zeitungen nicht etwa den Erlaß des Fürsorgeminlsteriums über die Kontrolle der Ernahrungsaktion bekanntgabeu. Der genaue Wortlaut würde nämlich den Lesern der bolsche­wistischen Blätter zeigen, daß ihre Schreiber lügen. Sie begnügen sich mit auS den Fingern gesogenen Behauptungen und mit Entstellungen. Die Kommunisten sind also für den Miß­brauch der ErnährungSaktion, sind dafür, daß die Karten von Gastwirten, Bauern und Ra­sierern bezogen werden. Sie haben nichts. Bericht der MandatrprAunsS' lommission. Grus, 4. Feber. Um 5 Uhr nachmittags fand unter Vorsitz Hendersons eine Plenarsitzung der Abrüstungskonferenz statt, in der die Kommission für die Verifizierung der Mandate Bericht er­stattete. Es wurde ferner beschlossen, daß von den 14 Bizepräsidentenstellen je eine auf Deutsch­ land  , Großbritannien  , die Bereinigten Staaten, ?frankreich  , Atalien, Japan   und die Sowjetunion  alle. Die übrigen sieben Vizepräsidentenstellen werden von den übrigen auf der Konferenz ver­tret««» Staaten besetzt werben. Futtermangel verkauft werden müssen, sind schon von 23 Ke aufwärts zu haben und erzielen bestenfalls 188 Ke. Soweit die offiziellen An­gaben. Unsere Ueberagrarier, Zadina, Böhm& Komp., würden es bitter empfinde«, in der Haut ihrer ungarischen Standeskollegen zu stecken. Sie könnten dann nicht einmal die Sozialisten für die schlechten Preise verant­wortlich machen, denn Ungarn   hat die sozialistenreinste, agra­rischeste Regierung Europas  . Aus den Biehzuchtgebieten des Landes wird berichtet, daß die Bauern ihre Rinder, Schweine und Schafe einfach um keinen Preis an den Mann bringen können. Verschärft wird die ungarische Agrarkrise noch durch die Disparitat der Industrie- und Agrarpreise. Kenner der Verhält­nisse illustrieren das herrschende Mißverhältnis mit folgendem Beispiel: Bor dem Kriege kostete ein Meterzentner Weizen 20 Kronen, ein Paar Stieftl ebensoviel. Jetzt bekommt der Bauer für den Weizen 68 Pengö und soll für ein Paar Stiefel aber 2426 Pengö bezahlen. Darnach llingt es durchaus glaubwürdig, wenn man anschließend vernimmt, daß beispiels­weise in den Dörfern desSzolnokerKomi- t a t s Hunderte von Kindern auch im strengsten Winter barfuß laufen und keinen güten Faden am Leibe haben. Verschlimmernd kommt noch der Mangel eines ausgebauten genossenschaftlichen Kredit­systems hinzu. Bauern, die in Geldnöte« sind, zahlen privaten Verleihern bis zu 20 Prozent Zinsen. Bei der allgemeinen Tendenz zur Ruck­ziehung der Spareinlagen können größere Geld­institute auch auf erstklassige Sicherheiten nichts mehr borgen. Kein Wunder, daß unter solchen Verhält­nissen auch der geduldige ungarische Bauer und der in patriachalischem Geiste erzogene Land­arbeiter rebellisch werden. Weite dem Besiegten!' So muß man wahrheitsgemäß die Schil­derung der Lage der ungarischen Arbeiterklasse überschreiben. Denn der Rückschlag nach dem Zu­sammenbruch des kurzlebigen Ratereaimes war so furchtbar, daß sich das ungarische Proletariat nicht den bescheidensten Krisenschutz erkämpfen konnte und heute die Geisel der Arbeitslosigkeit auf seinen wehrlosen Körper niederklatschen lassen muß. Wie die Rationalisierung und die Konzen­trations-Guillotine in der schwachentwickelten Industrie Ungarns   wüteten, davon gibt die Metallbranche ein trostloses Beispiel. Eine ganze Reihe von Firmen wurde vom Ganz- DanubiuS-Konzern verschluckt. Darunter befand sich auch das seit hundert Jahren bestehende Unternehmen Schlick-Rickolson, von dessen 2000 Arbeitern bloß 400 übernommen wurden. Tin Gegenstück zur Rothauer Tragödie! Die Maschi­nen- und Motorenfabrik Szombathely  (Strinam- anger) wurde zweimal nacheinander zusammcn- gelegt, bis von den 500 Mann Belegschaft ganze 60 bis 80 weiterbeschäftigt waren. Im Zuge dieser Entwicklung sind seit 1928 8000 Metallarbeiter entwurzelt worden und nur bei 1200 gelang die Ueberführung in neue Arbeitsstätten. Der unga­rische Metallarbciterverband weist bei 21.000, Mitgliedern 12.200 Arbeitslose auf. 98 Prozent seiner Einnahmen gibt ft als Unterstützung den arbeitslosen Kollegen weiter. Sie erhalten 10 Wochen 10 Pengö, weitere 10 Wochen 46 Pengö, nach weiteren 10 Wochen noch dreimal eine außerordentliche Unter­stützung. Wer es gibt Mitglieder, die schon drei-! einhalb Japre arbeitslos sind. Sie füllen als Bittsteller täglich die Berbandsräume, betteln um eine Garnitur alter Wäsche, um 20 Heller für ein Stück Brot! Schwer bedrängt ist auch die beste Gewerk­schaft Ungarns  , der Buchdruckerverband. Von seinen 7000 Mitgliedern hat er noch 4000 beschäftigt, die aber nur sechs Stunden im Tag arbeiten. Di« Unterstützungseinrichtungen sind mustergültig. Durch 18 Wochen bekommt das arbeitslose Mitglied 21 Pengö wöchentlich, wertere 10 Wochen 10 PeNgö, sodann dauernd eine Not­standsunterstützung von 6 Pengö. Außerdem zahlt der Verband noch erhebliche Invaliden- und Mufenunterstützungen auS. Dafür müssen aber die noch beschäftigten Facharbeiter selbst bei Kurz­arbeit 8.50 Pengö(fünfzig Kronen!) Wochenbeitrag leisten. Hut ab vor solch grandioser Solidarität! Aehnliches ist von den anderen Branchen zu berichten. Die Neupester Möbelindustrie hat rhren alten Balkanabsatz verloren und die Arbeitslosigkeit der Holzarbeiter ist groß. Maffen- eUtlassungen auch im Braunkohlenberg­bau, denn Jugoslawien   und Rumänien   können keine Kohlen mehr beziehen. Der Bauarbeiter­verband hat nur noch arbeitslose Mitglieder. Die christlich-nationale Regierung des Landes läßt ihre Arbeitslosen int Zeichen des Rassen­schutzes verhungern. Bor Weihnachten gab der damalige Wohl­fahrtsminister Ernst seinem Herzen einen Stoß und stellte den Gewerkschaften 150.000 Pengö für die Arbeitslosen zur Verfügung. Deshalb schlug der Führer der liberalen(!) Großbourgeoisie, Rafsay, im Parlament solchen Krach, daß Ernst angeekelt zurücktrat. Dies spielte sich unge­fähr zur gleichen Zeit ab, wo bekannt wurde, daß nach dem Tode des seinerzeitigen Wohlfahrts Ministers, des Prälaten Baß, 80.000 Pengö Vielfaches Ungemach hat Ungarn   seit 1918 heimgesucht. Es verlor den Krieg, zwei Revolu­tionen, mehr als zwei Drittel seines Territoriums. Abersein anachronistisches Feudal- system ist ihm geblieben. Das drückt ihm ökonomisch und politisch seinen Stempel auf. Dieses kostspielige und in blinder Machtpolitik erstarrte Regierungssystem verschärft die Krise des Landes. Die Staats wirtsdi alt. Borkriegsungarn hatte nnt 20.8 Millionen Einwohnern 381.000 öffentliche Angestellte. Nach­kriegsungarn zählt bei 8 Millionen Bürgern 266.516 öffentliche Angestellte und Pensionisten. Ter Personalstand der Budapester Ministerien betrug 1913 2654 Personen, 1930 bereits 3815. Je dreizehn Landesbewohner müssen eine Beam­tenfamilie erhalten. Eine gerechte Beurteilung muß zugeben, daß der'Personalüberfluß teilweise durch den Zustrom vieler ungarischer Beamter, Lehrer und Pensionisten auS den abgetretenen Gebieten bedingt ist. Dazu hat noch die Gegen­revolution in uvölfjähriaer Herrschaft eine bei­spiellose FutterkrippenpoUtik betrieben, die höch­stens von einem Driften Reich unter Hitlers  Führung überboten werden könnte.- Die Belastung der Bevölkerung mit öffent­liche« Wgaben ist unheimlich groß. Eine Darstellung der ungarischen Parteipresse gibt die Steuerlast pro Kopf der Bevölkerung in der Schweiz   mit 107 Pengö jährlich, in der Tschechoflowakei mit 109 Pengö, in Ungarn   mit 157 Pengö an. Der ungarische Staatshaushalt verschlang im Vorjahre noch 8.196 Millionen Tschechokronen, also nicht viel weniger als der der Tschechoflowakei, die um 6 Millionen Einwohner mehr zahlt. Dabei hat Ungarn   bis vor kurze»! keinen Heller für Arbeitslofenfürsorae ausgegeben ein Beweis, daß das Geschrei unsrer Arbeiter­feinde über die angeblich ruinöse Wirkung der sozialen Lasten purer Schwindel ist. Ungarn   steckt nun in einer schweren Krise der Staatsfinanze« und muß sparen. Den Beam­ten wurden bereits zwanzig Prozent abgezogen, den Pensionisten 1520 Prozent. Derzeit wird erwogen, die Gehaltsauszahlung jeden Mouat um einige Tage hinauszufchieben und dadurch nur elf Gehälter zu geben. Polizei-, Militär- urw Gendarmcricmannschaftcn wurden von den Ab­zügen bisher ausgenommen. Es gehört übrigens zur ,Fkrisenfürforge" des heutigen Systems, daß Kleimingarn genau so viel Gendarmen hat wie Großungarn vor dem Kriege. Bemerkenswert ist auch, daß sich alle Ministerien, auch das Wohl- fahrtsminifterium, eine 20prozentige Ausgaben­reduktion gefallen lassen mußten bi» auf daS Militärreffort. DaS Ideal unserer Generalstäbler, die vor­militärische Erziehung, ist in Ungarn   verwirklicht. Alle Jugendlichen vom 14. bis zum 21. Lebens­jahr, Hochschüler ausgenommen, müssen sich in den Levente-Formationen jeden Sonntag vormittag drillen lassen. Im Weigerungsfälle müssen die Eltern Geldstrafen zahlen bis sie schwarz werden. Die Kosten dieser Soldatenspielerei werden den Gemeinden unter dem XitelSportförderung" aufgehalst. Aber die Finanznot der Kommunen erzwingt auch hier Sparmaßnahmen. Eine Komi- tatshauptstadt mußte bereits den Austvand für diesenSport" von 13.000 auf 4000 Pengö her­absetzen und das monaftiche Honorar des Levente- Dberinstruktors von 48 auf 32 Pengö, das seiner Gehilfen von 32 auf 22 Pengö kürzen. So trifft die Krise auch den Patriotismus an seiner empfindlichsten Stelle. Die Aufwendungen des gegenrevolutionären Ungarn   für soziale Fürsorge sind kläglich. Im letzten Budget wurden die Mittel für Abwehr von Volkskrankheiten von 660.000 auf 500.000 Pengö reduziert, der Aufwand für allgemeinen Kmder- schutz von 433.000 auf 235.000 Pengö. Dagegen sind die Ausgaben für Tiergesundheitswesen von -50.000 auf 3OO.OO0 Pengö erhöht worden. Zur Bekämpfung der Lungentuberkulose, die auch unter der ungarischen Landbevölkerung arg wütet jeder siebente Todesfall hat Lungenschwindsucht zur Ursache sind statt 500.000 nur mehr «50.000 Pengö eingesetzt. PrattischerRassenschutz" des christlich-natio­nalen Regimes! »le Agrarkrise. Genossen, die mit der Dorfbevölkerung in stetem Kontakt leben, entrollen furchtbare Bilder don der Not der ungarischen Landarbeiter'und Kleinbauern. In den ärmeren Komitatcn ist Bar­geld ein unbekannter Artikel geworden. Nicht ein- Uial Geld auf Petroleum, Salz oder Zündhölzer haben die Lpndproletarier. Die Oelfunzel muß abends die Hütten, die meist nur einen gestampf- len Lehmfußbodeu kennen, erhellen. ,Für Tag- löhnerarbeit wird vielfach kein Barlohn mehr gegeben, sondern einige Kilogramm Mehl oder Getreide. Am schlimmsten ist die Mass« der uugarischrn Landarbeiter daran. Sie, zählt gegen eine Million Köpfe. Ihr Jahres­lehn beträgt 300400 Pengö einschließlich der Naturalien. Auch den Kleinbauern acht es Vicht   viel besser. Dieser Tage ging eine Meldung des amtlichen ungarischen Korrespondenzbüros durch die Presse, wonach der Agrarproduztznt für seine Erzeugnisse folgende Preise erzielt: für den Meterzentner Weizen 3237 Ke, für einen Liter Dein 28 tschechoslowakische Heller, für«in Kilo­gramm Lebendgewicht von Rindvieh wird in der Urarktgünstigen Umgebung von Budapest   1.20 bis 1.50 Ke gezahlt. Ausgehungerte Pferde, die wegen , Die Weisungen über die Kontrolle der Er­nährungsaktion, von deren Notwendigkeit wir in einer früheren Ausgabe unseres Blattes berich­teten, sind mittlerweile erschienen. Sre werden, wie es nicht anders zu erwarten war, von den Kommunisten mit wütendem Ge­heul ausgenommen:^ sollen sie doch dem Miß- brauch mrt den Ernahrunaskarten steuern, dessen sich auch kommunistische Vorsteher schuldig ge­macht haben. Und sie sollen, das ist das Entschei- dende, jenen Arbeitslosen die Ernährungs­karten sichern, deren Anspruch begründet ist und verhindern, daß den Arbeitslosen die Karten von jenen Leuten entzogen werden, die nie Anspruch auf sie hatten. Die kommunistische Presse stellt die Ange­legenheit so dar, als handle es sich um einen Ber- r ä n k e n. Mit dieser Darstellung ver- »