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ozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Ifchechoslowakischen Republik .

13 Jahrgang.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früb.

daktion u. Berwaltung: Brag II, Relájanta 18 Zelepb.: 20795, 31409. Ratredakt.( ab 21 oz): 33838 Bonfoedamt: 57544

Die Schlacht im Teutoburger Wald .

Dienstag, 17 3änner 1933

Sozialdemokratischer Wahlerfolg

in Lippe . verschiebungen im Lager der Rechten.

Die Entscheidung dieser Woche.

Am vergangenen Sonntag wählte der zweitkleinste deutsche Freistaat, Sippe, seinen neuen Landtag. Lippe hat etwa 160.000 Einwohner, es gibt ungefähr 115.000 Wahlberechtigte. Die Stimmen und Mandate verteilen sich auf die einzelnen Parteien wie folgt:

3.575

Mandate letzte Wahlen

%

Zuwachs in

Nationalsozialisten

Sozialdemokraten

% 38.844 39.5 29.735 30.2

6. XI. 1932

+

9)

33.038

35.1

+ 5.806

7( 9)

25.782

27.4

+3.953

Kommunisten

11.026

11.2

2( 1)

14.601

15.5

Deutschnationale

5.923

6.0

1( 3)

9.414

10.0

Evang. Bolfsdienst

4.510

4.6

1( 1)

4.079

4.3

Deutsche Volkspartei

4.352

4.4

1.( 3)

3.628

3.8

Katholiken

2.531

2.6

2.459

2.6

Staatspartei

( 1) ( 2)

Lipp. Landvolk

828 7.00

Hitler und die Seinen wollten die Wahlen in Lippe dazu benügen, ihren Forderungen nach Berücksichtigung ihrer Wünsche bei der Regie: rungsumbildung größeres Gewicht zu geben. Ein Hitlersieg im Teutoburger Wald das sollte aufs neue die Berechtigung des nationalsozialisti fchen Verlangens beweilen, Sttler die Regie rungsmacht auszuliefern oder ihm wenigstens

die Poften in der Regierung zu sichern, die ihm das Aufrichten der fascistischen betrichaft gestat teten. So jpielte denn Hitler in diesem lippeichen Wahlkampf auch wirklich den Erretter" Deutsch­Lands. Besonders geschmackvolle Ansichtskarten zeigen ihn unter dem Denkmal des Cherusker fürsten stehend..

Roch mehr als die Wunschträume Hitlers von einem überwältigenden Wahlsieg ur dem fleinen Lippe ipielte sein Bestreben eine Rolle, gegenüber Schleicher 3ert zu gewinnen, der die Frage nach der Entscheidung gestellt hat. Hitler flüchtete aus dem politischen Trubel Berlius in den lippeschen Wahlkampf, mit feinen aus allen Gauen Deutschlands herbeigetrommelten Garden das ganze Ländle durchziehend, in Stadt, Dorf und Dörfchen seine Offenbarungen verkündend und eine Reklame entfaltend, die zivar der Ebbe in den nationalsozialistischen Kassen nicht ent spricht, aber von dem verzweifelten Beruch Stunde gibt, in einer gewaltigen, auf einen min zigen Punkt Deutschlands gerichteten Anstren gung dem Mythos von dem unaufhaltsamen Vor­dringen des Nationalsozialismus nach den Rud schlägen der letzten Wochen neue Nahrung zu geben.

668 510

+++++||++

3.491 431

724

72

160 190

Noch einige solcher Hitlersiege und die So­zialdemokratie ist wieder im Besitz ihrer alten Positionen. Das Dritte Reich aber läßt sich auch vom Teutoburger Wald aus nicht erobern.

Der Wahlverlaui.

Ein altes Lied...

Or 14.

Der neue Nazischlager: Nationale Einheitsfront.

Ohne sich bei jentimentalen Erinnerun

Detmold , 15. Jänner. Im äußeren Straßen­bilde machte sich der heutige Wahlsonntag nur wenig bemerkbar. Am Vormittag war die Wahls beteiligung infolge des frostigen Wetters ziemlich gen aufzuhalten, hat Herr Rudolf Jung gering. In den Nachmittagsstunden feyte ein in seiner Budgetrede die Illusionen vom lebhafter Zustrom zu den Wahllokalen ein. Die Dritten Reich bis unter die Grundmauern Propagandatätigkeit der Parteien war ziemlich abgetragen. So schnell der Dunst seinerzeit gering. So weit bisher Meldungen vorliegen, ist aus der Retorte gestiegen war, so did er als es nur im Brate bei Lemge und in Bad Salz - Nebel auf den Gehirnen gelastet hatte, jo uflen zu ernsteren Zusammenstößen gefommen. rasch wird er jetzt mit vollen Backen ausein In Brate waren heute morgens Nationalsoziali- andergeblasen. Drittes Reich? Gibt's ja gar ften und Kommunisten wegen einer Hakenkreuz nicht! Ammenmärchen, Kinderschreck, von dem fahne aneinander geraten, die in der Dunkelheit

von links gerichteten Elementen enfernt worden euch geträumt hat... Niemals hat es etwas mar. Als dann gegen 9 Uhr Reichsbannerleute anderes gegeben als die alte deutschnationale im Wahllokal ein Transparent anbringen woll- Arbeiterpartei, umfrisiert zur nationalsoziali­ten, fuhr plöglich ein mit SA - Leuten besetter stischen Partei und eingeschworen auf loyalen Kraftwagen vor, dessen Insassen die Reichsban- und legalen Kampf um die Selbstverwaltung. nerleute wegen der entwendeten Fahne zur Rede Die Sache mit Hitler und dem Dritten Reich , stellten. Es entspann sich eine Auseinandersetzung die Geschichten von Diktatur und Terror, in deren Verlauf die Nationalsozialisten, die Butsch und Krieg, die sind Traumerscheinun auf sich hinter einer Mauer verschanzten, die den bei Freund und Feind, Sput und Reichsbannerleute schossen. Drei Reichsbanner­Teute aus Brate wurden dabei verlegt. Einer von ihnen mußte ins Kvantenhaus gebracht werden. So radikal aber hat inan alles abgetra­in SA Mann aus Gelsenkirchen erlitt Schuß gen, was seit zwei Jahren die nationalsozia verletzungen.

Rauch

beter wäre. Wenn Hitler dazu neigen sollte, das lippesche Wahlergebnis zu überschäßen, um wie der berühmte Esel auf das Eis tanzen zu gehen, auf das brüchige einer neuen Reichstagswahl, fo tönnte ihm das schlecht bekommen. Noch schlechter befäme es ihm, sich Herrn Schleicher zu unter­werfen. Aber er hat nur diese beiden Möglich- aint Bormittag in Bad Salzuflen . Hier kam es gebieteriſch wie immer in derlei Situationen Ein weiterer Zusammenstoß ereignete jich liftische Politif ausmachte, daß sich nun doch feiten; Lippe ist ein Trost nur für einen ag an einer Echlagerei zwischen Nationalsozialisten, die Schicksalsfrage erhebt: Was tan mr jetzt? Die Sozialdemokratie hat sich wader ge- Reichsbauerleuten und Stommunisten. Es gab auf die der Jung dem Krebs und dieser jenem chlagen. Es zeigt sich, daß ihr die Oppositions auch hier mehrere Verletzte. Nach den Feststel annvorten müßte, daß ihnen allen vom Wett­ftellung sehr nützlich ist und daß die deutschen lungen der Polizei soll ein Kommunist geschossen louf nach dem Dritten Reich die Füz' weh Arbeiter begreifen, wie wenig man die Reaktion haben. Doch fonnte man den Täter nicht rmit tan. Zum Unterschied aber von den velden mit den oberflächlichen Redensarten der die Ein teln, da er sofort die Pistole fortarf und die der Caféhausanekdote haben die Naziführer heitlichkeit der proletarischen Abwehrfront täglich Flucht ergriff. Durch die Schüsse ist niemand seit alten Tagen in der Situation, in der sie verratenden Kommunisten bekämpfen kann. verlegt worden. nicht mehr wissen, was sie jetzt tun jollen, noch eine andere Antwort bereit: Je t gründen wir die nationalcein­heitsfront.

Doch Neuwahlen in Sicht?

wird.

*

Weitere Vertagung des Reichstages unwahrscheinlich. Und so rauschen seit Wochen die Eichen Berlin , 16. Jänner. In politischen Kreis des Reichstages haben sich nach den Wahlen in im Teutoburger Wald das alte Lied von der jen bespricht man sehr stark den Ausfall der Lippe jedenfalls sehr stark vermindert. Wahlen in Lippe . Man zieht aus ihrem Ergeb In der Sigung des Aeltestenrates am fom nationalen Einheitsfront, die Provinzjourna­nis den Schluß, daß es nun wahrscheinlich doch menden Freitag wird zwefellos erklärt werden, listen nehmen das Motiv auf, Herr Max dur Auflösung und zu Neuwahlen daß die Reichsregierung eine Vertagung als Karg als Dirigent( gegen Fliegersicht ge im Reich kommen wird. Dabei wird auf die Tolierung ausfasse. In politischen Kreisen deckt, aber auch in der getarnten Stellung er Veröffentlichung der Pressestelle der NSDAP glaubt man nicht, daß die Nationalsozialisten fennbar) meistert den Chorus, damit zwischen verwiesen, die bereits deutlich erkennen läßt, daß dann einer weiteren Vertagung zustimmen wer- völkischem Gejodel und liberalem Gejüdel keine fich die parlamentarische Situation von der natio- den, so daß also die politische Aussprache in der Dissonanz aufkomme. Wir können von uns nalsozialistischen Seite her zweifellos versteifen am 24. Jänner beginnenden Reichstagstagung freilich sagen, daß wir Lied und Verfasser ken­zu einem scharfen Kampf und zur Auflösung des nen, ja daß uns feine Note in diesem Konzert Die Möglichkeiten einer weiteren Bertogung Reichstages führen dürfte. mehr fremd ist, aber wir müssen doch damit * rechnen, daß die Politik unserer Gegner, der wendigkeit, nach dem gestrigen Wohlsteg teine Nationalsozialisten wie ihrer Mitläufer, in Sekunde loder zu lassen, sondern am Feinde zu bleiben" und den Kampf mit der größten Intenden fommenden Monaten mit der einen Ba­fität weiter zu führen. Es sei nicht wahr, daß die role der nationalen Einheitsfront arbeiten wenn die NEDAß gestern nicht einen Sieg, ion Begräbnis des Dritten Reichs haben, und NSDAP teine Siege mehr erringen könne. Auch wird, desto wilder, je eiliger sie es mit dem dern eine Niederlage erlitten bätte, würde sie das wir, so alt und dumm der Schlager ist, heute nicht anders handeln. Die NSDAP sei doch der Auseinandersetzung nicht ausweichen. aufs neue zum Angriff übergegan dürfen. Zum soundsovielten Wale werden wir gen" und werde ihn auf der ganzen Linie mit den Wählern auseinanderzusetzen haben, daß verdoppelter Straft weitertragen. Er selbst als Führre werde sich in diesem Kampf einsetzen bis man in der Politik mit Schlagworten wie dem der nationalen Einheitsfront nicht die mirt­zum letzten. schaftlichen und sozialen Grundtatsachen meg leugnen kann.

Verstärkte Pbrasen­drescherei.

Die Schlacht ist geschlagen, Sitler hat Herrn Hugenberg tüchtig gerupft, aber der Sieg" im Teutoburger Wald ist kein Sieg über die Sozial demokratie; er ist überhaupt nicht so überpal Weimar , 16. Jänner. Wie die Reichspresse figend, wie es Hitler erwartete und vor allem bewahrt er den großen Adolf nicht davor, in dem ſtelle der NSDAP mitteilt, fand Montag in großen politischen Spiel, in dem diese Woche die Weimar unter Vorsiz Adolf Hitlers eine Gau­Entscheidung fällt, mit den realen Wachleitertagung der NSDAP statt. verhältnisien zu rechnen, die von der lippe- Hitler legte, wie es in der Mitteilung heißt, schen Entscheidung völlig unberührt bleiben. die große politische Linie" feft, die für die Hal Die NSDAP ist- und bleibt vorläufig ung der NSDAP und den Kampf der natip wahrscheinlich eine große Partei. Es hätte nalistischen Bewegung im neuen Jahr maßgebend nicht der Anstrengungen Hitlers in Lippe bedurft, fein wird. Er betonte den Willen und die Not um das zu beweisen. Aber bewiesen ist, daß selbst die umfangreiche Reklame und die allerpersön lichsten Bemühungen der Primadonna nicht die Stellung zurüderobern tonnten, die der Natio nalsozialismus auch in Lippe am 31. Juli 1932 erreicht hatte. Damals zabite die NSDAP diesem Ländle 42.283 Summen, am Sonntag schuß der Außerordentlichen Völkerbönversamm die Zustimmung Japans zu den Entschließungen veren Seiten ein Anschauungsunter erreichte sie nur 38.844. Und wenn es eine nor lung trat Montag nachmittags unter dem Vor- vom 19. Dezember zu erlangen, die damals von richt zum Problem der nationalen Einheite front geboten wurde der nichts zu wünschen male Wahl in dem Sinne gewesen wäre, daß fie des belgischen Außenm.nisters y mans beiden Parteien abgelehnt worden waren. nur die in Lippe felbst vorhandenen politichen zusammen, um seine Vermittlungsbemühungen

Zweierlei Maß

im Neunzehner- Ausschuß.

Genf , 16. Jänner. Der Neunzehner- Aus­

lische Außenminister Sir John Simon jol­chen Stimmungsäußerungen keineswegs ent­zogen habe.

Der Vorsitzende Hymans hat sich bemüht,

Ein merkwürdiger Zufall hat es geivolit, daß just in dem Moment, da die neue Parole der Nazi proffamiert wurde, gleich von meh

Entsprechend den japanischen Wünschen sind übrig läßt. Kräfte wirfiant waren, dann bätte das Ergebnis im chinesisch- japanischen Konflikt fortzusetzen. Der in den Entschließungen nicht unwesent- Zunächst einmal haben die afen für Hitler noch ganz anders ausgesehen. Eine Ausschuß beschloß, seine Beratungen zunächst bisliche Aenderungen vorgenommen worden, Reichstagswahl, die Hitler etwa, ermun- Mittwoch auszusehen. Die japanische u. a. die, daß Amerika und Rußland nicht in treuler jelbst in der gleichen Folge tert durch seinen teuer genug bezahlten Erfolg Delegation hat erklärt, daß sie sich mit Tofio über die Vermittlungsaktion einbezogen werden sollen des Tag", in der sie zur Bildung einer natio im Teutoburger Wald ristierte, risse ibn wieder neue Vorschläge in Verbindung gejetzt und daß die auf Mandschutuo bezüglichen Teile nalen Einheitsfront von den Nationalsoziali aus dem Traumhimmel, in dem er sich diefer babe, die eventuell dem Ausschuß unterbreitet der Entschließungen wegfallen sollen. Den Ab- iten bis zu den Sozialdemokraten" aufrufen. änderungsanträgen der chinesischen Delegation ist ebendieje Sozialdemokraten ein paar Seiten seltsame Politifex, jest zu befinden scheint. offenbar nicht Folge geleistet worden. weiter in aller Höflichkeit als marri Nunmehr wird heute von chinesischer Seite stische Untermenschen und mitgeteilt, daß die auf japanischen Wunsch vor- mord bestien beschimpft. Das ist abe genommenen Aenderungen der zinesischen Dele

eine

neue

Und um nichts anderes handelt es sich, als darum, ob Hitler sich jetzt den Forderungen Schleichers unterwerfe oder Reichstagswah! haben will. Der Reichskanzler wird nicht zögern. sich für die Neuwahl zu ent scheiden, bei der übrigens der durch die Ein­beziehung Straffers in die Regierung sichtbar ge. machie Strafferflügel der NSDAP sein Verbün

werden könnten.

Von verschieden enSeiten wurde im Ber­lauf der Verhandlungen betont, daß der Völker bund nicht länger die Zeit mit unnüßen und anssichtslosen Bemühungen verbringen dürfe, und es wird behauptet, daß in der Debatte eine gation überhaupt nicht mitgeteilt(!) nur die Macht der Gewohnheit und die oor bemerkenswert verschärfte Stimmung gegen worden feien. Der Führer der chinesischen Dele- eines Zustandes, bei dem der Redakteur de Japan zum Ausdruck gekommen jei. Es sei gation, Dr. Yen, hat ein scharfes Protestschrei Vorderteils nicht weiß, was in Hinterteil now dabei besonders aufgefallen, daß sich der eng- ben an Hymans gerichtet. geht. Immerhin müßten die marristischen