Einzelpreis 70 Seller. ( Einschließlich 5 Heller Porto)

Sozialdemokrat

Jentralorgan 6. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12 Jahrgang.

Ersparungsmaßnahmen

Frankreichs  .

Paris  , 23. Oktober. Das heutige Amtsblatt beröffentlicht ein Dekret, laut welchem unter der Patronanz des Budgetministeriums der soge nannte Ober- Sparausschuß errichtet wird. Auf­gabe dieses Ausschusses wird es sein, Reformen und Maßnahmen aller Art zur Herbeiführung einer Ausgabensenkung auf sämtlichen Gebieten der Staatsverwaltung zu suchen und vorzuschla­gen. Der Ausschuß hat eine ausgedehnte Macht­befugnis und kann Untersuchungen nach eigenem Gutdünken vornehmen. Sämtliche Organe der Staatsverwaltung stehen ihm zur Disposition, Der Ausschuß wird in jedem Ministerium und jedem Staatsunternehmen eine Sparkommission einsetzen, die mit der Ausarbeitung von Anträgen zur Vereinfachung der Geschäftsführung, zur Verbesserung der Arbeitsmethoden, eventuell zur Serabsehung des Personalstandes usw. betraut sein wird. In diesen Kommissionen werden mit der gleichen Mitgliederzahl vertreten sein:

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früb.

Redaktion u. Derwaltung: Prag   II, Netázanta 18 Telepb.: 26795, 31469, Nachtredakt.( ab 21 Uhr): 33858 Bollidedamt: 57544

Dienstag, 25. Oftober 1932

Demission amtlich verlautbart.

Malypetr mit der Neubildung beauftragt.

Nr. 252.

dim 000:

Das Erwachen.

Flucht aus dem hitler- Lager.

Um das Spar- und Arbeitsprogramm der neuen Regierung wird täglich größer und bedroht die Braunen

Prag  , 24. Oktober. Am späten Abend wird amtlich bekannt gegeben, daß die Regie­rung dem Präsidenten der Republik die Demission gegeben hat.

Der Präsident hat die Demission angenommen und hat gleichzeitig den Vor­sitzenden des Abgeordnetenhauses Jan Malypetr   mit der Bildung der neuen Regierung betraut.

Bis zur Bildung des neuen Kabinetts wurde wie üblich, die alte Regierung mit der Weiterführung der Staatsgeschäfte betraut.

-

Mit dieser offiziellen Verlautbarung sind nunmehr und zwar reichlich spät endlich die verfassungsmäßigen Voraussetzungen dafür erfüllt, daß Malypetr mit den Koali­tionsparteien offiziell über die Bildung des neuen Kabinetts verhandeln kann. Da der Präsident der Republik natürlich niemanden offiziell mit 1. die öffentlichen Organisationen, die ein der Regierungsbildung beauftragen kann, bevor besonderes Intereffe an einem guten Funktio- nicht die alte Regierung offiziell ihre Demission ieren des öffentlichen Dienstes haben, z. B. Han gegeben hat und diese angenommen wurde, so delskammern, Gewerkschaftsorganisa- hat Malypetr bisher lediglich als Beauftragter tionen der Arbeiter, Arbeitgeberverbände, feiner Partei über die Kabinettsbildung verhan­Genossenschaftstooperativen usw. delt, und das Präsidium der Agrarpartei ist 2. die hohe Beamtenschaft und 3. die Angestellten natürlich kein verfassungsmäßiger Faktor, der niederer Kategorien. derartige Anordnungen offiziell treffen fönnte. Entgegen der in den letzten Pressekommen taren meist vertretenen Ansicht, daß Demission und Neubildung des Kabinetts Schlag auf Schlag gehen werden, die offizielle Bekanntgabe der De­mission also zugleich auch schon die Anfündigung sein werde, daß Malypetr sein neues Kabinett samt dem Programm bereits fir und fertig hat, muß festgestellt werden, daß dies nicht der Fall ist.

Die Delegierten der ersten zwei Kategorien werden von den zuständigen Ministern und die Delegierten der Angestellten von ihren Organi­sationen bestimmt werden. Die entsprechenden Anträge diefer Kommissionen müssen bis späte­stens Ende Feber 1933 ausgearbeitet werden.

-

Bedeckung für 700 Mitlionen Mark im deutschen   Budget für 1933 gesucht. Berlin  , 24. Oktober. Der Abgang im heuri gen Budgetjahr Deutschlands   wird nach pri baten Schätzungen ca. 700 Millionen Reichs mart( d. 1. annähernd 5.5 Milliarden K) betra gen. Der Abgang ist einerseits dadurch entstanden daß die Staatseinnahmen gegenüber der Budget schäzung um 400 Millionen niedriger veran­schlagt wurden, andererseits durch neue Ausga ben. Die letzteren sind in erster Reihe durch die Sanierung der Preußen- Kassa und in zweiter Reihe durch die Finanzaushilfen für die ost preußischen Gebiete verursacht worden. Zu Kaffa schwierigkeiten hat der ungünstige Stand der Reichsfinanzen angeblich noch nicht geführt, und man rechnet damit, daß es möglich sein wird wenigstens einen Teil des Defizites auf das nächste Budgetjahr zu überführen.

SA in Auflösung

lediglich dieselben Kombinationen, wie sie schon vor vielen Wochen von einzelnen Zeitungen vor eilig als bereits feststehende Tatsachen gemeldet worden sind. Auch heute sind diese Meldungen durchaus unangebracht.

Die Flucht aus der Nazipartei Häuser sowie ihren Führer mit einer Kata­strophe.

Am Samstag hat in Bremen   der Nazipräsident der Bürgerschaft, Rechts­anwalt Dr. Backhaus, sein Amt niederge­legt und ist gleichzeitig aus der Hitlerpartei ausgetreten. Backhaus war eine große Leuchte des Dritten Reiches. Er gehörte zum Ver­trauenskreis des Oberosaf, dem Backhaus in einem langen Brief die Gründe seines Aus­tritts auseinandergesetzt hat. Diese Gründe find rein politischer Art und der Fall Backhaus selbst ist typisch für die Stimmung sind rein politischer Art und der Fall

Tatsache ist lediglich, daß Malypeir heute unter den bisherigen bürgerlichen Naziwäh nachmittag bei Verhandlungen die sogenannte lern, soweit sie materiell nicht proletarisiert Exekutive der Staatsangestellten und auch ein- find. Kein Wunder und kein Zufall, wenn sich zelne Gewerkschaftsvertreter aus den Reihen der deshalb Gregor Strasser   dieser Tage in öffent­Parlamentarier erfolglos davon zu überzeugen lichen Erklärungen beeilt hat, das Privat­versuchte, daß eine Gehaltstürzung angesichts der eigentum anzuerkennen und die Lage der Staatsfinanzen nicht zu umgehen sein Hitlerpartei als festes Bollwerk des kapitali­werde. Wie es heißt, wurden dabei mit den Ver- tischen Systems anzupreisen. tretern der Angestellten die einzelnen Budget­posten auf die Möglichkeit weiterer Einsparungen her als der„ Revolutionär und Sozialist" des Dieser Gregor Strasser   galt bis­in den Sachausgaben überprüft.

"

Für morgen sind weitere Beratungen mit Braunen Palastes und als der große Gegen­Vertretern der Koalitionsparteien, darunter auch spieler des Bürgers Hitler  ". Strasser, das unserer Partei, über den gesamten Fragenkom- war für die SA   und alle Naziproleten der pler des Budgetgleichgewichtes und des Lehrmeister und Praktiker der deutschen  weiteren Arbeitsprogramms über- Revolution und des deutschen   Sozialismus". haupt angesetzt. Da solche Verhandlungen erfah- Wenn er sich jetzt beeilt, seine früheren Manu­rungsgemäß nicht ohne Schwierigkeiten zu ver- skripte und sein sozialistisches" Wirtschafts­laufen pflegen, dürfte die offizielle Bildung des programm buchstäblich zu verbrennen, einzu­Die Verhandlungen mit den Parteien über neuen Kabinetts wohl noch einige Tage auf sich stampfen und zum alten Eisen zu werfen, so das fünftige Arbeitsprogramm sind noch kei- warten laffen. neswegs beendet. Bisher hat Malypetr zu- Daß auch Malypetr selbst mit der Lösung illustriert dieser plötzliche Wandel sehr deut­meist nur mit dem Finanzminister verhandelt. der Personalfragen keineswegs schon die Frage lich den Schwindel des Hitlersozialismus. Es Der Effekt dieser Verhandlungen besteht darin, der Regierungsbildung überhaupt als abgeschlof- beweist aber auch, woher der Wind weht. Die daß Trapl seine ursprüngliche Forderung, daß sen ansieht, sondern größten Wert darauf legt, bürgerlichen Elemente in der Hitlerpartei be­im Budget noch 950 Millionen eingespart werden daß vor der offiziellen Kabinettsbildung ein ginnen abzuschwenken, die Kassenschränke der müßten, bereits auf 750 Millionen reduziert hat, Uebereinkommen zwischen den Koalitionsparteien Schwerindustrie und der Großagrarier wollen wobei auch diese Ziffer derzeit noch nicht als über Budget und Arbeitsprogramm wenigstens sich nur noch sehr schwer für die Propaganda­endgültig zu betrachten ist. in den Grundzügen vereinbart werde, bestätigt fonds der Braunen Häuser öffnen. Es ist Ebbe überdies auch der„ Venkov" in seinem Leitartikel geworden in den Nazifassen. Der Judas   der vom Sonntag. arbeitenden Klassen hat für die Junker und werden also entscheidend für das Zustandekom- Schlotharone seine Schuldigkeit getan. Um zu men der Regierung Malypetrs sein, deren Zu- retten was zu retten ist, läßt er jetzt den fei­ſammenseßung dann allerdings kaum von der nen Leuten" zuliebe den ,, sozialistischen  " Bal­am Samstag veröffentlichten Ministerliste ab- last abwerfen. Aus ist es mit der ,, nationalen

Erst die Verhandlungen der nächsten Tage

Daß dieser Betrag etwa ausschließlich durch Abstriche im Personalbudget, also durch eine Ge­haltskürzung, hereingebracht werden soll, ist keinesfalls richtig. Um so mehr entbehren die detaillierten Blättermeldungen, wonach die Kürzung bei dieser oder jener Minimalgrenze anfangen und dann so und so viel Prozent be­tragen soll, jeder realen Grundlage. Es sind dies weichen dürfte.

Kiel  , 22. Oliober. Die Sozialdemokratische Die Fata morgana schon wieder verschwunden.

Aus dem Monatsbericht der Nationalbank.

Revolution", die in Wahrheit nie etwas an= deres gewesen ist für Hitler, Goebbels  , Straf­ser und Konsorten als billige Agitationsphrase und Wahlhumbug.

Allerdings ein sehr zugkräftiger. Denn zu groß und furchtbar sind die Leiden, die dieses berfaulende fapitalistische System den Millio­

daß wohl die Komödianten und Betrüger in

Partei Neumünster   erhält fortgesetzt zu­schriften aus nationalsozialistischen Kreisen über die unhaltbaren Zustände in der SA  . Die, wie man in nationalsozialistischen Kreisen sagt, Prag  , 24. Oktober. Der Monatsbericht des 13inssätze bisher noch nicht in allen Gebie- nen der hungernden und darbenden Massen aristokratische Führung" hat unter den Angrif Bantraies der Tschechoslowakischen Nationalbant, ten der Republik zu einem Ende geführt wer- des Volkes auferlegt. So groß und furchtbar, fen der SA. schwer zu leiden, zumal die affenfonstatiert u. a., daß die Entwicklung der Welt- den konnten. berhältnisse in einer unglaublichen Unwirtschaftssituation zwar auch in der verflosse- Die definitive Schäzung der heurigen Ernte den Braunen Häusern, die Nutznießer des ordnung sind und mit sehr beträchtlichen nen Periode die Grundtendenz des Ver ist bei sämtlichen Getreidearten, nen Periode die Grundtendenz des Ver ist bei sämtlichen Getreidearten, hauptsächlich Volkselendes und des Hungers bedenkenlos Unterschlagungen gerechnet werden darf. trauens behielt, aber bei Roggen, höher als die Ergebnisse der zum Kapital abschwenken und ihre Schwüre daß jedoch die Anzeichen einer eintretenden vorläufigen Ermittlung. Bei Weizen ist heuer abschwören mögen; nicht aber die Darbenden Befferung, welche im vorangegangenen Zeit- das Verhältnis zwischen marktfähiger Ware und und Leidenden. Sintergetreide viel ungünstiger als in den Vor­

tensität eingebüßt haben.

Aehnliche Zustände herrschen in Husum  po dieser Tage eine ganze SA. Gruppe aus der Nazi- Partei ausgetreten ist. Dort sollte ein an den blutigen Vorfällen in Altona   beteiligt gewesener und jetzt verurteilter SA.- Mann seine Strafe an treten. Da ihn die Führung vollkommen im Stick ließ, ist er und seine ganze Gruppe mit Protest benz nicht an und die Preise gingen zurüd. Auf aus der Partei ausgener. die wirtschaftliche Entwicklung in Europa   wirken schieden. Bezeichnend für die Austritte und für die die wachsenden Zahlungsschwierigkeiten einiger Rebellion in der SA. ist, daß es insbesondere d Gebiete in Mittel- und Osteuropa ein. Broletengruppen sind, die gegen die ebensogu be zahlte wie hochnäjige Führung ankämpfen.

Der Fuchs predigt den Wölfen. Gömbös an die Arbeitgeber.

Die Wirtschaftslage der Tschechoslowakei   er­fuhr gegenüber dem Vormonate nur stellen­weise Aenderungen. Die Ansprüche der schwach beschäftigten Industrie an den Geldmarkt sind noch immer gering. Sonst stand der September­quartalultimo eher unter dem Einfluß Budapest  , 21. Oktober. Ministerpräsident des Bedarfes der öffentlichen Hand Gömbös wandte sich gestern abends mit einem Auf- und wurde ohne bedeutendere Anspannung be­tuf an die Arbeitgeber und forderte sie auf, die friedigt.

abschnitt auftraten, inzwischen wieder an Jusfahren. Das herbstliche Säen war schwierig und Die Folge ist, daß ebenso wie die bürger stellenweise bedeutend verspätet. Die Zuckerrübe, lichen erst recht die proletarischen Hitlerwähler Auf dem Rohwarenmarkte hielt die feste Ten- die bisher noch geerntet wird, ist im ganzen sehr die Flucht aus dem Nazilager antreten. Seit gut, die Kartoffelergebnisse sind aber sehr ver- dem Koalitions- Kuhhandel mit der schwar­zen Best" schwelt der Aufruhr in der SA und Die Beschäftigung der Industrieerzeugung hat läßt sich nicht beschwichtigen. Reihenweise sind fich in einigen Zweigen weiter gebessert, wozu ganze Stürme ausgeschlossen worden, aber be zum Teile auch die Saison beitrug; in den deutend größer ist die Zahl jener, die freiwil­übrigen Branchen werden die weiter ver- lig das Lager verlassen. Am deutlichsten zeigt schlechterten Zahlungsmöglichkeiten einiger sich dieser Hitlerschwund bei der gegenwärtigen Staaten ungünstig empfunden. Die Arbeits- Versammlungstour des Häuptlings. Er selbst lofigkeit nimmt aus Saisongründen, haupt- hat allen Glauben an einen Sieg verloren, aus seinen Fanfaren sind schwächliche Chamaden sächlich infolge der endenden Bausaison, zu. geworden und der große Führer und Erretter Der September- Außenhandel( der mit dem Deutschlands   erklärt: Wenn es Gottes Wilfe Bahl ihrer Angestellten und Arbeiter nach Mög- Unter dem Eindruc der allgemeinen bisher höchsten Aktivum der heurigen Monate lichkeit zu erhöhen, selbst wenn dies eine vorüber- Unsicherheit, hauptsächlich der politischen, gestal endete) bot in der Rohstoffeinfuhr und in der ist, daß wir siegen, so siegen wir; wenn es sei gehende Verminderung des Gewinns nach sich tete sich die Einlagenentwicklung auf dem Kapi- Fertigwarenausfuhr ein günstigeres Bild Wille ist, daß wir noch zehn Jahre warte: ziehen würde. Es sei viel vernünftiger, auf einen talmarkte bisher uneinheitlich und im ganzen als im Vormonate, der Gesamtumsas ist aber müssen, so warten wir". Die Massen ströme nicht mehr zuhauf und wo der Gottgesandte" Teil des Gewinnes zu verzichten und bescheiden zu stockend, so daß die Grundlage für langfristige anhaltend sehr herabgedrückt. leben, als durch die Verschärfung der sozialen Kredite eingeengt bleibt und die Durchführung Der Kurs der Ke blieb auch bei der Unruhe noch vor dem 31. Juli bis zu fünf und zwan Not die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Nation der Grundsätze des beratenden Ausschusses für auf den internationalen Märkten ohne Schwanzig Mark Eintrittsgeld für seinte. Versamm­einer Heimsuchung auszusetzen. Geldangelegenheiten nach Sentung der fungen. lungen erheben konnte, da begnügt er sich

b