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Einzelpreis 70 Heller.

Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12 Jahrgang.

6,127.000.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früb.

Redaktion und Verwaltung: Prag II., Netázania 18. Telephon: 26795, 31469.( Ratredaktion): 26797 Bonfoedamt: 57544

Dienstag, 23. Feber 1932

Nr. 46.

Berlin , 22. Geber. Die Gejamizoht der Massenaufmarsch des westböhmischen Proletariats Ein demokratischer"

Arbeitslosen betrug am 15. Feber 6,127.000. Das Für Notfond und 40 Stunden- Woche. bedeutet eine Zunahme seit dem 1. Feber I. J. um 85.000.

In unterrichteten Kreisen ist man der Auf­fassung, daß sich die Arbeitslosenquote ihrem winterlichen Höhepunkt nähert, der voraussichtlich Ende Feber erreicht sein wird.

Auch Düsterberg und Hitler tandioieren.

Berlin , 22. Feber. Die Verhandlungen der Führer der in der Harzburger Front zusammen geschlossenen Organisationen über die Stellung nahme zur Reichspräsidentenwahl haben zu dem Ergebnis geführt, daß von der Aufstellung eines Einheitstandidaten abgesehen worden sei.

Wie das Conti- Nachrichtenbüro erfährt, wer den die deutschnationale Volkspartei und der Stahlhelm im ersten Wahlgang den zweiten Bundesführer des Stahlhelms, Oberstleutnant Düfterberg, aufstellen. In Kreisen der deutschnationalen Volkspartei und des Stahlhelm wird betont, daß man auch weiter an dem Ge­danken der Harzburger Front festhalte und hofft, im zweiten Wahlgang zu einer Einheitsfandi datur zu gelangen.

Verurteilung der bürgerlichen Hetze gegen Dr. Czech.

Am Donnerstag wurden in den Bezirken die entsprechenden Beschlüsse gefaßt und knapp drei Tage genügten, um den ganzen Parteiapparat in Bewegung zu sehen und den Beweis für die Schlagfertigkeit der westböhmischen Parteiorgani ſationen zu erbringen.

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Schildknappe

der Bankdirektoren. Die Verhandlungen, die gegenwärtig i.. Karlsbad , 22. Feber.( Eigenbericht.) In lichen Hochkonjunktur keinerlei Vorsorge ihrer Sizung am letzten Mittwoch hatte sich die für die zu erwartende Krise getroffen und einem Ausschuß des Abgeordnetenhauses über Kreisvertretung der sozialdemokratischen Partei die Unternehmerklasse jeder Beitragspflicht für die das Bankengesetz stattfinden, geben Gelegen­für Westböhmen mit der gegenwärtigen wirtschaft- Opfer der Krise enthoben haben. Sie erinnern heit die deutschbürgerlichen Parteien des Lan­lichen und politischen Lage beschäftigt, die durch daran, welche schwere Schuld die Bürgerpar des und ihre Presse an der Arbeit zu sehen. das starke Anschwellen der Arbeitslosigkeit und teien auf sich genommen haben, als sie durch das Insbesondere ist es der neue Abgeordnete der durch die große Beunruhigung gekennzeichnet ist, Gemeindefinanzgejeß und durch die Ber - Deutschen Arbeits- und Wirtschaftsgemein­die durch die Anschläge der reaktionären Streise waltungsreform wichtige Grundlagen der so- schaft, dessen Reden und Artikel nicht unbeach­gegen die Arbeitslosen hervorgerufen wurde. Die zialen Fürsorge in der Selbstverwaltung zerstörten tet bleiben sollen. Sizung beschloß, die Arbeiterschaft Westböhmens und damit das Unheil der Krise im deutschen Gebiet Bereits als die ersten Meldungen über zu Proteft kundgebungen gegen die Trei noch ungemein vergrößerten. Die Versammelten er­bereien der tschechischen und deutschen bürgerlichen heben die Forderung, daß der vom Fürsorge- ein beabsichtigtes Kartell gesetz in die Parteien und gegen die Verhebungsmethoden der minister Genosser Dr. Czech verlangte Notfonds Presse gelangten, war Herr Dr. Bacher am ehestens Gesetz werde, damit den Arbeitslosen eine Platze, um die Oeffentlichkeit nicht etwa auf Kommunisten aufzurufen. bessere Hilfe zuteil werden könne. Sie protestie die schädlichen Wirkungen der Kartelle auf­en gegen die schändlichen Versuche, die Krise zum merksam zu machen, sondern um für die shndruck und also zur noch weiteren Verelen- Kartelle Schonung zu erbitten. Die Bevölke­dung der Arbeiterklaffe auszunüßen. Sie versprechen, alle Aktionen der sozialdemokratischen Partei und rung weiß, welch schweren Schaden die unge­der Gewerkschaften gegen diesen Raubzug zu unter- zügelte Gewinnsucht der Kartelle für die stüßen und nicht minder mit allen zweddienlichen Volkswirtschaft mit sich bringt, daß die Kar­Mitteln die Aktion für die Einführung der gefeß- tellmagnaten den Konsumenten rücksichtslos lichen Vierzigstundenwoche vorwärts zu ausbeuten, seine Konsumkraft schwächen und treiben, damit wenigstens ein Teil der Arbeitslosen so die Wirtschaftskrise noch verschärfen. Auf­wieder in den Produktionsprozeß zurückgeführt wer- gabe einer pflichtbewußten Journalistik muß es den könne. also sein, die Oeffentlichkeit auf die schädliche Mit tieffter Entrüftung weisen die heute Rolle der Kartelle aufmerksam zu machen und zu verfammelten Arbeiter die infame so für ein Gesetz zit wirken, das den Mißbräu­Seße zurück, die von den Besitparteien unter chen der Kartelle steuert. Herr Dr. Bacher Führung der Partei der Reſtgutbarone gegen den aber tat das Gegenteil. In der Bohemia" Minister Genossen Dr. Czech getrieben vom 8. Jänner 1932 machte er sich geradezu wird. Sie brand marken die Durchkreu lustig über die ängstlichen Vorstellungen, die zung der sozialen Maßnahmen des Für­sorgeministers durch die Vertreter der Agrarier im man von den Kartellen gemeinhin habe, in Die Kundgebungen waren massenhaft Ministerrate und sprechen der sozialdemokratischen dem er schrieb: besucht. In Karlsbad wurde die Rede des Partei und vor allem dem Vorsißenden der deuts Abgeordneten Genossen de Witte durch Laut- schen sozialdemokratischen Partei, Genossen Dr. Die fozialdemokratische Wahlparole sprecher der unübersehbaren Masse der Demon- Czech. für seine rostlofe, hingebungsvolle und stranten vermittelt. In Chodau sprach unter schwere Tätigkeit im Ministerrate zugunsten der Arbeitslosen Dank und Vertrauen aus. Sie einstimmig dem Parteivorstand überlassen. lebhaftem Beifall Abgeordneter Genosse Se a ½ zu erwarten, daß Genosse Dr. Czech die gerade in die­Der Parteiausschuß der sozialdemokratischen biertausend Demonstranten, in Grasli, wo erwarten, daß Genosse Dr. Czech die gerade in die­Partei nahm am Montag ein längeres Referat ten Genosse Horn referierte, hatten sich gleich­Statt also mit aller Kraft für ein Kar­unter wiederholter Zustimmung der Demonstran fer Zeit eminent wichtige Führung des Für forgeminifteriums nicht einem Feinde des Parteivorsitzenden Otto Wels über die falls über viertausend Demonstranten auf dem der Arbeiterklasse überlassen werde tellgesetz einzutreten, um die Bevölkerung vor gegenwärtige politische Lage im Hinblick auf die Marktplatz eingefunden. In Falkenau ver- und erklären, daß sie selbst alles unterstüßen wer den Blutsaugern zu schützen, die in einer Zeit ben, was geeignet sein kann, den Ansturm der Ar- größter Arbeitslosigkeit sich an hungrigen Reichspräsidentenwahl entgegen. Nach eingehen- mochte der riesige Saal des Bergarbeiterheimes, bettergegner auf diese Position zurückzuwerfen. Sie Menschen noch mästen, vollführt Herr Doktor der Debatte bevollmächtigte der Parteiausschuß wo Genosse Wondrat sprach, die Teilnehmer rufen alle heute noch Abseitsstehenden und alle Ver- Bacher eine Ehrenrettung der Kartellkapitali­den Parteivorstand einstimmig, für die Parole nicht zu fassen. In Schlaggenwald erörtete irrten aus der Arbeiterklasse auf, sich in den Reihen sten und entpuppt sich dadurch als das, was vor mehr als 700 Teilnehmern Gen. Schuster der Sozialdemokratie zum Kampfe gegen das Aus­zur Reichspräsidentenwahl zur gegebenen Zeit unsere Forderungen. In Königsberg , wo sich beutertum, sum Stampfe aber auch gegen die unter er ist, als der Vertreter der deutschen Groß­über zweitausend Menschen eingefunden hatten, kommunistischer oder nationalistischer Flagge mar- bourgeoisie, die nichts anderes im Kopfe hat schierenden Helfer des Ausbeutertums zusammenzu- als ihren Profit zu sichern und wenn da­schließen. Sie stellen die Schuld des kapitalistischen bei das ganze deutsche Volk zu Systems an den furchtbaren Nöten der ganzen Welt Grunde ginge! fest und erklären, nach den Prinzipien der Sozial- In der Arbeits- und Wirtschaftsgemein­

In einer nationalsozialistischen Versamm Yung im Sportpalast fündigte Goebbels heute abends an, daß Hitler als Kandidat zur Reichs­präsidentenwahl aufgestellt fei. Dazu ist festzustel len, daß Hitler bis zur Stunde die deutsche Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Wenn er sie bis zehn Tage vor der Wahl nicht erhält, wären die für ihn abgegebenen Stimmen ungültig.

Im ersten Wahlgang ist daher mit vier Kan­didaten zu rechnen: Hindenburg , Düster­ berg , Hitler und Thälmann .

von sich aus die Entscheidung zu fällen.

Deutschland interveniert bei den

Memel - Signataren.

Am gestrigen Sonntag marschierten in den Städten Karlsbad , Chodau, Falke nau, Graslig, Königsberg und Schlaggenwald viele tausende Arbeiter auf, um in wuchtigen Demonstrationen für die Rechte der Arbeiter, für die Forderungen der Arbeitslosen, für die Einführung der 40- Stun denwoche und Schaffung des Notfonds einzu denwoche und Schaffung des Notfonds einzu treten, aber auch gegen die schamlose Heyerei der tschechisch- bürgerlichen Preise, die in den deutsch - bürgerlichen Blättern verständnisvolles Echo gefunden hat, und gegen die Versuche, den Arbeitslosen die Gendarmen auf den Hals zu heken, zu protestieren.

war der Saal derart überfüllt, daß Hunderte kei­nen Einlaß finden konnten; hier sprach Genosse| Lorenz aus Asch. In Faltenau und Königsberg schlossen sich an die Versammlungen Demonstrations­Berlin, 22. Feber. Wie das Conti- Nach- züge an, in denen ebenso wie bei den anderen richtenbüro von unterrichteter Seite erfährt, hat undgebungen Fahnen und Standarten getragen die deutsche Regierung ihren bei den Signatar- wurden. In allen Versammlungen wurde fol­staaten des Memel - Statutes aftrediirten diplo gende Resolution angenommen: matischen Vertreter beauftragt, Schritte zu unter­Entschließung. nehmen, um mit Nachdruck darauf hinzuweisen,

daß entsprechend den am Samstag gefagten Be Die heute zu einer gewaltigen Rundgebung schlüsse des Völkerbundrates der Haager Ge- ihres Willens aufmarschierten Arbeitermassen er richtshof angerufen werden soll, um die heben flammenden Protest gegen alle jene Bar Frage der Rechtmäßigkeit der Abberufung des teien, die angesichts der furchtbaren Notlage, in der Landesdirektors Böttcher von der Memel- Regie- fich hunderttausende Familien dieses Staates befin rung zu prüfen.

In der Vorstellung der breiten Massen leben die Kartelle als Vampyre, die ausschließlich be= dacht sind, den Konsumenten das Blut aus dem Körper zu fangen und sich durch hochgehaltene Preise rasch und so ausgiebig wie nur möglich zu bereichern.

demokratie dafür zu arbeiten, daß an die Stelle schaft scheinen die kapitalistischen Auffassungen dieses verruchten Systems das der Planwirtschaft des Herrn Dr. Bacher merklich an Boden ge­und der menschlichen Freiheit, die Ordnung des und der menschlichen Freiheit, die Ordnung des wonnen zu haben. Vom 22. bis 24. Jänner Sozialismus, trete.

Die Regierung und alle, die es sonst angeht, hielt die D. A. W. G. in Prag eine Tagung sollen die heutigen Kundgebungen als erste große ab, in der eine Entschließung zur Annahme Mahnung erkennen. Sie sollen gewarnt fein. gelangte, in welcher es unter anderem heißt: noch weiter auf die Langmut der Ar. beiterklasse zu bauen!

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Die DAWG warnt, die herrschende Not zur Durchsetzung gewagter wirtschaftlicher Doftrinen rein flassenmäßiger Weltanschauungen zu miß­brauchen. Eindringlich muß besonders vor einer Erweiterung staatlicher Eingriffsbefugnisse in die Wirt­schaft gewarnt werden.

Sowohl der Aufmarsch der Massen, wie der den, ihren Klassenegoismus toben lassen. Sie pro Verlauf der Versammlungen vollzog sich voll­testieren dagegen, daß unter dem Vorwand tommen planmäßig. Die gut disziplinierten einer schärferen Kontrolle der Ernährungskarten Ordnerschaften verhinderten die Störungs­Zrozti staatenlos. Während also der Privatkapitalismus, bezieher Tausende arme Menschen, denen durch die bersuche der Kommunisten, die es be­Moskau, 22. Feber. Das Präsidium des Krise jede Verdienstmöglichkeit abgegraben ist, aus fonders auf die Versammlungen in Chodau insbesondere das private Finanzkapital zu­Zentralexekutivlomitees entzog 37 Emigranten, der Fürsorgeaktion ausgeschieden wer­die im Befiße von Sowjetpässen im Auslande den sollen. Sie prangern es an, daß nach dem Wil - und Graslit abgesehen hatten, während sie sammenbricht, die Krise des kapitalistischen der Karlsbader Demonstration auswichen. Kredits alle Auswege, die aus der Wirtschafts­leben, darunter Tropfi, wegen gegenrebolu len des agrarischen Regierungschefs und des agra­tionärer Tätigkeit die Sowjetstaatsbürgerschaft zischen Innenministers der Tschechoslowakei den Die Kundgebungen haben in der ganzen Be- frise hinausführen könnten, versperrt, während und verbot ihnen die Einreise in die Sowjet- Opfern der kapitalistischen Wirtschaftskrise die völkerung größten Eindrud hervorgerufen nichts anderes übrig bleibt, als daß der Gendarmen auf den Hals geheßt werden. und gezeigt, daß das Vertrauen der Arbeiter­Die Versammelten klagen die Bürger- massen zur sozialdemokratischen Partei unerschüt­parteien an, daß sie in der Zeit der wirtschaft tert ist!

Union .

Buder schwedisches Staatsmonopol.

Schutzbund- Generalappell.

Staat in dieses Chaos eingreift, will die D. A. W. G. von einem solchen staat­lichen Eingriff nichts wissen: der Privatkapi­talismus soll uns weiter in Grund und Bo­den regieren, es sollen weiter Hunderttausende Stockholm , 21. Feber. Die beiden Kammern weniger spricht oder in seinen Ausführungen be- von Menschen arbeitslos fein und hungern- des Reichstags genehmigten den Gesezentwurf scheidener ist. Dr. Bauer appellierte an die Fühlaßt sie betteln gehen, wenn sie hungrig sind der Regierung, mit dem ab 1. März dieses Jahres aber nur feine Erweiterung staatlicher Wien , 21. Feber. Am Arbeiterheim im XVI. rer des republikanischen Schutzbundes, gerade in auf ein Jahr das Staatsmonopol für die Zucker­einfuhr nach Schweden eingeführt wird. Dieses Wiener Bezirk fand gestern ein sogenannter Ge- diesem Augenblicke die Ereignisse mit der größten Monopol wird dann auf die Zucker erzeugenden neralappell des Wiener republikanischen Schutz- Vorsicht zu verfolgen, nicht der Gedanken an die Eingriffsbefugnisse in die Wirtschaft". Dede­schwedischen Gesellschaften unter der Bedingung bundes statt, bei dem Dr. Otto Baber erklärte, Verteidigung der Republik aus dem Kopf zu ver- ster Manchester - Liberalismus in einer Zeit, übertragen werden, daß sie den Rübenbauern es wäre unrichtig zu vermuten, daß die Heim- lieren und nicht zu erlahmen in den Verteidi- wo ohne Eingriff des Staates in das Wirt­schaftsleben die ganze europäische Kultur zum einen Minimalpreis von 230 Dere pro Zentner wehren an feinen Butsch mehr denken, weil sie gungsmaßnahmen. Teufel ginge! garantieren. sich ruhiger verhalten und weil Starhemberg|

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