Ginzelpreis 70 Heller. ( Einschließlich 5 Heller Porto)
Sozialdemokrat
Jentralorgan 6. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik
12. Jahrgang.
Von der Steuermoral.
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.
Redaktion u. Verwaltung: Prag II, Netázanla 18 Teleph.: 26795, 31469, nachtredakt.( ab 21 Uhr): 33858 Bofcedamt: 57544
Mittwoch, 6. April 1932
Nr. 82.
Unsere Aufgaben in dieser Zeit.
Eine Rede des Ministers Dr. Czech.
Auf der Biliner Ronferenz der Aehnlich liegen. die Dinge im Weltmaß der österreichischen Arbeiterbewegung zur Strede Kreisorganisation Tepliß- Saaz hielt am stabe. Der internationale Warenaustausch hat bei gebracht wurde. Dies zeigt der zusammen Sonntag Genojje Dr. Czech eine Rede, in nahe vollständig aufgehört. Soweit weltwirtschaft bruch der diversen Diktaturieuche in der er zu den wichtigsten wirtschaftlichen liche Zusammenhänge noch bestanden, sind sie zum den kleinen Staaten, aber auch nicht minder und politischen Zeitfragen Stellung nahm, Teil auf das schwerste unterbunden, zum Teil voll- der gewaltige Umschwung der Verhältnisse in die Aufgaben der Partei formulierte und ständig zerrissen worden. Die nach kapitalistischen Spanien . Dies werden auch das ist unsere die er zu einer ebenso glänzenden wie un- Methoden durchgeführte Kurpfuscherei hat und große Hoffnung die in diesem Monate stattfinerbittlichen Abrechnung mit der von den das ist die größte Tragik dieser Krise den Krank denden Wahlen in Frankreich , in Deutschbürgerlichen Parteien und den extremisti heitsprozeß der Wirtschaft, die zu heilen die kapita- land und Desterreich bestätigen, denen weit fchen Demagogen von links und rechts be- listischen Wirtschaftsführer auszogen, nur noch ver- über die Grenzen dieser Länder eine ganz besontriebenen Hezze gestaltete. Er führte u. a. schlimmert. Die 3ollepidemie hat weiter um dere internationale Bedeutung zukommt. Es ist sich gegriffen. Soweit die hohen Zollmauern den also in den Völkern Europas noch genügend Abinternationalen Handel noch nicht unterbunden wehr vorhanden. Troßdem dürfen wir, um uns nicht selbst irgendhatten, wurden durch Einfuhrverbote alle Zugänge
aus:
zu
--
Der Staat sind sie. Seine Rechtsordnung trägt das Gepräge ihres egoistischen Klassengeistes, sie wissen zu ihrem Vorteil von ihr rücksichtslos Gebrauch zu machen und sie hat gemäß ihren Begriffen in erster und letzter Linie dem Schuhe und der Verteidigung ihrer Besitzinteressen zu dienen. Die Gesetze, die Gerichte, die Polizei, die Berechtigung und Notwendigkeit der Erhaltung der gesamten Staatsmaschinerie sehen sie allein darin gegeben, daß sie der Bewahrung der öffentlichen Ruhe und Ordnung", auf der ihre Lebensgrundlage, ihre Besitzverhältnisse und ihre Profitmöglichkeiten beruhen, unterian ist. Auch unmittelbar materiell verstehen es die Besitzklassen den Staat weidlich auchzunügen. Er hat notleidende und Als die Vertrauensmänner unserer Bewegung verfrachte Banken zu sanieren, gewisse Unter- im Jänner des Jahres in der Reichsausschuß nehmerkreise durch Zölle, Prämien, Subven- uns bereits über den Charakter der Krise und ihre und zuletzt durch die Devisenbewirtschaftung, die in sich nehmerkreise durch Zölle, Prämien, Subvent- tagung über den Strifennotstand berieten, waren wir den einzelnen Staaten fast luftdicht abgeschlossen welchen Jllusionen hinzugeben, nicht übersehen, daß tionen zu unterſtüßen, von den Vorteilen, Dauer vollkommen im flaren und wußten, daß ihr einer ganzen Reihe von Staaten begonnen und, allen die Krise immer gegen die Arbeiterklasse und die welche diese Schichten und ihre Gefolgsman Söhepunkt leider noch nicht überschritten ist. Die andern aufgezwungen wurde, die vollständige AbkapArbeiterbewegung auswirkt nen durch Zuschanzung hoher und höchster weitere Entwicklung hat uns recht gegeben. Sowohl selung der Wirtschaft der einzelnen Länder vollendet. und daß wir daher alle Kräfte anspannen müssen, Staatsämter sich sichern, gar nicht zu reden. im internationalen Maßstabe, als auch in unserem Die natürliche Folge war eine schwere Geld und um uns des Ansturms der nationalistischen Bour Wo es Einfluß zu üben und wo es zu ne hande hat sich die wirtschaftliche Lage Bertrauenstrije, deren Auswirkungen einige der geoisie und des von ihr alimentierten Fascismus, men gilt, sind sie obenauf ungleich zurück außerordentlich verschlechtert. Der Pro- europäischen Staaten unmittelbar vor die Gefahr aber auch des Nußnießers aller Krisen, des Bolsche. haltender sind sie, wenn es für den Staat, duktionsprozeß hat in allen Staaten eine weitere des finanziellen Bankerotts stellt. für eben denselben Staat, dem sie alle Vor- wesentliche Schrumpfung erfahren. Ganze Be teile, ihre Existenz und ihre Macht über die triebsgiveige, besonders jene, die auf den Export an gewiesen sind, wurden brachgelegt. Die anderen Klassen der Gesellschaft zu danken haben, Opfer bringen heißt. Zahlen, etwas von der Behaglichkeit ihrer Lebensgewohnheiten, von ihrem Luxus, der heute größer und Herausfordernder ist als je, hinzugeben nein, zu zahlen überlassen sie am liebsten den andern. Das war schon früher so und stets nützten die Besitzenden ihre politische Macht so aus, daß bei der Lastenverteilung ein möglichst geringer Bruchteil auf sie entfiel, den sie übrigens auf andere Weise den Staatskassen wieder abzulisten verstanden. Seitdem aber durch Krieg, staatlichen Umsturz und Vermögensumschichtung eine neue Bourgeoisie emporgestiegen ist, hat diese Abneigung geradezu die Form einer Sabotage der Staats fassen angenommen und die Steuermoral ist auf den Nullpunkt gesunken.
-
Kurzarbeit ist förmlich zum Normalzustand
wismus, zu erwehren. Was wir hier erleben, ist Daß sich unter solchen Verhältnissen die durchaus keine Neuerscheinung. Eine der größten Krisen war die schwere Krise des Jahres 1873. Sie internationale politische Situation hatte, da sie mit großer Wucht einbrach, und die verschlechtert, die Unsicherheit in Europa mit jedem Menschheit erbarmungslos traf, viele charakteristische Tage wächst und die bolschewistischen Elemente, für Merkmale der heutigen Krise. Wie die heutige der industriellen Erzeugung geworden. Die Arbeits- deren Gedeihen Massenelend und Krisen den rich Krise, war sie auch von einer schweren Agrarfrise losigkeit ist lawinenhaft angewachsen. Sie hat, nachtigen Rährboden bilden, und der Fascismus. an begleitet. Ihre zermalmenden Wirkungen lehrten den Meldungen des Internationalen Arbeitsamtes Boden gewinnen, muß nicht erst gesagt werden. So sich vor allem gegen die Arbeiterklasse. Sie traf annähernd 25 Millionen Menschen ergriffen und wird es selbstverständlich, daß im Blickfeld der die Arbeiterbewegung ins Herz und hatte nicht nur auch in unserem Lande einen gewaltigen, Aufstieg internationalen Politik der Bendelschlag nach rechts cinte Bertrümmerung der Positionen der Arbeitererfahren. Wir hatten im Dezember vorigen unverkennbar jutage trift. In England sind die bewegung, sondern auch ihre schwere Spaltung int Jahres 486.363 Arbeitsloje. Ende Feber, also Konservativen om Ruder. In Frankreich ist Gefolge. Es gab, wie Julius Deutsch in seiner um 2 Monate später, jedoch bereits 625.995. Die Tardieu, der schärfste Exponent der Rechtsparteien; Geschichte der Gewerkschaftsbewegung schrieb, kurz Arbeitslosigkeit ist also in dieser kurzen Spanne an der Macht. In Deutschland sehen wir ein nach Ausbruch der Krise Teine Arbeiterbewegung 3eit um 30 Prozent gestiegen. Auch im ausgesprochenes Bürgerregime, das von der fasci - mehr. Die Bereine waren zerfallen, die Kräfte zerMärz hat die Beschäftigung in der Industrie teine stischen Flut hart bedrängt wird. In Italien , schmettert, der ganze Körper der Bewegung ein Besserung erfahren. Die ganze Tragit der Situa- Bolen, Ungarn haben wir ausgesprochene Trümmerhausen. Als aber nach der langen Dauer tion wird dadurch charakterisiert, daß wir im Feber fascistische Dittaturen. Erfreulicherweise fehlt es der Krise die Wirtschaft eine Wendung zum Bes= 1929 55.224 Arbeitslose, im Feber 1932 dagegen aber auch nicht an Anzeichen, daß in den Völkern seren verzeichnete, da begannen wieder die Kräfte 625.995 hatten, so daß wir im heurigen Jahre eine Europas genügend demokratischer Wille vorhanden der Arbeiterbewegung zu wachsen, denn die Krise Verzwölffachung der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen ist, daß in ihnen noch Kräfte lebendig sind, um die hatte wohl die Organisationen der Arbeiter verhaben, der annähernd 20 Prozent der Erwerbs Demokratie gegen den Ansturm der internationalen nichtet und ihre Geschlossenheit zerstört, aber sie hat tätigen verfallen sind. Schlägt man den Streis der Realtion zu verteidigen. Dies hat die Präsisie revolutioniert, ihr Klaffenbewußtsein gewedt und Der Staat ist in finanzieller Bedräng Familienangehörigen dazu, dann sieht man erst dentenwahl in Deutschland gezeigt, dies sie wieder in die Reihen der Sozialdemokratie zunis. Infolge der schweren Wirtschaftskrise sind welch gewaltiger Teil der Bevölkerung unseres Lan wird auch der kommende zweite Wahlgang erweisen. rüdgeführt. seine Ausgaben gestiegen, seine Einnahmen des von den Auswirkungen der Strife betroffen Dies bestätigt der voll ständige Zusammen- Allerdings kann sich, was sich im Jahre 1873 gesunken. Große Massen sind arbeitslos, sind erscheint. dan tial ons bruch der Heimwehr bewegung, die von zugetragen hat, heute in dieser Form nicht mehr auf farge Unterstützungen angewiesen, die kaum zur Fristung des nackten Lebens reichen, Jeder ABC- Schüße der Nationalökonomie schuldig geblieben sind, ohne daß der Staat aller möglichen Kniffe in stets steigendem Millionen bringen weit weniger, oft kaum die mußte wissen, daß den fetten Jahren, in bisher Kraft und Energie aufgebracht hätte, Maße das Zahlen von Steuern einstellt. Hälfte ihres früheren Einkommens ins Ver- denen die Arbeiter übrigens an dem reichen die Defraudanten zur Erfüllung ihrer Pflich- Es ist nun sicher sehr bequem und erdienen, Handel und Verkehr sind gedrosselt, Goldregen fast gar keinen Anteil hatten und teit gegenüber der Gesamtheit zu zwingen. Es fordert nicht viel Kopfzerbrechen, zur Verdie Kauffraft der Mehrheit der Bevölkerung der zur Gänze in die Kassen der Haifische der ommt vor, daß gelegentlich gegen einen in stopfung des Loches in Staatshaushalte einist erschreckend verringert, damit sind auch die kapitalistischen Wirtschaft floß, in absehbarer Not geratenen fleinen Gewerbsmann oder fach wieder nach indirekten Steuern zu greiEinnahmen des Staates aus verschiedenen in Zeit wieder magere folgen werden und daß kleinen Landwirt die Staatsmacht mit aller fen, wie es Absicht ist und der Zündhölzchendirekten Steuerquellen, wie es die Warenum es für diese Zeiten vorsorgen heißt. Das durch Strenge einschreitet, die Großen zahlen nicht, steuer, sowie der aus der Machtvollkommensatzsteuer ist, wesentlich kleiner geworden, ver diese großzügigen Geschenke von den Kapita- weil sie ihre gestohlene Beute rechtzeitig in beit des Finanzministeriums durchgeführten ringert haben sich aber auch seine Einnahmen listen ersparte" Geld wurde nutzlos vertan, Sicherheit zu bringen verstanden haben, oder Tabakpreiserhöhung auch noch die Erhöhung an Zöllen, bei der Post und den Eisenbahnen diente ihrem gesteigerten Luxusbedürfnis oder weil sie die Lücken und Ausgänge des Gesetzes der Biersteuer und der Umsatzsteuer anfügen und für die Unternehmer bietet die Strise die wurde zu sinnlosen und übertriebenen Ratio- fennen und es verstehen, der Steuerbehörde zu wollen. Aber man vergesse nicht, wie bei Veranlassung, bei der Zahlung der direkten nalisierungsmaßnahmen in den Unternehmun- ein Schnippchen zu schlagen. aller Bereitwilligkeit, zur Vermeidung einer
Steuern noch lässiger und vielfach auch gegen investiert und so zur Ueberspißung und Gewiß, es gibt unter den Steuerschuld finanziellen Katastrophe beizutragen, es aufwissenloser vorzugehen, als es schon früher Beschleunigung der Krise verwendet. Einer der nern auch solche, die durch die Krise schwer in reizend wirken muß, wenn der Egoismus der Brauch war. Der Finanzminister fordert also Gründe, der als Motiv dieser sogenannten Mitleidenschaft gezogen, wurden und faktisch Besitzenden sich nach Herzenslust ausleben darf, zur Vermeidung eines großen Defizites im Steuerreform angeführt wurde, war das an außerstande sind, ihre Steuerverpflichtungen wenn die politischen Vertreter der Besitzklassen Staatshaushalt neue Steuern und immer wie gebliche Bestreben, die Steuermoral zu erfüllen. Vielfach, ja der Mehrzahl nach ist gegen die armseligen Groschen, die den Opfern der will er die Rettung nur in indiretsu bessern. Während man aber bei den es aber gewissenloser Betrug am Staate, der der Wirtschaftskrise gewährt werden, eine geten Steuern erblicken, wobei ihm allerdings Arbeitern und Angestellten die Verfügung da verübt wird. Stammt doch ein Großteil der wissenlose, niedrige und gemeine Hetze entfal der Hinweis auf die Steuerreform des Bür- traf, daß ihnen die Steuern unmittelbar vom Steuerrückstände aus einer Zeit, wo die heutet wird, während gleichzeitig die Lumperei gerblocks als Rechtfertigung dient. Tatsächlich Lohne oder Gehalte in Abzug zu bringen seien, tigen Schuldner infolge des günstigen Ge- Orgien feiert und der Staat um Milliarden hat es diese nach dem früheren Finanzmini blieb es den Unternehmern und Bankherren schäftsganges durchaus in der Lage gewesen begaunert wird. Umsatzsteuer wo ist die ſter Dr. Engliš zurückgebliebene unglückselige freigestellt, mit mehr oder weniger Gewissen wären, zu zahlen. Ein weiterer Beweis für Garantie dafür zu suchen, daß die höheren Erbschaft bewirkt, daß der Staat finanziell haftigkeit zu fatieren, Bücher und Bilanzen die fraudulose Absicht liegt darin, daß sich unter Breise, welche die Konsumenten für alle ungerüstet in die Strijenjahre gehen mußte. su fälschen und Steuern zu unterschlagen. So den sieben Milliarden nichtgezahlter Steuern Waren zu zahlen haben würden, nicht wieder Anstatt vorzusorgen, wurde unter dem Drucke hat sich diese Aktion zur angeblichen Hebung eineinhalb Milliarden Umsatzsteuer befinden, in den Taschen notorischer Defraudanten verder Bürgerregierung, deren williger Helfer der Steuermoral der Besitzenden ausgewirkt, also Gelder, welche von den Käufern gezahlt schwinden? Es gibt ein Maß von ZumutunEngliš zu sein sich bemühte, eine Steuer- daß der Finanzminister von Steuerrüd- und von den Unternehmern direkt unterschlagen, das auch bei aller Bedrängnis des Staareform beschlossen, die in der Zeit der besten ständen in der Gesamthöhe von gen wurden. Es gibt heute Tausende und tes nicht überschritten werden darf. Die Opfer, Konjunktur, welche die Republik seit ihrem 4790 Millionen Kronen zu berichten Albertausende, die sich das Steuerzahlen ganz die der werktätigen und konsumierenden BeBestande durchlebte, den ohnehin schwer vet- weiß. Fast fünf Milliarden nicht gezahlte lich abgewöhnt haben und wer diesen Zustand völkerung zugemutet werden, doppelt schwer in dienenden Banken und Großunternehmern Steuern das ist aber nicht die einzige Lei- als natürlich und aus den Krisenverhältnissen dieser Notzeit, könnten nur dann einigermaßen durch Steuerermäßigungen Riesengeschenke stung des Bürgertums aller Rationen, es gegeben ansehen wollte, der möge sich gefäl- verständlich erscheinen, wenn ihnen entspre machte, angeblich um die Unternehmungs- kommen dazu noch rund zwei Milliarden Kro- light den aufreizenden Luxus der Angehörigen chende Opfer der Besitzenden gegenüberſtünden. freundlichkeit der Kapitalisten anzuspornen. Inen, welche sie den Selbstverwaltungstörpern jener Klasse ansehen, die unter Anwendung
-