12 Jahrgang. Samstag, 9. April 1932 ■gdfcaaagaMaaHaa—aggagai—■■■» Nr. 85. 32.400 Kronen in 10 Tagen. So leb! Hiller! Ein Berliner Blatt veröffentlichte, dieser Tage die nebenstehende Photographie einer Lrigmatrechnung des Berliner Luxushotels„Kaiserhof" Mr Hitler samt elf Aposteln, die dort abgestiegen waren, jedenfalls um einen. Vorgeschmack des Dritten Reiches zn erhalten, wie sie es für sich gestalten möchten— wenn sie nicht vorher zum Teufel gejagt werden. Die Rechnung läutet für zehn Tage auf die Kleinig- keit von 4048 Mark, also etwa 32.400 Krönen in unserem Gelbe, ein Betrag, für den ein vollbeschäftigter Arbeiter heutzutage drei bis vier Jahre arbeiten mutz! Jedes derS« xusziminer, das Hitler da mit seinem Stabe bewohnte, kostete, wie sich jeder errechnen kann, täglich etwa 24 Mark oiftt fast. 200 Kronen— für dasselbe Geld müssen Arbeiterfamilien ein ganzes Quartal in einem elenden Loch wohnen! Und für vierzig Kronen dürften die. Herrschaften ein ebenso„proletarisches" Mittagessen, wie für etwa 18 Kronen ein „frugales" Frühstück erhalten haben. Getrunken haben die Herrschaften anscheinend noch ziemlich mäßig,.etwa für dreißig Mark t ä g l i ch— allerdings weiß man ja nicht, was sie zum Abendbrot— das nicht im Hotel eingenommeir wurde,— konsumierten^.. So also lebt Adolf Hitler , der sich in seiner Presse einer spartanischen, also völlig an- f p r u ch s lose n Leb e n s h a l t u N g rühmen läßt! Der Arbeiterführer' mit' seinem'„Gefolge" im„Kaisechöf"'— da bekommen vielleicht"auch di« blindesten Hakenkreuzler eine Vorstellung davon, wie der fesche Adolf erst leben würde, wenn er ans Ruder käme! Freilich, für A r b e i t e r k r c u z e r allein kann man so nicht leben! Die reichen vielleicht für Herrn Hitlers G e t r ä n k e. Das Uebrige, den großen Rest, bringen die Großindustriellen auf, die ja auch im„Äaiferhof" ab- zufteigen gewohnt sind. Und etliches dürfte von einem anderen„Kaiserhof" stammen,— auf dem ja schließlich nicht nur Holz gehackt wird— nämlich vom Hofe in Doorn, wo Wilhelm sicherlich ängstlich spart, um Adolf standesgemäß leben zu lassen! , Ja, Hitler kann sichs leisten! Kürzlich hat eine Dresdner Wochenschrift festgestellt, daß Braunhäusler Hitler insgesamt 445.000 Mark, also mehr als dreieinhalb Millionen in unserem Geld« jährlich verdient! Dagegen muß sein Adjutant Heß, an den die„Kaiserhof"-Rechnung adressiert ist, mit lumpigen 1500 Mark monatlich auskommen, mit. zwölftausend Kronen, was gewiß kein beschäftig- ,1er Arbeiter und noch weniger ein Arbeitsloser als zuviel anfehen wird. Ter bekannte Hau P t- m a n n Röhm schindet sich für Hitler und hie ideale Bewegung um 1800 Mark monatlich, der Oberleutnaüt Schulz wird mit dem Bet-, tel von 1300 Mark abgefertigt und Haüpt- mann Weiß, der Leiter der Pressestelle, erhält gar nur schäbige 1200 Mark. Um das zu verdienen, muß ein Arbeiter mehr als ein Jahr schuften— die Großkopfeten um Hitler aber fahren nach Berlin und schinden noch Diäten für ein Prasserlehe», das eine Ahnung davon gibt, was sich diese. abgetakelten Offiziere und der ganze Tpoß um Hitler vom Dritten Reich für sich versprechen— die Arbeiter hätten es mit Schweiß, und Blut zu bezahlen. Dem Aussiger„Tag", dessen Redakteure doch sicherlich das Bedürfnis haben werden,, die „Kaiserhof"-Rechnung jene» ihrer Leser zugänglich zu. machen, die wir nicht erreichen, steht die obige Diäter selbstverständlich bei Garantie dor Veröffentlichung kostenlos zur Verfügung. Sie sollen nur rasch bei uns darum ansprechen; sonst gäbe es vielleicht eine» Wirbel mit den sudeteu- deulsche» Klein-Hitlers■ Iung und Krebs, die hoch gewiß darauf dringe» werden, den letzten nationalsozialistischen Arbeiter wissen zu lassen, wie ihr Adolf Hitler lebt! „Phantafiesummen?" Im seiner Donnerstag-Folge rückt der„Tag" zu einrr recht bescheiden ausstäfficrten Erwiderung a rf die Meldungen von Hitlers Einkom men aus. Die Argumente gegen die Meldungen' lauten:„Wie sie lügen...^beispiellose Angst der System-Parteien... unerhörte Lügenhetze .. marxistischen Lügenblättern.. plumpe Lügen... Phantasie der.Lügenschreiber....... Phantasiefunnnen.'.. dreisten Behauptungen frei erfunden und erlogen.... schmutzige Lü- gcnmanöver der um. ihre schmarotzerhafte Existenz besorgten roten und schwarzen Bonzen.." Wer so schimpft, ist sicher im Unrecht. Und tatsächlich ergibt sich als tatsächliche Feststellung nur der Satz:„Bekanntlich bezieht Hitler über- * Der deutsche Staatssekretär des Aeußern von Bülow gab Pressevertretern gegenüber seinem Bedauern darüber Ausdruck» daß die Ding« eine solche Wendung genommen haben. Er fügt« hin-' zu, er habe von Anfang an die Empfindung gehabt, daß di« Lage zu verwickelt sei, als daß man die Beratungen darüber in drei Tagen erledigen könne. Der italienisch« Außenminister Gr an di erklärte:„Das ist das Ende. Wir-haben unser Bestes getan". Haupt kein Parteieinkommen, sondern bestreitet feinen Lebensunterhalt aus dem Ertrag seiner schriftstellerischen Arbeiten". Mehr wär! ja auch nicht behauptet worden. Man hatte.errechnet, daß Hitler aus feinen schriftstellerischen Arbeiten, nämlich von he» Einkünften des.. Partei- Verlages Eher in München und aus seinen Ver- sammlungshonorare»' ein Einkommen von mehr als 400.000 Mark jährlich beziehe., Daß er damit feinen Lebensunterhalt bestreiten kann, bezweifeln wir nicht; und wie er ihn.bestreitet, zeigt ja die obige Hotelrechnung. * Tie französische Delegation hat mit Mini- <fter Flandi« an der Spitze um 15 Uhr London verlassen. Bor der Abfahrt erklärte Flandi«, er sei überzeugt, daß in der nächsten Zeit im Hinblick aus das Donauproblem e t w a s b«s ch l o s- sen werden müsse. Es sei nicht michr die Zeit, Schwierigkeiten zu machen und Verzögerungen wegen der Frag« der Methode und aus Vorurteilen zur Geltung zu bringen Außer Großbritannien seien sich die übrige« Nationen nicht genügend klar bewußt, welche Gefahr droh«. „Ivb diu Sozialist!" Im ersten Wahlgang der Präsidentenwahl geschlagen, klammert sich Adolf Hitler an die Hoffnung, es werde ihm bei der ztveiten Wahl am Sonntag doch noch gelingen, das Rennen zu gewinnen! Aber eben weil die Hoffnung nur eine' schwache ist, selbst bei denen, die vor dem 13. April am siegesbewußtesten waren, fühlt sich die nationalsozialistische Agitation zu den kühnsten Bocksprüngen an Heuchelei und Verkommenheit der Gesinnung getrieben. 11,3 Millionen Stimmen hat Hitler bekommen, gegen 18,6 Millionen, die für Hindenburg votierten— dennoch wird das Spiel noch einmal versucht, das nur mit einem neuerlichen Fußtritt für den Fasci- stenhäuptling enden kann. Aber er kombiniert so: 11,3 Millionen und die 2,5 Millionen Düsterbergstimmen, das macht fast 14 Millionen, zudem sollen etwa zweieinhalb Millionen Stimmen kommen, welche die Nazis der Hindenburgfront abzunehmen gedenken und hoffentlich fallen auch eine Anzahl abgesplit- terter Thälmannstimmen Hitler zu. Die Rechnung entspringt kühnster Phantastik, aber tollster Ehrgeiz läßt Hitler nicht daran denken, daß ihr nur schlimmster Katzenjammer folgen kann. So zieht er denn, um das Wahlglück vielleicht doch noch zu lvenden,-alle Register betrügerischer Demagogie auf, streut mit vollen Händen Versprechungen aus, wobei er unter anderem auch mit dem Bekenntnis„I ch bin Sozialist!" zu paradieren. sucht. Hitler , der„Sozialist"— da lachen sogar die Hühner. Bon allen Lügen, die Adolf scheffelweffe produziert, ist dies die widerlichste. Wohl flötet er davon, es erscheine ihm unverständliche eine Maschine mit Sorgfalt zu pflegen und zu behandeln, aber den edelsten Vertreter der Arbeit, den Menschen selbst verkoinmen zu lassen, aber aus hunderten von Äeußerungen Hit lers weiß man, daß er, der„Sozialist", antisozialer denkt als irgend ein scharfmacherischer Unternehmer, daß er in der Masse der arbeitenden Menschen nur Herdentiere sieht, daß er sie aus tiefster Seele— soweit von einer solchen bei dem Komödianten die Rede sein kann— haßt und verachtet und daß er diesen Haß gegen die Proletarier schon hegte, als er selber noch Bauarbeiter war, wie aus seinem Buche„Mein Kampf " unzweideutig hervorgeht. Er haßte sie, weil er sich nach seinen kleinbürgerlichen Vorstellungen /durch den ßen Gedanken schon, dauernd ihr Schicksal teilen zu müssen, deklassiert anfah und darum hat er, der sich viel auf feine„gepflegten Hände" einbildete, sich stets von seinen damaligen Klassengenossen ängstlich abgesondert, hat nie mit ihnen die geringste Gemeinschaft gesucht und nie hat ihn auch das Gefühl einer inneren Solidarität, irgendeiner Ber- bundenheit mit den Menschen beschlichen, die seine Kollegen waren und gleich ihm schwere Arbeit verrichten mußten. In seinem Buche rückschauend auf diese Zeit begeht er die Nichtswürdigkeit, zu erklären, daß er-gegen die sozialfftischen, die klassenbewußten Proletarier„von Ekel erfüllt" war und sich fragte,„ob dies noch Menschen, wert einem großen Volke anzugehören" seien und er nennt sie einen„Aus- w u r f", alles, weil er als Unorganisierter, also als Verräter an seiner Klasse- sich auf dem Bau, auf dem er beschäftigt-.war, nicht halten konnte. Wie erhaben sich dieses aufgeblähte Nichts, das sich jetzt, uni Arbeiterstimmen zu ergattern als-,Sozialist" ausgrbt, über die arbeitenden Massen fühlt, hat' er' später wiederholt in brutaler und zynischer' Weise gesagt, so indem er. das Ziel, dem der sogenannte Nationalsozialismus zustrebt, in' die Worte zusammenfaßte:„W i r w ö l l e n e i n e He rrenfchichtohne Mitleid Mr o- r a l, die auf Grund ihrer besseren RaM das Recht hat, ihre Herrschaft über die breite Masse rücksichtslos auszuüben". Es gehört schon die servilste Bedientengepnnung und die VelMatlose Vertagung der Konserenz. London , 8. April. Die Konferenz der vier Mächte hat sich heute mittags ohne nähere Angabe eines Termins für den Wiederzasammentritt vertagt. Rach Abschluß der heutigen Sitzung wurde folgendes Kommunique« ausgegeben: „Die auf der Konferenz vertretenen Regierungen sind darüber einig, daß di« finansielte und wirtschaftliche Lag« der Donauländer raschest planmäßiges Handeln sowohl seitens der Donauländer als auch anderer Staaten erfordert, wenn sie auf«ine gesund« Grundlage gestellt werden soll. Sie sind ferner darüber einig, daß ei« solches Handeln im Interesse der wirtschaftliche« Wiederherstellung Europas liegt und ein erster Schritt aus diesem Weg« sein kann. Als Ergebnis der Beratungen der Konferenz sind eine Anzahl wirtschaftlicher Punkte anfgetaucht, di« weitere Prüfung und weitere Erhebungen erfordern. Di« bevorstehenden Genfer Verhandlungen würden auf alle Fäll« die Fortsetzung der gegenwärtigen Beratungen verhindern. Unter diesen Umstände» hat jede der vier Regierungen zugesagt, den drei anderen sobald als möglich,«ine eingehende Darstellung über die zurückgestellten Punkt« und über die beste Art des weiteren Vorgehens zuzustellen.
Ausgabe
12 (9.4.1932) 85
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