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Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutſchen   ſozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12. Jahrgang.

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Mittwoch, 23. März 1932

Beneš über das mitteleuropäische problem.

Zardiens Vorschlag sympathisch. Konföderationen etc. ausgeschlossen. Ohne Zustimmung Berlins   und Roms fein Verhandeln.

Die innerpolitischen Einwände aus Finanz- und Agrarkreisen.

Prag  , 23. März. In den Außenausschüssen der beiden Häuser hielt Außenminister Dr. Benez heute sein angekündigtes Exposé, das sich neben der Erörterung des chinesisch­japanischen Konfliktes und dessen Bedeutung für den Völkerbund mit der Ab­rüstungstonferenz und namentlich mit den Mitteleuropa  - Plänen der legten Zeit ausführlich befaßte. Die Debatte wird in beiden Ausschüssen erst nach Ostern abgeführt werden.

China  - Japan  .

-

Deutschland   Gleichberechtigung verlangt und für die Abrüftung der übrigen Staaten nach den Einleitend gab Beneš zunächst einen ausführ gleichen Methoden eintritt, die Deutschland   im lichen Ueberblid über die Ursachen und den Verlauf Friedensvertrag auferlegt wurden, während Frani­des japanisch- chinesischen Konfliktes und betonte reich den Standpunkt der allmählichen Ab dabei das Streben der Großmächte, in China   die rüstung Schritt für Schritt bei Aufrechterhaltung bisherige Politik der offenen Tür" zu vertei der Beschränkungen des Friedensvertrages für die digen, während Japan   seine alten Privilegien der Besiegten vertrete und gleichzeitig eine Verstär ungleichen Verträge behaupten und sich die wirt Fung der allgemeinen Sicherheit durch schaftliche Beherrschung der Mandschurei   sichern will. Ausbau des Völkerbundes und Schaffung einer Es sei das erstemal gewesen, daß der Völkerbund internationalen Vollzugsgewalt verlange. Italien  unter Berufung auf den Artikel XV( Berhalten bei vertrete in teilweiser Anlehnung an die Sowjet­drohender Kriegsgefahr) angerufen worden sei. Das union die schrittweise Abschaffung der Angriffs­Eingreifen des Völkerbundes habe zu einem tatsäch waffen, während England und Amerika  lichen, wenngleich teilweisen Erfolg geführt; hauptsächlich für eine sofortige große Reduktion der man sei in Genf   überrascht gewesen, welch Marinerüstung eintreten. großen moralischen Zwang die internationale Diplo Hinter den scheinbar technisch- militärischen Pro­matie in Genf   entfaltet habe und welche bedeutungsblemen der Konferenz verbergen sich alle Fragen volle Rolle die Institutionen von Genf   auch für der Weltpolitit und alle aktuellen politischen den Fall eines ähnlichen Konflittes Stritte zwischen den Mächten, zu deren Lösung Ver in Europa   spielen würden. Diese Vorfälle zeigten fuche unternommen werden. neuerdings, pie richtig die politische Orientierung Beneš würde schon eine eventuelle regionale, der Tschechoslowakei   gewesen sei, die sich stets auf die d. h. moralische Kraft der Friedenspolitik von Genf   ftüßte europäische   Lösung der Friedensorganisa tion durch Abrüstungstonvention, verbun und hiebei nie die Notwendigkeit der Allianzpolitit außeracht ließ für den den mit zwangsweiser Arbitrage und Fall, daß die Genfer   Institutionen selbst zur Lösung der Problente nicht genügen sollten.

Die Abrüstungskonferenz und die Möglichkeiten ihres Erfolges

Nr. 71.

Mitteleuropa.

Zusammenarbeit zu suchen; sie ist bereit, an fon­freten Schlußvereinbarungen der fünf mitteleuro­päischen fleineren Staaten teilzunehmen und sie würde als deren Grundlage die im Memorandum Die Weltwirtschaftskrise hat zu schweren Tardieus vorgeschlagene Präferenzidee auf- Störungen im internationalen Handels- und nehmen. Zahlungsverkehr geführt, die sich nun dem 2. Bei diesem Bemühen um eine bessere Zu- Wiederaufbau der Wirtschaft besonders hin­

politische Aktion, jedwede staatsrechtliche Organi

jammenarbeit erachtet sie im vorhinein jedwede dernd in den Weg stellen. Werden dieſe Stö sation, jedwede Diskussion über eine Konföderation rungen des internationalen Wirtschaftsver­oder ähnliche politisch- rechtliche Formen für aus- fehrs überall gespürt, so empfindet man sie geschlossen. Ebenso erachtet fie Verhandlungen über doppelt in Mitteleuropa  , einem Wirtschaftsge­eine Zollunion dieser Staaten für ausgeschlossen. biet, das früher ein einheitliches Zollgebiet 3. Die tschechoslowakische Regierung wird in gebildet hat, und wo sich Landwirtschaft und keinerlei Verhandlungen einireten, an denen nicht Industrie eines großen Raumes gegenseitig er­auch Rumänien   und Jugoslawien   Anteil nehmen gänzt haben. Ueber das aktuelle Problem der würden. Eine volle Einigung mit ihnen erachtet Rekonstruktion Mitteleuropas   hat nun der fie naturgemäß als Vorbedingung eines jeden ihrer Minister des Auswärtigen gestern in den eigenen Schritte in diesen Angelegenheiten.

4. Die tschechoslowakische Regierung ist der Parlamentsausschüssen gesprochen. Annahme, daß ähnliche Verhandlungen mit Erfolg Zwei brennende Probleme sind es, die nur dann möglich sind, wenn sich in diesen Ange- vor allem Lösung erheischen. Einmal die legenheiten die Großhmächte einig sein werden und schlechte finanzielle Lage einzel wenn sie der Initiative der französischen   Regierung ner Staaten. Den Ernst der Situation wahrhaft zustimmen werden. Wenn Berlin   und hat in dieser Hinsicht der Minister des Aus­Rom zu der französischen   Initiative nicht ihre wärtigen selbst am besten charakterisiert, wenn Zustimmung erteilen werden, wird die tschecho er gesagt hat:" Einzelne mitteleuropäische

slowakische Regierung sich an nichts beteiligen; sie

ift hier mit der französischen   Regierung in der Staaten find in einer derartigen finanziellen Anschauung eines Sinnes, daß in diesem Falle Situation, daß sie nicht lange warten können. eine Hilfsaktion für die mitteleuropäischen Staaten Die Notwendigkeit einer Hilfeleistung für sie überhaupt kaum möglich sein würde. ist sehr dringend." Das andere Problem ist

Produkte dieser

Im übrigen könnten ohne vorherige Einigung das des Abja ßes der agrarischenund der Großmächte diese Verhandlungen überhaupt industriellen zu keinem Ziele führen, und die Tschechoslowakei  Staaten. ist entschlossen, an keinerlei Verhandlung diejer Art teilzunehmen, welche nicht Hoffnung auf Er­folg haben würde. Ein Mißerfolg würde die finan zielle und wirtschaftliche Situation einzelner be­troffener Staaten nur noch mehr erschweren. Im Falle der Nichtübereinstimmung der Großmächte wäre es daher beffer, sich im vorhinein zuzuge stehen, daß es nicht geht, und die Entwicklung ab zuwarten.

Es wäre allerdings besser, wenn sofort an die mitteleuropäische Aktion geschritten würde, Ein zelne mitteleuropäische Staaten sind in einer der artigen finanziellen Situation, daß sie nicht lange warten können. Deshalb ist die Tschechoslowakei  im Falle einer Einigung der Großmächte vorberei tet, an den Verhandlungen auf dieser Bojis sofort teilzunehmen.

Nun hat bekanntlich der französische  Ministerpräsident Tardieu einen Vorschlag ausgearbeitet, wonach sich fünf Staaten und zwar die Tschechoslowakei  , Desterreich, Ungarn  , Jugoslawien   und Rumänien   zusammenschlie­Ben und sich gegenseitig Vorzugszölle gewäh rent sollen. Die übrigen europäischen   Mächte würden, um diesen Zusammenschluß möglich 3 machen, auf die ihnen handelsvertraglich gewährte Meistbegünstigung verzichten und Frankreich   würde jene Kredite geben, welche notwendig wären, damit einzelne Staaten dieser Gruppe zahlungsfähig würden und als Abnehmer von Waren für die anderen in Betracht kämen.

gegenseitiger europäischer Silfelei stung gegen den Angreifer für einen großen Erfolg halten. Die Tschechoslowakei   vertrete den Standpunft der etappenweisen, Abrüstung bei gleich­zeitigen Ausbau der Genfer   Institutionen und der europäischen   Sicherheit. Hinsichtlich des Urteils über behandelte Beneš gleichfalls sehr ausführlich. Seiner die Ergebnisse der Konferenz will er Reserve be­Meinung nach habe trop aller Stepsis die erste wahren, da das Ergebnis hauptsächlich Phase, die Darlegung der Thejen der einzelnen von den Großmächten abhänge. Er glaubt Mächte, besser abgeschlossen, als man erwartete. nicht, daß der Erfolg ein übermäßiger sein werde, Die Hauptarbeit, d. h. der Kampf um die politische doch werde schon die bloße Unterzeichnung der Kon­Linie der Konferenz und um die prinzipiellen Haupt- vention eine erste Etappe sein und gewiß werde in tischen Kommission anfangs April entwideln. sein werde, ein weiterer bedeutungsvoller Schrittnischen Regierungen über die mitteleuropäische zu fürchtet Deutschland  , daß dadurch die fragen, werde sich in der generellen und in der poli- einigen Jahren, wenn die Situation eine ruhigere moranben der französischen, deutschen und italie   aber nicht ungeteilte Zustimmung. Vor allem

Er bespricht den deutschen   Standpunkt, der für folgen.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit der

mitteleuropäischen Staaten.

Er erinnert an

das Memorandum Zardieus,

Eingehend zergliederte dann Benez die Me­

sammenarbeit.

Das' ranzöll'che Memorandum

fordere, daß die Großmächte sich flar für das Prinzip des politischen Desinteressements

in Mitteleuropa  

aussprechen und die kleinen Staaten Mitteleuropas  

Dieser Standpunkt Frankreichs   findet

Vorherrschaft Frankreichs   in Mitteleuropa   in aller Form aufgerichtet würde, wenn Deutsch­ land  , das ja auch ein Stück Mitteleuropa   ist, ausgeschaltet würde. Deutschland   hat sehr enge Handelsbeziehungen zu den mitteleuro­Der Minister verweist darauf, daß die Ston-] ferenz von Lausanne   teine definitive Entscheidung päischen Staaten, es hat also ein wirtschaft­treffen können wird, da Amerika   vor den Präsident sich selbst überlassen, d. i., daß diese Staaten ihre liches und politisches Interesse daran, daß es schaftswahlen nicht in der Lage sein wird, Europa   das England, Deutschland   und Italien   anfangs Angelegenheiten vernünftig politisch und wirtschaft- von Frankreich   nicht aus Mitteleuropa   ver­in Sachen der Kriegsschulden etwas anzu- März überreicht wurde und in dem vorgeschlagen lich selbst untereinander erledigen. Es ertenne drängt wird. Ebenso hat Italien  ( trotz aller bicten. Es würde sich also wieder nur um eine Ber  - wird, die Großmächte sollten die fünf mitteleuro- ferner, daß man der gesunden Idee der europäischen   Beteuerungen Beneš's) das Interesse, Mittel­längerung des Moratoriums handeln und die finan päischen Staaten auffordern, im Sinne der Emp wirtschaftlichen päischen Staaten auffordern, im Sinne der Emp- wirtschaftlichen und finanziellen Rekonstruf- europa   nicht zum alleinigen Einflußgebiet sielle Unsicherheit in Europa   würde andauern. Siezu fehlungen des Finanzausschusses des Völkerbundes tion wirtschaftliche Opfer bringen müsse Frankreichs   herabsinken zu lassen und irgend­fommen die finanziellen Folgen der Wirtschaftskrise, Wege zu einer wirtschaftlichen Annäherung und und es biete dieses Opfer ganz uneigennütig an, wie an der mitteleuropäischen Föderation be­die in einzelnen Staaten bis zu dem Gedanken eines Susammenarbeit auf Grund des Präferenz- indem es teiligt zu sein. Moratoriums führten. Die Tschechoslowakeist e mts zu suchen, da eine andere Organisation auf die Meistbegünstigungsklausel verzichte babe die notwendigen finanzwirtschaftlichen Vor- weder möglid, no swemäßig sei; nach der für den Fall, daß eine Verſtändigung zusammen- der beteiligten Großmächte auseinandergehen, fehrungen getroffen und all das verfügt, was wir Meinung Frankreichs   sollten diese Staaten vor am meisten brauchen- eine finanzielle Aus- erft untereinander über ihre gegenseitige Meistbegünstigung verzichten; außerdem wolle muß man dem Minister Beneš vorhalten, daß bilfe in Baris. In dieser Beziehung müßten Zusammenarbeit verhandeln, wobei sie im Kontakt Frankreich   in diesem Falle jezt und in Zukunft er in der Abwägung des französischen   und wir für uns selbst nichts fürchten. Unfere mit den Großmächten zu bleiben hätten. Erst nach durch finanzielle Mittel zur Sanierung jener deutschen   Standpunktes nicht ganz gleich vorbereiteten inneren Maßnahmen und die Aus- erfolgter Einigung wäre an Verhandlungen über mitteleuropäischen Staaten beitragen, welche dessen mäßig vorgeht. Er ist voll Lobes gegenüber landsanleihe würden unsere Situation wesentlich ein gemeinsames bedürfen. dem französischen   Programm, dem er beson­berbessern und uns gegen weitere Schwierigkeiten Großmächten zu schreiten. Wenn eine Einigung rüsten. erzielt jet, so wäre Frankreich   bereit, im Einver- Diese Politik müsse als großzügig und euro- ders nachrühmt, daß es das Prinzip des poli­nehmen mit den übrigen Regierungen den mittel- päisch bezeichnet werden und die Tschechoslowakei  Angesichts dieser wirtschaftlichen und finan- europäischen Staaten die finanziellen Mit- verhehle nicht ihre Sympathien gegenüber dieser ziellen Situation in Europa   habe die Frage bertel zu ihrer dauernden Retonitrut europäischen Konzeption. Zusammenarbeit der kleineren zentraleuropäischen tion zu gewähren. Staaten auf wirtschaftlichem Gebiet besondere Aktualität erlangt.

Die Regierung prüfe diese Frage sorgfältig und ohne Einigung mit den zuständigen politischen Fat toren werde bei uns nichts geschehen, was irgend eine Löjung präjudizieren oder im vorhinein su irgendetwas verpflichten würde.

Uebereinkommen

mit den

tomme und auch die anderen Großmächte auf die

Das deutsche   Memorandum Die britische   Regierung ftimme der französischen  .

Gerade deswegen, weil die Standpunkte

tischen Desinteressements der Großmächte ait Mitteleuropa   ausspricht, daß also Frankreichs  Memorandum weit davon entfernt ist, irgend wie den Einfluß dieses Landes in Mittel­ europa   zu verstärken. Auf der anderen Seite Initiative im ganzen zu, die italienische zogere gehe von einer entgegengesezten politischen erteilt Beneš aber in einer Weise, wie es sich einigermaßen und habe einige Reserven auferlegt, Linie aus. Deutschland   befürchte politisch, daß eine für einen Minister des Auswärtigen eines während die deutsche   Regierung in ihrem Memo derartige Aftion in Mitteleuropa   Desterreich schließ fleineren Staates wenig ziemt, einem Sech­randum eine in wesentlichen ablehnende Hal- lich zu einem Instrument der anti deutschen   zigmillionenvolk gute Lehren, rät den deut tung eingenommen habe. Politit machen könnte. Deutschland   betrachte vielichen Staatsmännern das heutige Mittel­fach noch das heutige Mitteleuropa   mit den Augen

Den prinzipiellen Standpunkt der Zschechoslowakei

der Vorkriegspolitik, sehe sich an der Spize dieses europa  - nicht mit den Augen der Vorkriegspoli­Mitteleuropa und könne die ganze, nationale Eman- tik zu betrachten und legt ihnen nahe, den zipationsbewegung der zentraleuropäischen kleineren Geist der Zeit zu erfassen und mit ihm glei­1. Die tschechoslowakische Regierung ist in Staaten nicht verstehen. Man sollte in Deutschland   chen Schritt zu halten. Diese betonte Verschie ihrem Interesse und im Interesse der europäischen begreifen, daß die Vortriegszeiten nicht denheit der Einstellung zu den beiden europäi ihrem Interesse und im Interesse der europäischen mehr wiederkehren, denn die europäischen schen Großmächten wird überall auffallen. Zusammenarbeit bereit, loyal und freundschaftlich Staaten hätten bereits ihre politische Reife erlangt

Beneš fnüpft an den Schritt des österreichischen Bundeskanzlers vom 16. Geber an, der fan die Ber  - formuliert Benes folgendermaßen: treter der Großmächte appellierte, fie mögen auf die toirtschaftliche Situation Defterreichs Rücksicht neh men und auf finanziellem und wirtschaftlichem Gebiet die schwere Position Desterreichs erleichtern.

mit den mitteleuropäischen Staaten die Wege au einer besseren wirtschaftlichen und kommerziellen

( Fortseßung auf Seite 2)

Wenn also auch an dem Ton, den der Minister gegenüber Frankreich   und Deutsch­