Seite 8 Mittwoch, 14. Dezember 1932 Nr. 294 Inspektorate von 14 auf 27 erhöht werden u. zw. durch die Errichtung neuer Inspekto­rate in Kladno , Laun, Raudnitz , Beneschau , Kolin , Taus, Klattau , Pisek , Nachod Deutsch- Brod, Leitmeritz , Komotau und Eger. In Mähren wären nach dem Antrag 5 neue In­spektorate zu errichten u. zw. in Jglau, Proß- nitz, Göding, Prerau und Neutitschein, wo­durch sich die Zahl der Inspektorate von 8 auf 13 erhöhen würde. Ganz schlimm sind die Dinge in der Slowakei und in Karpathoruß- land, wo die Inspektoren wegen der räum­lichen Ausdehnung ihrer Bezirke einfach nicht mitkommen können, was sich denn auch die Unternehmer weidlich zu Nutze machen. Hier scheint auch noch der Antrag der Gewerkschafts­zentral« ungenügend, wenn sie die Errichtung von drei neuen Inspektoraten in Tyrnau, Sil- lein und Michalovce fordert, da eS dann in der ganzen Slowakei immer erst 9 Inspek­torate, gäbe. Dasselbe gilt für Karpathoruß- land, wo neben dem einzigen bisher bestehenden Inspektorat in ULhorod ein zweites in Muka- öevo errichtet werden soll. Es ist auf das drin­gendste zu fordern, daß die Anträge der Ge- werkschastszentrale so rasch wie möglich ver­wirklicht werden, damit wir zu einer wirklich .leistungsfähigen Gewerbeinspektion kommen, die dem oft unverantwortlichen Treiben der Unternehmer ein Ende bereiten könnte. Daß die Inspektorate besonders in personeller Hin­sicht entsprechend ausgestattet werden müssen, bedarf keiner besonderen Betonung. Erst dann, wenn ein Unternehmer immer erwarten muß, daß eine unangemeldete Inspektion erfolgen kann, wird er den sozialpplilischen Schutzgeset- zen mehr Achtung entgegenbringen als bisher. Freilich genügt auch die bisherige Form der Gewerbeinspektion nicht und es muß dar- cruf hingearbeitet werden, daß wir zu einer wirklichen Arbeitsinspektion gelangen, bei der neben technischen und medizinischen Fachleu­ten auch Mitarbeiter aus den Kreisen der Ar­beiterschaft herangezogen werden. In verschie­denen Städten Nordböhmens hat man seiner­zeit mit den fliegenden Kommiflionen der Ar­beiter gute Erfahrungen gemacht; sie sind dann von den Behörden aufgelöst worden, als sie den Unternehmern allzu unbequem wur­den. Gegenwärtig hat der Prager Magistrat im Einvernehmen mit der Prager Kreisge- werkschaflskommission verschiedenen gewerk­schaftlichen Vertrauensmännern Legitimatio­nen ausgefolgt, die sie zur Kontrolle der Be­triebe bei der Einhaltung der Arbeitszeit er­mächtigen. Das ist aber kein genügendes Fun­dament für eine so wichtige Tätigkeit und hier muß durch ein entsprechendes Gesetz Sorge dafür getragen werden, daß die Arbeitsinspek­tion gleichmäßig und allgemein ausgebaut wird. So viel wir wissen, beschäftigt sich das Ministerium für Soziale Fürsorge mit dieser Sache und bereitet die Vorlage eines Entwur­fes vor, so daß vielleicht doch in absehbarer Zeit eine Regelung erfolgt. Ganz unhaltbar ist aber der gegenwärtige Zustand, wo die Gewerbemspektoren nicht die geringste Exekutivgewalt haben. Daher rührt ein Großteil der Beschwerden der Arbeiter­schaft. Der Gewerbeinspektor kommt und stellt fest, daß der Unternehmer das Gesetz über die Arbeitszeit oder über die Schutzmaßnahmen verletzt hat. Nun kann er dem Unternehmer nicht sogleich eine fühlbare Strafe diktieren, sondern er muß bei der Bezirksbehörde eine Anzeige erstatten, die dann monatelang liegen bleibt und schließlich in einem Ausmaß ver­hängt wird, daß es eher einer Prämiierung für die Verletzung des Gesetzes gleichkommt. Unter Umständen beruft dann der Unterneh­mer noch an die Landesbehörde und es dauert ein Jahr und länger, bis er dann seine 50 oder 100 Kronen Strafe bezahlt hat. Inzwi- scheu konnte er das Gesetz nach Belieben über­treten. Sollen Strafen für Gesetzesübertretun­gen wirksam sein, so müssen sie sofort und in entsprechender Höhe verhängt werden. Dächer Befugnis erhalten, eine fühlbare Geldstrafe auszusprechen. Dann werden cs sich die Unter­nehmer Wohl überlegen, systematisch die Ge- setze zu übertreten und sogar noch Arbeiter zu entlassen, die sich weigert,, diese Gesetzesüber­tretungen mitzumachen. Es sind drängende Probleme, um die es sich hier handelt und ihre Lösung verträgt kei­nen Aufschub. Sollen die Gewerbeinspektorate in dieser schweren Zeit allen ihren Aufgaben gerecht werden, dann sind rascheste Maßnah­men erforderlich, die nicht nur im Interesse der Arbeiterschaft, sondern vor allem auch im Interesse des Staates und der Erhaltung der «öffentlichen Ruhe und Ordnung notwen- muß in erster Linie der Gewerbeinspektor die'dig sind. Wo herrscht die größte Arbeitslosigkeit? Bon 83 Bezirke« Böhmens , die mehr al« 5.000 Arbeitslose haben, find 20 m»t deutscher Mehrheit! In der böhmischen Landesvertretung hat der Landespräsident unter anderem auch einen Be­richt über die Arbeitslosigkeit in Böhmen vor­gelegt. Danach betrug die Anzahl der Arbeits­losen am 31. Oktober 1932 297.881, am 30. No­vember 1932 336.504. Die Zunahme betrug daher 38.623 oder 12.96 Prozent. In Böhmen befinden sich fünf Landesarbeitsämter, und zwar in Prag , Pilsen , Reichenberg , Königgrätz und Budweis . Es betrug die Anzahl der Arbeitslosen im Bereiche des Prager Amtes 41.985, de? Pilsner 90.424, des Reichenberger 138.496, des Königgrätzer 44.777, des Budweiser 21.772. Man sieht also, innerhalb des Gebietes des Reichen­bevger Zentralarbeitsamtes war die Anzahl der Arbeitslosen am größten. Nach den einzelnen Berufszweigen entfielen auf die Textilindustrie 51.537 Arbeitslose, Hilfsarbeiter und Taglöhner 47.142 Arbeitslose, Metallindustrie 40.783, Stein-, Erden- und Glasindustrie 34.123, ver­schiedene Berufe 25.309 Arbeitslose. Am bemerkenswertesten ist die Derlei- uiiiiiiiiiiiuiiuiiiiiiiuiuiiiiuiiimniiiiiiiiiiiiininnuiiniiiiiniiiiinmnnininniifiiiiHiiniinitiiiHniii lung der Arbeitslosen auf di« ein­zelnen Bezirke. Wir führen sie der Reihe nach an, wobei wir alle Bezirke nennen, die mehr als 5000 Arbeitslose haben. Es sind dies: Prag 18.297, Gablonz a. N. 14.393, Pilsen 13.438, Böhm.-Leipa 10.747, Teplitz-Schönau 10.144, Komotau 9630, Letschen 9589, Karlsbad 9504, Brüx 8912, Friedland 8045, Neudek 7805, Aussig a. E. 7371» Reichenberg Stadt 6790, Dux 6622, Trautenau 6308, GraÄitz 6579, Schluckenau 6158, Elbogen 6125, Semil 5900, Asch 5613, Rumburg 5560, Eger 5401, Braunau 5485. Es gibt also in Böhmen 23 Bezirke, in denen Ende November mehr als 5000 Arbeitslose ge­zählt wurden. Bon diesen 23 Bezirken sind nicht weniger als 20 Bezirke mit deutscher Mehrheit, denen nur drei tschechische Bezirke gegenüber­stehen. Das ist Wohl die treffendste Illustration dazu, daß die deutschen Gebiete der Republik weit mehr als die tschechischen unter der Wirtschafts­krise und Arbeitslosigkeit zu leiden haben. Japan bleibt unnachgiebig Tokio , 13. Dezember. (Reuter.) Der britische Botschafter hat eine fteundschaftliche Demarche bei der japanischen Regierung unternommen und sie ersucht, in der allerkürzesten Zeit die Genfer Forderung nach Festsetzung einer Schieds­gerichtskommission, die den Mandschurei -Konflikt bereinigen würde, anzunehmen. Di« Demarche zeitigte keinen Erfolg. Nach der Sitzung des japanischen^Kabinetts wurde an di« japanische Delegation in Genf die Instruktion gesandt, die Beteiligung an der Schlichtungskommission abzu­lehnen. Beziehungen zwischen China und Rußland den Japaner« unerwünscht Tokio , 13. Dezember. (Reuter.) Die neuer­liche Anknüpfung von Beziehungen zwischen den Sowjets und China hat in Japan einen ungün­stigen Eindruck hervorgerufen. Dies geht aus der Erklärung einer bedeutenden Persönlichkeit, die der Regierung angehört, hervor. Der japa­nischen Anschauung zufolge haben sich hier Strö­mungen verknüpft, die eine große Gefähr für den Frieden darstellen. Japan werde begreif­licherweise auf das entschiedenste gegen sie auf­treten. Troizki, der Konterrevolutionär. Trotzky, der Mitarbeiter LenmS, der Schöpfer der Roten Armee, der Besieger der Gegenrevo­lution, für den jeder Revolutionär, wenn er auch seine Ansichten nicht teilt, Hochachtung empfindet was ist er den Kommunisten? Diese Frage beantwortete das Ersatzblatt der Berliner Roten Fahne" bei Trotzkys Europareise: Mister Trotzky, der Propagandareisend« der Jnterventionstreiber... Die Bourgeoisie läßt sich di« Propagandareks« ihres Agenten einige Tausender kosten... Di« Tätigkeit dieses konter- rrvolutionären Renegaten und Pro­paganda reisende«der internationa­len Bourgeoisie... Der tief« Fall dieses jämmerlichen Verräters.... Jnterven- tionShetze gegen die Sowjetunion ... Trotzkys Pro­pagandareise für die Bourgeoisie..." Werl Stalin Trotzky in Acht und Bann getan hat, fällt diese Meute über ihn her. Würde der Verbannte wieder in Gnaden ausgenommen wer­den, würde sie ihn mit Lobhudeleien überschütten. Es ist aber ehrenvoller, von ihr beschimpft zu werden. Böhmische Landesvertretung. Prag , 13. Dezember. Heute fand eine Sitzung der Böhmischen Landesvertretung statt, die in wenigen Stunden eine zienllich umfang­reiche Tagesordnung erledigte. Von allgemei­nerem Interesse war ein Bericht des Landes­ausschusses über die Fürsorge für Alkoholiker, wozu die Landesvertreter Dr. Rase(tsche­chischer Nationalsozialist) und Genoffe Krejvi sprachen. Dr. Rase empfahl die Schaffung eines Entmündigungsgesetzes, Genosse Krej- öi stellte den Antrag, den LandesauSschuß zu be­auftragen, wegen Uebernahme der ein­zigen, in Böhmen bestehenden Trin­kerheilstätte in Tuchl bei Bilin in die Verwaltung des Landes zu ver­handeln. In überzeugender Weise legte Genosse Krejäi die Notwendigkeit einer LandeSanftalt für Trinkerfürsorge dar. Er-führte u. a. aus: Es sei einfach undenkbar, daß das Land Böhmen in dieser' Zeit dem Problem der Trinkerherlfürsorge durch ständige Verschiebung der in der Landesvertretung gestellten Anträge auskommen könne. Es muß endlich einmal zur Tat geschritten werden, damit den unglücklichen Menschen, die der Alkoholismus in der Zeit der Wirtschaftskrise besonders schwer trifft, geholfen werden' kann. Denn Alkoholiker sind Kranke, und Kranken muß die Ge­sellschaft bei st eben. Es geht nicht an, daß man auch fürderhin durch den Staat, das Land und die niederen Selbstverwaltungsver­bände den Aermsten der Armen Millionen und Abermillionen von Kronen beim Ausschank von Alkohol abnimmt, ohne daß auch nur der ge­ringste Betrag von diesem Sündengelde verwen­det würde, um die Opfer des Alkoholismus wie­der zu nützlichen Gliedern der menschlichen Ge­sellschaft zu machen. Wenn der Staat, vor allem das Land, andere Anstalten zu erhalten in der Latze ist, dann wird sie zweifellos auch eine Trinkerheilstätte verwalten können. Der Antrag Krejöi wurde dem Landesaus- schuß zugewiesen. Zum Schluffe wurde ein Antrag gestellt, wonach den Landesangestellten im heurigen Jahre keine Weihnachtszulage ausgezahlt wer­den soll. Bon 84 anwesenden Lanoesvertretern stimmten für diesen Antrag nur 33, so daß der Antrag abgelehnt wurde. Gemeindewahl in Auschowitz. In dem Marienbader Arbeitervorort Auschowitz fand am Sonntag die Gemeindewahl statt, deren Ergeb­nis folgende politische Kräftegliederung brachte: Sozialdemokraten 625 Stimmen 8 Mandat« (bisher 10 Mandate), Nationalsozialisten 603 8 (5). Ein Mandat gewannen die Nazis durch die Koppelung mit den übrigen Bürgerparteien, weil sie den größten Stimmenrest aufwiesen. Kommunisten 199 2(2), tschechische Liste 94 1(1), Deutsche Gewerbepartei 270 3(frü­her bei einer bürgerlichen Wahlgemeinschaft), Christlichsoziale 424 4, unpolitische Einheits­partei 131 2» Bund der Landwirte 158 2. Unsere Partei weist gegenüber der letzten Ge- meiiidewahl einen ganz geringen Stimmenzu­wachs auf. Der Verlust der zwei Mandate er­klärt sich demnach lediglich aus der Erhöhung der Wähler- und Mandatsziffer, was allerdinas besagt, daß unsere Partei an dem Wählerzuwachs nicht in emer der früheren Stärke entsprechenden Weise partizipiert. Fortsetzung des Stbibrny-Prozeffes am 15. Dezember. Die Wiederaufnahme des Prozesses gegen S t k i b r n y und Sichrovsky nach einer einwöchigen Unterbrechung wurde entgegen dem ursprünglich angesetzten Datum des 14. De­zember auf Eriuchen des Staatsanwaltes auf Donnerstag, den 15. d. M., 9 Uhr vormittags, anberaumt. 1» cd Frans Heller: I Oer k. n. k. SanitStsflicRas Sie scheinen sich also mit diesem Kapitel intensiv beschäftigt zu haben, also sagen Sie mir, kurz zufammengefaßt, was Sie von der Chölera- beharäilung wissen, nur das Wichtigste." Kurz zusammengefaßt, das Wichtigste: Schnaps ist gut für Cholera." Mehr fällt Ihnen nicht ein?" Momentan nicht." Bedauere." Der mangelnde Patriotismus aufgeblasener UniversitätSprofefloren vereitelt« den höheren militärischen Zweck von Emils Studienuvlaub, dafür aber hatte sich jemand ariderer gefünden, der nicht zögerte, dem wiffen- schaftlichen Heroismus Emils Anerkennung zu zollen, nämlich Herrleben. Was ist aus ihm ge­worden? Zu Hemdenlieferungen konnte er sich nicht mehr entschließen, er sagt« den Herren bei der Intendanz:Bei die heutige Zeit«» kann zu Ihre Preise liefern nur wer da ist«in Gauner denn er kann nur liefern Schund, und das macht ein reeller Kaufmann nicht." Um aber doch dem Baterlaüde irgendwie dienlich zu i«in, ohne materielle Verluste oder Einbuße an Freiheit zu riskieren, hatte Herrleben ein Unternehmen ge­gründetAktiengesellschaft zur Erzeugung und Propagierung patriotischer Kriegs- und Militär- oedarfSartikel". Wie er in den Prospekten ankün­digt«, fand man in dem Unternehmen alles, was der Soldat zur erfolgreichen Kriegführung braucht, in eleganter, patrioti'cher Ausstattung. Also zum Beispiel ein Taschenmesser, natürlich mit einer passenden Gravierung: Den Stahl in den Leib des Feindes, in das Taschenmesser«in« Blechklinq«. Oder der Soldat braucht Briefpapier auch da fehlte eS nicht an dem ermahnenden Leit­spruch auf der Kaffette: Schreibe oft, aber kurz, halte die Zensur nicht auf ich bin gesund, mir geht es gut. DaS genügt und du sparst Papier und Leim für den Umschlag. Und Herrleben giüg es gut, er sparte Papier und Leim für den Um­schlag. Ein Soldat braucht eine Taschenlampe Inschrift: Die Lieb« zu Gott, Kaiser und Vater­land leuchte uns voran. Und die Liebe leuchtete für die Batterie. Hin und wieder, mein Gott, warum sollt« man so etwas verheimlichen, auch der, Soldat ist bis zu einem gewissen Grade, das heißt in einer gewissen Böschung nur«in Mensch, also hin und wieder benötigte man in einem Etappen-, unternehmen eine Dam«. Herrleben kam auch da nicht in Verlegenheit und lieferte prompt. Das Sprüchlein lautete vorne: sparet mit dem Fleische, hinten: Gott strafe England. Nun aber heißt es, der weitblickende General denkt beim Bormarsch auch ein wenig an den Rückzug, und wenn der Soldat ins Feld zieht, muß er auch ein wenig auf den Heimweg bedacht ''ein. Zu diesem Behuf« braucht er vor allem paffende Krankheiten. Bei Herrleben konnte man eben alles kaufen. In einer Blechkonserve gab es einen Krenteig, der auf die Wange gepatzt, nach zwei Stunden Rotlauf vortäuschte; eine stroh- aelbe Flüssigkeit, nach Entkorkung des Flwchchens bei der Marodenvisite präsentiert, sichert« die Diagnose Zuckerkrankheit, eine grünlich opaliszie- rende Tunke mit einem schmalen Gefrorenen- löffelchen ins Ohr gebracht Mittelohrentzündung und so fort, lauter Artikel, di« stark gefragt und gerne bezahlt wurden. Aber bekanntlich ist im Kriege jede große Entdeckung alsbald von der Er­findung entsprechender Abwehr- und Gegenmit­tel gefolgt und daher iah sich Herrleben genötigt, um sein« Kriegskrankheitenerlatzabteilung auf der Höhe zu erhalten, einen tüchtigen Leiter anzustel- l«n. Er ließ Emil ein Angebot unterbreiten, welches auS zwei Gründen verlockend war. Erstens eröffnet« sich Emil hier ein seiner Intelligenz an- gemeffeneS Wirkungsfeld, wo ihm kein Universi- tätsprofeffor etwas weismachen konnte und zwei- tens bedeutete die Anstellung für di« Dauer der Unentbehrlichkeit in dem vaterländischen Unter­nehmen Enthebung vom Militärdienst. Diese Be­günstigung hatte der Inhaber des Unternehmens nur unter sehr schweren Opfern erreicht, indem er das Rote Kreuz an seinem Reingewinn per- zentuell beteiligte. Emil hatte kurz entschlossen angenommen und mußte seinen Entschluß nicht bereuen. Mit dem neuen Chef war ein leichtes Arbeiten, denn dieser beschränkte seine Tätigkeit auf di« Preiskalkulation und das Einstr«ich«n des Geldes, im übrigen beließ er Emil vollkommen fr«l« Hand. Eines Tages erschien auch Oberleutnant von Burdach, der Menageoffizier weiland seiner Exzel­lenz des Herrn Divisionärs. Herrleben belaß einen scharfen Blick für sein« Kunden. Diesen feinen Herrn empfing er zwar respektvoll, doch ohne jene verständnisvolle Vertrautheit, die erfah­rungsgemäß die Vorbedingung für das Zustande­kommen eines so heiklen geschäftlichen Abschlus­ses darstellt. Dem Oberleutnant fiel es sichtlich schwer, die Zunge zu lösey. Run, Herrleben hatte Zeit. Er offerierte seinen neuesten Schlager, ein« Ansichtskarte mit einem vaterländischen Gedicht, betitelt: So wird eS kommen. Burdach hütet« sich, an dem Gedicht Kritik zu üben, es war ja auch wirklich schön: Serbien wird sterbien. Rumänien wird sich schämien, Italien wird bezahlien. Immerhin gab er deutlich zu verstehen, daß er sich wogen emeS Gedichtes niemals so weit weg­geworfen hätte, um Herrleben die Hand zu reichen. Vielleicht vaterländische Wertpapiere oder Lose, da wär« eine wunderbare Kollektion: Nicht an die Güter hänge dein Herz." Gelangweilt winktd der Oberleutnant ab und brachte verlegen hüstelnd endlich fein Anliegen vor:Nicht, daß ich tachinieren wollte, aber sehen Sie, es ist zu dumm, da freut man sich, eine Krankheit zu haben und di« Aerzte, diese Idioten, finden sie nicht." Nicht möglich!" Sollte man meinen, aber es ist doch so; ich habe einen schwachen Magen." Allerdings auch« schwache Kränk." Nun, so lange der Onkel Armeekomman­dant war, hatte ich ein« schwerere nicht nötig gehabt, ich habe mit ihr immer mein Auskom­men gefunden." So hat also Exzellenzleben, den Herrn Armeekommandanten, auch das Schicksal erreicht, ja, mit di« österreichischen Generäle ist es nicht anders; jeder gebietet eine Weile und der liebe Herrgott ewig, aber ich sage, so lange Oesterreich Kriege führt, wird ein tüchtiger Mensch nicht verhungern, nur mit die Kränk, wenn ich mir erlauben darf e bescheidene Bemerkung, das ist nicht Schuld von die Doktoren, denn wenn Gott eine Krankheit geben will, warum sollte er si« nicht geben so, daß man sie sieht? Oberleutnant­leben, mir wirst du nichts vormachen, deine Kränk ist nichts von Gott und deshalb ist kein Segen an ihr." Burdach erkälte, er denke nicht daran, sich eine andere Krankheit anzuschaffen, er wünsche nur die alte derart hergerichtet zu haben, daß si«, ähnlich wie früher, von den Aerzten leichter er­kannt werden könnte. Güt, ich werde meinen AbteilunqSch«f rufen, kostet«in Honorar von sechshundert Kronen." Billiger geht es nicht?" Ausgeschlossen, fünfhundert kostet es uns, ich verdiene so nichts, aber soll ich gar nichts verdienen?" f(Fortfetzung folgt.)