Nr. 77

,, Kam der Mann unter ein Auto?" ,, Nee, unter die Hilfspolizei!"

Heraus mit der Sprache!

Herr Abg. Dr. Stransky spielt sich gern als Sittenrichter und Reformator unseres öffent­lichen Lebens auf. Wir wollen ihm dabei guten Glauben und ehrlichen Willen zubilligen. Eine wirkliche Bekämpfung der Korruption besteht aber nicht in allgemeinen Redensarten und dunkeln Andeutungen, die nur geeignet sind, Mißverständ­nisse hervorzurufen und die Demokratie bloßzu­stellen. In den ,, Lidové Noviny" vom 28. März veröffentlicht Herr Abg. Dr. Stransky unter dem Titel: Die Republik und die Parteien" einen Artikel, in dem er u. a. sagt:

Freitag, 31. März 1933

Dolifuß kapituliert vor der Heimwehr?

Schutzbund- Auflösung Devorstehend. Nein!!

Große Erregung in Wien . Heute ,, Parade" des Bundesheeres.

Wien , 30. März.( Eigenbericht.) In der österreichischen Regierung waren, wie man heute hörte, im Laufe des heutigen Tages schwere Konflikte zwischen den Heimwehrministern und den Christlichsozialen ausgebrochen. Wie man in den späten Abendstunden erfährt, will die Regierung diesen Konflikt dadurch aus der Welt schaffen, daß sie den Heimwehren den republikanischen Schutz­bund ausliefert. Die Auflösung des Schutzbundes scheint eine beschlossene Sache zu sein. Es heißt, daß im Laufe des morgigen Tages der Bescheid heraus­gehen soll, durch den der Schutzbund in ganz Desterreich verboten für aufgelöst erklärt werden wird.

Diese Nachricht hat schon jetzt, obwohl sie noch nicht amtlich bestätigt ist, in der Arbeiterschaft ungeheuere Erregung ausgelöst. In allen Wiener Partei­heimen strömen die Arbeiter am Abend noch zusammen. Die Parteileitung tagt in Permanenz, um die Abwehrmaßnahmen zu beraten. Angesichts dieser Erre­gung in der Arbeiterschaft ist es feineswegs sicher, ob es möglich sein wird, schwere Konflikte im Laufe des morgigen Tages zu vermeiden.

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Die Situation wird dadurch noch ungeheuer verschärft, daß die Regierung morgen vormittags offenbar ganz ostentativ eine große Parade des Bun­desheeres in Wien stattfinden läßt. Das Auftreten des Bundesheeres in den Wiener Straßen in Verbindung mit der bereits zum Zerreißen gespannten Stim­mung fann zu Konflikten führen, deren Ausmaß man im Augenblic gar nicht abschätzen kann. Jedenfalls muß man darauf gefaßt sein, daß der morgige Tag in Oesterreich feineswegs ruhig abläuft.

Der Judenboykott der Nazi- Hunnen.

Breslauer Juden dürfen nicht ins Ausland.

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... Milch ift feine Sahne und einfach gebrannte ungemálzte Gerfte ift fein Malztaffee... Und irgend ein Malzkaffee ift eben noch lange kein Kathreiner!

Derlangen Sie also ftets nur Kathreiner beim Einkauf!

Ihr Vorgänger, Herr Ministerpräsident, stellte Berlin , 30. März. Wie das Braune Einen neuen Vorstoß hat überdies heute die scher Untertan jüdischer Herkunft, zur Erwägung, ob es nicht gut wäre, die politischen Haus offiziell mitteilen läßt, wird der Beginn preußische Landtagsfraktion der Nazis unter- fo führte er aus, habe Ursache gehabt, sich über Parteien zu öffentlich- rechtlichen Gebilden zu des Boykotts der jüdischen Geschäfte unter fei- nommen, indem sie von dem Parteigenossen Mihhandlung in Deutschland zu machen, und ihre Wirtschaft der öffentlichen Ston- nen Umständen verschoben werden. Der Boykott Rust , dem Kommissar für das Kultusmini- beklagen. Die Regierung glaube nicht, daß es frolle zu unterwerfen. Auch Präsident Masary! soll pünktlich Samstag um 10 Uhr beginnen. fterium, die sofortige Entlassung aller jüdischen gerechtfertigt wäre, bei der deutschen Regierung hat auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Das Gewaltanwendung wird von der Boykott- Lehrer und die Einführung des numerus clau- über die Behandlung nichtbritischer Staatsange­bedeutet in der Praxis und fonfret nicht, daß der zentrale zwar untersagt, ebenso jede Gewalt sus für die jüdischen Schüler und Schülerinnen höriger jüdischer Herkunft Vorstellungen zu er heben. Um Mißverständnisse zu vermeiden, müsse Staat anfange, die politischen Parte en zu be- gegen etwaige Käufer, doch ist davon sehr wenig fordert. zahlen, sondern daß er damit aufhöre, wie er zu halten. Um den moralischen Drud" auf die er feststellen, daß man sich zwar durchaus im bies jest tut, wo die unkontrollierte Ausbeutung Bevölkerung zu verschärfen, wird den örtlichen Recht befinde, wenn man davon spreche, es sei der öffentlichen Wirtschaft durch die Parteien dem Boykott- Komitees angeordnet, dafür zu sorgen, England als Mandatsmacht für Palästina eine besondere Verpflichtung zum Schutz der in Pa­Staate und anderen öffentlichen Verbänden un- daß die Anordnungen des Zentralfomitees von berechenbaren Schaden zufügt. Es handelt sich der gesamten Presse in entspre Breslau , 30. März. Der Polizeipräsident hat lästina ansässigen Juden übertragen worden; darum, daß der Staat sich zwar um die Finan- chender Aufmachung zum Abdruck angeordnet, daß deutsche Reichsangehörige jüdi dies verleihe jedoch England nicht irgend zierung der politischen Parteien fümmert, aber gebracht werden. schen Glaubens oder ehemals jüdischen Glaubens, ein allgemeines Recht, für Juden in daß er den Parteien hundertmal weniger als bis- Personen, ide troßdem in iüdischen Geschäf- die im Besibe eines Reisepasses sind, diesen bestimmten Ländern zu intervenieren. Es treffe her gibt, und daß durch drakonische Strafen nicht ten kaufen wollen, sollen in Berlin und anderen persönlich spätestens bis zum 3. April 1933 in zu, daß die Friedensverträge den Schutz der nur der Mißbrauch der amtlichen Macht für pri- Städten von eigenen Photographen photogra- dem für ihre Wohnung zuständigen Polizeirevier Minderheiten vorsehen. Diese Bestimmun vate, sondern auch für Parteizwecke verfolgt werde. phiert, beziehungsweise gefilmt und diese Films vorzulegen haben. Die Bässe werden nach Be- feien aber auf die Lage in Deutsch­Das bedeutet, daß sich der Staat auf diese Art dann in den Kinos als abschreckendes Beispiel schränkung ihrer Gültigkeit auf das land nicht anwendbar. Inland den Bazinhabern zurückgegeben. der Bewirtschaftung und Reinigung des Partei- vorgeführt werden. Zur Kenntlichmachung jüdischer Geschäfte lebens erzwingt, und daß auch die teure und un­sinnige Konkurrenz der Parteien aufhört. Die sollen an den Eingangstüren Platate oder Ta­Koalition wird sich erst dann selbst finden, bis feln mit gelben Flecken auf schwarzem ihre Parteien sich ehrlich zum Rampf gegen die Grund angebracht werden; in Altona hat der Unehrlichkeit vereinigen." Nazi- Polizeipräsident angeordnet, daß jüdische Geschäfte unter Strafaudrohung diese Bezeich nung sogar selbst zu besorgen haben.

Wir sind grundsätzliche Gegner der Subven tionierung politischer Parteien aus Staatsmitteln in welcher Form immer. Wir fordern auch daher die Einstellung der geheimen oder versteckten oder indirekten Subventionierung.

Zur Finanzierung der Abwehrbewegung sollen die Ortskomitees Sammlungen bei den deutschen Geschäftsleuten veranstalten.

Welcher Wert der Weisung, keine Gewalt anzuwenden beizumessen ist, zeigt am besten die Tatsache, daß bereits heute aus allen Teilen Deutschlands Meldungen einlaufen, daß über eifrige SA.- Leute den Boykott auf eigene Faust schon eröffnet und die Schließung zahlreicher jüdischer Geschäfte erzwungen haben, wobei es vielfach zur Zertrümmerung oder Beschmie­rung der Auslagen kam.

Aber so, wie Herr Abg. Stransky den Kampf gegen diese Abart der Korruption führt, geht es nicht. Allgemein von Parteien" zu sprechen, bedeutet, all e Parteien dieses Mißbrauches zu beschuldigen. Und das diskreditiert wiederum den Kampf gegen die politische Korruption überhaupt. Wenn es Herrn Abg. Dr. Stranffy ernst um die sen Kampf ist, dann müßte er fonfrete Da ten, die Namen der Parteien und die Quellen, aus denen sie die Subventionen aus öffentlichen Mitteln beziehen, anführen. Nur die bolle Oeffentlich feit fann hier Abhilfe schaffen, nicht aber balbe und allgemeine Andeu­tungen. Unsere Partei hat mit allen diesen dem 28. März:

Der neue Mieterschutz.

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Greuel.

Diese Maßnahme sei zur Vermeidung einer weiteren berlogenen Hebe" gegen die nationale Reichsdeutsche, auch Breslauer Juden, im Aus­Regierung des Reiches und der Länder durch lande nötig geworden. Auch sollen hiedurch wei­tere die Volkswirtschaft schädigende Verstöße gegen die Devisenbestimmungen verhindert werden. Reaktion der Börsen.

Die Schwierigkeiten mit dem Stahlhelm.

Berlin , 30. März. Zu den Vorgängen, die sich zwischen Stahlhelm und Nationalsoziali­sten in einigen Orten der Rheinpfalz ereig= net haben, wird dem Nachrichtenlüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger von zuständiger Stahl­Bereits seit einigen Tagen verzeichnet die Berliner Börse en Schwanken sämtlicher Kurse, helm- Seite mitgeteilt, daß in der Rheinpfalz im was mit dem nahenden Termin des antijüdischen Laufe des gestrigen Tages sämtliche Stahl­Boykotts in Zusammenhang gebracht wird. Im helm- Arbeitsräume von SA beseẞt zusammenhang mit der Breslauer Meldung über worden seien. Eine große Zahl von Stahl­die Abnahme der Reisepässe jüdischer Bürger, teilt helm führern sei verhaftet und teilweise die Deutsche Tageszeitung" mit, daß damit im Zusammenhang eine 6prozentige Verschlechterung in nationalsozialistische Arbeitslager überführt der Kurse zu verzeichnen war, bei einigen führen worden. Durch eine in der Nacht erfolgte An­ den Werten betrugen die Verluste sogar bis 11 ordnung der Reichsregierung seien sämtliche Ver­Prozent. haftungen von Stahlhelmern in der Pfalz mit gerichteten Ereignisse in Deutschland erlassen und sofortiger Wirkung wieder aufgehoben für den 5. April eine große Manifestations worden. Ergänzend hört das Nachrichtenbüro des bersammlung einberufen in der u. a. Pa in- VDZ in unterrichteten Kreisen, daß der Reichs levé, Caillaug usw. sprechen werden. Die kommissär für Bayern , General von Epp, sich in jüdischen Religionsgmeinden in Paris und Straßburg beschlossen, alle die Rheinpfalz begeben hat, um dort im Namen deutschen Erzeugnisse zu boykottie- der Reichsregierung die entstandenen Mißver­ren und keine Reisen nach Deutsch ständnisse zu beseitigen. land zu unternehmen.

Paris , 30. März. Die Geschäftsleute des Pariser Sentier- Viertels( in der Umgebung der Börse), größtenteils Juden, aber auch zahlreiche

wird.

Rücktritt des deutschnationalen Fraktionsführers.

Daily Herald" London berichtet unter Dingen nichts zu tun, fie hat niemals einen Zahlreiche Fälle von Verfolgungen polnischer Heller aus öffentlichen Mitteln bezogen und Juden in Deutschland wurden gestern der polni würde wünschen, daß Herr Abg. Stranffy deutschen Regierung durch ihre Konsulate gemeldet: licher wird und auf diese Weise den Reinigungs­Unter anderem ist hiernach der Rabbiner prozeß beschleunigt. Bereisch in Duisburg in einer Synagoge von SA- Leuten angegriffen, geschlagen und, nach dem man ihn in eine republikanische Fahne gehüllt hatte, auf die Straße hin- nichtjüdische Firmeninhaber, brachten heute zum Berlin , 30. März. Wie das Contibüro er­Prag, 30. März. Der Senat nahm heute ausgestoken worden. Die Polizei fah tatenlos zu, Beichen des Protestes gegen das antijüdische Vor- fährt, hat Dr. Oberfohren sein Reichs­nachmittags das neue Mieterichutzprovisorium als der Rabbiner inmitten einer tobenden Menge unverändert an. Die Unterzeichnung des Gesetzes von Hakenkreuzlern Spießruten lief. Nach einiger gehen in Deutschland am Eingang zu ihren Ge- tagsmandat niedergelegt. Dr. Ober­durch den Präsidenten der Republik soll morgen, Zeit wurde Vereisch edoch verhaftet unter der Beschäf en Anschriften an, in welchen reichsdeutschen fohren ist seit 1928 Vorsitzender der Reichstags­seine Stelle tritt Maurermeister Lange- Wands­also am letzten Tag vor dem Erlöschen des bis- schuldigung. öffentliche Unruhe auf der Straße Handelsvertretern der Eintritt untersagt frattion der deutschnationalen Volkspartei. An erzeugt zu haben." beck. herigen Provisoriums, erfolgen. Ein sechzigjähriger polnischer Jude namens Boykott- Debatte bei den Lords. Die Mandatsniederlegung Dr. Oberfohrens Bei der Abstimmung wurde auch eine vom Serle in Leipzig wurde auf der Straße ohne hat in politischen Kreisen Ueberraschung Budgetausschuß beantragte Entschließung ange- jeden Anlaß von Nationalsozialisten überfallen Die schwierige Lage der englischen Regierung. hervorgerufen. Die eigentliche Ursache wurde nicht nommen, durch die das Fürsorgeminifterium auf und niedergeschlagen; als seine zwölfjährige Toch­London, 30. März. Im Oberhaus machte befann gegeben, doch nimmt man an, daß der gefordert wird, die Frage des Regreßrechtes ter ihn zu schützen versuchen wollte, wurde auch Viscount Cecil heute längere Ausführungen über Rücktritt im Zusammenhang mit prinzipiel­Bes Staates unter Berücksichtigung der finan- fie niedergeschlagen. ziellen Fähigkeiten der Besizer von Familien- und Ein in Reichenbach wohnhafter Jude die Lage in Deutschland , und besonders der deut- en Parteifragen steht. Dr. Oberfohren Ein in Reichenbach wohnhafter Jude schen Juden. Die besondere Stellung, die Eng- sei Gegner des gemeinsamen Vor­Klapisz wurde vor zwölf Tagen durch SA- land als Mandatar Palästina's einnehme, gehen der Deutschnationalen und der Natio­Leute verschleppt und ist bis heute nicht auf habe zur Folge, daß England mit dem Wohl und nalsozialisten gewesen und habe auch in anderen findbar. In Köln drangen A- Leute in die Woh- Wehe des jüdischen Volles in besonderer Weise Punkten mit der offiziellen Parteileitung nicht In Köln drangen SA- Leute in die Woh- verknüpft nung des jüdischen Kaufmanns Abraham ein, verknüpft fei. Wenn man betone, daß die Juden­schlugen ihn nieder und bedrohten ihn am Leben. frage eine Angelegenheit der deutschen Regierung Der Judas - Lohn für das Zentrum. Die Frau des Abraham sprang in ihrer Ber- ei, in die sich England nicht einmischen dürfe, Der Judas - Lohn für das Zentrum. Berio treffe dies zwar in gewissem Maß zu, doch sei Berlin , 30. März. Am Donnerstag fand zweiflung aus dem Fenster und verletzte sich es seit mehr als einem halben Jahrhundert alleine Besprechung zwischen dem Kommissar des gemein üblich, die Behandlung von Raffen und In allen diesen Fällen hat die polnische religiösen Minderheiten als eine Frage zu be- Reiches für das preußische Ministerium des In­Gesandtschaft schärfstens Protest trachten, die nicht nur die Länder angehe, wo die nern Reichsminister Göring und einem Ber­erhoben und Schadenersazansprüche an Minderheiten leben, sondern die das Intereffe treter des Zentrums statt, in der die Stellung­und eventuell auch Maßnahmen anderer Länder nahme der Regierung zu der Beamtenfrage er­gemeldet. erfordere. örtert wurde. Reichsminister Göring erklärt ,. Französischer Anti- Boykott. Kriegsminister Lord Sailsham gab in Paris , 30. März. Die vereinigten jüdischen Erwiderung auf die Ausführungen Cecils eine daß die Tatsache der Zugehörigkeit zum Zentrum und nichtiüdischen Oreanisationen in Paris habenrklärung der Regierung über die Behandlung allein für einen Beamten Nachteile haben einen Aufruf gegen die letzten gegen die Juden r Juden in Deutschland ab. Sein brit werde.

Miethäuser zu lösen.

Auch der Senat vertagte sich dann auf unbe­ftimmfe Zeit, voraussichtlich ebenfalls bis nach Sen Osterferien.

Beginn der Devisenverhand­lungen mit Deutschland .

Prag , 30. März. In der volkswirtschaftlichen Abteilung des Außenministeriums wurden heute nachmittags die Berhandlungen über die Rege­lung der strittigen Devisen- und Wirtschafts­fragen, welche zwischen der Tschechoslowakei und Deutschland aufgetaucht sind, eröffnet.

Die tschechoslowakische Delegation führt der Gesandte und bevollmächtigte Minister Dr. Friedmann, die deutsche Delegation Geheim rat Dr. Ullrich von deutschen Außenamt.

schwer.

übereingestimmt.