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Sozialdemokrat
Zentralorgan 6. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik
12. Jahrgang.
Verhandlungen im Bau
arbeiterstreit
auf heute bertagt.
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.
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Donnerstag, 26. Mai 1932
Nr. 124.
Preußenlandtag ein Hakenkreuz- Tollhaus
Reichenberg, 25. Mai. Heute haben hier Eine förmliche Schlacht im Sitzungssaal.
Im Sigungssaal des Arbeitgeberbundes für das
Baugewerbe die Lohnverhandlungen zur Bei- Unbeteiligter Sozialdemokrat schwer verletzt.
legung des Streits der Bauarbeiter in Nordwest
böhmen begonnen. Für die Arbeitnehmer betei- Berlin , 25. Mai. Jm preußischen
Der
Preßfreiheit
ein
ligten sich an der Aussprache die Vertreter aller tam es heute zu ungeheueren Schlägereien zwischenfall ein Bild starter Verwüstung. Er glich zu en preuzigen Sandiagar penarikungsfaal bot nach dem zwi ,,, Schlagwort"?
*
Schwere Ledersessel lagen zerbrochen und zerfest
Statt daß die Behörden nun mithelfen würden, der Sozialdemokraten. den Streit zu einem befriedigenden Abschluß zu bringen oder wenigstens neutral zu bleiben, erDie sozialdemokratische Fraktion des LandZahlreiche Abgeordnete blieben blutüber greifen fie oft für den Unternehmer Partei strömt liegen und wurden aus den Saale tages trat nach der Aeltestenratsizung zusammen. und lassen speziell im Teplitzer Bezirk Gendarmerie und Bolizei auf die Streifenden los. Es getragen. Als sich der Saal leerte, stimmte die Nach Schluß der Situng wurde folgende Erscheint fast so, daß alles darauf angeleg: wi, d, in vollzählig anwesende nationalsozialistische Fral- flärung bekanntgegeben: diesem Gebiet ein neuerliches Blutbad tion das Horstwezel- Lied an, in das ein heraufzubeschwören! Das standalöse Verhalten der großer Teil der Tribünenbesucher einstimmte. Behörden läßt die Annahme zu, daß sie mitWährenddessen wurden die schwerer verletzten helfen wollen, diesen gerechten Streit abzuwürgen, und die Bauarbeiter zwingen wollen, den Abgeordneten der Linksparteien aus dem Sigungsunverschäntten Lohnabban der Unternehmer anzu- saal in den Krantensaal getragen, wo der erkennen.
jener Organisationen, die den Schiedsspruch schen Nationalsozialisten und Kommunisten, die dem Schauplatz einer wilden Wahlschlacht. Im verfassungsrechtlichen Ausschuß des herbeigeführt haben. Eine Einigung wurde nicht sich in diesem Ausmaß im Deutschen Reich noch herum, Teile der Beleuchtungsanlage für die Abgeordnetenhauses hat die Debatte über das erzielt, doch werden die Verhandlungen mor- nicht zugetragen haben. Der kommunistische Abg. Stenographen fanden sich 20 Meter entfernt vom neue Preßgesez begonnen. Man kann gen fortgesetzt werden. Pied hatte in einer Geschäftsordnungsdebatte Platz der Stenographen zerschmettert am Saal- dem Abg. Dr. Jaroslav Stransky, der als Berichterstatter die Debatte mit einer beWährend der Verhandlungen gebärdeten sich den Nationalsozialisten zugerufen, daß in ausgang der Kommunisten. die Kommunisten und Nationalsozialisten sehr ihren Reihen Mörder säßen. Verhältnismäßig schwer verletzt sind ferner achtlichen und informierten Rede einleitete, bei ,, revolutionär." Der kommunistische Sekretär auch die kommunistischen Abg. Krämer, Rung seinem Bedauern zustimmen, daß Fragen, wie Zuret steďte oft am Telephon, um die Redaktion Darauf stürzten die Nationalsozialisten mit und Gohlke. Krämer kam wenige Minuten sie im Zusammenhang mit dieser Vorlage erdes Vorwärts" über den Stand der Verhand drohenden Gebärden und Entrüftungsrufen auf nach der Schlägerei mit völlig verbundenem Kopf ledigt werden sollen, früher ganz anders die lungen zu informieren. Man kann deshalb sehr die Rednertribüne zu, die Kommunisten taten wieder in den Sizungssaal. Durch den Verband Gemüter erregten und das Blut ganzer Genebegierig sein, was für„ wahrheitsgetreue" Mel- das gleiche, um ihren Redner zu schützen. Es kam floß ihm noch das Blut über das Gesicht. Er rief rationen in Wallung zu versetzen vermochten, dungen die kommunistische Bresse morgen ihren zu heftigen Auseinandersehungen, in deren Ver- den Nationalsozialisten, die zum Teil noch in während sie heute trotz ihrer Wichtigkeit weit Lesern wieder auftischen wird! lauf von den Kommunisten dem nationalsoziali ihrem Ausgang auf der Rechten des Hauses stan- geringerer Anteilnahme begegnen, da das Denstischen Abg. Hinkler ins Gesicht geschladen: 20 für einen! Das sollt ihr uns büßen!" fen und Fühlen der Menschen im wesentlichen Gestern brachte Genosse as in seiner Bar- sozialisten mit Tintenfässern geworfen. Gestern brachte Genosse as in seiner Bar- en wurde. Auch wurde nach den NationalDer Präsident hatte bereits unmittelbar nach von der Sorge um die Sicherung der öffentTamenterede auch den Bauarbeiterstreit zur Sprache dem Beginn der Schlägerei seinen Platz ver- lichen und privaten Wirtschaft absorbiert wird Das war für die Nationalsozialisten das lassen, womit die Sigung geschlossen war. Die Zustimmen darf man und erklärte, es sei eine nackte, brutale dem Berichterstatter Vergewaltigung, die seitens der Bauunter Signal, auf die Kommunisten einzustürmen. Gs Fraktionen traten sofort zu kurzen Beratungen auch bei seinem dem Gesetz als Ganzem zunehmer an den Bauarbeitern begangen wird. entspann sich eine gewaltige Schlägerei, Unstreitig haben die Bauarbeiter das Recht auf in deren Verlauf nicht nur mit Fäusten auf ein sammen. Bis zum nächsten Blenarsißungs- stimmendem Urteil, denn es vereinheitlicht, tage, dem 1. Juni, wird festgestellt sein, ob die ihrer Seite. Die Unternehmer feßen nun alle ander losgeschlagen wurde, sondern auch Tinten Mehrheit der Fraktionen ein Interesse an poli- räumt mit Rückständigem und Veraltetem auf Hebel in Bewegung, den Streit zu unterdrücken, fäffer, gläserne Lampenschirme, Wasserflaschen zeilicher Untersuchung des Zusammenstoßes hat und bedeutet in der Tat in mancher Hinsicht und üben selbst auf iene Unternehmer, die den und Möbelstücke benüßt wurden. Die gesamte und welche Folgerungen daraus zu ziehen sind. eine Stärkung der Garantien der PressefreiSchiedsspruch einhalten, einen unerbörten nationalsozialistische Fraktion drängte in wenigen heit. Allerdings muß man gleichzeitig den Drud aus. Minuten mit Stühlen, die auf die Kommunisten Schärfster Protest Wunsch des Berichterstatters nach einer gründgeworfen wurden, die kommunistische Fraktion lichen Durchberatung der Vorlage und nach aus dem Saale . ihrer Aenderung im Sinne der Verbesserung mancher ihrer Bestimmungen doppelt und dreifach unterstreichen. Gesetze haben ein zähes Leben, sogar Gesetze, deren Widersinn und Schädlichkeit längst erkannt wurde, man sozialdemokratische Landtagsfraktion braucht nur an das nie beachtete Feiertagsberurteilt aufs schärfste die brutalen gesetz und an das allerlei dunklen EhrenmänRoheitserzeise, deren Schauplatz heute der ner wirksam Vorschub leistende Gesetz zum preußische Landtag gewesen ist und deren Opfer Schutze der Ehre zu denken darum ist der auch unser völlig unbeteiligter Fraktionssekretär Augenblick, da das gesamte Pressewesen auf Jürgensen geworden ist. Die Schuld an den neue rechtliche Grundlagen gestellt werden soll, blutigen Zusammenstößen tragen in in gleichem Maße die Nationalsozialisten wie die Kommuni- besonders wichtig und alle wahrhaft demokrasten. Die Nationalsozialisten durch planmäßige tisch Gesinnten sollten zusammenwirken, daProvokationen und Bedrohung des tommunisti- mit alle Flüchtigkeiten und Unzulänglichkeiten schen Redners, die Kommunisten durch Führung vermieden, alle Grundlagen freier Geistes- und des ersten Schlages. Die sozialdemokratische Land Meinungsfreiheit mit diesem Gesetz geschaffen. tagsfraktion protestiert aufs schärfste gegen die werden. Raufboldmanieren der ertremen Parteien und
Genoffe Kaz stellte daher an die Regierung das Verlangen, hier einzugreifen und die rückfichtslose, provokatorische Handlungsweise der Behörden gegen die streifenden Bauarbeiter sofort ein austellen.
Die Gajda- Jugend aufgelöst. Prag , 25. Mai. Das Innenministerium hat die Jugendorganisation der tschechischen Fascisten Fašističtí juná ci" als eine illegale Storporation aufgelöst und allen politischen und Bolizeibehörden den Auftrag erteilt, Hausdurch suchungen in allen Zentralen dieser Organisation borzunehmen und die Auflösung durchzuführen. Auf Grund dieses Auftrages wurden heute in Prag bereits an mehreren Stellen Hausdurch suchungen vorgenommen und verschiedene Korrespondenzen, Mitgliedskakaster usw. beschlagnahmt. 191
Zentrumsabgeordnete Wester die erste ärztliche Hilfe leistete. Es stellte sich heraus, daß besonders schwer der gänzlich unbeteiligte Geschäftsführer der sozialdemokratischen Fraktion Abg. Jürgensen verlegt worden ist. Er hat eine leichte Gehirnerschütterung und eine so schwere Kieferverlegung davongetragen, daß Dr. Wester ihn noch im Landtagsgebäude nähen mußte, che man Jürgensen ins Krankenhaus abtrans portierte.
,, Die
fordert unbedingte Sicherstellung der Freiheit der
Voltsvertretung."
Der Hakenkreuzler Kerri Präsident.
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Einer solchen weitreichenden Preẞfreiheit scheinen gewisse Ausführungen des Berichterstatters entgegen gerichtet. Man geht mit der Annahme nicht fehl, daß er troß der von ihm selbst hervorgehobenen traurigen Erfah
Borher war auf Grund eines in der Vormit- Landtagspräsidenten. Er wurde von seinen Freun- rungen, die man mit der Einschränkung der tagssigung des Aeliefienrates getroffenen Abkom- den mit Händeklatschen und dem Fascistengruß öffentlichen Kritik durch die Aufhebung der mens zum Borſizenden des preußischen Landtages empfangen, als er das Prädium betrat. Die Geschworenengerichte und durch die ganze Preßder Vertreter der stärksten Fraktion, der national- Kommunisten riefen: Von Zentrums Gnaden!" sozialistische Abgeordnete Kerr I, gewählt wor- Präsident Kerri dankte in seiner Antrittsrede zugesetznovelle vom Jahre 1924 gemacht hat, den, der 262 von insgesamt 416 Stimmen erhielt. nächst dem Alterspräsidenten . Als er von der noch immer Polizei und Staatsanwalt als Außer den Nationalsozialisten stimmten für ihn einzigartigen Erhebung des preußischen Voltes" Vormünder der Presse für notwendig, als Erhämtliche Fraktionen der Rechten sowie das sprach, aus der am 24. April die Nationalsozia- zieher zu Tugend und Verantwortlichkeit für 3entrum. Die Sozialdemokraten stimmten für lichen als stärkste Partei hervorgegangen wären, geeignet hält. Er findet, das„ Schlagwort von ihren eigenen Kandidaten, ebenso gaben die tam es zu großer Unruhe links und man rief: der Preßfreiheit" sei veraltet, habe heute nicht Kommunisten ihre Stimmen dem kommunistischen Die erste Provokation!" mehr seine frühere Bedeutung, denn die Presse Kandidaten. Bei der Wahl des ersten Vizepräsidenten ent- sei eine Macht, ja eine Großmacht geworden Vor der Wahl nahm der nationalsozialistische hielten sich die Nationalsozialisten der Stimme und die Demokratie könne sich mit keiner poliAbgeordnete Lohse das Wort, der erklärte, daß die und mit den Stimmen der Sozialdemokraten und tischen Macht vertragen, die ,, nicht dem Volke, nationalsozialistische Fraktion bereit sei, sich den des Zentrums wurde der sozialdemokratische Ab- seinen Gesetzen und seinen verantwortlichen Dr. bisherigen parlamentarischen Gepflogenheiten angeordnete Wittmaad gewählt, der von 25 Organen" verantwortlich ist. Herr
im Heilsberger Dreied." Berlin , 25. Mai, Wie die Börsenzeitung " zuschließen. Das bedeute, daß die Nationalsozialisten abgegebenen Stimmen 167 Stimmen erhielt. Stransfy meint, die Preßfreiheit habe nur mitteilt, bat bas Rommando der ostpreußischen als zahlenmäßig stärkste Fraktion die Stelle des zum zweiten Vizepräsidenten wurde mit den Reichswehr - Division in Königsberg . mit zu Landtagspräsidenten für sich in Anspruch nehmen Stimmen des Zentrums, der Sozialdemokraten einen Sinn ,, als Rechtsgut, das allen dient", stimmung des Reichswehrministeriums beschlossen, und nichts dagegen haben, daß die trei Bize- und der Nationalsozialisten der Zentrumsabge- daher konnte während der absolutistischen Zeit die militärischen Schutzmaßnahmen gegen eine präsidentenstellen von den Vertretern der nächsterdnete Baumhoff gewählt, zum dritten Vize- manches als Vergewaltigung der Prezfreiheit präsidenten der Deutschnationale von Kries, erscheinen, was im demokratischen Milieu einmilitärische Bedrohung Ostpreußens feitens Bostärksten Fraktionen besetzt werden. In seiner Antwort auf diese Erklärung der die Stimmen der gesamten Rechten und des fach ,, als notwendige Kontrolle, Disziplin und lens zu verstärken. Es handelt sich namentlich Verantwortlichkeit" begriffen und anerkannt um die Befestigung des Gebietes im soge führte der sozialdemokratische Abgeordnete Seil Bentrums erhielt. Bei allen vier Wahlen stimmten die Kom werden sollte. Eigentlich müßte man, diesen nannten Seilsberger Dreied. Die Arbeiten fol- mann aus, daß die Sozialdemokraten nicht für Jen an lofale Baufirmen vergeben werden. Außer den nationalsozialistischen Kandidaten stimmen muniſten für ihren Kandidaten Abgeordneten Gedanken logisch zu Ende denkend, annehmen, daß der Herr Abgeordnete Stransky in der dem soll zur Durchführung dieser Arbeiten der werden, weil sich die nationalsozialistische Frat- Kasper. Demokratie ein strengeres Maß von Kontrolle fogenannte freiwillige Arbeitsdienst tion im vorigen Landtag den parlamentarischen Die nationalsozialistische Fraktion hat im der Presse für notwendig und moralisch gein Anspruch genommen werden, d. h., es sollen Gepflogenheiten nicht unterworfen und damals neuen Geschäftsordnungsaus den Arbeitslosen Arbeitsabteilungen unter nicht für den Vertreter der stärksten Fraktion, Aeltestenrat einen antrag angekündigt, wonach der Geschäftsordrechtfertigt hält, als unter einem abfolutisti militärischem Kommando(!) gebildet d. i. für den Sozialdemokraten gestimmt habe. Sofort nach der Wahl übernahm Sterr! mungsausschuz ersucht werden soll, eine neue schen Regierungssystem. werden. Die Befestigungsarbeiten sollen sich in Soferne es dem Herrn Abgeordneten Dr. dem Deutschland durch die Friedensverträge zu unter dem Beifall der Nationalsozialisten und Geschäftsordnung für den Landtag ausZwischenrufen der Kommunisten das Amt des zuarbeiten. Stransky darum zu tun war, der Klage über gestandenen Rahmen halten.