Nr. 73.
Abonnements- Bedingungen:
Abonnements Preis pränumerando: Bierteljährl. 3,30 Mt., monatl. 1,10 mt., wöchentlich 28 Pfg. frei ins Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags= Nummer mit illuftrirter SonntagsBeilage, Die Neue Welt" 10 Pfg. PostAbonnement: 3,30 Mart pro Quartal. Eingetragen in der Post- BettungsPreisliste für 1899 unter Dr. 7820. Unter Kreuzband für Deutschland und Defterreich- Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 3 Mart pro Monat.
Erscheint täglich außer Montags.
Vorwärts
Berliner Volksblatt.
16. Jahrg.
Die Insertions- Gebühr beträgt für die sechsgespaltene Kolonelzeile oder deren Raum 40 Pfg., für politische und gewerkschaftliche Vereinsund Versammlungs- Anzeigen, sowie Arbeitsmarkt 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- und Festtagen bis 8 Uhr vormittags geöffnet. Kernsprecher: Bmt I, nr. 1508. Telegramm Adresse: Bozialdemokrat Berlin".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Sonntag, den 26. März 1899.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Welcher Gegensatz zu den Verleumdungen der Stumm'schen bisher nicht gelungen, Arbeiter zu gewinnen, welche als
An unsere Leserinnen u. Lefer! Preffe gegen die Arbeiterorganisationen!
Wir leben in bewegter, schicksalsschwangerer Zeit. Für jeden gilt es, stumpfe Gleichgiltigkeit abzuwerfen und an den werdenden Dingen theilzunehmen, sich über alles genau zu unterrichten und auf dem Laufenden zu halten.
Dies kann nur durch das Lesen einer Zeitung geschehen, die wie ein Brennspiegel die Ereignisse sammelt und ein zusammenfassendes Bild der Menschen und Dinge giebt. Der Vorwärts" erfüllt diese Aufgabe und vertritt hierbei die Interessen der arbeitenden Mehrheit der Bevölkerung in vollstem Maße.
Mit dem ersten April beginnt ein neues Abonnement auf den Vorwärts". Wir wenden uns deshalb vertrauensvoll
-
an unsere Genossinnen und Genossen mit der dringenden Aufforderung, für zahlreiches Abonnement des Vorwärts"-nament lich auch in den noch nicht zur Partei gehörigen Kreisen zu forgen. Das Zentral organ der Sozialdemokratie Deutschlands ist der " Vorwärts", zugleich das Lokal organ der Berliner Sozial demokratie. Er giebt Aufschluß nicht blos über alle Vorgänge äuf dem Gebiete der hohen Politit, sondern auch über alle Vorgänge in der Partei, und über alle Berliner Lokalangelegenheiten. Auch dem Unterhaltungstheil unseres Blattes, dessen Leser die Neue Welt" als wöchentliche Beilage erhalten, wird die größte Sorgfalt geschenkt. Wir sind bemüht, den ,, Vorwärts" in allen seinen Theilen stets besser zu gestalten, damit er unserer Partei würdig sei.
"
Bum Erfolg bedürfen wir jedoch der Unterstügung und Mitwirkung der Genossinnen und Genossen. In je höherem Maße uns diese Unterstützung und Mitwirkung wird, in desto höherem Maße kann und wird der Vorwärts " seine Schuldigkeit thun; und je größer die Verbreitung des Zentralorgans unserer Partei, desto
"
größer seine Macht im Dienste der Partei.
dem Abbruck eines spannenden, aber auch literarisch wertvollen Im Unterhaltungsblatt beginnen wir am Ostersonntag mit
Romans:
„ Der Schuldige?" Mon pectar Satot
Für Berlin nehmen sämmtliche Zeitungsspediteure sowie unsere Expedition, Beuthstr. 3, Bestellungen entgegen zum monatlichen Preise von
1 Mark 10 Pfennigen frei ins Haus. Für außerhalb nehmen sämmtliche Postanstalten Abonnements zum Preise von
3 Mark 30 Pfennigen
für die Monate April, Mai und Juni entgegen.( Eingetragen ist der Vorwärts" in der Post- Beitungsliste für 1899 unter Nummer 7820.)
"
Genossinnen und Genossen! Die Verbreitung des Vorwärts" ist Eure Pflicht gegen Euch selbst, ist Eure Pflicht gegen die Partei.
Der„ Vorwärts" wird nach besten Kräften seine Schuldigkeit thun. Thut Ihr die Eure!
Die Redaktion des
Vorwärts".
Amtliche Kundgebungen gegen den Arbeitgeber- Terrorismus.
Dagegen kann der Bericht von dem Verhalten der Arbeitgeber nicht so Günstiges melden. Er sagt: Den Organisationsbestrebungen der Arbeiter bringen die Arbeitgeber vielfach eine ausgesprochene Abneigung entgegen; beispielsweise wird aus der Pfalz und Oberfranken berichtet, daß Arbeitern von Betriebsunternehmern direkt oder indirekt ver boten wurde, gewissen Arbeiterverbänden anzu gehören."
Und in sehr verständiger Weise fügt der Bericht hinzu:
„ Es kann aber doch wohl als feststehend angenommen werden, daß ein solches Verfahren dem Frieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitern nicht förderlich ist. Im Gegentheil, nach der bisherigen Erfahrung ist dieser Friede um so gesicherter, je weniger es die Arbeitgeber grundsäglich ablehnen, mit den Vertretungen der Arbeiterschaft in einen geordneten Verkehr zu treten."
Vermittelungspersonen eintreten wollen. Dieselben begründen ihre Haltung damit, daß sie bei den geringsten Vorkommnissen aus ihrer Arbeit entlassen würden." Ueberhaupt sind es in Bayern wie Baden die Steinbruchbesitzer und Steinhauer- Arbeitgeber, welche am ungenirtesten gegen ihre Arbeiter errorismus ausüben. Im Fichtelgebirge kamen die Granitarbeiter dadurch zum Streit. Oberfranken berichtet hierüber: Der Beamte für
Die Ursache des Ausstandes war in erster Linie die Forderung der Arbeitgeber, daß alle ihre Arbeiter einen Revers unter schreiben sollten, nach welchem sie der Organisation der deutschen Steinarbeiter nicht angehörten, das heißt also, daß sie aus dieser Organisation austreten sollten."
In den Steinbrüchen in Sulzfeld ( Baden ) nahmen die Arbeitgeber im Winter Lohnherabsetzungen von einem Tage zum anderen nach ihrem Gutdünken" vor. Als die Steinhauer sich organisirten, bildeten sich auch die ArbeitStumm und feinesgleichen sehen in solchem Verkehr schon geber einen Verband, welcher beschloß, die Leiter des Facheine verderbliche Anerkennung des sozialdemokratischen Staates bereins sogleich von den Beschäftigungen in im Kapitalistenstaate. Der badische Bericht dagegen weiß sämmtlichen Betrieben auszuschließen, den Mitnur Lobendes von dem Wirken der Arbeiterorganisationen gliedern des Fachvereins aber bis zum 1. August des Jahres zu melden. Nachdem er geschildert hat, daß die Arbeiter in zu fündigen." weitem Umfange noch ein, wie er meint, unberechtigtes Miß- Dabei muß der badische Aufsichtsbeamte bezüglich der von trauen gegen ihre Arbeitgeber haben und dadurch Differenzen den Arbeitern erhobenen Forderungen erklären: entstehen, sagt er:
" In größeren Städten wirken die Arbeiter Organis sationen dadurch, daß sie suchen die Dinge klarzustellen, in dieser Beziehung immerhin einigermaßen ausgleichend."
Die Forderung einer verminderten Arbeitszeit ist bei der notorischen Gesundheitsschädigung des Steinhauerberufes feitens der Arbeiter nicht ungerechtfertigt. Die Forderung der Arbeiter, daß ein Lohntarif aufgestellt werde, ist ohne Zweifel als berechtigt anzuerkennen. Daß das( bisher übliche) Berfahren der Billigkeit und dem Rechtsgefühl widerspricht, bedarf keiner weiteren Begründung."
Mit Recht weisen die bayerischen und badischen Beamten auch darauf hin, daß die Arbeiterorganisationen gegenüber den Unternehmern schon von vornherein sehr im Nachtheil sind, weil, wie der Bericht für Unterfranken vor der Gesundheitsschädigung und der dem Rechtsgefühl und Die Unternehmer siegten und die Arbeiter sind nach wie zutreffend ausführt, der Arbeiter oft nicht die nöthigen hat, sich an eine Arbeitervereinigung anzuschließen." Ebenso materiellen Mittel und moralischen Kräfte der Billigkeit widersprechenden Lohnberechnung preisgegeben! hebt der badische Berichterstatter Dr. Wörishoffer hervor, eine wie große Selbstzucht bei den Arbeitern nothwendig ist, ehe sie fähig sind, sich zu organisiren.
sie eine Versammlung zum Zwecke der Einführung der zehnIn Konstanz wurden drei Steinhauer gemaßregelt, weil stündigen Arbeitszeit und der Berechnung des Lohnes nach Stunden zusammenberufen hatten"! In Schwaben terrorisiren die Arbeitgeber die Mitglieder des Tertilarbeiter- Verbandes.
"
„ Er erfreut sich", schreibt der Aufsichtsbeamte, wie jeder Arbeiterverband, der geringen Sympathie der Arbeitgeber. An einzelnen Orten müssen die Arbeiter die Zugehörigkeit zum Verbande geheim halten, um nicht ihren Verdienst zu verlieren."
" Wir halten die weitverbreitete Annahme, daß den Arbeitern Organisationen zur Wahrung ihrer Interessen wegen einer ihnen innewohnenden besonderen Begeisterung leichter gelängen als anderen Klassen der Bevölkerung, für eine Ueber= schätzung der Arbeiterschaft. Wir halten vielmehr das Gegentheil für zutreffender. Unter normalen Verhältnissen erfordert jeder Zusammenschluß Opfer und ein erhebliches Maß von Selbstzucht. Wenn auch Und trotz all dieser ungesetzlichen Bedrückungen der nicht in Abrede gestellt werden soll, daß die Arbeiter hierin deutschen Arbeiter haben sich diese weder in Bayern , noch Fortschritte gemacht haben, so ist es doch sicher, daß Baden zu Ausschreitungen hinreißen lassen! Nur beim die Selbstzucht in den gebildeten Klaffen der Bevölkerung größer Bahnbau im Odenwald kam es zu Verhaftungen: ist, als in den weniger gebildeten. Das scheint auch in den dort waren es aber 60 taliener, welche die Arbeit einletzteren zum Theil selbst eingesehen zu werden, denn nur so find stellten und die übrigen Arbeiter der Linie unter Bedrohung vielfache Abmahnungen von Ausständen und
Mahnungen zur Ruhe und Besonnenheit zu erzum Niederlegen der Arbeit zu bestimmen suchten. Dafür klären. Solche Mahnungen scheinen aber vielfach gar nicht erhielten drei italienische Arbeiter 3 Monate, 2 Monate und 14 Tage Gefängniß! nöthig zu sein."
den Arbeitern sehr schwer wird, sich zu organisiren. Leider hat ja Dr. Wörishoffer nur zu sehr recht, daß es Material zur Begründung eines Arbeiter- Knebelgesetes Um so liefern, wie man sieht, badische und bayerische Berichte der frivoler wäre es daher, wenn Geseze geschmiedet würden, Gewerbeaufsichts- Beamten nicht, wohl aber dafür, daß durch welche die Arbeiter noch mehr an ihren Organisations- den Terrorismus der Arbeitgeber arbeitswillige Arbeiter an bestrebungen lahm legen sollen, als dies schon durch die der Arbeit gehindert werden! Vielleicht überrascht Graf Natur der Verhältnisse geschieht. Auch daß die Gewerkschaften Posadowsky uns mit einem Gesetz gegen solchen Arbeitgebernichts als Streifvereine seien, widerlegen die Be- Terrorismus?! richte. Der Beamte für Unterfranken schreibt:
" Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind Differenzen borgekommen, doch haben dieselben in keinem Falle zu einem elementaren Ausbruch, wie es ein größerer Streit ist, geführt. Dieses günstige Resultat ist zum Theil dem be sonnenen Eingreifen der Gewerkschaften zu verbeschäftigt die bürgerliche Presse fast mehr als die sozialdemodanten gewesen."
Die Bernstein- Debatte
Während die Hespresse der Unternehmerverbände nach baldiger Vorlage des neuen Arbeitertrug- Gesetzes schreit, weil der Terrorismus der Arbeiter unerträglich wäre, find neuerdings zwei amtliche Mittheilungen erschienen, die aus zwei Der Beamte für Oberbayern lobt in erfreulicher Weise fratische. Ueber flachste parteitaktische Erwägungen und schale Bundesstaaten berichten, wie nicht Arbeiter, sondern das Münchener Arbeiterfekretariat, das seit Schlagworte kommt die bürgerliche Debatte freilich nicht hinaus. Arbeitgeber es sind, die durch brutalen Terrorismus 1. März 1898 besteht und bis zum Jahresschlusse 52 Mit- Die Demokratie sieht bereits die berühmte Mauferung unserer Arbeiter an der Ausübung ihrer gesetzlich gewährleisteten theilungen über Verstöße gegen Arbeiterschutz - Bestimmungen Rechte hindern, um sich, unter Ausbeutung der Nothlage der bem Aufsichtsbeamten übermittelte. Arbeiter, zu bereichern. Andererseits betonen diefe Mittheilungen, daß die Arbeiter sich auf dem Boden der Geseze bewegen, mit Ruhe und Besonnenheit ihre Lage zu verbessern suchen und Ausschreitungen gerade dort nicht vorkommen, wo die Organisationen der Arbeiter am entwickeltsten sind.
=
Ein Glaube.
Partei so weit vorgeschritten, daß ihre erste Hälfte abfällt und die reine Demokratie übrig bleibt; der Verein der Nau" Durch das Bemühen des Arbeiterfekretariats, in erster Linie mannen wittert nationale, wenn auch noch nicht christliche der arbeitenden Klaffe Rechtsschutz zu gewähren, gleichzeitig aber Morgenluft, während die Scharfmacher sich umgekehrt ängstlich zu unrecht erhobenen Anforderungen entgegen zu treten und die bemühen, nachzuweisen, von Mauserung sei in Wahrheit keine Beschwerdeführer diesbezüglich zu belehren, hat sich dieses Rede. Inzwischen geht die theoretische Erörterung, wie man Sekretariat bisher als ein nühliches Vermittelungs- aus der heutigen Nummer des Vorwärts" sieht, ihren unDie beiden amtlichen Mittheilungen, in denen wir eine organ zwischen Gewerbe Aufsicht und Arbeiter gestörten Gang, da der sozialdemokratischen Partei nichts so folche der Tendenz des Posadowsky- Erlasses entgegengesetzte schaft erwiesen." Anschauung ausgesprochen finden, sind der Jahresbericht der Wie anders lautet diese gerechte Würdigung der von den erwünscht ist, wie die Kritik ihrer Grundlagen in ständigem Fluß zu erhalten. Wir können unseren Gegnern nur den großherzoglich badischen Fabrikinspektion für 1898" und die Arbeitern geschaffenen Inſtitution als der in der Begründung Stath geben, die günstige Gelegenheit zu benuken, vorerst " Jahresberichte der fgl. bayerischen Fabriken- und Gewerbe- des Posadowsky'schen Invalidenversicherungs- Gesetzes aus etwas zu lernen und dann erst zu orakeln. Inspektoren für 1898", die beide vor kurzem erschienen sind, gestoßene Stoßfeufzer, daß„ Einrichtungen dieser Art vielfach etwas zu lernen und dann erst zu orakeln.- während die preußischen wohl wieder bis in den Hoch fozialpolitischen Gesetze, die Versöhnung zwischen Arbeitgeber von einseitigen Gesichtspunkten ausgehend, den Endzweck der sommer hinein auf sich warten lassen werden. Der Bayerische Bericht erklärt in der Einleitung: und Arbeitnehmer, eher zu gefährden als zu fördern geeignet Die Arbeiterbewegung, fann unter bestimmten Vor- find." Die einseitigen Gesichtspunkte, die zur Gefährdung des aussetzungen als dienlich für den Ausgleich wirth.fozialen Friedens führen, sie finden sich, wie die bayerischen fchaftlicher Spannungen erachtet werden. Diese Vor- und badischen Berichte zeigen, gar vielfach bei den Arbeit aussetzungen Vermeidung wesentlicher Interessenschädigung oder gebern vertreten. In Unterfranken erklärt der Leiter eines dauernde Beeinträchtigung des sozialen Friedens sind auch im Betriebes ohne Rückhalt,„ daß jeder Arbeiter, welcher während Berichtjahre in der Hauptsache erfüllt worden. Der au- der Revision dem Aufsichtsbeamten eine Beschwerde vorbrächte, Du wirst Dich freuen mit mir, daß ich heute an heiliger haltende industrielle Aufschwung ermunterte die Arbeiterschaft, an rasche stens aus dem Betrieb entfernt werden Stätte die Erlöserkirche eingeweiht habe. Mein Glaube der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen thätig zu sein, die Er würde." In der Pfalz bewirkte ein Bezirksamt die Auf- ruht allein auf Jesum Christum, welcher ist der folge dieser Bemühungen aber sind nicht derartig gewesen, daß Erlöser und der Heiland der Welt!" hierdurch die wirthschaftliche Weiterentwidlung der gewerblichen stellung von Vermittelungspersonen. Unternehmungen behindert worden wäre. Der Verlauf der Ar-" Die Arbeitgeber einiger Steinbruchbezirke stehen dem Die Antwort König Albert's lautete: Dein Glaube beiterbewegung läßt wiederholt ein besonnenes Ein- aber entgegen, weil sie eine fortwährende Denun ist mein Glaube, denn in Chrifto ruht auch für mich das Heil greifen der Arbeiterorganisationen ertennen." ziation befürchten und dem Bürgermeisteramt ist es für Zeit und Ewigkeit!"
-