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Sosialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12. Jahrgang.

Wesentliche Fortschritte

in der Wohnungsfrage.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Freitag, 20. Mai 1932

Nr. 119.

Brutalitäten der Gendarmen Gemeindearbeit und Krisennot

40 Millionen- Kredit für produktive gegen streikende Bauarbeiter. Zum Verbandstag der deutschen  

Arbeitslosenfürsorge. SOT

Prag  , 19. Mai. In den heutigen Beratun gen der politischen Minister wurden bezüglich der Wohnungsvorlagen in den grund Täglichen Puntten wesentliche Fort ichritte erzielt; allerdings müssen diese Ver­einbarungen erst noch genau formuliert werden und dann noch den Ministerrat passieren. Ihr weiteres Schicksal ist mit den übrigen Vorlagen über die einzelnen Kredite, den Krisenbeitrag um. verknüpft. Es besteht die Absicht, die Wob nungsvorlagen, falls die endgültige Einigung in den Hauptpunkten zustandekommt, bereits in der nächsten Woche an das Abgeordnetenhaus zu leiten und die eventuell noch strittigen Punkte untergeordneter Bedeutung ebenso wie bei den lezten größeren Vorlagen dem Parlament zur definitiven Bereinigung zu überlassen. Auch be­züglich der anderen Vorlagen wurden Fort­schritte erzielt.

U. a. wurde das Projekt eines 40 Millionen­Kredits für produktive Arbeitslosenfürsorge zur Berabschiedung durch den Ministerrat fertig­gestellt.

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Teplit Schönau, 19. Mai.  ( Eigen bericht.) Im Laufe des heutigen Vormittages kam es in der Graupnergasse in Teplig durch das Verhalten des unter den Bauarbeitern ,, beliebten" Baumeisters Kunert, der durch verschiedene Bemerkungen vorübergehende Bauarbeiter provozierte, zu Zwischenfällen, wobei die Polizei einschritt. Später erschien auch Gendarmerie, die mit unerhörter Brutalität gegen die Streifenden vorging und mit Gewehrkolben auf sie, aber auch auf unbeteiligte Passanten, einschlug.

Der Polizist Unger soll einen jungen Burschen in ein Haus gezerrt und mit dem Gummifnüttel geschlagen haben. Einige Gendarmen schleppten eine junge Frau über die Stiegen vor dem Polizeigebäude, als ob sie es mit einer Verbrecherin zu tun gehabt hätten. Als der Sekretär des Verbandes der Bauarbeiter, Genosse Röder, vermittelnd eingreifen und die erregte Stimmung beruhigen wollte, jeßte ihm ein junger Gendarm das Bajonett an die Brust!

Auch gestern kam es in Turn beim Angerteich durch die Provokation zweier Gendarmen zu erregten Auseinandersehungen. Zwei Bauarbeiter, die dort spazieren gingen, wurden von Gendarmen aufgefordert, den Platz zu verlassen, wobei sie mit Gewehrkolben und Fußtritten bearbeitet wurden. Der Vorfall, der von unbeteiligten Zeugen beobachtet wurde, rief allgemeine Empörung hervor. Als bei der Bezirksbehörde, und zwar beim Regierungsrat Heßlow a wegen dieses herausfordernden Benehmens der Gendarme­rie vorgesprochen wurde, lehnte er es ab, den Gendarmen Weisungen zu ge­ben, sich so zu verhalten, daß es zu teinen Auseinandersehungen mehr

tomme.

Dieses Verhalten der Bezirksbehörde beim Bauarbeiterstreit ist überraus bezeichnend. Unter der Arbeiterschaft herrscht über das Vorgehen der Gendarmerie und der Bezirksbehörde berechtigte Entrüstung, um so mehr als es fich hier um einen Abwehrkampf handelt, den die Unternehmer hervorgerufen haben.

Die morgigen Beratungen der politischen Minister werden zeigen, inwieweit die Verwirk Die amtliche Darstellung, die durch das meisters Kunert mit keinem Wort erivähnt, auch lichung aller dieser Vorlagen schon fortgeschritten ist. Im günstigsten Falle würde noch morgen Tschechoslowakische Pressebüro ausgegeben wurde, wird von dem empörenden Vorgehen der Gen­nachmittags ein Ministerrat den fertiggestellten ſtellt die Tatsachen geradezu auf den Kopf. So darmerie selbstverständlich nicht das geringste Vorlagen seine Zustimmung geben; andernfalls wird das herausfordernde Verhalten des Bau- erzählt. würde der Ministerrat erst für den Anfang der nächsten Woche einberufen werden.

Selbstverwaltungskörper.

Seit den Tagen, an denen das neue Steuer­gesetz, mit dem für Selbstverwaltungskörper so ruinösen Gesetz Nr. 77 in der Sammlung der Gesetze und Verordnungen erschienen ist, gab es für die Gemeinden und Bezirke teine trübere Zeit als die gegenwärtige. Es ist daher wohl verständlich, wenn sich die heute in Böhmisch Leipa   versammelten Vertreter der deutschen   Ge­meinden in der Tschechoslowakischen Republik vor allem mit der Finanzwirtschaft der Selbstver waltungskörper und ihrer Lage in der Krise be­schäftigen.

Die Gemeinden haben sich im Lauf der Jahrhunderte von kleinen Siedlungsgemeinschaf­ten zu starten wirtschaftlichen und politischen Verbänden entwickelt, deren Aufgaben in volts­wirtschaftlichen, sozialpolitischen und kulturellen Angelegenheiten den engen Rahmen früherer Betätigung sprengen mußten. Mit elementarer Kraft brach sich besonders in der Nachkriegszeit das Neue, Notwendige Bahn und eine politisch fluge Staatsverwaltung sollte diese Kraft in eine richtige Bahn lenken, damit sie befruchtend und nicht zerstörend wirkt. Leider ist das auf die privatkapitalistische Wirtschaftsform und den Privatbesitz eingeschworene Bürger- und Bau­erntum, in seiner Angst vor dem Sozialismus, furzsichtig genug, um zu glauben, daß die Ent­widlung mit untauglichen Mitteln dauernd ge­hemmt werden kann. Jede Gemeindeunterneh mung ist für die Gegner der Gemeinwirtschaft Gegenstand unsachlicher, nörgelnder Kritik. Je­des gemeindliche Wohnhaus, jede gesetzliche Re­gelung des Wohnungswesens, ein schwerer Gin­Das Arbeiterviertel zerniert. Zwei Arbeiter schwer verletzt. griff in das Privateigentum; jede größere Ein­Wien, 19. Mai.( Eigenbericht.) Dr. Dollfus richtung in gesundheitlicher oder kultureller hat heute vormittags die Verhandlungen mit der Graz, 19. Mai.  ( Eigenbericht.) In der dig passiv. Erst nachdem zwei Arbeiter von Hinsicht wird zur Quelle des finanziellen Zu­Heimwehr und dem Landbund wieder aufgenom- Nacht auf heute haben in Donawiß, dem den Heimwehren brutal mißhandelt und schwer sammenbruches der Gemeinde gestempelt; alles men und es schien am Abend, als ob die Regie- Hauptort des Terrors der Alpine Montan  - verlegt worden waren, griff die Gendarmerie ein. was nicht einen sichtbaren Ueberschuß in klin­rungsbildung nahezu fertig wäre. Es wurden gesellschaft, die Heimwehren arge Exzesse verübt. Es kam an mehreren Orten, wo die Arbeiter in gender Münze in die Gemeinderente abwirft, ist auch schon Ministerlisten kolportiert, in denen Sie hatten schon gestern abends ihre Leute mit größerer Zahl auftraten, auch zu Zusammen- verpönt oder höchstens wie beim Schul- und vornehmlich der steirische Landeshauptmann Dr. Waffen und Stahlhelmen ausgerüstet und bei stößen. Armenwesen als notwendiges oder unaus­Rintelen, der bekannte Förderer der Seim Nacht Patrouillen gebildet, die durch die Straßen Erst am Morgen, nachdem der Obmann des rottbares Uebel nur geduldet; jede systematische wehr, als Außenminister genannt wurde. Es zogen, sozialdemokratische Arbeiter überfielen und Schußbundes Dr. Deutsch bei der Regierung Aufbauarbeit wird am bürgerlichen Stammtisch scheint aber der Landbund schließlich Einspruch einen Borort, in dem vornehmlich Arbeiter interveniert hatte, fam eine größere Anzahl von als bolichewistische Gefahr und im Finanzmini dagegen erhoben zu haben, so daß zur Stunde noch alles in Ungewißheit ist, zumal auch der wohnen, die ganze Nacht hindurch vollständig Gendarmerie aus Graz nach Donawig und stellte fterium als bedenken- und verantwortungslose die Ruhe wieder her. Der ganze Ueberfall war Ausgabenwirtschaft klassifiziert. Wer sich für steirische Landesführer der Heimwehr  , der Abge- abriegelten, so daß niemand heraus lonnie. Die Gendarmerie verhielt sich vollstän loffensichtlich planmäßig vorbereitet.

Die Heimwehren mit dabei?

ordnete Heinzel, aus Graz nach Wien   be­rufen wurde, wo er erst um 10 Uhr nachts ein­treffen soll.

Die Christlichsozialen hoffen, daß es gelin­gen wird, die Regierung heute nacht doch noch zu bilden. Sie soll aus Christlich   sozialen, Landbündlern und Heimatblödlern, eventuell aus ihnen nahestehenden Beamten be­stehen.

Ginen Eisbeutel für Sitler!

Nächtlicher Heimwehrterror in Donawitz  .

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Kassierter Freispruch eines Soldatenschinders.

Inquisitionsmethoden eines 24jährigen Leutnants.

( Vont Obersten Militärgericht.)

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feine Arbeit im Interesse der Allgemeinheit nicht beschimpfen lassen will, der ziche sich zurüd! Das ist die eigentliche Parole derjenigen, die das gestrige zum morgigen machen wollen. Troßalledem wurde in den Gemeinden man ches geschaffen, was uns die schwere Krisenzeit leichter überdauern und erkennen läßt, daß es eine wirksame Bekämpfung großer

Prag  , 19. Mai. Das Oberste Militärgericht Das Urteil des Divisionsgerichts Notstände ohne Mitwirkung der hat dieser Tage ein freisprechendes Urteil Rasch au lautete auf Freispruch. Der Bro- Gemeinden überhaupt nicht gibt. des Divisionsgerichtes Kaschau aufgehoben, kurator appellierte und nun hat das Oberste Dr. Eugen Stern fagte in seinem Vortrag über Die Hafenkreuzter- Fraktion des Preußischen das in seinem Erkenntnis ebenso unglaublich Militärgericht das erste Urteil zur die eritische Analyse der Arbeitslosenfürsorge Landtages hielt gestern ihre erste Sigung nach anmutete, wie der Sachverhalt selbst. Ganze aufgehoben und zu neuerlicher in der Tschechoslowakei  ", den er am 4. Februar der Neuwahl ab. In der Sigung hielt Adolf Der Sachverhalt: Beim 11. Artillerie Verhandlung an die erste Instanz zurücver. J. im Sozialinstitut hielt, es sei ,, ökonomisch in Konjunkturzeiten die Sitler eine selbstverständlich mit stürmischent regiment wurde einem Soldaten ein Geld wiesen. Die Begründung der oberstgerichtlichen widerfinnig, wenn Beifall aufgenommene Rede, in der er Preußen betrag gestohlen. Es folgten strengste Visiten Entscheidung befaßte sich eingehend mit verschie öffentlich rechtlichen Verbände aufschiebbare Ar­fozusagen für fich reklamierte. Die national( die Mannschaft mußte sich na dt ausziehen und denen Punkten der erstinstanzlichen Urteils- beiten und Bauten durchführen" und meint ganz fozialistische Bewegung wiffe, so meinte er, was alle Stoffer wurden durchgestöbert). Es kam nichts begründung, die es verdienen, festgehalten zu richtig, man müsse diese Arbeiten für Krisen­sie der Geschichte schuldig ist. Sie habe nicht zutage, aber der 24jährige Leutnant Cest mir werden. zeiten sparen. Wer könnte bei einem derartigen dreizehn Jahre gekämpft, unt die Politik des 3 iar hart, der die 7. Batterie kommandierte, Das Divisionsgericht& as cha u tam zu dem planmäßigen Krisenschutz besser mitarbeiten als heutigen Deutschland   in irgendwelchen Koalitio hatte sich in den Kopf gesetzt, daß der Täter kein Freispruch auf dem Wege, daß es der Aussage des die Gemeinden und Bezirke? Allerdings müßten nen fortzusehen. Die Preußenfraktion sei die anderer sei, als der 23jährige Fleischergehilfe mißhandelten Kronzeugen Bablit Staatsverwaltung und Gesetzgebung hiefür die Gruppe, mit der die Endschlacht geschlagen wer Mathias Pavlit, obwohl feinerlei Beweise vor überhaut feinen Glauben schenkte. Die Grundlagen schaffen! Gegenwärtig fann das den kann; die nationalsozialistische Bewegung lagen. Er nahm den Mann am 25. August v. J. ses Mißtrauen begründete das Erstgericht mit der Gegenteil von dem, was Dr. Stern will, festge­werde sich nur von eiskalten Ueberlegungen" in seine Kanzlei und verfuhr mit ihm nach den Tatsache, daß Pavlit vor neun Jahren stellt werdeit; d. h. der ökonomische Wider­lerten lajfen. Ausführungen der Anklage folgendermaßen:( also als 14jähriger Junge!!) wegen Rohlen- jinn ist in der Praxis Leitjah ge Er versetzte Pavlik fünfzehn Hiebe mit diebstahls vor den Richter fam. Er erhielt worden. Betrachten wir nur eine der wich­damals aber nitr einen Verweis. Nach der tigsten Aufgaben: die Wohnungsbeschaffung. Ge­der Reitpeitsche, schlug ihn mehrfach mit Gendarmerierelation genießt der Zeuge seither rade in jenen von der Krise am ärgsten betrof­dem Kopf gegen die Wand und trat den allerbesten Ruf. Diese Leumundsnote fenen Gebieten herrscht meistens auch woh­ihn wiederholt wuchtig gegen den Bauch. wurde bei der Verbandlung überhaupt nungsmangel. Die Gemeinden können vielfach, Weinend und am ganzen Körper zitternd, ver- nicht verlesen! Das Oberste Militärgericht mit Rücksicht auf die Bestimmung des§ 20 der ließ der Mißhandelte die Kanzlei des Komman übt ziemlich scharfe Kritik an diesem sonderbaren Gemeindefinanznovelle, Straßen- Stanal, Schul­Verhalten des Kaschauer Divisionsgerichtes. Auch und sonstige Bauten, die zu den sogenannten un­verweist das Erkenntnis des Obersten Gerichtes produktiven Anlagen gezählt werden, nicht mehr Seine Kameraden mußten ihn fast zwingen, sich darauf, daß eine Rach sucht oder Vorein in Angriff nehmen, da die Landesausschüsse Die 41 Verschütteten noch am Leben? beim Arzt zu melden, der Blutunterlaufungen genommenheit des Zeugen schon deshalb grundsäßlich die Bewilligung der Darlehen hie­Balparaiso, 19. Mai. Die Hoffnung, int Gesicht, eine aufgeschlagene Oberlippe, Strie nicht ohne weiteres anzunehmen sei, da er sich für verweigern; sie wollen aber Wohnhäuser die eingeschlossenen 41 Bergleute aus dem ein men und blaue Flecken in der Gegend der Leber ja geweigert habe, auch nur zur Marodenvifite zu nach dem Bauförderungsgesetz errichten. Welcher gestürzten Teil des neuen Anden  - Tunnels doch feststellte, die von den Fußtritten herrührten. gehen und erst unter dem Drud seiner Kamera- Leidensweg muß da gegangen werden, um das Ansuchen durch alle Fährnisse der Banken, Lan­noch bergen zu können, scheint sich zu verstär- Auch wurde Fieber festgestellt. Die Milt är den sich endlich dazu entschloß. Man wird diese Entscheidung der obersten desbehörde und Ministerium durchzubringen und fen. Die Hilfsmannschaften gehen mit fieber- profuratur erhob gegen den Batteriefom ander- wie der griechische Heros Theseus schließlich hafter Eile vor, um schon innerhalb der nächsten mandanten Linhart Anllage wegen Ueber- militärgerichtlichen Justanz begrüßen 24 Stunden die Rettung zu vollenden, da man schreitung der Dienstvorschriften seits aber dieses Kaschauer Urteil nicht ganz ber doch den Triumph nicht des von rauschendem geffen dürfen. hofft, daß die Verschütteten noch am Leben sind. und Mißbrauchs der Amtsgewalt.

Uns düntt, daß der Rassentopf des Führers das Auflegen eines Eisbeutels vertrüge. Hitler  fühlt sich schon ganz als Diktator Preußen Deutschlands   und die Rede ist eine deutliche Ab­jage an das Zentrum. Falls dessen Politik vont eistalten Ueberlegungen bestimmt wird, dürfte fie wohl dafür sorgen, daß die Endschlacht auf einem anderen Gelände und mit anderem Ergeb­nis stattfindet als es Hifler träumt.

danten.

Jubel umgebenen Einzuges im Tempel, sondern