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Ginzelpreis 70 Heller. ( Einschließlich 5 Heller Portn

Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen ſozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12. Jahrgang.

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Donnerstag, 23 Juni 1932

Frankreichs Reparations Sensation in Genf :

vorschläge.

Yound- Zahlungen erst bei Besserung

der Wirtschaftslage.

Paris , 22. Juni. Die Lausanner Bericht­

erstatter ber Bariser Blätter berichten über die

Nr 148.

Rüstungsverminderung um ein Drittel.

Darlegungen des franzöſiſchen Finansminifters Ein Vorschlag Hoovers an die Abrüstungskonferenz. Herr Spina

Germain- Martin, der seinen englischen Kollegen

die französische Meinung über die Reparationen darstellte. Für die Phase der Krise, deren Dauer nicht genau vorhergesagt werden könne, annähernd aber längstens auf zwei Jahre, würden sämt­liche deutschen Zahlungen eingestellt werden. Dann würde Deutschland seinen vertraglichen Zahlungsverpflichtungen durch Naturalliefe rungen nachkommen. Dadurch würden gleich­zeitig die Handels- und Industriebeziehungen zwischen den zwei Staaten gefestigt werden. Ehe fich die Verhältnisse nicht bessern, denke Frant reich nicht an eine Wiederaufnahme der Zah­lungen nach dem Young- Plan.

Die neue Staffelung der deutschen Repara­tionszahlungen würde erheblich herabge­setzt werden, doch beharre Frankreich darauf, daß diese Zahlungen auch in Zukunft aus zwei Teilen bestehen, nämlich:

1. aus der Summe, die der Summe gleich tommt, die Amerika zu fordern hat,

2. aus einer Summe, die zwischen den Staa ten aufgeteilt würde, die bisher eigentliche Reparationszahlungen erhielten.

Um das Uniformverbot. Die Länder behalten sich noch Bedenfzeit vor. Berlin , 22. Juni. Im Reichsministerium des Innern trat heute vormittag elf Uhr die an­gefündigte Konferenz der Innenminister der Länder zusammen. Nach einleitenden Worten des Reichsinnenministers fand eine eine mehr st in­dige Aussprache über die innenpolitische Lage und die Handhabung der Verordnung gegen politische Ausschreitungen statt. Die Vertreter sämtlicher Länder äußerten sich eingehend über die Verhältnisse in ihren Ländern und nahmen zu den einzelnen Punkten der Verordnung Stel lung. Am Schluß der Aussprache richtete der Reichsinnenminister an die Ländervertreter die ,, dringende Bitte", die heute bestehenden länderrechtlichen Vorschriften, d. b. das Uniform­und Aufmarschverbot in Süddeutschland , der Po litik der Reichsregierung anzupassen und eine einheitliche Handhabung der gesamten Materie herbeizuführen.

Die endgültige Stellungnahme der noch von der Auffassung der Reichsregierung abweichen den Länder wurde dem Reichsinnenminister in fürzester Frist zugefaat.

werden.

Genf , 22. Juni. Der Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz trat heute Nachmittag zu einer auf Veranlassung der amerikanischen Delegation über­raschend einberufenen öffentlichen Sitzung zusammen, an der nahezu sämtliche 54 auf der Abrüstungskonferenz vertretenen Staaten teilnahmen. Unter unge­gewöhnlicher Beteiligung der internationalen Presse und des Publikums erteilte Henderson dem Führer der amerikanischen Delegation Botschafter Gibson das Wort.

Gibson machte der Versammlung die Mitteilung, er sei vom Präsidenten der Vereinigten Staaten beauftragt, dem Hauptausschuß eine Erklärung zu übermitteln, die in diesem Augenblid in der ganzen Welt veröffentlicht werde; Hoover gebe sich der Hoffnung hin, daß sein Vorschlag zu einer allgemeinen und gründlichen Prüfung des Abrüstungsproblems führen werde.

Gibson verlas sodann die Botschaft Hoovers, die in dem Vorschlag gipselt, die gesamten Weltrüstungen um ungefähr ein Drittel herabzusetzen. Durch eine Herabsetzung der verheeren den Rüstungslasten würde der wichtigste Schritt für eine Erholung der Weltwirtschaft getan. Die Ab­rüstung würde die Furcht und das gegenseitige Mißtrauen beseitigen, das die Folge der Rüstungen sei.

Die Bootschaft Hoovers entwickelt dann im Einzelnen einen umfassenden Abrüstungsplan, der von dem Grundgedanken ausgeht, daß der von allen Staaten unterzeichnete Kellogg Patt

und die d

Demokratie.

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Es ist seit langem ein seltener Genuß.ge­worden, einen bürgerlichen Politiker sich für das demokratische System einsetzen zu sehen, ein höchst seltener und um es gleich zu sagen niemals ungetrübter. Nämlich der Motive wegen, aus denen sich gelegentlich so ein bürgerlicher Politiker daran erinnert, daß seine Partei eigentlich demokratisch" ist und für diesen sonst wenig gehegten und gepflegten Begriff eine Lanze zu brechen sich bemüht. Eben weil die Rolle eines bürgerlichen Ver­treters als Kämpfer für die Demokratie eine so rare geworden ist, verdient fie Beachtung. Besonders wenn es ein führender deutscher Landbündler ist. Es war Minister Doktor so empfiehlt Amerika die Herabsehung Spina, der am Sonntag auf dem Kreispar­der Gesamttonnage der Panzerschiffe um teitag des Bundes der Landwirte in Mährisch­cin Drittel, der Flugzeugmutterschiffe Neustadt in seinem politischen Referat ebenso sowie der Kreuzer und Torpedoboote gegen den Hakenkreuzfascismus wie für die um ein Biertet und der Unterseeboote Notwendigkeit der Bewahrung des demokrati­um ein Drittel. Die Gesamttonnage schen Systems in unserem Staate manches der Unterseeboote soll in feinem Staate Richtige und Treffende sagte, dem allem, nur 35.000 Tonnen überschreiten. ein Fehler, leider ein sehr entscheidender, an­haftete. Wir werden bald sehen welcher.

Abschaffung der Bombenflugzeuge ge:

fordert.

Was die Seerüstungen angeht,

Der Ton, auf den Herrn Spinas Rede

bedeute, daß die Staaten ihre Rüstungen ledig­lich zu Verteidigungszweden zu ge­brauchen gedenken. Die Land, Luft- und Flottenrüstungen bildeten ein einheitliches Gan­zes, deshalb müßten auch die amerikanischen Vorschläge als ein Ganzes betrachtet werden. Land Auf dem Gebiete der Die Botschaft Hoovers stellt zum Schluß rüstungen sicht der Plan Hoovers die vollständige Abschaffung der fest, daß der amerikanische Plan zu einer starken Tanks, des chemischen Krieges und Serabsetzung der Ausgaben für Neubauten und der beweglichen schweren Artillerie vor. Erneuerung der Kriegsschiffe führen würde. Er gestimmt war, war dieser: aus Nützlichkeits­Die Personalstärke soll um ein würde jeder Nation die Möglichkeit gro- gründen können und dürfen sich die Sudeten­Drittel herabgesetzt werden. her Ersparnisse auf dem Gebiete der Land-, deutschen eine andere Politik als eine demokra­Jeder Staat soll nach diesem Plan nun- Luft- und Flottenrüstungen verschaffen. Jeder tische nicht leisten, denn die Sudetendeutschen mehr so viele Truppen unterhalten dür: Staat müsse zu dem gemeinsamen Werk beitragen. seien eine nationale Minderheit, stünden einem fen, die er aus Gründen der inneren Es sei ein Wahnsinn, wenn die Welt sich weiter harten und übermächtigen Gegner gegenüber, Sicherheit und um einen Angriff ab- in militärischen Ausgaben erschöpfen wolle. Die der stets darauf lauert, die Waffen, die ihmi Bereinigten Staaten hätten ihre Vorschläge ein- ein verantwortungsloser, hemmungsloser Ra­wehren zu können, braucht. Als Grundlage für die Berechnung gebracht, um die Völker zu entlasten. der Personalstärke jedes Staates soll die Im Anschluß an die Verlesung der Botschaft Heeresstärke genommen werden, die der Hoovers gab Botschafter Gibson einige tech Versailler Vertrag für Deutschland nische Erläuterungen zu dem Plan und betonte nochmals, daß Amerika bereit sei, seinerseits große festgesetzt hat. Auf dem Gebiete der Luftmaterielle Opfer auf dem Gebiete der Abrüstung rüstungen wird die vollständige zu bringen.

Frankreich beharrt weiter auf Sicherheit".

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dikalismus deutscher nationalistischer Parteien in die Hand drückt, gegen das ganze deutsche Volf zu gebrauchen, die deutsche Jugend als staatsfeindlich" aus dem Staatsdienst zu ver­drängen. Antidemokratische, fascistische Bestre bungen hierzulande, seien nur geeignet, antide­mokratische Strömungen, nationale Unduld­jamkeit und nationalen Chauvinismus auf der anderen Seite zum Schaden der deutschen Min­derheit zu stärken, was schon bisher nicht ohne Erfolg geschehen sei.

In der anschließenden Debatte erklärte der die bisher lediglich akademischen Wert hatten. Die Kronprinz Wilhelm möchte Kaiser englische Außenminister Simon, die englische russische Delegation lebne jede Verantwortung Regierung begrüße den amerikanischen Vorschlag für den Mißerfolg ab. Sie begrüße die Vor­So weit, so gut. Die Gründe, die Mini­London, 22. Juni. ( Conti.) Ter diploma- in allen seinen Einzelheiten. Großbritannien schläge der amerikanischen Delegation umsomehr, deutschen eine Besserung ihres Schicksals nur tische: Korrespondent des Daily Telegraph " be hoffe, daß der Plan von allen Seiten alsbald als diese in mehreren Bunkien mit den russischen ster Spina dafür anführt, daß die Sudeten­faßt sich mit einem Gerücht, wornach der vor- geprüft werde. Die englische Delegation behalte Vorschlägen übereinstimmen. sich ihre endgültige Stellungnahme noch vor. Der deutsche Delegationsführer Nadolny im Rahmen des demokratischen Regimes zu malige deutsche Stronprinz London in naher Zu Was die Secrüstungen betreffe, so wisse er erklärte, daß die deutsche Delegation mit größtem erhoffen haben und daß für sie der Fascismus funft einen Besuch abzustatten beabsichtigen joll nicht, ob die im Hooverplan vorgeschlagenen Interesse und mit besonderer Befriedigung von sich nur verderblich und verhängnisvoll aus Der Korrespondent behauptet, daß die zuständi Methoden die geeignetsten seien, um den indivi- den Vorschlägen des Präsidenten Hoover Kennt wirken fann, sind sicher stichhältig. Aber wenn gen: Behörden einen solchen Besuch genehmigen duellen Verhältnissen der einzelnen Länder nis genommen habe. Die amerikanischen Vor- seine Ausführungen darin ausklangen, daß er würden, jei keineswegs sicher, wenn auch der Rechnung zu tragen. Großbritannien wünsche schläge hätten das Verdienst, der Konferenz einen seine Ausführungen darin ausklangen, daß er vormalige Kronprinz erklären sollte, der Besuch aber eine größere Abrüstung auf diesem Gebiete neuen Impuls zu geben. Die Vorschläge sagte ,,, die deutschen Bauern bekennen sich aus sei rein privater Natur, in England und anders als man allgemein annehme. erschienen der deutschen Delegation sehr ge- langer, schwerer, geschichtlicher Erfahrung zur wo würde doch die Auffassung entstehen fön­Paul Boncour erklärte für Frankreich , daß mäßigt. Man müsse hoffen, daß man im Demokratie", so wird man selbst nach dieser nen, daß dabei politische Ziele verfolgt würden. es an seiner bisherigen Auffassung, daß Laufe der Verhandlungen noch zu viel ent- Rede finden, daß es doch nicht die wahre Liebe Tatsache sei, fährt das Blatt fort, daß neuer- Rüstungsherabsetzungen nur im Zusammen- scheidenderen Maßnahmen gelangen werde. Je ist, welche die Landbündler ihr Herz für die dings von Anhängern einer Wiedereiniet- hang mit der Organisierung der gründlicher die Rüstungsherabsetzungen seien, Demokratie entdecken läßt. Man kann des Wiedereinset- üstungsherabsetzungen zung der Hohenzollern inoffizielle im dierungen in verschiedenen Hauptstädten über die Sicherheit erfolgen fönnten, festhalte; man. it so leichter löſe ſich das Problem der Herrn Spinas Rede um und um wenden, man müßte zu Abrüstungsvereinbarungen kommen, Gleichberechtigung, deren Schaffung eine wird darin kein einziges Wort entdecken, das eventuelle Aufnahme eines solchen Ereignisses die dem gegenwärtigen(!) Zustand der der wichtigsten Bedingungen für den Erfolg der die Deutung zuließe, daß er für die Demokra­Sicherheit entsprächen und sofort verwirklicht Konferenz sei. werden könnten. Die französische Delegation sei Im weiteren Verlauf der Diskussion er- tie um der Demokratie willen eintrete. Er Berkürzung der Arbeitszeit. bereit, die Hooverschen Vorschläge zu prüfen, griffen noch die Vertreter Italiens , Japans und kann es sich sogar nicht versagen, vor dem Fascismus- in Deutschland ein höchst Berlin , 21. Jun.( Tsch. P.-B.) Das Reichs- müsse aber den Vorbehalt machen, daß gleich Spaniens das Wort. artiges Kompliment zu machen. Ja, in arbeitsministerium ist seit langen bemüht, zurzeitig die bekannten französischen Vorschläge auf Washington optimistisch. Deutschland ! Dort könne man sich eine solche Gebiete der Organisierung des Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine freiwillige Dem Washington, 22. Juni. Im Weißen Hause hemmungslose Politif eventuell noch ,, leisten", Verkürzung der Arbeitszeit herbeizuführen. Neuer- Friedens zur Erörterung gestellt würden. dings sind auch die Landesarbeitsämter in den Eine schematische Herabsetzung der Rüstungen wurde heute erklärt, die Vorschläge. Hoovers wobei Spina noch hinzufügte, er wolle nicht Dienst dieser Aufgabe gestellt worden, an der sie um ein Drittel würde für gewisse Länder Un stellten das Ergebnis langer Verhandlungen und ungerecht sein und nicht über so manche psy durch ihren Aufgabenkreis besonders interefft rt gerechtigkeiten schaffen. Zum Schluß Ueberlegungen dar und seien das, was in Genf chologische Grundlage einer solchen Politik hin find. Die Landesarbeitsämter sollen dut beführte Paul Boncour den Nachweis, daß Frank erreicht werden könne und müsse. Die fran- wegsehen", was schon stark nach einem Recht fondere Kurzarbeitsausschüsse auf di Arbeitsreich bereits weitgehend abgerüstet(!) babe. Er zösische Regierung, die anfangs die Vorschläge streďung in den einzelnen Gewerbezw. g und bemerkte ausdrücklich, daß der Hooverplan nicht fritisch betrachtet habe, werde doch auf dieser fertigungsversuch gegenüber dem Hitlerismu Betrieben ihres Bezirkes hinwirken und an den durchgeführt werden könne, ohne daß die Frage Bajis zu einer Einigung mit England, Amerika ausschaut. Aber bei uns sei das eben gan und Italien gelangen. Selbstverständlich habe die anders. Wir müssen gestehen, daß ein demo Verhandlungen dieser Ausschüsse auch die Ge- der Sanktionen geregelt würde. Der russische Volkskommiffär Litwinow übte amerikanische Regierung nicht die Absicht, mit fratisches Bekenntnis, das nur ort- und zeit werbeaufsichtsbeamten und gegebenenfalls die scharfe Kritik an den Arbeiten der Konferenz, den Kriegsschulden ein Handelsgeschäft zu machen. gegeben ist, das für seine Existenzberechtigung Schlichtungsorgane beteiligen.

unternommen worden seien.

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