Seite 4 Sonntag, 16. Oktober 1832 Nr. 245 T agesneuigkeiten „Daudmann"-ßummel ein Zuchthäusler Ter„Patriot" und„Kricgsheld". Basel , 14. Oktober. Die in der Schweiz angestellten Nachforschungen haben ergeben, daß der Schwindler Agnaz Hummel von 1924 bis 1927 in der Schweiz im Zuchthaus gesessen hat. Im September 1923 hat Hummel zwei schwer« Einbrüche in Basel verübt, einen in eine Filiale des Allgemeinen Konsumvereins, bei dem Lebensmittel entwendet und über die badischschweizerische Grenze verschleppt wurden. Den zweiten Einbruch unternahm der„letzte Kriegsgefangene" mit jpvei Helfern in eine Billa , deren Besitzer verreist war. Die Spitzbuben richteten sich mehrere Tage in der Billa häuslich ein und schafften Silberzeug, Wäsche, Kleidungsstücke und Schmv.cksachen im Wert« von 3500 Franken ebenfalls über die Grenze nach Baden. Im letzten Augenblick wurden sie von der Polizei erwischt und verhaftet. Hummel erhielt damals außer der Zuchthausstrafe auch zehn Jahre Landesverweisung. Die Mörder des Bulgaren Dimitrow- zwei Bazis. Ei« Fememord? Wie«, 15. Oktober. In der Mordaffäre Dimitrow ist eine Wendung eingetreten. Der Mörder Schirmer, der sich nun im Landgericht rn Chemnitz befindet, mußte im gestrigen Verhör bekennen, daß seine Gattin und der Chauffeur Colditz an der Ermordung des bulgarischen Kaufmannes Dimitrow aktiv mitgewirkt haben. Frau Schirmer bestieg das Auto, in dem Schirmer und Dimitrow saßen und das der Chauffeur Colditz lenkte. Die Eheleute Schirmer haben dann gemeinsam mit dem Chauffeur den Bulgaren überwältigt und erschlagen. Bevor die gefesselte Leiche in die Vöckla geworfen wurde, zog Schirmer die Uhr und Kette aus der Tasche des Toten und übergab sie dem Chauffeur Colditz . Im Zusam- menhang mit der Ermordung Dimitrows wurde gestern auch ein Leipziger Juwelier namens Eichhorn verhaftet. Schirmer und Colditz sind beide nationalsozialistische Parteigänger. Der Winter ans der Reife. Schneefall im Schwarzwald . Freiburg i. Br., 15. Oktober. Der plötzliche Wetterumsturz in Südbaden— am Donnerstag würden noch 15 Grad Wärme gemessen— verbunden mit anhaltenden Regenfällen, brachte dem Hochschwakzwald in der Nacht zu heute den ersten Schnee. Bis auf 1000 Meter herab liegt eine geschlossene leichte Neuschneedecke. Bei ansteigendem Barometer ist mit einer Verschärfung des Frostes zu rechnen. * Wettersturz in Frankreich . Paris , 15. Oktober. Aus zahlreichen Gegenden Frankreichs , namentlich aus der Normandie und dem Nordosten des Landes, werden große Schäden gemeldet, di« durch die gestrigen heftigen Regengüsse und Stürme verursacht wurden. D'e Straßen- und Eisenbahnverbindungen sind vielfach unterbrochen. Die elektrischen und Telegraphenmast« wurden an vielen Stellen gebrochen. An einigen Stellen wurden kleine Häuser überschwemmt. SterMermrg Minderwertiger? Gesetzentwurf des preußischen Landesgcsund- heitSrateS. Berlin » 15. Okwber. Der preußische Lan- deSgesundheitsrat hat, wie amllich mit» geteilt wird, einen Gesetzentwurf über die Reu« Freunde ermordet .•. toeil er nitöt allein Fteröen wollte. Eine schauerliche Auffassung von Freund-! schäft und Freundestreue hat ein angesehener reicher Bürger der Stadt Minneapolis im Staate Minnesota an den Tag gelegt. Er hat, weil er nicht allein sterben wollte, seine neun besten Freunde mit sich in den Tod genommen. Wir sind vom Lebmr heutzutage schon vieles gewohnt und wissen, daß es grausigere Romane schreibt als die wüstest« Phantasie noch so fähiger Roman- schreiber sich nur ausdenken kann. Aber im vorliegenden Falle handelt es sich um die Verwirklichung einer Idee, die selbst alle amerikanischen Exzentrizitäten übersteigt. Gab da in Minneapolis der reich« Bürger Harry Schmidt ein auserlesenes Abendessen, zu dem er neun seiner besten Freunde eingeladen hatte. Alles verlief in bester Stimmung. Dann hatte der Gastgeber zum Schluß des opulenten Mahles eine Flasche Chartreuse aus dem Schrank geholt, von der er, als von einem besonders kostbaren Tropfen, schon während des Mahles erzählt hatte. In Erwartung eines ganz außergewöhnlichen Genusses leerte man das erste Glas auf einen Schluck, nicht ahnend, daß dies Glas wirklich Letztes Becher der Vergangenheit darstellt«. Kaum hatten der Gastgeber und seine neun Freunde das geleerte Glas wieder abgesetzt, als ne alle zehn sich in Krämpfen auf dem Boden wanden und einige Sekunden später tot da lagen. Niemand konnte sich dies schauerliche Drama erklären. Die sofort von der erschrockenen Dienerschaft herbeigerufene Polizei und Mordkommission stand vor einem Rätsel. Die vom Arzt und Gerichtschemiker angestellte Untersuchung ergab zwar unzweifelhaft Vergiftung durch Cyankali , aber nirgends fand sich bei de» wrgfältigsten Nachforschungen auch nur die geringe Spur des Täters. Wer konnte an diesem Massenmord ein Interesse haben? Da klärte schließlich das Testament des Gastgebers die Sache auf. Sein Rechtsanwalt überbrachte der Staatsanwaltschaft einen Brief mit der Ausschrist:„Drei Tage nach meinem Tode der Polizei zu übergeben". Der Brief enthielt die Mitteilung, daß Schmidt sich entschlossen hatte, aus dem Leben zu scheiden, daß es ihm aber an Mut und Kraft, zum Revolver zu greifen, gefehlt hatte. Er fühlte sich außerstande, allein in den Tod zu gehen. So griff er zu dem tödlichen Mittel des vergifteten Likörs. Neun Menschen mußten ahnungslos gemeinsam in den Tod, weil eineb zu feige war, allein zu sterben. Sterilisation(künstliche Beseitigung der Fruchtbarkeit) ausgearbeitet. Nach diesem Gesetz soll die freiwillige Sterilisierung für geistig Minderwertige, sexuale Verbrecher und emiger Kategorien prner Personen eingeführt werden, die erblich belastet find. Nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen ist jede Sterilisierung, die aus anderen als aus reinen Heilzwecken vorgenommen wurde, als Verbrechen der schweren körperlichen Verletzung anzusehen. Ei« Bubenstreich. ULhorod, 15. Oktober. Auf einem Wien Geleise in der Station A n t a l o v c e, die die Endstation der schmalspurigen Strecke der Staatsbahnen Antalovce-ULhorod ist, standen gestern nachts acht leere Güterwagen und ein mit Brennholz beladener Waggon. Ein unbekannter Täter lockerte die Bremsen, so daß die neun Waggons in Bewegung gerieten und gegen den Bahnhof fuhren, wo eine Personenzugsgarnitur stand. Durch Umwerfen der Weiche entgleisten aber die Waggons und st ü r z- ten beim Prellbock vom Eisenbahndamm hinunter. Sämtliche Waggons wurden stark beschädigt. Der Schaden wird auf 160.000 Kronen geschätzt. Nach dem Täter wird gefahndet. Pazifismus ist unerwünscht; was für den Eingeweihten nichts Neues ist und nur die verwundern dürfte, die Beness Rede im letzten Foxjournal gehört haben. Was aber Lehmann-Rußbült, der Berliner Pazifist und Autor der beiden grundlegenden Werke„Die" blusige Jnternasionale" und die „Revolution des Friedens" über den Stand der Rüstungen im Zeichen der Abrüstung schreiben und etwa in Prag oder Komotau sagen durste, das hat der Karlsbader Polizeihauptmann nach dem Muster seines Reichenberger Kollegen verboten. Ueber die Herrn Waffenverdiener nil nisi irsu«: nur der, der sie als Wohltäter der Menschheit im allgemeinen und des Vaterlands im besonderen preist, wird Gnade und Freundschaft finden im Auge der Sicherheitsbewahrer, die allerdings ohne sie des Waffenschmucks entraten müßten. Was aber an diesen Verboten, die gegen den veranstaltenden Verein, die Linksfront, gerichtet sind, am skandalösesten ist, muß besonders angeprangert werden: der wochenlang angemeldete Vortrag wird erst 24 Stunden vorher verboten, damit nur ja keine Rechtsmittel erhoben werden können und damit der Vorliegende und der Veranstalter zumindest um die Reise- und Aufenthaltsspesen geschädigt werden. Es ist nach und nach wirklich unerträglich, in welcher Weife sich die Parsisanen und Bannerträger des Herrn agrarischen Innenministers die Demokratie dieses Staates auslegen; nichts hindert sie an ihrem Unterfangen, selbst die heißesten Friedensbeteuerungen Herrn BeneSs genügen nicht als Argument, daß man wahrhafte Friedenspropaganda nicht terrorisieren dürfe. Niemand fällt es ein, gegen die nasionalen Scharfmacher und Kriegshetzer vorzugehen: aber Pazifismus ist unbeliebt, auch wenn nur die Wahrheit gesprochen wird. Da kommt es nicht darauf an, daß der Inhalt so eines verbotenen Vortrags in erlaubten Büchern enthalten ist und in jeder öffentlichen Leihbibliothek erhoben werden kann.... Genosse Dr. Conrad Schmidt ist am Freitag in Berlin im Alter von neunundsechzig Jähren gestörten. Conrad Schmidt stand seit Jahrzehnten in uuseren Reihen. Er war gleichermaßen den Sozialwissenschaften wie der Literatur zugetan, war eifriger nationalökonomischer Forscher, dem die Lehrtätigkeit an der Leipziger Universität durch hie Art der Lehrfreiheit im Wilhelminischen Deutschland unmöglich gemacht würde, der aber diese Möglichkeit in her Schweiz fand. Erst nach der Revolution konnte er ein« Professur in Deutschland erlangen. Conrad Schmidt war Mitbegründer der Berliner Volksbühne, hat ungemein viel getan, um das Theater den Arbeitern zugänglich zu machen, in der Arbeiterschaft Verständnis für das Theater zu erwecken, und hat dies viele Jahre lang vor allem als Theaterkritiker des Berliner „Vorwärts" getan.— Die deutsche , Sozialdemkratie verliert in Conrad Schmidt einen ihrer wertvollsten wissenschaftlichen Mitarbeiter, einen sehr verdienstvollen Genossen, dem besonders di« Kulturbestrebungen der Arbeiter am Herzen lagen. Ei« Masaryk- Gedenktag. Am 16. Oktober 1882, demnach gerade vor fünfzig Jahren, hielt der 32jährige Dr. Thomas G. Masaryk , außer- I ordentlicher Philosophieproseffor an der k. k. Vom Rundhink Empfehlenswertes ans veir Programme«., Montag. Prag : 6.15 Gymnastik. 10.00 Blasmusik. 18.25 1 Deutsche Sendung: Dr. Libora: Neues vom 4 Bildfunk. 19.20 Gitarrenvorttäge. 20.15 Tanzmusik. j 20.30 Klavierkonzert. 21.00 Orchesterkonzert.— 3 Brünn: 15JO Klavierkonzert. 1720 Bücherneuhei- a ten. 18.25 Deutsche Sendung: Prof. Gaj-W deczka: lieber vulkanische Gewalten. 20.15 Lieder D verschiedener Völker.— Mähr.-Oftran: 12.20 Or- i chesterkonzert. 17.50 Slowakische Volkslieder. 18.25| Deutsche Sendung: Mit dem Motorrad durch 3 die schöne Slowakei . 20.15 Harmonikakonzert.— M Berlin: 20.00 Philharmonisches Konzert.— Bres- t lau: 21.00 Cellokonzert.— Hamburg: 20.00 Zweite 3 Symphonie von Gustav Mohler.— Königsberg:| 18 25: Bachs Klaviersuiten. Dienstag. Prag : 6.15 Gymnastik. 11.00 Schallplatten. 15.30 U ^'..'linkonzert. 18.25 Deutsch « Sendung: Dr. U Müller-Freinefels: Das Weltbild der Gegenwart.-« 19.30 Aus dem Nationaltheater. 22.20 Blasmusik. M — Brünn: 12.30 Orchesterkonzert. 16.00 Frauenfunk. 1 18.25 Deutsche Sendung: Herta Rudolph: 3 Aufgaben der Äugend von heute.— Berlin : 16.30 Listt. 21.10 Streichquartett«.— Breslau : 20.40„Der 1 fliegende Holländer', Oper von Wagner.— Königs-| berg: 19.25 Klassische Musik. — Wien : 1520 Biosin- 1 Vorträge. 20.00 Volkstümliches Konzert. 21.00 Drei j aus dem alten Wien . tschechischen Karl-Ferdinands-Universität, seine« f Einfuhrungsvortrag. Vom Jahr« 1879 war T. s G. Masaryk Privatdozent der Philosophie an der Wiener Universität . Die Prager tschechische Uni- j versitäl führte seit der Teilung der alten Univer« J sität i n eine tschechisch« und eine deutsche erst r vierzehn Tage ein selbständiges Leben und nahm; gerade di« Inskription ihrer Hörer für die philo-| sophische und juridische Fakultät vor, die anfangs. des Wintersemesters des Jahres 1882/83 eröffnet| wurden. Der Vortrag Masaryks fand um 4 Uhr 3 nachmittags im Klemenünum im Hörsaal Nr. 7 1 statt. Sein Thema lautete„Ueber die Wahr- 1 scheinlichkeitsrechnung als Grundlage der neuen Logik." Für das erst« Semester seines Prager I Wirkens kündigte Masaryk einen Vortrag über> die Geschichte der Philosophie im Altertum, wsi- i ter das Lesen und eine Erläuterung von Des-'s tartes Werk„Diskussionen über die Methode der Wahrheitsfindung in den Wissenschaften." Ueber das Auftreten des Professors Masaryk schrieb die damalige Tageszeitung„Leske Noviny": Er) machte seine Ausführungen in einer so^ lebhaften 1 und hinreißenden Art, daß ihm zum Schluß die| warme Anerkennung aller Versammelten zum Z Ausdruck gebracht wurde.' Di« Kinderlähmung in Prag . Es wird vn-' lautbart: Perschiedene Zeitungsnachrichten über 1 »euaufgetauchte Fälle von Kinderlähmung und" deren Verbreitung haben begreiflicherweise.«ine, Beunruhigung der Oeffentlichkeit Prags verur- 3 sacht. Seit Anfang des Jahres wurden 18 lokale,’ 17 fremde Erkrankung-- und zwei Todesfälle ge-| meldet. In letzter Zeit, insbesondere während deS heurigen Jahre«, mehren sich die Fälle dieser Ertränkung m ganz Europa , insbesondere in■ Deutschloiüd, eS besteht aber nicht die geringste Ursache zu übertriebenen Befürchtungen, da di« i Krankheit nicht epidemieartig austritt, von Per-| so« zu Person nicht leicht übertragbar ist und nur in milder Form austritt. Das Phhsikat von Prag hat im Einvernehmen mit dem Staatlichen< Gefundheitsinstitut die notwendigen Schutz- und Heilsera beschafft. Die Epidemiologie des Leidens ist bisher ziemlich dunkel, ieiner Verbreitung der Krankheit wird mit allen Mitteln entgegen-- gearbeitet. Arbeitereinstellungen. In den beiden.Hand- schuhsabriken Justav I. Berger und Oskar Lan-! ger in Oberwiesenthal sind in den letzten Tagen wieder neue Einstellungen von Arbeitern erfolgt, da der Auftragseingang sich wesentlich gebessert hat. Das laUrM unserer Kleinhauern und Häusler . Daß unsere Kleinbauern- und Häuslerorganisationen außer der wirtschaftlichen Interessenvertretung des keinen Landvolkes auch im Geistesleben dieser Bevölkerungsschichte eine große Roll« spielen und durch unermüdliches Wirken jahraus jahrein wichtige Aufklärung, reiches Wissen und die Elemente einer neuen Weltauffassung und Kultur aufs Land hinaustragen, wird wohl beute niemand mehr bestteiten können. Dieser Tatsache wird man sich auch bewußt, wenn man den„Kalender für das Landvolk 1933" durchstudiert, der vom Zentralverband der deutschen Kleinbauern und Häusler in der Tschechoslowakischen Republik nunmehr zum zwölftenmal her- ausgegeben wird. Die gediegene Aufmachung und die auf jeder Seite festzustellende Sorgfalt, die bei der Zusammenstellung des Inhaltes beobachtet wurde, sprechen dafür, daß der Herausgeber dieses ländlichen Jahrbuches konsequent das Ziel verfolgt, nicht nur im belehrenden, sondern auch im unterhaltenden Teil mit zur Hebung und Bereicherung des geistigen Lebens des kleinen Landvolks beizutragen. Wer mit den ländlichen Verhältnissen vertraut ist, der weiß, daß der Kalender in meisten Fällen das einzige Buch ist, das im Verlause eines Jahres irt einer bäuerlichen Familie angeschafft wird. Um so größere Bedeutung kommt also seiner Beschaffenheit zu, soll er über das Unterhaltende und praktisch Belehrende hinaus auch zur Vergrößerung des Weitblickes seiner Leser beitragen. Daß dle- ser Umstand im Kalender für das Landvolk 1933" weltgehende Beachtung findet, geht bereits aus dem Vorstehenden hervor. Diese Üeberlegung regt auch zum Vergleich mit den verschiedenen traditionellen Bauern-Kalendcrn ar» Es steht nach eingehender Prüfung des erwähnten Jahrbuches fest, daß ein solcher Vergleich nur zu dessen Gunsten ausfallen kann. Man wird in den diversen Bauernkalendern lange suchen müssen, um auch nur Ansätze einer neuen, zeitgemäßen Gestaltung zu finden,' während es der Herausgeber des Kleinbauern-Kalenders in der glücklichsten Weis« versteht, eine Widerspiegelung der weltbewegenden Zeitereignisse zu geben, das Denken des arbeitenden Landvolkes der Geisteswelt der Arbeiterklasse näherzubringen und desi Weg aus dem Chaos und der Not unserer Tage zu weisen. Es sei die Beurteilung des.»Kalenders für das Landvolk 1933" nicht geschloffen, ohne einige nähere Worte über seinen Inhalt zu sagen. In dem erzählenden Teil finden wir einige sehr gute ernste Geschichten, bzw. Auszüge aus Büchern. An erster Stelle ist„Der Kampf um den Wald" aus dem Buch«„Polnische Bauern" von W. S. Rehmont zu nennen. Es wird darin der verzweifelte Kampf der waldarmen Bauern geschildert, denen der übermütige Gutsbesitzer den lebenswichtigen Forstbestand vor der Nase Wegfällen läßt.„Die Wasserleitung" von Ftih Müller- Patenkirchen wiederum belehrt darüber wie schwer sich der Fortschritt auf dem Dorfe durch- zusetzen vermag und welch tragische Konflikte durch die revolutionierende Technik in der Bauernseele oft ausgelöst werden können. Bon Leo Tolstoi stammt ein« Erzählung, in welcher er den tiefen Gedanken ausführt, daß in der kapita listischen Ausbeutungswirtschaft die Menschen seelisch als auch leiblich verkümmern.„Das Korn so groß wie'n Ei" ist der Titel dieser Geschichte. Ein treffliches Gegengewicht zu diesen ernsteren Darstellungen bilden einige humorvolle Geschichten; von denen besonders zu nennen sind, einesteils in der Egerländer Mundart geschriebene Episoden aus dem sagenumwobenen Leben des Pfarrers Erlbeck aus Ünterjamny, ferner eine prächtig« Geschichte aus dem Buche„Mein frohe- Völkchen" von dem Erziehungsreformer Paul Ge org Münch und ein Bruchstück aus„Aus'm al'en Testamente" des.Jsergebirglers Franz Gruiid- mann. Manches Interessante und Belehrende erfährt der Leser aus den Aufsätzen„Schwerer Trachten" von Dr. Hermann Brummhofer, dann ..Wie bei den Indianern gewählt wird", eine sehr gute und das Proletariat zum Denken anregende Darstellung aus dem Buche„Regierung" von B. Traven . Ueber den hartnäckigen und beschtver- lichen Kampf der Bauern an der Nordseeküste, der sogenannten Marschenbauern, um ein Stück mehr Bauland erzählt Erich Fischer, während Dr. Martell über das Wesen des Regens schreibt und Gertrud Frankl ihre Erfahrungen über die verderblichen Auswirkungen des Alkohols und in der Trinkerfürsorge mitteilt. Ueber„Essen und Trinken" schreibt sehr instruktiv Dr. Singer. Abgesehen von dem mit wertvollen Notizen ausgestatteten Kalendarium, den verschiedenartigsten Vormerkungen, Aufstellungen und Verzeichnissen findet der praktische Landwirt eine Reihe von größeren Fachaufsätzen, so über Agrarkrisen der Vorkriegszeit von Dipl. Hdl. C. Lucke, über die Arbeiten der Obstbauern und über viele Teilfragen aus dem bäuerlichen Leben, die auch für die Hausfrauen wertvoll« Himoeist enthalten. Nicht unerwähnt soll bleiben die Rechtsberatung in Fragen der Einräumung von Not-. wegen, Verjährung und Ersitzung, Biehschlach- tung, Fleischausschrotung und schließlich auch die Winke für erste Hilfeleistung. Eine willkommene Belebung erfährt der' „Kalender für das Landvolk 1933" durch den reichen Bilderschmuck, der auch internationale und Ereignisse aus der Kleinbauerorganisation «m verflossenen Jahre festhält. An erster Stelle sei hier das Erinnerungsblatt für den Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus Karl Marx zu seinem 50. Todestage am 14. März 1933 genannt. Der verstorbene Kleinbauerfreund und Arbeiterführer Rudolf Rückl wird durch ein Porträt geehrt. Desgleichen finden wir das Bild des südmährischen Kleinbauernjub»ars Wenzel■ Cydlik und einige Kunstdruckbilder, aus denen besonders das Bild„Osttiroler Bauern" mit einem erklärenden Zusatztext herausragt. Um zu einem zusammenfassenden Urteil zu kommen, kann ruhig gesagt werden, daß di« zwölfte Ausgabe des Kalenders für das Landvolk die beste aus seiner bisherigen Reihe sein dürfte. Sie wird für sich allein werbend wirken. Trage aber auch jeder Leser dazu bei, das: dieses Jahrbuch seinen Weg in das letzte Heim unserer Kleinbauern und Häusler findet. W.W , I
Ausgabe
12 (16.10.1932) 245
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