xr. 101. Freitag, 3. Juni 1932. Sait, 5 Die Unzufriedene Das Wodienblatt der Frau hostet nur 60 Heltes Redaktion und Verwaltung t Prag II., Nekazanka 18. ß Der Schatz in der Lagune. Don Virtor Helling. ,^Jn Venedig habe ich em sehr unangenehmes Abenteuer gehabt", sagte Derk Remy. ,Lch hatte mir gegen fünf Uhr eine Gondel am Mole gemietet— an dem LandungsÄah an der Piazetta. Der Gondelier war ein Mann in den besten Jahren. Er versprach, mich auf einem kleinen Umweg nach San Nieoletto zu fahren. Den Umweg mußte er machen, weil er in San Servolo seinen Hund abholen wollte. So fuhren wir ab. Die Gondel schwebt« gut gerudert dahin, vorbei an den Gärten von San Clemente, wo die weiblichen Irren ihrer Heilung entgegeitwarten, und dann in Richtung auf San Giorgio Maggiore mit seinem bunten Mavmorpörtal, aus dem noch die letzte Sonne lag.* „Es ist ein Spitz, wissen Sie", sagte mir der alte Tonio. Noch nie ist er mir davongelaufen. Aber gestern hatte ich in San Servolo zu tun, da kam er mir abhanden. Ich finde ihn heute bestimmt." So legten wir an. Tonro stieß die Ruderstange in den Grund. ES war genau um sechs Uhr. Melancholisch zitterten die Glockentöne von den alten Türmen der Dogenstadt übers Wasser. Ich war allein im Boot und sah den Wellen zu, die dell flachen Sand überrieselten, der grün von schütterem Strandgras vor mir lag. Ein Geräusch ließ mich ausfahren. Hinter einem Strauch war eine Gestalt hervorgehuscht —«in Maifn in eigenartiger Kleidung, ohne Hut, ziemlich blaß und mit seltsam glanzenden Augen. Das Haar bäumte sich unbändig aus der Stirn auswärts. „Pßt, pßt!" rief er. Es klang wie ein Zischen. Uwd dann war er auch schon mit«mein schnellen Satz bei mir im Boot. Ohne auf meinen abwehrenden Zuruf zu achten, riß er TonioS Ruderstange aus dem Schlamm, und ehe ich es hätte verhindern können, war er auch schon abgestoßen. ,Mas soll das?"' führ, ich aus.„Sind Sie des Teufels?"' Er murmelte etwas, düs ich nicht verstand, und schon handhabt« er das Ruder mit einer Geschwindigkeit, daß sich im nu der Raum zwischen uns und der InsÄ vergrößerte. Sein« Augen blitzten mich in seltsamer Starrheit an. „Schnell! Es eilt! Rühren Sie sich nicht vom Fleck!" verstand ich ihn Plötzlich. Dabei zeigte er«in tadelloses Gebiß. Ich sah jetzt so recht, daß ich es mit einem wahrhaft athletisch gebauten Menschen zu tun hatte. Sie wissen, ich bin alle- andere als«in Gigant. Ich mußte mich aufs Parlamentieren legen. Bor allem müßte ich herausbekommen, was der Mann, der sich so unberufen zum Herrn meine- Bootes gemacht hatte, eigentlich im Schild führte. „Zum Teuf«!! Nun erflären Sie mir«Mich, was dieser Spuk bedeuten soll. Was haben Sic in dieser Gondel zu schaffen?" Er schwieg. Schon mehr ais ein Kilometer lag zwischen uns und San Servole. Der Unheimliche rudert« immer noch so hastig wie zuvor— bi- er ganz unvermittelt di« Stang« hochriß und sagt«:„Es hat keinen Ztveck, daß ich mich Ihnen förmlich vorstelle, Signore. Dazu eilt unser Geschäft zu sehr. Ich beglückwünsche mich indessen, daß Sc« mir vom Himmel al- Werkzeug zu diesem Geschäft geschickt sind." „Zu welchem Geschäft?" fragt« ich überrascht. „Zur Hebung der Kronjuwelen des Fürsten von Piacenza !" Ich glaubte, nicht recht gehört zu haben. Er nickte mir, während er das Ruder vollends in die Gondel zog, mit einem vertraulichlistigen Blick zu:„Wir sind an Ort und Stelle. Ich kenne mich hier aus. In der Tiefe dieser Lagune liegt der Schatz." „Was soll der Unsinn?" „Man verfolgt mich, weil man weiß, daß ich die Stell« diese- Schatzes kenn«. Nun wartete ich auf einen günstigen Moment. Wir werden den Schah sofort heben. In den Augen des Menschen, der mir reif für di« Zwangsjacke schien, stand ein unheimliches Gleißen. Es ist wohl verständlich, daß ich Aus- schau nach einem Boot hielt. Aber nirgends war ein« Gondel zu sehen. Dabei sank di« Dämmerung jetzt schnell. „Sofort: Verstehen Sie? Machen Sie sich fertig! Sie springen über Bord—" „Ich? Ich— über Bord springen?" .Feine Sekunde Ueberlcgung! Der Preis ist köstlich. Sie tauchen unter und bring«» die Juwelen heraus." Ich muß sagen, es überlief mich kalt. Ich war nie ein guter Schwimmer. Ein« Trennung von der Gondel war für mich gl«ichbedeut«Ä> mit dem Tod in den Welle». Ich war längst nicht mehr im Zweifel, daß ich es mit einem Wahnsinnigen zu tun hatte. Blitzschnell überlegte, ich. Die alte Regel fiel mir«str, daß man auf di« Hirngespinst« eines Verrückten nur zum Schein eingehen müsse- "„Tauchen — bei dieser Beleuchtung? Natürlich— das kann man. Aber besser ist, wir warten ab. Der Mond muß erst aufgehen." „Wir dürfen nicht warten! T«r Mond hat auch gar nichts zu sagen. Im Gegenteil. Es kommt nur auf schnelles Tauchen an." „Das ist richtig, mein Herr, aber ich bin nicht das Werkzeug, das Sie suchen. Ter Mann, der Ihren Schatz heben will, wartet da drüben auf Sie." Ich wies nach San Angele hinüber. „Welcher Mann?" Seine Augen flackerten. Dann schob er sich näher auf mich zu.„Sie und kein anderer!" „Richtig. Gewiß. Nur sagen Sie, wäre es nicht besser— ja gewiß!— wenn Sie selbst tauchen wollten? Tas verspräche den sichersten Erfolg." „Nein, nein. Ich neige zu Schüttelfrost. Ich brauche gerade Sie!" Wie bösartig jetzt sein Blick war!„Sind Sie fertig? Wollen Sie nun jetzt tauchen— oder wollen Sie mich zwingen—" „Ich zwinge Sie zu nichts! Zu gar nichts!" -„Um so'besser! Sonst—" Sein Atem berührt« mich. Er rückte mir aus den Leib.„Los doch nun!" In meiner Angst zog ich den Rock aus. Ich legte ihn auf den Boden und suchte dahei das Ruder zu packen. Es schien mir keinen ander«« Ausw^ zu geben als— er oder ich. Allein die Stange flirrt«. Ahnt« er, was ich vorhatte? Auf einmal fühlte ich sein« Fäuste an meiner Kehl «. Er hob mich.. das Boot schwankte— ,Luft!" brüllte ich heiser.„Lust!" Die Fäuste lockerten sich,„Springen Sie!" „Sofort!" stotterte ich. Und ich war, in der Tat, nur um der Nähe des Unheimlichen zu ent« Die mittelalterliche Gesellschaft hat einer ganzen Reihe von Berufen die sogenannte„Ehre" abaesprochen. Angehörige dieser Berufe galten für nicht würdig, daß man mit ihnen nur ein Wort wechselte. Es können hier nur einige der am meisten verachteten Berufe betrachtet werden. Am schlechtesten wurden natürlich die Scharfrichter behandelt. Für die Henker kannte man kein Erbarmen. Wenn nicht sogenannte Freibriefe oder gar landesherrliche Privilegien sie in Schutz genommen hätten, würden die Freimänner, Fronboten, Kaviller, Meister, Hämmerle oder wie sonst noch man die Scharfrichter betitelte, kaum ihres Lebens sicher gewesen fein. Die grenzenlose Verachtung, die man weit über das Mittelmeer hinaus ihnen entgegenbrachte, ging so weit, daß jedem auch zufällige Berührung eines Henkers, die Ehrenloswewung der eigenen Person nach sich zog. Im Schleswig-Holsteinischen soll sich eine in ein Hochwasser gestürzte Frau aus diesem Grunde geweigert haben, einem Henkersknechte, der sie retten wollte, die Hand zu reichen. Sie ertrank lieber, als daß sie sich von dem Verachteten hätte berühren lassen. In den Kirchen, in denen den Scharfrichtern der Besuch erlaubt war, befanden sich ihre Plätze fernab von den übrigen Andächtigen. Oeffentliche Versamm- lungsorte wie Wirtshäuser usw. durften sie ini allgemeinen nicht betreten. In Hamburg verhielt man sich dem Durstgefühl der Freimänner gegenüber etwas entgegenkommender als in anderen Städten. Dort war es ihnen gestattet, gewisse Kneipstuben zu besuchen. Freilich auch nicht so ohne weiteres. Der Henker niußte jedesmal zwischen der Türe stehen bleiben, seinen Hut abziehen und seinen Beruf bekanntgeben. Erst wenn dann niemand Einspruch gegen seinen Eintritt erhob, konnte er die Schwelle überschreiten und be« einem Tische, wo sonst niemand saß, Platz nehmen. Und selbst der Tod änderte nichts an der Behandlung des Scharfrichters. Starb einer, so kümmerte sich keine ehrliche Christenseele um sein Begräbnis. Hatte der Verstorbene keine Familie, die der Verachtung in demselben Maße wie ihr Oberhaupt ausgesetzt war, und welche die Bestattung hätte vornehmen können, so schleppte einfach der Abdecker, der ihm während des Lebens am nächsten stand, seine Leiche zu einem abgelegenen stillen Plätzchen, um sie dort sang- und klanglos zu verscharren. Dem Abdecker oder Schinder wurde in ähnlicher Weise begegnet. Sein anrüchiges Gewerbe war auch nicht selten mit dem des Nachrichters verbunden. Aber auch dort wo dies nicht der Fall tvar, schätzte man den Abdecker selten höher als den Henker ein. Auch die Kloakenreinigung zählte in vielen Städten zu seinen Obliegenheiten, was zur Erhöhung seines Ansehens ebenfalls.nicht beitrug. Besonders bedauernswert war aber die Nachkommenschaft der Wasenmeister und ihrer Knechte, denn sie wurde wie jene der Scharfrichter von jedermann gemieden. Ein Kind derart verachteter Menschen konnte fast nie einen anderen Beruf als den des Vaters ergreifen, da sich jede Zunft oder Innung weigerte, es als Lehrling aufzunehmen. Den Mädchen stand es nur offen, einen Henker oder einen Abdecker zu heiraten. Erst ein kaiserliches Patent aus dem Jähre 1772 brachte für die Scharfrichter- und Abdeckersöhne insofern eine Erleichterung, als es anordnete: „Kinder von Abdeckern, welche die verwerfliche Arbeit ihres Balers noch nicht getrieben haben, noch treiben wollen, dürfen von der Erlernung eines ehrlichen Handwerkes nicht ausgeschlossen bleiben." Eine ebenfalls ehrlose und mißachtete Stellung nahmen die Müller ein. Der Grund hierzu mochte wohl von der großen Versuchung rinnen, drauf und dran, über Bord zu springen. Da— im letzten Augenblick, riß er mich zurück. Er zog mich förmlich wieder in die Gondel herein und flüsterte: ,Feinen Laut jetzt!... Wir dürfen keine Zeugen haben!" Hastig griff er zum Ruder. Ich Verstands noch nicht das Wunder, das mich gerettet haben sollte. Im nächsten Augenblick hätte ich laut aufjubeln mögen: In unserem Kielwasser tauchte ein Boot auf. Wie durch einen Schleier sah ich, was sich nun blitzschnell abspielte. Das Rettungsboot— ich durfte es wohl im besten Sinne als solches begrüßen— legt« mit kräftigen Riemenstößen an unsere Gondel an. Eine Art Lasso wurde über den Kopf des Hünen geschleudert. Mit einem Klageschrei zuckte er zusammen. Dann fesselten sie ihn.— Es waren meine Befreier. Hits« in höchster Not! Als ich vollends zu mir kam, b«-. stätigte mir Tonio, der samt seinem Spitz auf dem Rettungsboot in Begleitung dreier handfester Männer stand, was ich geahnt hatte. Ich hatte mich in der Gewalt eines Geisteskranken befunden, der aus der Anstalt von San Servolo, wo die männlichen Irren interniert sind, entwichen war.. Die Wächter brachten ihn zurück. Man beglückwünscht« mich. Und ich könnt« mir auch gratulieren. Ich läge, wenn Tonio nicht die Irrenwächter hinter seinem Boot her alarmiert hatte, wahrscheinlich heute dort unten, wo Signor Manzi-Fe— so hieß der Irre— den Kronschatz des Fürsten von Piacenza vermutete. ,Ais auf die weiße Haarschnippe", so schloß Derk Remy und verneigte sich leicht vor seinen Zuhörern,„ist mir äußerlich kein« Erinnerung an jenes Abenteuer zurückgeblieben. Wenn Eur « Exzellenz und die jüngeren Herren kein Auf- hebens von der Geschichte machen, bin ich Ihnen dankbar." herstammen, die durch die Art und Weise ihres Gewerbebetriebes begründet wurde, und der auch in der Tat nicht wenige Müller erlegen sind. Behauptete doch ein alter Volksglaube, auf den Dächern von Mühlen seien selten Storchennester zu finden, weil diese klugen Vögel befürchteten, von den Müllern bestohlen zu werden. Ihr Ruf war zwar nicht so schlecht wie jener der Henker und Schinder, aber doch waren Müllersöhne bereits zur Zeit Karls des Großen von der Bekleidung aller geistlichen Aemter und Würden ausgeschlossen. Auch in den folgenden Jahrhunderten änderten sich die Anschaungen über die Müller nicht wesentlich. In Ulm durfte Wm Beispiel noch im 18. Jahrhundert kein Mühlenbesitzer mehrmals drei Schweine hätten, weil man annahm, daß er veruntreutes Getreide zum Füttern benützte. Ein hierauf abzielendes Sprichwort lautete:„Müllers Hennen sind die fettesten/' Als 1377 eine neue Reichspolizeiordnung die Müller im Ansehen ihrer Mitbürger besser zu stelleW beabsichtigte, unterließ sie es doch mich Absicht? diese von der althergebrachten, beschämenden Verpflichtung zu befreien, bei Hinrichtungen von Dieben die Galgenleiter beistellen ru müssen. Als Grund gab man an, man müsse die Muller bei jeder sich darbietenden Gelegenheit erinnern, daß auf Diebstahl der Galgen stehe. Die Hamburger, die wie wir gehört haben, selbst für den durstigen Freimann Verständnis hatten, schlossen sich von der Mißachtung des Müllergewerbes so ziemlich aus. Die Müller hatten sich dort durch eine Reihe von Wohltätigkeitsakten derart in Ansehen zu setzen gewußt, daß sich ihre Kirchensitze dort sogar mitten unter den der ehrbarsten Personen befanden. Nur die Zunft der Seiler blieb den Müllern gegenüber unnachgiebig. Als 1686 ein junger Srilermeister eine Mullerstochter zum Traualtar führen wollte, versagte ihm seine Zunft die er- sorderliche Bewilligung. Der verliebte Seiler niußte beim Stadtsenat Beschwerde führen, der ausgeklärt genug war, zu entscheiden, daß man den Herzenswunsch des Seilers erfüllen müsse. Aus ähnlichen Gründen wie die Müller, hatten auch die Leinweber den Fluch der Ehrlosigkeit zu tragen. Ihnen legte man zur Last, entweder das erhaltene Garn zu verfälschen oder die Hausfrauen bei der Ablieferung des Gespinstes zu betrügen. Ihr schlechter Ruf tritt uns aus einem alten Volksliede deutlich entgegen, dessen Anfang lautet: „Ter Leinweber schlachtet alle Jahr zwei Schwein', das eine ist gestohlen, das and're nicht sein." Warum man aber die Türmer und Spielleute zu den ehrlosen Leuten rechnete, ist schwer zu erraten. Erstere wahrscheinlich aus dem Grunde, weil die Beauflichtigung der Stadttürme nicht selten den Scharfrichtern übertragen war, und weil sie als Hornbläser gewissermaßen als Spirlleute betrachtet Iverden konnten. Diese selbst standen in Mißkredit hauptsächlich darum, weil sie in den meisten Fällen ohne feste Wohnsitze waren, und das Umherzigeuner> bei den Spießbürgern des Mittelalters im allgemeinen als Schande galt. Wie gering man die Ehre eines herumziehenden Musikanten oder Gauklers achtete, geht daraus hervor, daß die Spielleute von jedermann sozusagen ungestraft beleidigt iverden konnten. Die einzige Genugtuung, tue ihnen zuteil werden konnte, bestand darin, daß man sie vor eine Wand stellte, auf welcher der Schatte» des Beleidigers sichtbar war. Diesem durfte der gekränkte Spielmann einen Streich so fest wie er wollte versetzen. Das war aber alles was ihm zur Sühne der zugefügten Schmach bewilligte. II. W. Volkswirtschaft und Sozialpolitik Konsumgenossenschaften trotz Krise ««erschüttert! Wie erfolgreich die Konsumgenossenschaften der Wirtschaftskrise trotzen, legen wir in unserem heutigen Leitaufsatz dar. Wir bringen nachstehend noch einig« Ziffern, die beweisen, wie günstig die Entwicklung unserer Genossenschaften auch nach Abschluß des vorjährigen Berichtes, ist. (Wir entnehmen die nachstehenden Ziffern der Nr. 20 der„Konsumgenossenschaft" vom 16. Mai 1932): Ter durchschnittliche Vierteljahrsumsätz der großen Konsumgenossen schäften des Verbandes weist folgende Entwicklung auf: Kc 1927/28..... 117,426.000 1928/29..... 123,446.000 1929/30 128,008.000 1930/31...... 124,956.000 1931 32(1., 2. u. 3. Vierteljahr) 125,489.000 Di« großen Konsumgenossenschaften haben also in den verflossenen drei Vierteljahren des laufenden Berichtsjahres ein« noch um«in Geringes höher« D.urchschnittszisifer bezüglich des Umsatzes erzielt als im Jahre 1928/29. Hinsichtlich der durchschnittlichen Viertel- jahrsumsätze des GEC-Berbandes verläuft die Entwicklung folgendermaßen: K5 1927/28.... 72,170.000 1928,/29....... 75,516.000 1929 BO 80,925.000 1930/31....... 79,604.000 1931182(1., 2. u. 3. Vierteljahr) 79,944.000 So wie bei den großen Konsumgenossenschaften, verzeichnet der Bierteljahrsdurchschnitt des G e c-Verband«s im laufenden Berichtsjahre eine Steigerung sowohl gegenüber dem Vorjahre als auch gegenüber dem Berichtsjahre 1928 29. Besonders kräftig hat sich die Eigenpro- duflion des G c'c-Verbandes in der Krise entwickelt. Hier kann nicht lediglich von einem Halten der Situation gesprochen werden, hier ist mit kräftigen Schritten Boden gewonnen worden. Die vierteljährliche Umsatzentwicklung verläuft wie folgt: 1927,«8.... 10,068.000 1928/29...... 12,798.000 1929 80 14,013.000 1930/81.... 14,064.000 193h82(1., 2. u. 3. Vierteljahr) 14,542.000 Diese Ziffern sprechen für sich: Sie legen in ihrer andauernden Steigerung inmitten der Wirtschaftskrise Zeugnis a<b' für■ ii« gesunden Grundlagen genossenschaftlicher Produktion überhaupt sowie für die Tauglichkeit, zufolge der zugrundeliegenden Wirtschaftsplanung, den Erschütterungen der Kris« standzuhalten. Kleine Chronik Der Spaßmacher der Zigarrensabrtt. In jeder d«r großen Zigarrenfabriten in Ha vanna , der Hauptstadt der Tabakinsel Kuba , gibt es«inen Angestellten, dessen einzige Beschäftigung darin besteht, in den Arbeitsstilen zu singen und Witze zu machen. Es ist-er Burlador, der Spaßvogel der Fabrik, der die Arbeiter bei dem grauenhaft eintönigen 'Zigarrenrollen in der tropischrn Stickluft deS Tabakstaubes aufzuheitern hat. Er liest am Morgen zuerst di« Zeitungsneuigkeiten Vor, holt dann den Banjo, das Lieblingsinstrument der Reger, vom Rücken und läßt sich das gewünschte Programm bekanntgeben. Der ganze Saal schreit durcheinander: Una romance, una satira , cantllena oder einen von den Schlagern, der gerade in den Singspielhallen von Havanna populär ist. Dann singt der Burlabor sein« Lieder, di« Arbeiterinnen und Arbeiter rollen ihr« Tabakblätter zusammen und singen mit, bis der Burlador in-en nächsten Arbeitssaal geht und dort sein Programm von n«u«m beginnt. Aber er ist nicht nur Sänger, sondern muß auch die Agudezais und anecdotas erzählen, das sind die kleinen ulkigen Geschichten, di« bei d«n kubanische« Spaniern und Kreolen besonders beliebt sind. An die Ertzählungs- gabe und den Witz eines Burladors werden keineswegs gering« Ansprüche gestellt und ein guter Witzboll» ist daher auch der Liebling aller Arbeiter seiner Fabrik, denn sein« Spässe helfen ihnen über die lähmend« Müdigkeit hinweg, die vor allem in der Gluthitze der Nachmittagsstunden das mechanische Wickeln der braunen Blätter zur Qual macht. Dieser Brauch besteht in den Zigarrenfabrtken Kubas schon seit Jahrzehnten und wurde aus der Zeit der Negersklaverei übernommen, Damals be- täübten die schwarzen Sklaven-en dumpfen Jam- ncer ihres Frondienstes mit ihren afrikanischen Gesängen, heut« wird der Burlador von der Fabrik dafür bezahlt, daß er die Akkordleistungen der Arbeiter steigert, die an einem Tag mehr als hundert« der großen Zigarren fertigstellen. Er verdient sein Brot jedenfalls Ebenso schwer wie die schlecht bezahlte« Zigarrenwickler, denn acht Stunden lang singen, lustig zu sein und todmüde Menschen zum Lachen zu bringen, ist keine Kleinigkeit und kaum einer von den reichen Rauchern, die nach , nem üppigen Essen ihr« Upmann oder Henry Clav genießen, hat ein« Ahnung, daß zu seiner braungrünen Havanna auch der kubanisch« Burlodor sein redlich Teil beige tragen hat. Vo. Jo. Ehrlose Berufe. Aus»er ftulturgefc&icgte M finstersten aitittelatter*.
Ausgabe
12 (3.6.1932) 131
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