Nr. 250.
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Samstag, 22. Oktober 1932.
Seite 5.
wochentags
Hübnersuppe!
8 Mart 16 Schüsse. In Mittelhart bei partei aun ausgeschlossen? Er hat bezeichnen konnte. diese Nuznießer des Bad Aibling ( Bayern ) brachen mehrere junge ich hier nämlich als Nazi vorge- falschen Daubmann wagen es jetzt, die Auch Leute in einen Kiosk ein, saben sich jedoch von stellt! Daz Daubmann in den Versammlun- badische Landesregierung drohend zu fragen, was dessen Besitzer überascht. Der Kiost- Inhaber gen es lebte, in ordinärsten Ausdrücken sich zu sie im Fall Daubmann getan hätte? Wir wissen wurde durch 16 Schüsse lebensgefährlich verlegt. ergehen, wird uns auch von vielen anderen Stel- es nicht, aber was wir wissen, das ist, daß das Die Täter flüchteten mit ihrer Beute. Es waren len bestätigt, aber was sieht man einem so großen Berliner Naziblatt gleich Herrn Hitler gegenüber 8 Mark. nationalen Manne nicht alles nach, wenn er jo Frankreich erklärt hat: Ostar Daubmann, Dir 256 deutsche Zeitschriften in Prag . Die füh- furchtbare Leiden in französischer Gefangenschaft find in uns die Rächer entstanden, die rende Stellung der Hauptstadt in geistiger Be- bat austosten müssen. Offenbar wollte Daub den sadistischen Franzosen heimzahlen werden, ziehung geht am besten aus der Konzentrierung mann" mit den ordinären Redensarten die Zu- was sie an Dir begangen haben!" Hummel und Hitler , sie sind einander der Zeitschriftenliteratur in Prag hervor. Von hörer foppen, die nicht merkten, was für einen den ungefähr 2674 periodischen Drudschriften, liederlichen Sterl sie vor sich hatten." würdig. Dieser Hummel ist genau soviel Oskar die in der Tschechoslowakei erscheinen, werden Um ihren Anteil an Hummel und dem von Daubmann, wie der Oberosaf ein Sozialist ist. 708, das ist mehr als ein Drittel, in Prag her- ihnen mitangelegten nationalistischen Schwindel Der Schneider Hummel hat ein paar arme Eltern ausgegeben. Unter diesen befinden sich 256 zu verdecken, hatten die Nazis die bei den und die Dummen betrogen. Hitler und seine deutsche Zeitschriften, das ist bei einer Gesamt- Hitlerleuten übliche Unverfrorenheit, eine An- Partei wollen ein ganzes Volk von 65 Millionen zahl von 477 deutschen Zeitschriften in der Tiche- frage im badischen Landtag einzubrin- Menschen beschwindeln. Auch dieser Betrug wird choslowakei mehr als die Hälfte sämtlicher deut- gen. Dieselben Nazis, als deren Angehöriger sich auf die Dauer so wenig gelangen, wie der des schen Zeitschriften. Für das deutsche periodische der Schwindler Hummel mit vollem Recht Schneiders Hummel! Schrifttum fommen außer Prag noch Reihenberg als Erscheinungsort von 88 dentschen Zeitschriften und Aufsig a. E. mit 49 deutschen Zeitschriften in Betracht.
„ Daubmann"- ein Nazi'
Der Berg meint es gut.
Bon D. J. Heinrich.
Richard Karger ist Bergmann. Er fährt jeden) Tag auf Zeche Concordia III ein. Jeden Tag. Eine Woche früh um sechs, die andere mittags, wenn die Glocken läuten, die dritte am Abend.
*
Das Fell des Arbeitstieres Karger ist vielfach
geflidt. Es wird immer wieder zerrissen. Nach dem Schichtwechsel hängen feuchte Sumpen herab; fie fleben an den Beinen, die acht Stunden in schwarzer Jauche standen.
Ja, heute, warum nich heute. Gerade hente. Gerade heute.
Du wirst doch nicht... wo wir immer beide... Klara.
Was denn immer beide? Immer beide? Ich dächte... natierlich fannste gehn. Natier
Mit lit. siedendem Wasser übergießt man einen GRAF Hühnersuppewürfel,
aus den
der
besten Hühnern
hergestellt ist.
lich( wenn bloß der Husten nicht kommt). Aber nee, Bahren eine Gasse forbern zu den surrenden Wagen aber nee, daß die andern dann reden...
Die nationalistische Presse schäumt vor Entrüftung über den falschen Oscar Daubmann, obgleich es gerade die Blätter der Herren Hitler und Hugenberg waren, die den Riesenschwindel vom letzten Kriegsgefangenen" ermöglicht haben. Sonderberichterstatter wurden von ihnen nicht nur nach Endingen geschickt, sondern borher auch nach Italien und in die Schweiz , um den von den Franzosen so mißhandelten und Alles ist dreckig: das Gesicht, die Hände, die um feine Jugend- und Mannesjahre betrogenen Seele. Nur über eins staunt Richard Karger, daß Daubmann" abzuholen. Die Hugenbergpreffe das Blut, das er hin und wieder spudt, so schön hatte sogar Tag für Tag und in feitenlangen rot aussieht. Manchmal beugt er sich vor: es müßte Fortsetzungen die Heinkehr des Nationalhelden doch dasselbe schwarze Zeug drin sein, das man eingeschildert und das Buch mit dem entjeßlichen atmet, das sich an die Augenlider schmiert und die Schicksal des Gemarterten liegt bereits gedrudt Ohren verkleistert. Aber nein, das rote Blut bleibt... in einem Berliner Verlag, wo es zur Zeit ein- jauber. Jestampft wird.
Klara darf es nicht sehen. Er nimmt sich in acht, so gut es geht. Und wenn wirklich der Husten kommt( verdammt schon wieder), dreht er beiseite, spudt ins Taschentuch, in das er sich nicht einmal die Nase schneuzt, und verliert es mandymal, das Taschentuch.
Klara arbeitet in der Porzellanfabrik. Das heißt bis vor einem Monat. Da wurden zweihundert rausgeschmissen.
Na, wie is denn? fragt sie.
Klara zieht sich die Bluse an. Weiz mit roten Bunkten. Die Handtasche liegt auf der Kommode. Er geht zur Tür. Stellt sich davor. Dableiben wirste! Dableiben werd ich? Dableiben? Los, laß mich raus, Richard!
Ihre Blicke ringen. Seine Hand, wird von der Klinke gerissen. Seine Hand stößt einmal in die Luft zweimal gegen ihre Schulter. Ein Stuhl steht im Wege. Das Mädel mit den dünnen Armen reißt ihn, sich anflammernd, mit um.
Dann kommt der Husten doch.
Raus ist sie. Und ihre Augen waren groß und verschwommen. Knallte nicht die Tür? Ja doch, Kalt liegt unten.
Klara! Klara!
Ralt liegt unter der Tür.
Baldachin. Wenn die Sterne herunterfielen, blieben sie im Rauch stecken, zur Erde fämen sie gar nicht, die Sterne. Nur er findet den Weg durch den Rauch. Kartoffelader, über den sich jest wie ein einge
Die sozialdemokratische Volts oach t" von Freiburg veröffentlicht über den nationalistischen Daubmannrummel zahlreiche bisher nicht bekannte Einzelheiten. Es hätte nicht biel gefehlt, so wäre der Schwindler auch von Sindenburg als Gast empfangen worden. Der alte Generalfeldmarschall und Reichsprästdent sollte das Opfer französischer Barbarei per Er geht dann durch den Wald, sieht oben die iönlich fennen lernen und der Erzgauner Hummel ersten Sterne und im Tale die ersten Schornsteine. war bereits von früheren Offizieren einstudiert, Ach so mit dem Heiraten? Wenn ich Hauer ge- Zwischen oben und unten schwimmt Rauch, wie ein, wie er seinen Vortrag über Gefangenschaft und worden bin. Das muß ja bald sein, sagt er. Flucht zu halten habe. Der Empfang bei Hinden-| Das werde ich doch nicht, benkt er. burg unterblieb, weil eine Persönlichkeit aus Wenn bloß der Husten jest nicht kommt! Klara Freiburg" das Büro des Reichspräsidenten ge- ist schon argwöhnisch geworden. Es gibt Stämmi warnt hatte. Wenn diese prominente Persönlich-| feit bereits seit längerer Zeit" Verdacht gegen gere, die suchen sich die Steiger aus. Umgeffect ist " Daubmann" hatte, warum hat sie nicht ebenjo er noch nicht. Immerhin gut. Weil sich das gleich rechtzeitig die Deffentlichkeit gewarnt? Sollten in der Abteilung herumspricht. Da hat man geschuftet. Ein paar Sechser liegen die deutschen Nationalisten in ihrer Hetzkampagne nicht gestört werden? Heute faffen sich die Patrio - auf der Sparkasse ( für die Anzahlung), meint die Klara, und nun haste keinen Mumm. Ueber Jahr ten an den Kopf, wie sie so an der Nase herum- und Zag gehts schon, das Hinundher. Die Weiber geführt werden konnten von einem Betrüger, offen Entlarvung jedem Kriminalbeamten in wiseln im Hofe; die Mädeln aus der Fabrit gehen 24 Stunden möglich gewesen wäre? Ja warum? tanzen und sagen, Beine schmeißen wäre gescheiter Weil die Nationalisten betrogen sein wollten, als Warten. weil ihnen dieser ,, Daubmann" nur allzu gelegen|
gekommen ist.
Recht habense, recht habense! schreit die Klara. Er steht am Fenster und lacht vor Zorn. Er lacht nur, wenn er sich nicht zu helfen weiß. Seine Bunge stolpert über die Worte, so oft er sich verteiBigt. Schließlich wird dann einer stumm. Und lacht
nur. Da kann der andere denken, was er will.
Ein Eßnapf Inallt auf den Tisch, rollt, steht fest wie angebaden. Wie ein Signal ragt der Blechlöffel
Los, los, iß schon!
legtes mausgraues Band der ewige weg zieht, zivischen rostigem Draht und ausgebubbelten Steinen. Ein Grammophon plärrt Dialoge, von schlechter Musik verunreinigt. Weiter drüben Gesang zu einer Ziehharmonika, Rinderstimmen darunter.
Dann das Zechentor, weit nach innen geöffnet. Blechmarken flimpern auf dem Fensterbrett der wärterbude. Das Tor fängt alle, alle auf. Rommet her zu mir.
Vor den Sternen, wie rasch aufgerichtete, notdürftige Barrikaden, durch die man allenfalls dumme Gedanken hindurchschießen kann, stehen die Fördertürme.
In dieser Nacht spuckte nicht nur Richard Kar
ger, sondern es spuckte auch der Berg. Gestein flog
mit Milchglasfenstern.
Richard Karger geht nach Hause. Die Schulter schmerzt zwar, aber der Arzt sagte: Schwein gehabt, Mensch, so dicht dabei! Dann gabs ein Pflaster auf der nicht wußte, was er sagen sollte. die abgeschürfte Haut. Karger lachte, weil er mie
Draußen vor dem Tore standen nur noch we nige. Zuerst sollten zwanzig tot sein, dann zehn, zulegt waren es nur sechs. So gut meint es der Berg, daß er ein paar Dutzend Kinder weniger heulen läßt.
Unheimlich still ist es. Man hört den Husten zu
schr. Klara ist noch nicht da. Deshalb spuckt er wieder bedächtig ins Taschentuch.
Gut meint es der Berg Hellmann Paul jah schlimm aus; das Gesicht neben der Lampe war verdammt bleich, so bleich, daß man ihm die Lampe ruhig wegnehmen konnte; er brauchte sie doch nicht mehr. Die eigene Fungel lag irgendwo unterm Gebält. Stara tanzt noch. Wie rot das Zeug im Taichentuch ist. Und so sauber. Schön siehts aus.
Knaden im Türschloß, Schritte, die Tür auf: Jrr fladernde Augen ihm gegenüber, der Mund offen, zitternd...
Dannt ist sie bei ihm. Die dünnen Arme fließen
über seine Schultern. Hände taſten...
Da bist du ja, Richard. Du, du... Keiner wußte, ob du drunter bist... Die Hackerten nich, die Menzeln nich. Gerannt bin ich, so gerannt bin ich. Haste schon gegessen? Was red ich denn? Es ist ja Nacht. Richard, ich hab gar nicht viel getanzt, Richard, glaub mir's.
Das Taschentuch sieht sie Blutt?
Ja, Blutt.
Die Klara sieht das Blut an, sieht ihn an. Aber dir ist doch nischt passiert, Richard? Wo
denn?
Nee, nee schon immer!
Er lacht. Sie lacht.
Och, und ich hab so' n Schred gefriegt, Richard. Sie zieht ihre flatschnasse Bluse aus, wirst fic
aus dem schwarzen Munde und prasselte über lächerliche Hölzer in die aufspritzende Jauche. Den Menichentieren wurde der Atem ausgepreßt, als sie auf aufs Bett, feszt sich.
zerschlagenen Snien wegtriechen wollten.
Das is doch nicht schlimm? Was?
Das mit dem Mutt.
Dieser falsche Daubmann ist zuguterlegt nicht von dem Schneider Summel gemacht, sondern von der nationalistischen Presse und dem nationalistischen Terror, der vor allem Ausland ausgehaltenen Schurken bezeichnete, der auch nur zweifel hegte, wie sehr viele Bewohner aus Brattlößen und Sauerkraut. Ihr Dummen. Der Berg meint es gut mit euch. bon Endingen , die jedoch vom Terror niederEr lacht. Warum denn so eilig. Noch eine ganze Was rennt ihr da fort? Ihr wolltet doch immer gehalten wurden. Vier Wochen vor seiner Heimbalbe Stunde. Da schlingt man den Fraß schon noch Ruhe! Nun hat der schwarze Mund gesprochen, nun Brattlöße? O, na, da gehts ja. Er flatscht solltet ihr schweigen, aber da schreit ihr nach euren Hummel bei seinen Verwandten in Endinda auch Ausgerechnet nach euren Weibern, die euch Bortrag im größten Saal von Endingen unter dran. Wie er das sagt, wird es ihnt warm; denn hungrige Kinder und halbleere Schüsseln hinhalten,| er denkt daran, was für runde Backen die Klara wenn ihr heimkommt. Da stehen sie nun vor den zusammengeflappten Durchs sieht er Flügeln des Zechentores. Jammernd, die Augen rot- Weile: Schornsteinen schießen steile Flammen empor geweint. Drinnen aber im Hofe ist es stiller als viel Radau, heimlich, wie Richard Karger es auch macht. Fast wird man nichts gewahr.
runter.
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leinen Umständen aufs Podium ging, sondern nur von seinem Plaz aus sprach. Für diese Vor- hatte, als er noch Quartierbursche bei ihren Eltern
träge hat Hummel viel Geld bekommen. U. a.
bezahlte ihm ein
Ariegerverein
in furzen
Baden 500 Mark für den Abend. Aus einem und verfärben sich zu didem Rauch. Dort war die draußen. Wenn der Berg spudt, so tut er es ohne Vortrag in Sädingen berichtet die Freiburger Klara bis vor einem Monat.
,, Volkswacht":" Sonntag abends kamen Kinder
bom Vortrage Daubmanns nach Hause und
Essen sollste endlich!
Er geht an den Tisch, zieht den Signallöffel
berichteten, der Daubmann sei aber eine große heraus. Warum denn so eilig, sagt er nochmal. So
Aber ich nich!
Wieso? Was willste denn? Was haste denn? Nischt. Laß mich in Ruhe!
Sau, er habe in seinem Vortrag vor den vielen viel Zeit! hundert Leuten in den ordinärsten Ansbrüden gesprochen und sich Ausführungen über das Kulturvolk der Franzosen erlaubt, die auf dem Lande nicht üblich sind. Man hat ihn nachher doch geehrt. Nun ist der Schwindel auf gebedt. Eine figliche Frage wollen wir stellen: Wird der Daubmann aus der Nazi
Du?
Bis es sich dann herumspricht. Bis einer übers Feld rennt, zu den Gärten, zu den Häusern, und der Schwarm der Arbeitsbienen sich am Tore zur Zeche Concordia III festhalt.
Ramen werden gerufen. Drohungen schlagen über das Tor. Die Weiber sind schwach, nicht einmal Kartoffeln vertragen sie; sie speien mitten auf die Straße und starren hinterher wie irr auf den eisernen Riegel. Sooft er weggeschoben wird, verdich tet sich der Schwarm, bis die Stummen auf den
Der Beweis für die Güte der Osram Lampe
ist die grosse Verbreitung in 80 Ländern der Erde. Solche einzigartige Verbreitung kann nur ein Qualitätserzeugnis, wie die Osram- Lampe es seit vielen Jahren ist, erringen. Osram - Lampen werden bevorzugt wegen ihrer hervorragenden Qualität, ihrer ausserordentlichen Lichtfülle bei gegebenem Stromverbrauch. Dieses bedingt die für den Verbraucher günstigste Lebensdauer. Osram Lampen sind in den Elektro- Fachgeschäften erhältlich.
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Jwoher, das geht wieder weg, sagt er und nimmt sich vor, überhaupt nicht mehr ins Taschentuch zu spucken.
Dann is es ja gutt. Richard, daß du lebst, daß du lebst..! Sie lacht in ihre Tränen hinein. Und nach einer Wieviel sind' benn? Sechse.
Und du bist da, Richard! Du bist bei mir. Weißte, manchmal, manchmal da glaub ich an' n lieben Gott . Mußt nich lachen, aber es is einem eben so.
Er hustet. Obgleich er jetzt gar nicht gelacht hat. Der Doktor meinte, auch, ich könnte froh sein, jagt er langsam.
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Richard Karger ist Bergmann. Er fährt jeden Tag auf Zeche Concordia III ein. Jeden Tag. Eine Woche früh um sechs, die andere mittags, wenn die Glocken läuten, die dritte am Abend.
OSRAL
OSRAM