S Mitbestimmt:„DerVorsitzende de« Vorstandes hat Beschlüsse der Organe der Versicherungsanstalt, welche gegen die gesetzlichen oder statutarischen Vorschriften verstoßen, mit aufschiebender Wirkung unter Angabe der Gründe zu beanstanden Die Anfechtung erfolgt mittels Beschwerde an die Aufsichtsbehörde.' Die Konservativen. R ö s i et e und Molkenbuhr nnd Genossen beantragen, diesen Paragraphen zu streichen. Die Regierungsvertreter und das Zenwim sprechen dagegen; die Konservativen ziehen ihren Antrag zurück und der Z 47a wird angenommen, ebenso § 48. Ab. 1 und Z 49». Nächste Sitzung: Sonnabend.— Nsvlamenksvifches* . Die Wahlpriifungs-Kommission dcS Reichstags erledigte m ihrer Sitzung am Donnerstag Abend zunächst den Protest gegen die Wahl des Abgeordneten v. B l ö d a u(k.) Vertreter für das Hcrzogthum Sachsen-Altenburg. Der Abgeordnete v. Blödau ist im ersten Wahlgang mit 15 87k Stimmen gegen 14 143 sozial- demokratische Stimmen gewählt worden. Weitere 1000 Stimmen fielen auf den'freisinnigen Kandidaten Schmidt- Elberfeld. Der Protest riigt eine Reihe von Vorgängen bei der Wahl, darunter auch die Verweigerung der Abschrift' der Wählerlisten in der Stadt Eisenberg , gegenüber dem sozialdemokratischen Komitee, während den Gegnern solche Abschriften zur Verfügung standen. Da iin Protest nicht behauptet ist, daß die Abschrift der Listen dem Blödau'schen Komitee von der städtischen Behörde gewährt worden sei, erklärte die Majorität der Kommission diesen Punkt für unerheblich. Die Kommission kam zu dem Ergebniß, die Wahl des Abg. v. Blödau für giltig zu erklären. Dasielbe geschah mit der Wahl des Abg. Dr. Heiligen st adt snatl.), der im 6. Wahl- kreis des Regierungsbezirks Magdeburg gewählt ist. Dr. Heiligen- stadt wurde in der Stichwahl mit 8870' gegen 6974 Stimmen gewühlt, welche auf den sozialdemokratischen Kandidaten fielen.— Die Prüfung über die Wahl des Abgeordneten Franzius(Norden- Emden ) führte zur Beanstandung derselben und Beweis- erhebung.— Prozeß Zeglin und Genosse». Vor dem Schwurgericht am Landgericht II gelangte am Freitag der Landfriedensbruch-Prozeß wider Zeglin und Genossen, der im Januar d. I. wegen weiterer Ausdehnung des Entlastungsbeweises der Vertagung verfiel, zur Verhandlung. Angeklagt' find die Maurer Gustav Wilhelm Zeglin, Paul Porkrant, Herm. Kielblock, Reinh. Hasse, Emil Lange, Eduard Jähner, Karl Panser und Friedrich Fritsch.'Die Anklage baut sich auf folgenden Vorgängen auf: Der Maurermeister Fritz Streckenbach führte im vorigen Jahre zu gleicher Zeit drei Neubauten in den Querstraßen des Kurfür, tendiunmes auf. Mit den Leistungen der Maurer auf dem einen dieser Bauten war er unzufrieden, weil diese seiner Ansicht nach den Intentionen der Lohnkonimisfion folgten, nicht mehr als täglich 600 Steine zu vermauern. Streckenbach trat daher mit dem„Verein arbeitswilliger Maurer' in Verbindung und engagirte 22 Akkordarbeiter. die am 5. Oktober anfangen sollten. Am 2. Oktober wurden gegen 60 Maurer entlassen. Die Lohnkommission legte sich ins Mittel, da aber eine Einigung nicht zu stände kam, legten sämmt- liche Maurer die Arbeit nieder. Als nun die Mkordarbeiier antraten, kam es sowohl am 6. Oktober wie auch am 6. zu einigen Zusammen- stößen. Etwa 400 Maurersollen— nach der Anklage— die Akkordarbeiter mit allen Mitteln zu verhindern gesucht haben, die Arbeit zu beginnen. Die Zusammenstöße haben sich bis zum 6. Oktober hingezogen. Die Anklagebehörde beschuldigt nun sämmtliche Angeklagte, an der Zusammenrottung am Morgen des 6. Oktober,' Zeglin und Panser am Mittag desselben Tages an einer weiteren Zusammenrottung theilgenommen zu haben, und zwar indem Kielblock, Lange und Jähner am Morgen deS 5., Zeglin am Mttag deS 6. mit Gewalt gegen Personen vorgegangen sein sollen. Die Planmäßigkeit auf Seiten der Angreifer folgert die AnNage aus dem Umstände, daß, als der Kolonnenführer Philippfmit den 22„Arbeitswilligen' anrückte, um auf dem Johnke'schen Bau in der Uhlandstraße in Arbeit zu treten, die angesammelten 400 Maurer auf einen Pfiff über die Arbeitswilligen herfielen. ihnen das Arbeitsgeschirr wegnahmen. Am Mittag kani es vor dem Lokal, in dem die„Arbeitswilligen" aßen, zu einem Handgemenge, da? nur wenige Minuten dauerte. Auch hier wurde ein geplanter Ueber- fall als vorliegend angenommen. Am Mittag des 6. Oktober entstand vor demRademann'schcn Grundstück am Kurfürstendamm eine Schlägerei. Die Akkordarbeiter wnrden abgelohnt, weil zwischen Streckenbach und der Lohnkommission eine Einigung erzielt worden war. In der Mittags« pause erschienen 3— 400 Maurer, suchten die Baubude zu stürmen, sie rissen Bretter los, warfen mit Steinen und drohten, wenn die Streikbrecher nicht bis zur Vesper vom Baue fort seien, würden sie herunter geprügelt werden. Die Anklage nimmt nun an, daß die Ausschreitungen im ganzen geglückt seien, wegen der Planmäßigkeit, mit der sie vorbereitet und der Schnelligkeit, mit der sie ausgeführt seien. Die Beweise, welche die Staatsanwaltschaft für die Schuld der Angeklagten zu sammeln vermocht hat, sind keineswegs besonders schwerwiegend, es sind meist nur Indizien, hier und da gefallene Aeußerungen und Rekognitionen. Die Vertheidigung, welche die Rechtsanwälte Wolfgang Heine , Dr. Herzfeld und Dr. Katz führen, mißt den Akkordarbeitern ein großes Theil der Schuld an den Vorgängen zu. Die Akkordarbeiter kamen in ge« schlossenen Kolonnen und sie waren es, die zuerst provozirend vor- gingen. Für jeden der Angeklagten ist ein spezieller EntlastungS- eweiS seitens der Vertheidigung vorbereitet. JnSgesammt find 67 Zeugen geladen, weshalb für die Verhandlung zwei Tage an- gesetzt find. Den Vorsitz des Schwurgerichts führt Landgerichts- rath Weber, während StaatSanwalts-Assessor K n o r r die Anklage vertritt. Vernehmung der Angeklagten. Der erste Angeklagte Zeglin, gegen den drei Anklagen vor- liegen, erklärte sich in allen Punkten nichtschuldig und will sich nur am Mittag des 6. Oktober innntten der Menschenmenge beftmden haben. Mit Entschiedenheit bestreitet er die Behauptung der An- klage, daß er schon am Dienstag früh auf dem Bahnhos Wedding zu dem Maurer Gleise gesagt habe:„Was. Du Hund, Du willst uns Konkurrenz machen?" Er habe von Differenzen auf den Bauten des Strcckenbach gar nichts gewußt, da er sich in der Ziehzeit be- funden und seine Wohnung gewechselt habe. Am Dienstag früh be- gab er sich wieder zur Arbeit auf den Glasemannff'chen Neubau. Auf dem Bahnhof traf er Gleise, mit dem er seit langer Zeit be- freundet war. Er habe denselben freundlich begrüßt und das sei Alles gewesen. Auf Bahnhof Savignyplatz habe er den Zug verlassen und sich direkt nach seinem Bau begeben, wo er bis Mittag durchgearbeitet habe. In der Baubude habe er am Mittag seine Stullen aufgegessen, habe aber noch Hunger gehabt und sei deshalb nach einem Lokal gegangen, um sich noch etwas zu essen zu kaufen, ohne eine Ahnung davon zu haben, daß in das- selbe Lokal die Akkordarbeiter kommen würden. Er habe sich kaum ein Glas Bier bestellen könne», da seien die Akkordmaurer angerückt. Gleise habe ihn sofort als denjenigen bezeichnet, der ihn schon am Morgen bedroht und mit den Anderen vom Bau geprügelt habe. Die Leute hätten ihn nun bedroht, er habe daher schleunigst das Lokal Verlasien, doch Gleise habe ihn auf die Straße verfolgt, er habe einen draußen stehenden Schutzmann um Schutz ersucht, Gleise habe dagegen seine Verhaftung ver« langt, die der Schutzmann ablehnte. Nun habe er sich allerdings hinreißen lassen, dem Gleise einen Stoß ins Genick zu geben. Ein Auflauf habe jedoch gar nicht stattgefunden. Der Vorfall habe nur einige Augenblicke gedauert. Den Tag über sei ihm doch klar ge- worden, daß er uiiklug gehandelt habe. Deshalb habe er den Gleise am Mittag des 6. Oktober in der Baubude aufsuchen wollen, um sich mit ihm zu einigen, doch habe er denselben nicht gefunden. In- ? wischen sei eine Menschenmenge zusammengelaufen, welche die Ent- ernung der bereits entlassenen Akkordarbeiter verlangte. Er sei zwar in diese Menge hinein gerathen, habe sich jedoch an nicht? betheiligt. In gleicher Weise bestreiten die übrigen Angeklagten jedes Verschulden. DieFrage des Staatsanivalts, was die entlassenen Arbeiter amDienstag auf dem Johnke'schen Bau gewollt hätten, da sie ihrGcschirrdoch schon am Montag abholen sollten, um Kollisionen zu vermeiden, wird von den Angeklagten dahin beantwortet, daß sie die Mittheilung erhalten hätten, die Lohnkommission suche eine Einigung herbeizuführen und daß sie dann wieder anfangen könnten. Angeklagter I ä h n e r er- klärt den Beginn des Krawalls am 6. Oktober in folgender Weise: „Als die Akkordarbeiter anrückten, haben wir denselben gut zu- geredet, sie sollten doch nicht Familienväter brotlos machen und sie aus der Arbeit bringen. Franz Philipp , der Kolonnenführer der Akkordarbeiter, habe aber gerufen:„DaS gießt's hier nicht I Immer gleich losgehauen!' und damit hätten jene auch loS- geschlagen." Die letzten beiden Angeklagten, Panser und Fritsch, sind Mit- glieder der Lohnkommission. Panser erklärt, daß die Lohn- kommission den Zweck habe, eingetretene Differenzen in Güte bei- zulegen. Er sei zu diesem Zweck telephonisch nach dem Redde- mann'schen Bau genifen worden, habe am Montag vergeblich nach Meister Streckendach gesucht und sei am Dienstag, den 6., früh- morgens wieder hinausgekommen. Da weder Meister noch Polier zu finden war, habe er vor dem Bau gewartet, wo noch eine Anzahl der entlassenen Lohnarbeiter standen. Da habe er gesehen, daß die Akkordarbeiter in geschlossener Kolonne nach dem Johnke'schen Baue zogen. Er habe eine Kollision vorausgesehen und um damit nichts zu thun zu haben, habe er sich in Gesellschaft von sechs Steinträgern entfernt, sei direkt nach Berlin gefahren und habe weder am Dienstag noch am Mittwoch das Bureau verlassen. Nach der Anklage soll es gerade Panser gewesen sein, welcher durch einen Pfiff das Signal zum allgemeinen Angriff gegeben haben soll. Derselbe bemerkt hierzu, daß er mit dem Munde gar nicht pfeifen könne und eine künstliche Pfeife nicht bei sich gehabt habe. Er habe mit Kollegen vor dem Reddemann'schen Bau gestanden, die dort eingestellten Akkordarbeiter seien hindurchgegangen, theilweise mit provokatorischen Redensarten. Er habe seine Kollegen ermahnt, sich durch nichts reizen zu lassen und ihre Ruhe zu bewahren. Da wäre es doch nun sehr unlogisch geweseil, wenn er gleich darauf quer über die Straße laufen und das Kommando zu einem gemeinsamen Angriff geben würde. Staatsanwalt: Hat die Lohn kommission den Beschluß gefaßt, daß nicht mehr wie 600 Steine den Tag vermauert werden sollen?— Panser: D i e Lohn kommission kann etlvas Derartiges nicht be- schließen, sie hat nur die Beschlüsse der Versammlungen auszuführen. In unseren Versammlungen ist aber nie ein solcher Beschlutz gefaßt worden. Angeklagter Fritsch bekundet, daß ihn das Loos getroffen habe, als Mitglied der Lohnkommission mit Herrn Streckenbach wegen Beilegung der Differenzen zu unterhandeln. Er habe sich am Montag und Dienstag vergeblich bemüht, am Mittwoch erst sei ihm die Einigung gelungen. Die Differenzen auf dem Bau des Herrn Streckenbach entstanden, weil am 2. Oktober 1897 den 43 dort be« schäftigten Maurern die Entlassung gegeben wurde unter dem Vor« wand, die Zeichnung sei falsch, es müsse eine neue Zeichnung ange- fertigt werden. Diese Angabe hat sich als unrichtig erwiesen, Herr Strcckenbach wollte Akkordmaurer an Stelle der Lohnarbeiter einstellen. Bei den Verhandlungen sprach er die sonderbare Meinung aus, daß ihm gesagt sei, er dürfe niemand ohne Zustimmung der Lohnkommission entlassen, er müsse jeden Trinker und Arbeiter, der nicht genügend arbeite behalten. Dem trat Fritsch entgegen und klärte ihn darüber auf, daß es der Lohnkommission sehr fern liegt, in der Weise in das Arbeitsverhältniß einzugreifen. Schließlich kam eine Verständigung zu stände, wonach es dem Bau« meister überlassen bliebe, nach freiem Ermessen die Entlaffenen wieder einzustellcn und die Akkordmaurer zu entlohnen. Später wurden 20 von den Lohnmaurern wieder eingestellt. Die Behauptung der Anklage, daß er den Streckenbach gedroht habe, er müsse alle Entlassenen ohne Ausnähme wieder einstellen, sonst würden seine 3 Bauten gesperrt, stellt er entschieden in Abrede. Staatsanwalt: Haben Sie verlangt, eS sollten mir 500 Steine vermauert werden?— Fritsch: Es wurde in Versamm- lungen geklagt, daß die jungen Leute so viel schlechte Arbeit machen und daran die Bemerkung geknüpft, die jungen Leute sollten lieber die alten Kollegen bei der Arbeit unterstützen', daß eS diesen nicht so schwer werde. Vor allem müsse auf solide Arbeit gehalten werden. Ein Beschluß ist jedoch nicht gefaßt worden und konnte auch nicht gefaßt werden, weil ein solcher ganiicht durchzuführen sei, denn die Arbeiten seien sehr verschieden. An der einen Stelle seien ohne große Schwierigkeit 700—1000 Steine zu vermauern, an der anderen Stelle habe man mit 300 schon zu lhun. Man habe auch gar nicht die Absicht gehabt, über den Bau die Sperre zu ver« hängen, denn er sei sehr entschieden dagegen aufgetreten, daß die Arbeiter eines anderen Baues, der gleichfalls Herrn Streckenbach gehört, die Arbeit einstellen. Das sei auch verhindert. Die Zeugen. Der erste Zeuge ist Herr Maurermeister Streckenbach, der früher zu Protokoll erklärt hat, Fritsch habe ihm gedroht, daß seine sämmtlichen Bauten gesperrt würden, wenn er nicht alle Ent- lassenen einstelle. Dieses den Angeklagten Fritsch belastende Moment wird durch den Zeugen selbst beseitigt, der heute erklärt, er wisse das nicht mehr genau. Während der Fundamentirung und später bei der Aufführung der ersten Etage sei ihm mit der Sperre über alle seine Bauten gedroht worden, und da könne es wohl sein, daß er diese Fälle verwechselt habe. Er sei mit den Arbeitern auf dem Neubau, der für den Baumeister Johnke aufgeführt wurde, nicht zufrieden gewesen, weil ihm die Arbeitslöhne im Verhältnitz zur Leistung wöchentlich 600 bis 700 Mark höher kamen, als wie bei seinen übrigen Bauten. Da ihm nun sein Polier gesagt habe, das komme daher, daß die Lohnkommission angeordnet habe, nicht mehr wie 600 Steine zu vermauern, so habe er sich entschlossen, Akkordarbeiter anzustellen. Ms die Akkordarbeiter am Morgen des 6. vom Bau herunter geprügelt worden waren, wollten dieselben nicht anfangen. Er habe daher polizeilichen Schutz nachgesucht und nun die Leute telephonisch ersucht, die Arbeit zu beginnen. Sie hätten das aber aus Furcht vor den anderen ab- gelehnt. Nun erst habe er sich auf Unterhandlungen eingelassen, um seine übrigen Bauten nicht sperren zu lasten, und da ihm zugesichert wurde, daß er von den Entlassenen nur diejenigen emznstellen brauche, die ihm genehm wären, so habe er sich verpflichtet, nicht allein die Akkordarbeiter aus dem Johnke'schen Bau, sondern auch die auf dem Reddemann'schen Bau zu entlassen. Thatsächlich habe er von den 48 entlassenen Arbeitern des Johnke'schen Baues nur 20 wieder eingestellt. Auf eine Frage deS Angeklagten Fritsch gießt der Zeuge zu, den Arbeitern sowohl bei der Entlassung, wie auch Herrn Fritsch gegenüber als Grund der Entlassung angegeben zu haben, die Zeichnung müsse geändert werden. Das habe er aber nur aus Furcht vor Gewaltthätigkeiten gethan. Eine weitere Frage, ob auf dem Johnke'schen Bau so schlechtes Material verarbeitet worden sei, daß es gar nicht möglich war, mehr als 500 Steine zu verlegen, beantwortet Zeuge damit, daß er sich dessen nicht erinnern könne, doch gießt er auf eine Frage des Rechtsanwalts Heine zu, daß 'olide Privathäufe r meist nur im Lohn und nicht in: Akkord ausgeführt werden. Der nächste Zeuge, Polier Gebauer, kann nur den Ange- klagten Jähnert als einen derjenigen bezeichnen, der unter den 100 bis 160 Maurern war, die den Johnke'schen Bau bettaten. Die übrigen Angeklagten vermag er nicht zu rekognoSziren. Als die Maurer am Sonnabend entlassen wurden, sollten sie ihr Geschirr gleich mitnehmen. Auf Kielblock's Befragen gießt er die Möglichkeit zu. erlaubt zu haben, daß das Geschirr liegen bleiben könne. Auf seinem Bau habe nur ein großer Tumult stattgefunden, es hatte sich ein großer Knäuel gebildet, und es war garnicht zu erkennen, was innerhalb desselben vorging. Ob dabei gehauen wurde, wisse er nicht. Daß einem die Nase eingeschlagen wurde, sei erst später auf der Straße geschehen. Das Matena! sei stets gut gewesen, nur einmal habe der Sand nicht« getaugt, weshalb die Maurer nicht arbeiten wollten. Vernehmnttg der Akkordmaurer. Maurer S ch lä g er hat nur gesehen, daß Zeglin den Gleise inS Genick stieß, sonst nichts. Von einem gemeinsamen Angriff konnte bei dem Renkontre zwischen Zeglin und Gleise keine Rede sein. Für die Anklagebehörde ist ein Moment von besonderer Wichtigkeit, aus welchem hergeleitet werden soll, daß der Ueberfall der Akkordarbeiter am Morgen des 6. Oktober vorher verabredet und geplant war. Der Angeklagte Zeglin soll nach ftüheren Be- kundungen des Zeugen Gleise diesen auf dem Bahnhof Wedding da- mit bedroht haben, daß eS heute noch derbe Keile geben würde, Zeglin müsse daher am Morgen schon gewußt haben, daß die Akkordarbeiter überfallen werden sollten. Gleise beseitigt dieses gewichtige Moment, denn er erklärt zeugeneidlich, daß er mit Zeglin auf dem Wedding zusammengetroffen sei. Als dieser von ihm erfahren habe, daß er, Gleise, in Akkord arbeiten wolle, habe Zeglin vor ihm auSgespien und geschimpft:„Du bist ein Schlumps!" Gleise'S Kamerad habe zu Zeglin gesagt:„Wenn Du nicht ruhig bist, dann kriegst Du eine Ohrfeigel" In demselben Augenblicke sei der Züß eingefahren und die Sache war erledigt. Als wir hinaus kamen, sahen wir, daß eine Schlägerei stattfand, aber wir haben uns nicht darum gekümmert. Zu Mittag, als sie in dem Lokal Mittag atzen, hatten sich draußen etwa 160 Maurer angesammelt. Als er hinaus gekommen sei, habe ihm Zeglin eins ins' Genick gegeben; eS sei aus dem Haufen ge- rufen worden:„Schlagt die Hunde todt, die Streikbrecherl' Aber wer gerufen, das wisse er nicht. Was den Vorgang vom 6. Oktober betreffe, so könne er Hasse und Porkrant als Angreifer nicht rekognoSziren. Der Maurer Sund ist derjenige, dem die Nase oder das Kinn gespalten worden sein soll, als der Krawall am 6. Oktober auf dem Reddemann'schen Bau stattfand. ES erregt all- scitige Heiterkeit, als der Zeuge sein Malheur auf eine aufgeplatzte Lippe reduzirt. Im Uebrigen schildert der Zeuge den„Sturm auf die Rcddemann'sche Baubude' in ziemlich grellen Farben. Man habe beabsichttgt, Bretter von der Bude loszureißen, um in dieselbe hinein- zudringen, es wurde mit Steinen geworfen und gerufen:„Schlagt die Hunde todt I" Zeglin habe sich dabei besonder« hervorgethan. Zeuge hat denselben ftüher als Rädelsführer bezeichnet, giebt aber auf Befragen der Vertheidigung zu, daß Zeglin erst gekommen sei, als der Tumult schon in: Gange tvar und nach dem„Reise-Onkel' jdaS ist der Spitzname des Gleise) gefragt habe. Der Maurer Redem, zu den Akkordarbeitern gehörig, hat er-, fahren,— von wem, weiß er nicht— daß sie vor dem Bau über- fallen werden sollten.„Als wir kamen, wurde gepfiffen, wir wurden umzingelt, auseinander gedrängt, ich wurde an den Zaun gedrückt und im Augenblick war mein Geschirr weg, von dem ich kein Stück wieder gekriegt habe." Maurer Berner behauptet, Panser sei am Morgen des 6. Okt. bei dem Ueberfall dabei gewesen. Ob der« selbe sich unter der Menge befand, die sie angriff, wisie er nicht, jedenfalls habe er dabei gestanden, allerdings 30 bis 40 Schritte davon. Panser bezeichnet diese Aussage als falsch, da der Widdermann'sche Bau, bei dem er gestanden habe, mehrere hundert Schritt entfernt sei. Der Maurer Schramm giebt davon dieselbe Schilderung wie der Zeuge Sund. Er belastet den An- geklagten Fritsch, indem er behauptet, derselbe habe am 3. Mittag? am Reddemann'schen Bauzaun gestanden und gerufen: Kollegen, haltet Euch tapfer, die Hunde müssen vom Bau! Bei dem Krawall sei ein förmliches Bombardement auf die Baubude unternommen worden. Man habe geschrieen:„Wenn Ihr Hunde zu Vesper nicht vom Pau seid, schlagen wir Euch todt l' Den Porttant habe er auch dabei gesehen. In die Enge getrieben, giebt aber Zeuge zu, nicht mehr zu wissen, an welchem Tage er denselben gesehen habe, es könne auch am 4. Oktober gewesen sein. Franz Philipp ist der Kolonnenführer, der auf dem Sttecken» bach'schen Bau die Akkordmaurer angeworben hat. Cr schildert«in- gehend den Konflikt. Er kam mit 30 Mann Akkordmaurern im ge« schlossenen Trupp den Kurfürsten-Damm entlang. In der Gegend des Baues kam es zu Rempeleien und die Maurer wurden bis in die Baubude verfolgt und später hier verttieben. Einigen ist dabei das Handiverkszeug abhanden gekommen. Von den A»«� geklagten hat er niemand bei dem Krawall ge- 1 e h e n. Auf eine Anftage des Staatsanwalts bemerkt der Zeuge: So schlimm wurde überhaupt nicht gehauen. Es ist auch nichts zu sehen gewesen. Staatsanwalt: Sie haben früher in der Voruntersuchung den Angeklagten Lange als den bezeichnet, der geschlagen hat. Zeuge bestreitet das. Rechtsanwalt Herzfeld stellt fest, daß dem Zeugen nie der Angeklagte Lange in der Voruntersuchung gegenübergestellt ist. Paul Philipp' behauptet, er sei geschlagen worden, von wem weiß er heut nicht sicher anzugeben. Maurer Schramm ist mit dem Spatenstiel geschlagen werden, von wem weiß er nicht. Dem Maurer Neumann wurde das Nasenbein eingeschlagen. Von den Angeklagten erkennt er niemand als den Schläger. Eine ganze Reihe von Belastungszeugen, sämmtlich zu den Akkordarbeitern gehörig, sind in ihren Aussagen unsicher. TheilS haben die Zeugen die Angeklagten nur in der Nähe der Krawalle gesehen, ohne jede Betheiligung an denselben, oder sie kennen über- haupl keinen der Anaeklagtcn. Ein Zeuge, welcher die„Ver- abredung" bekunden soll, ist der Maurer Georg Müller. Derselbe ist in der Voruntersuchung so verstanden worden, als habe er sich am Morgen deS 6. Oktober vor dem Krawall entfernt, da er diesen kommen sah. Zeuge klärt diesen Jrrthum dahin auf, daß er einer einzelnen Person wegen weggegangen sei. Am Sonnabend Abend habe ihn ein unbekannter Strolch im Thiergarten um einen Groschen zu Schnaps angesprochen und da er keinen kriegte, habe er geschimpft. Diesen Sttolch habe er am Dienstag früh in der Nähe der Bauplätze gesehen und um nicht mit diesem in Stteit zu kommen, sei er weggegangen. Der Zeuge Maurerpolier L a u b s ch ist der Vorsitzende des gewerkschaftlichen Vereins der Maurer Berlins des sogenannten Vereins der arbeitswilligen Maurer ) und der Vor- tand dieses Vereins soll die ganze Anklage durch eine Denunziation veranlaßt haben. Zeuge giebt eine andere Darstellung der Sach- läge. Am 7. Oktober seien mehrere Maurer zu ihm gekommen, die bei den Krawallen Verletzungen erlitten hatten und von ihm ver- langten, er solle für sie Strafanttag stellen. Er habe das abgelehnt und die Leute darauf verwiesen, daß die Sache in einer versamm- lung erörtert werden sollte. DaS sei geschehen, und diese Erörterungen hätten die überwachenden Polizeibeamten mit angehört, welche die Sache weitergemeldet hätten. Rechtsanwalt Katz richtet an den Zeugen die Frage, ob er nicht an dem Treppenhause mitgearbeitet habe, welche» in der Ring- sttatze zu Halensee kürzlich eingestürzt sei und mehrere Menschen unter sich begraben habe. Zeuge bejaht das, will aber erst be- gönnen haben, als das Treppenhaus bereits unterkellert war. Die Ursachen, die defi Einsturz veranlaßten, sei�n herbeigeftihrt worden, als er bereits auf einem anderen Bmi gearbeitet habe. Jedenfalls muß der Zeuge zugeben, daß da? eingestürzte Treppenhaus von Akkordarbeitern aufgeführt worden sei. Zeglin hielt dem Zeugen vor, daß dieser einmal zu ihm gesagt habe, wenn er in die Lohnkommission gewählt werde, dann würde er die Akkordarbeit aufgeben. Zeuge bestreitet dies. Da nunmehr die Entlastungszeugen vernommen werden sollen, beanttagt der Staatsanwalt, dieselben sämmtlich unter Aussetzung der Vereidigung zu vernehmen, da die Leute alle mehr oder weniger verdächtig seien.— Rechtsanwalt Heine hält den Eid nach der Vernehmung stets für richtiger, aber protestirt gegen die Motivirung des' Staatsanwalts.— iviaurer Pfennig bestätigt, daß er Fritsch mittelst, Telephons zerufen habe, um die Differenzen zu schlichten. Ffitsch habe wfort gerathen, sich recht ruhig zu v erhalten, damit die
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