Rr. 26? Samstag, 12. November 1832 Seite 5. Der Gekeyrlensrhrervtifch. Wae gibt es neues In vee Wiffeufehuft. Im Kopenhagener Finfen-Jnftitüt, der berühmten Forschungsstätte für die-Heilwirkung von Strahlen aller Art, erprobte man die sogenannten G r e n z st r a h l e n, nach ihrem Entdecker auch Bucky-Strahlen genannt, an etwa 700 Kranken, um über ihren zuweilen angezwoifelten Heilwert ein möglichst sicheres Urteil zu gewinnen. Grenzstrahlen sind„Weiche" Röntgenstrahlen; sie haben eine größere Wellenlänge als alle im Herlwesen sonst benutzten Lichtstrahlen. Ihre wichtige Besonderheit ist, daß sie nur auf die oberflächlichen Hautschichten wirken u»rd umso weniger tief dringen, in je geringerer Dosis sie angewandt werden. Die schwächste Darreichung wirkt nur auf die Oberhaut, eine bedeutungsvolle, kaum einer anderen Strahlenart eigentümliche Eigenschaft. Erhöht man die Dosis, so' dringen die Strahlen zu tieferen Hautschich-ten. Auf diese Weise kann der Arzt zielen, wrlche Hautschicht er behandeln will. Ausschlag, Schuppenflechte, Lupus und andere Hauterkrankungen wilrzeln in verschiedenen, durch richtig abge- timmte Grenzstrahlen-Behandlung zu erreichen- oen Hautschichten. * Wenn auch nur verhältnismäßig wenige Menschen sich heut« den Genuß von Forellen leisten können, so hat der Lebendversand dieses Edelfisches doch eine nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Bedeutung. Was di« Preußische Lehr- und Bersuchsanftalt für Forellenzucht in Albaum (Westfalen ) hierüber feststellte, ist umso beachtlicher, als die Grundsätze der Lebendbeförderung, die für Forellen gelten, auch auf andere Fische übertragen werden können. Um die Fische lebend von einem Ort an den anderen zu schaf- en, führte man den Wasserbehältern, die mit ihrer schwimmenden Last in die Eisenbahnwagen gestellt wurden, Sauerstoff zu,, ein zweckmäßiges, aber ziemlich kostspieliges Verfahren. Neuerdings ging man dazu über, im Wasser dadurch Sauer- toff zu erzeugen, daß man dem Lebenselement >er Fische Wasserstoffsuperoxyd zusetzte, von dem ich Sauerstoff abspaltete. Hierbei ist darauf zu achtem, daß der Wasserstosssuperoxyd-Zusatz nur gering ist, weil er den Fischen sonst schädlich wird. Da di« Praxis zu keinem einhelligen Urteil über das Verfahren gelangt«, wurde eben jene Bersuchsanftalt veranlaßt, die Angelegenheit wissenschaftlich zu erforschen. Als Ergebnis wnrdc festgestellt: Auf kurze Strecken lasten die Forellen sich zweifellos lebend befördern, wenn das Transportwasser mit Wasserstoffsuperoxyd angereichert ist. Nur muß verhütet werden, daß zuviel Sauerstoff sich entwickelt und daß etwa Schwankungen in dem Sauerstoffgeholt auftreten. * Wenn die Milch dm Kindern einmal nicht schmeckt, erklärt manche Mutter:„Das liegt daran, daß die Kühe jetzt nicht mehr im Stall gefüttert werden, sondern auf die Weide gehen." Em solcher Uebergang findet naturgemäß im Frühjahr statt. Weichei: Einfluß auf die Milchbeschaffenheit hat er? In der Preußischen Versuchs- und Forschnngsanstalt für Tierzucht in Tschechnitz (Schlesien ) wurdm 35 Kühe unter Ausschaltung aller erdenklichen Fehlerquellen einige Zeit zuerst im Stall und dann auf der Weide gefüttert und die hierbei auftretenden wechselnden Milchleistungen sorgfältig untersucht. Man maß und analysierte die Milch im April, als die Tiere noch Stallfutter fraßen, und dann von Anfang Mai bis Juni, als sie sich von Weidefutter nährten. Alle Kühe liefertm weniger Milch, sobald sie aus dem Stall ins Freie kamen. Bei einem Tier betrug der Rückgang des Milch- erträges volle 59 Prozent der Anfangsleistung. Zugleich wurde die Milch aber, wenigstens für einige Zeit, erheblich fettreicher. Jedenfalls schwankte der Milcherträg in der Uebergangszeit erheblich. Die Untersuchungsstelle schlägt vor, während der letzten Wochen der Stallfütterung eine„Ucbergangsfütterung" einzulegen, während der das Tier sich auf das zu erwartend« Grün- iutter vorbereitet. Da der Nährstoffgehalt der Weidenahrung wechselt, ist übrigens auch bei ihrer Anwendung einige Ungleichheit der Milcherzeugung nicht zu vermeiden. * Der Flieger wird unfähig, seine Glieder zu bewegen, sobald er in jene Höhe kommt, in der das Barometer nur 300 Millimeter Quecksilber anzeigt. Schon vorher fällt das Arbeiten ihm immer schwerer, je höher er steigt. Was ist die Ursache? Fehlt dem fliegenden Menschen der Sauerstoff, besten Menge mit der Höhe abnimmt, oder ist der verringert« Luftdruck dem auf einen tieferen Luftdruck eingestellten Organismus unzuträglich? Im Physiologischen Institut der Universität Cambridge suchte man die Frage zu klären, indem man die Versuchsperson in eine„pneumatische Kammer", das ist einen Raum brachte, dessen Luftraum nach Belieben gesenkt oder erhöht werden kann. Beeinträchtigt der verringerte Luftdruck di« Arbeitsfähigkeit, so muß dies« auch dann geschädigt werden, wenn die Versuchsperson zwar einem genügenden Sauerstos(verbrauch überlassen, aber einem übermäßig dünnen Gasdruck ausgesetzt ist. Die. Ver- suchswmmer wurde mit Sauerstoff von 240 und 170 Millimeter Quecksilberdruck angefüllt. Da es reiner Sauerstoff war, konnte der Mensch bequem darin atmen. Nur war der Gasdruck weit unter dem, der den emporsteigenden Menschen arbeitsunfähig macht. Wie erging es der Versuchsperson? Sie atmete und arbeitete ohne Verhinderung— ein Beweis, daß nur der Sauerstoffmangel den Menschen in größerer Höhe ohnmächtig macht. S. I—y. Barcelona als Lustschisfhasen? Dr. Eckener erklärte im Gespräch mit spanischen Luftfahrtsachverständigen, er würde es lebhaft begrüßen, wenn man in Barcelona Zeppeline bauen könnt«. Bar celona wäre ein prächtiger Startplatz für Zeppelin« nach Südamerika . Ein Zeppelin mit 50 Fahrgästen und einigen Tonnen Fracht würde die Streck« Barcelona—Pernambuco in 80 Stunden zurücklegen. Der Lufwerkehr laste sich viel regelmäßiger durchführen, als der gewöhnliche Schiffsverkehr. Gewiß seien die Fahrpreise höher, aber dafür sei auch di« Geschwindigkeit größer Ideal wäre es, wenn man als Start- und Landungsplatz für die Wnftrmona:« Barcelona benutzen könnte, während Friedrichs hafen für die Sommermonate in Betracht käme. Roosevelt -Rot. Die Pariser Modewelt hat auf die Wahl Roosevelts zum Präsidenten der Bereinigten Staaten sofort mit einer neuen Modenkreation reagiert, und zwar mit der Einführung der „Rooftveltschen roten Farbe", die am Donnerstag in den Auslagefenstern der Par'ser Modegeschäft« auftauchte. Die neue Farbe ähnelt in ihrer Nuance der Farbe von Rotwein. 5» sdilcmmten sic. Di« Berschwrnduugssucht der Fürsten und Ba rone. — Ein Hochzeitsmahl im Jahr 1560.— Unvorstellbare Mengen wurden vertilgt. - Als Eberhard Graf von Württemberg im Jahre 1474 Barbara, die Tochter des Herzogs von Mantua heiratete, wurden auf seinem Schloß in Ansbach 14.000 Personen gespeist. Aus drei Springbrunnen floß der Wein, daß er aus dem Blut der fronenden Bauern gekeltert war, sah man ihm nicht an. Ein Jahr später vermählte sich Georg der Bärtige von Bayern mit der Tochter des Herzoge Albrecht von Brandenburg . Der Schwiegervater brachte zu dieser Hochzeit nicht weniger als 1300 Pferde mit, die den reitenden Hochzeitsgästen und ihrem Gefolge gehörten. Die Braut selbst trug ein über und über mit Diamanten besetztes Gewand. Auf ihrem Haupte prangten Rubine von nie dagewesener Größe. Tie Brautjungfern waren in roten Atlas gekleidet und ihre Gewänder waren mit Perlen be-^ stickt. Di« prunkvollste Hochzeit, die es wohl je in deutschen Gebieten gab, leistete sich Magdalena, die Tochter des Herzogs Georg von Sachsen . Sie heiratete derr Herzog Joachim von Branoenburg und feierte ihre Hochzeit fünf Tage nud fünf Nächte lang. 22 Fürsten , 10 Fürstinnen, 5 Prinzen und 26 Grafen waren mit nicht weniger als 2084 Pferden gekommen, um der Braut zuzutrinken. D«r Brautvater übernahm die gesamten Hochzeitskosten. Er selbst trug goldene Ketten auf sich, die 20.000 Gulden wert waren.„Roter Samt war die gemeinste Tracht", heißt es in der alten Chronik, die darüber berichtete. Was man damals aß und trank, ist leider nicht bekannt; wir können eine andere Hochzeit anführen, von der alle dabei verzehrten Lebensmittel genau feststehen. Für di« Vermählung des Grafen Günther von Schwarzenberg, die im November des Jahres 1560 stattfand, wurde folgendes eingckauft: 700 Malten Korn lein: Malte bestand aus vier Scheffeln), 120 Hirsche, 160 Rehe, 150 große und kleine Schweine, 820 Hasen, 20 Auerhahne, 350 Birkhühner, 800 Rebhühner, 200 Kapaunen, 600 Haselhühner. 85 Schock Krametsvögel, 155 welsche Hühner, 20 Schwäne, die eigens gemästet worden waren, 24 Spanferkel, 24 Pfauen, 14 Schock anderer Vögel, 8 Schock Wildgänse, 100 Hammel, 100 Ochsen, 45 Schock zahme Vögel, 3550 Schock Eier(das sind rund 209.000 Stück!!), 175 Schock Tauben, 255 Spanferkel bereits gebraten, 200 Seilen Speck, 8 Rinder geräuchert, 47 Schweine geräuchert, 24 Kälber ein Jahr alt, 40 Kälber im Säuglingsalter, 4 Tonnen Schmalz, 8 Tonnen Butter. 7 Faß Weinessig, 10 Faß Bier- rstig, 200 Faß eingemachtes Wildpret, 720 Schock große Karpfen, 21 Zentner Hechte, 85 Schock Aale, die gleiche Menge grüner Forellen, sieben Fuder Krebse 20 Stübchen(?) Schmerlen, 24 Tonnen kleiner Gemangfischc(eine heute nicht Mehr feststellbare Bezeichnung), 10 Schock Neunaugen, 30 Schock BarbenSaalfisch, 3 Tonnen gesalzenen Heckt 6 Tonnen gesalzenen Lachs, 2 Tonnen Stör Tonne Aal gesalzen, 1 Ballen Schollen, 3 To. en Rotschier, 4 Tonnen Roggen, 3 Tonnen Hering, 3 Schock gedörrte Lampretten, 3 Scheffel Pflaumen, 1 Tonne Honig, 13 Zentner Wachs, 2 Zentner Späne für Beheizung, 2 Zentner Reis, 3 Zentner Hirse, 10 Zentner Nnschlitt- kerze, 1 Zentner Kirschenmus, 121 große Par- mesankäsc, 700 Holländerkäse, 4 Körbe Rosinen, 1 Butte Oblaten, 700 Kronen bar für verschiedene Zuckerwaren, außer Haus angefertigt, 200 Taler für Zwiebeln, 700 Klafter Heizung(weil es gerade stark fror) und 4800 Malter Hafer für di« Pferde der Gäste. Was die Getränke anbelangt, so wurden angeschafft^ 20 Läge! Malvasier, 25 Läge! Rheinwein, 25 Fuder anderen Weins vom Rhein , 30 Fuder Würzburger Wein, 6 Fuder Neckarwein, 12 Faß Breihahn, 24 Tonnen Hamburger Bier, 12 Faß Elmbecker Bier, 12 Faß Braunschweiger Bier, 6 Faß Geese, 6 Faß Mindischbier, 16 Faß Arnstädter , 30 Faß Zellischer Bier, schließlich noch 220 Faß Spießerbier für das Gesinde, sowie 10.000 Liter Landlvein kür das„gemeyne Volk". Dazu kamen noch 45.000 Taler für neu« Kler- dung der Bediensteten im Schloss« selbst, 5500 Taler für Stallung, 1000 Taler für Geschirr und Tischzeug nebst Teppichen. Neben diese Svcisekarte muß man einmal di« Lebensverhältnissc hallen, unter denen der größt« Teil der damaligen Bevölkerung dahinvegetierte. Mehr als einen Raum hatte fast kein Bauer zur Verfügung. Brot war die Hauptnahrung. Ein Fleischtag glich einem Fest. Auslän dische Delikatesten kannten sie nicht einmal vom Hörensagen. Wer«in Pf«rd hatte, war schon begütert zu nennen. Mehrere Tage in der Woche mußten sie für den Herrn arbeiten, ohne Lohn dafür zu bekommen. Mit einem Wort: Es war die„gute, alte Zeit". A. L. Stern. Volkswirtschaft und Sozialpolitik Internationaler Bund der Privat- angestellten. Der Internationale Bund der Privatangestellten, dem zur Zeit 900.000 Mitglieder angehören, hielt am 17. Oktober in Berlin eine Vorstandssitzung ab, die u. a. eine Entschließung annahm, die sich gegen alle Behinderungen des Handels in Form von Kontingentierungen, Einfuhr v e r b o t e n, hohen Einfuhrzöllen usw. aussprach. Der Vorstand beschloß, im Jahre 1933 in Prag eine Konferenz der Jugendleiter der verschiedenen Länder zur Aufstellung eines interinternationalen Jugendschutzprogramms für junge Angestellte abzuhalten. Was die Aktion in.Genf betrifft, so wurde festgestellt, daß, nachdem von der letzten Sitzung der Beratenden Angestelltenkommission des Internationalen Arbeitsamtes„die Fragen der Arbeitslosigkeit, der Konkurrenzklausel und der in Lohndienst stehenden Erfinder besprochen wurde, nunmehr die Fragen, der Sonntagsruhe, des Ladenschlusses, der Ferien, des Jugendschutzes und der rechtlichen Stellung der Handelsreisenden auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen. England schließt sich weiter vom Ausland ab. Im englischen Unterhaus wurde in den letzten Tagen eine große Debatte über di« Bekämpfung der Arbeitslosigkeit abgeführt, in der bedeutende Führer der Arbeiterpartei wiederholt das Wort ergriffen. Während dieser Debatte teilte der Ackerbauminister Major Elliot mit, daß die Politik der Abschließung Englands vom Weltmarkt insofern weiter fortgesetzt wird, als vor allem die Einfuhr von Lebensmitteln sowohl aus den Dominions, als auch aus dem übrigen Auslande weiter gedrosselt wird. Gegenwärtig finden Verhandlungen mit Dänemark , Holland , Schweden , Lettland und den anderen skandinavischen Ländern wegen der Reduktion der Einfuhr von Fleisch statt. Australien und Neuseeland sollen bereits einer Herabsetzung der Gefrierfleische,n- fuhr von 10 Prozent zuaestimmt haben. Ebenso haben die südanrerikanischen Importeure eine Herabsetzung der Einfuhr verschiedener Fleischsorten um 10 Prozent zugestanden. Topfouiker nah 2000 Jahren. Was kocht« man in der Steinzeit?— Sklaven als Makrelenfutter?— Kulturgeschichte der Küche. Es war für den Historiker, der amüsant sein wollte, inlNler reizvoll, nachzusorschen, was die Menschen in fernen Zeitaltern gegessen und getrunken haben. Soweit nicht beglaubigte und glaubhafte Berichte ferner Völker selbst Vorlagen, mußte man zu feineren Forschungsmechoden greifen, die denn auch zum Teil Ueberliefrrtes ergänzten und veranschaulichten. Wie schwierig solche Nachforschungen sind, kann man an einem Beispiel aus allerjüngster Zeit erkennen. Bei Herkheim im Rieß bei Nörd- ungen wurden unlängst bei Grabungen zwei uralte Tapfscherben gesunden, die Prof. Johannes Grüß als aus der Neolithikum stammend erkannte. Die Scherben waren also zehnllrusande von Jahren alt. Die mikroskopische und chemische Untersuchung ließ Spuren von Emmerkorn sowie Braunkohlensplitter von Tannenholz erkennen. Es ergab sich also die hochinteressante Tatsache, daß die Menschen in jener urfernen Zeit bereits gemahlenes Korn kannten. Bei den Ueberresten schien es sich um einen Kornbrei zu handeln, der über einem Feuer aus Tannenholz gestanden haben muß. Wie ungeheuer wichtig solche Untersuchungen sind, erhellt daraus, daß die obige Analyse den. Schluß zuläßt, daß die Ncolithiker entgegen anderen Vermutungen siß- hafte Ackerbauern gewesen sind. Nicht immer geht die Untersuchung natürlich auf so ferne und entlegene Zeitläufte zurück. Andere liegen uns auch naher, so zum Beispiel die Frage: was die alten Germanen aßen und tranken.. Bei Tacitus heißt es, daß sie viel Fleisch äßen und Met tranken. Ausgrabungen haben erwiesen, daß der Küchenzettel der alten Germanen bei weitem reichhaltiger gewesen ist, als man früher annahm. Sie kannten zum Beispiel verschiedene Arten des Fleischzubereltens, sie brieten es nicht nur, sie sotten es auch und daraus kann man schließen, daß sie auch die Zubereitung von Fleischbrühen kannten. Auch Wurzel- und Kräutersuppen kannten sie und wie findig sie waren, kann man unter anderem daran erkennen, daß sie aus ihren unsagbar sauren Holzäpfeln einen den Berichten nach ganz annehmbaren Met zu brauen verstanden. In Pompeji und neuerdings auch u» Her culaneum kann dcr fremde Besucher die riesigen Fischbottiche bestaunen, die die reichen Romer ausschließlich für ihre Küchenzwecke anlegen ließen. Besonders Makrelen wurden hier gehalten, viele tausende auf einmal und, allerdings unverbürgten, Ueberlieferungen zufolge soll man hie und da einen Sklaven in das Bassin geworfen haben, um die Makrelen besonders schmackhaft zu machen. Pompeji ist für alle Küchcnzettelarchäologen ein unerschöpflicher Fundort. Die Lavakata- strovhe, die urplötzlich über die unglückselige Stadt hereinbrach, hat alles aufs trefflichste. konserviert. Ganze Gastmähler konnte man rekonstruieren mit all ihren Gängen und Zwischengerichten, denn alles wurde von der Lava so zugedeckt, wie es im Moment der Katastrophe stand und lag. Aehnlich interessante Forschungen konnte man bei der Ausgrabung Trojas durch Schlie mann und seine Nachfolger machen. Tie Gastmähler und Gelage, die Homer so anschaulich beschrieben hat, fanden so Jahrtausende später ihre Bestätigung. Es ist keinesfalls unwichtig, zu wissen, was Menschen anderer Kulturen vor uns gegessen haben. Daß sie sehr oft bester, reichhaltiger und raffinierter als wir gegessen haben, müssen wir hinnehmen.• G. P. Geriditssaal Sn Frankreich abgestraft- in Prag neuerlich vor Gericht. Ein Raubprozeß mit tristem sozialen Hintergrund. Prag , 11. November. Das heutige Schwurgericht verhandelte«ine nicht alltägliche Sache. Angeklagt ist der 24jährßge Josef BlSek, der im Jahre 1928 als Bergarbeiter im lothringischen Kohlenrevier arbeitet«. Die Anklage legt ihm das zweifach begangene Verbrechen des Raubes zur Last, nebst Uebertvetung des D i e b st a h l s. Für die begangenen Straftat«» hat der Angeklagte bereits in Frankreich ein« dreizehnmonatltche Gefängnisstrafe verbüßt. Da aber der Staatsbürger ungeachtet der im Ausland erlittenen Straffolgen noch-er Verfolgung der inländischen Gerichte unterworsen bleibt, kam di« Sache neuerlich vor dem hiesigen Kreisgericht zur Verhandlung. Es war c'ne Gerichtsverhandlung ohne Zeuge« und ohne authentischer Beweisverfahren. Als Beweismittel dirnten die übersetzten Protokoll« der französischen Justizbehörden. Der Sachverwalt wirst kein günstiges Licht auf die sozialen Zustände unter der Arbeiterschaft jener Kohlengebirte. Bekanntlich haben di« Grübenherren in jenem letzten Jahr der Konjunktur massenhaft Arbeitskräfte aus dem Ausland« herangezogen, vor allem Tschechen und Polen . Maa braucht sich nicht lange den Kopf darüber zu zerbrechen, warum di« patriotischen französischen Bergwerksbesitzer ihren Bedarf an Arbeitskräften lieber aus dem Ausland deckten, als im sonst heißgeliebten Vaterland. Es liegt auf der Hand, daß die uwralssche Verfassung einer wahllos zusammengewürfelten und nicht immer aus den besten Elementen zusammengesetzten Arbeiterschaft nicht gerade musterhaft sein kann. Und sicherlich hat dieser Punkt im Kalkül der französischen.Kohlenmagnaten eine Rolle gespielt. Der angeklagte Josef Bl sek, der in der Stadt Ferrier« aux EtangeS arbeitet«, ist seinerzeit zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er in Gemeinschaft mit einem gewissen Franz Po» v o l n Y und einem, Johann Bi; iorek drei a>rder« Kameraden beraubt und bestohlen hatte. Auch di« Not, iu der diese Delikte begangen wurpen, ist bezeichnend für das Milieu, in welchem, dies« Sach« spielt. In der Nacht vom 8. auf den 9. Sep- 'tcmber 1928.(es war di« Nacht auf den Zahltag fand nach den Ausführungen der Anklage VlLek mit den beiden anderen Mittätern einen betrunkenen Bergarbeiter namens Jules D u- val auf der Straß« liegen. Sie fielen über ih>i her, schlugen ihn blutig und beraubten ihn seiner ganzen Habe. Sie war.armselig gcnug: ein Messer,«in« Nickeluhr und 80 Franken. Blistk setzte sich dem Angefalleneil..auf das .Gesicht und plünderte im Verein mit den Spreß-- gesellen die Taschen des Kameraden., Als sie nach vollbrachter Tat weitergingen, ja«« een sie einige Meter weiter«inen anderen Betrunkenen im Straßenschmntz liegen. Dieftm ging es nicht besser. Er wurde gewtiltfam 'um einig« Lebensmittel(Salami und Brot) und ein Bäckchen Tabak beraubt, vor.allem aber uns s«in« Brieftasche mit 130 Franken. Aber.nicht genug, damit. Nach einer Weil« stießen"sie auf etndn dritten Betrunkenen, der"seinen Rausch im Straßengraben aus schlief. Sie richleren sihn sauf und führten ihn freundschaftlich zu seiner Woh- »ung. Nachher fehlte ihm. eine Brieftasche mit 200 Frankrn. ■ Blöek hatte seinerzeit geständen, später aber sein Geständnis widerrufen. Seine Spieß, gesellen aber belasteten ihn und bezeichneten ihn als den Anstifter und Haupttäter. Man fand bei ihm auch verschiedene corpora delicti. Er erhielt, wie erwähnt, 13 Monat«. Im Gegensatz zum französischen Gesetz gehör: bei uns der vorliegende Tatbestand vor das Forum des Schwurgerichtes. Der Angeklagte leugnet« auch bei der heutigen Hauptverhandlung. Als Beweismittel fungierten die französischen Allen. Tie Geschworenen waren jedoch der Ansicht, daß di« verbüßten dreizehn Monate Straft geuuo fticn und verneinten mit acht Stimmen die Schnld- sragen auf Raub. Bon der Anklage wegen des letzten Falles, der di« Ue b« r i r,e t u ng des Diebstahls beinhaltet, trat der- Staatsanwalt während der Verhandlung zurück. Das Gericht TGR. Nedved) fällte demnach einen Frei- spruch. ro,
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12 (12.11.1932) 267
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