Nr. 164

Abänderung des französischen Handelsvertrages.

Gebundene Sollsäge fönnen geändert werden.

Prag , 15. Juli. Die Regierung unterbrei­tete den gesetzgebenden Körperschaften ein Zufas abkommen zu dem in Paris am 12. Mai 1933 unterzeichneten tschechoslowakisch französischen Sandelsvertrag zur Beratung.

Sonntag, 16. Juli 1933

Viererpakt in Rom unterzeichnet.

In der Präambel des Paftes wird auf die be­fonderen Pflichten der Vertragsstaaten als ständige Witglieder des Völkerbundrates und als Unterzeich ner der Locarnoverträge hingewiefen sowie auf die Verpflichtungen, die sich aus dem Kelloggpakt und der im Verlaufe der Abrüstungskonferenz abgege: benen Erklärung ergeben, wonach die Staaten auf die Anwendung von Gewalt verzichten.

Rom , 15. Juli. Am Arbeitstisch Musso-| wirtschaftlicher Art, namentlich soweit sie den wirt­im Palazzo Venezia ist heute Mittag schaftlichen Wiederaufbau Europas betreffen, zu ver­12 Uhr der Viererpakt von den Botschaftern ständigen und die Regelung dieser Fragen im Rah Deutschlands , Englands und Frankreichs und men des Völkerbundes zu suchen. von Mussolini , dem Schöpfer dieses Vertrages, unterzeichnet worden. Der Palt ist in vier Exemplaren je in einer der Sprachen der vier Großmächte ausgefertigt. Die vier Originale Durch dieses Abkommen erlangen beide Par- werben im Palazzo Venezia deponiert. feien eine gewisse zolltarifarische Freiheit in dem Der wesentliche Inhalt des auf zehn Jahre Sinne, daß sie die bisherigen gebundenen Zoll- abgeschlossenen Viermächtepattes ist nach einer fäße nach bloßer vorausgehender Mitteilung amtlichen Berliner Meldung folgender: unter den im Zusazabkommen angeführten Be- amtlichen dingungen und Modalitäten ändern können. 1. Die vertragschließenden Teile werden sich Außerdem wird die Stlausel über die Meistbegün über alle fie angehenden Fragen verständigen und ftigung für Maßnahmen, die zum Schuße der verpflichten sich, im Rahmen des Völlerbundes alle heimischen Währung getroffen wurden, und für auf die Wahrung des Friedens gerichtete Politik die Sonderabkommen eingeschränkt, die im Sinne wirtjamer Zusammenarbeit zwischen allen Mächten der Empfehlungen der Konferenz von Strefa ver- nach Kräften anzustreben. einbart wurden. Im übrigen bleibt der Han­delsvertrag vom 2. Juli unverändert.

Das Zujazabkommen trat am 10. Juli 1933 in provisorische Gültigkeit.

Reidskonferenz der österreichischen Gewerkschaften.

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Flugblattverteller, oder auch nur dieser Tat Verdächtige", werden erschossen!

In Braunschweig versuchte neulich ein S.­Führer, der mit seinen Leuten eine Razzia in ciner Arbeiterstraße unternahm, einige Arbeiter gefangen zu nehmen, indem er von seiner Schuß­waffe Gebrauch machte.

diese Weise bedroht wurden, schossen sie ebenfalls. Als die verfolgten Arbeiter sahen, daß sie auf Dabei fam der Angreifer ums Leben. Die Na­tionalsozialisten, die versuchen, das ehemals ful tivierte deutsche Volt unter ihre Knuten und Pistolenläufe zu zwingen, werden in Zukunft ler­nen müssen, daß es nicht leicht ist, ein ehemals freies Bolf zu unterdrüden.

Der oben geschilderte Vorgang hat nun eine Der Temps" schreibt in seinem Leitartikel behördliche Maßnahme zur Folge gehabt, die das über die Unterzeichnung des Viermächtepattes: Land Braunschweig zu einem Staate herabwür Welches praktische Ergebnis wird der Viermächte digt, wie man ihn im schlimmsten Wildwest nicht paft zeitigen? Im Hinblick auf das gegenwärtige schlimmer fönnte. Unter der lleberschrift: Es 2. Unbeschadet der Funktion der Völkerbunds Regime in Deutschland , das jede aufrichtige wird scharf durchgegriff n" meldt das organe verpflichten die Vertragsstaaten sich unter- internationale Zusammenarbeit erschwert, darf Braunschweiger Fascistenblatt folgendes: einander, alle Vorschläge zu prüfen, die sich auf die man sich wohl nicht übetriebenen llu­wirksame Anwendung der Völlerbundjagung und sionen hingeben. Die französisch- italie namentlich auf deren Artikel 10( Garantie gegen nischen Beziehungen sind durch den Vier äußere Angriffe), 16( Sanktionen gegen den Angrei- mächtepakt sofort in günstigem Sinne beeinflußt fer), 19( Revision) beziehen. worden. Die neuen Beziehungen zwischen Paris 3. Die durch die Abrüstungstonferenz etwa und Rom eröffnen vor allem günstige Aussichten nicht erledigten Fragen, die die vier Mächte beson für den Abschluß eines Abfommens, das die ders betreffen, sollen gemeinsam erneut geprüft Sicherheit Südslawiens sowie die werden. französisch - italienische Zusammenarbeit sweds Er­4. Schließlich bestätigen die Bertragsstaaten haltung der Unabhängigkeit Defter europäischen Fragen reidys gewährleistet.

Wien , 15. Juli. Heute vormittags trat in in Wien die österreichische Reichstonferenz der Gewerkschaftsorganisationen zu sammen, auf der Genosse Dr. Bauer in seinem ihren Willen, sich über alle Referat einen großen Plan entwickelte, nach dem es seiner Meinung nach möglich wäre, in Dester­reich 200.000 Arbeitslose wieder in die Produktion einzuführen. Die Reichsfonferenz nahm eine Resolution an, in der es heißt, daß die Wirtschaftskrise, die in Desterreich durch

Der Sadismus regiert!

Der Terror geht weiter.

W. Breslau, 16. Juli. Die Zustände in dann dem Jungen mit aller Wucht solange mit die Politik des deutschen nationalen Fascismus Breslau , denen zahllose Verhaftete ausgesetzt dem Kopf gegen den Steinboden, bis der Kopf ungewöhnlich verschärft wurde, nur durch Ar- werden, um von ihnen Aussagen, insbesondere des Unglücklichen buchstäblich zerschmettert war! beitsbeschaffung und durch große öffent über Adressen von Genossen, zu erpressen, spotten Auf dem Totenschein wurde dann angegeben, liche Bauten und Arbeiten befämpft wer- jeder Beschreibung. Wer ins Braune Haus, Neu- daß Kindermann aus dem Fenster gestürzt sei. den lann. Ferner sei es unerläßlich, eine Erdorfstraße 58, geschleppt wird, hat die grauenhaf portsteigerung durch Vorzugszölle testen Martern zu bestehen. Die ganze Welt anzustreben. Alle einseitigen wirtschaftlichen muß gegen diese Hölle alarmiert werden! mie politischen Bindungen lehnt die Reichs- Am Dienstag, den 4. Juli, hat sich wieder fonferens als gefährlich ab. Die Voraus einer der Befolterten aus dem zweiten Stod fegung einer engen wirtschaftlichen Verbindung des Hauses in der Neudorfstraße herunterge­mit allen Rachbarstaaten durch das System der stürzt. Er war sofort tot. Andere enden in der Borzugszölle müsse die politische Neutra- rrenanstalt. So wurden unzählige wertvolle lisierung Desterreichs sein. Die Reso- Menschenleben in der furchtbarsten Weise ver­Iution wiederholt ferner die Forderung der nichtet. vierzigstündigen Arbeitswoche und die Ergreifung von Maßnahmen gegen Doppel­verdiener.

Gandhi will verhandeln. Poona , 15. Juli .( Reuter.) Gandhi ersuchte den indischen Vizefönig, ihm eine Zusammen­funft zu gewähren, wo es möglich wäre, die Umstände zu erörtern, unter denen es zwischen bem Allindischen Kongreß und der Regierung zu einer Einigung fommen fönnte.

,, Das Landespolizeiamt teilt mit: Der Mord an dem SS. Mann Landmann hat gezeigt, das noch immer von den Marxisten aufreizende Flu blätter verteilt werden und, daß die Verteiler vor dem Gebrauch der Schußwaffe nicht zurückschreden. Zur Abwendung der Gefahr für Leib und Leben sind alle Polizeikräfte des Landes Braun­ schweig angewiesen worden, gegenüber margifti schen Flugblattverteilern und solchen Personen, die sich dieses Vergehens verdächtig machen, nöti genfalls von der Schußwaffe unverzüglich und rücksichtslos Gebrauch zu machen."

h. b.

Dieser Erlaß spricht mehr, als tausend schön gedrechselte Worte auf internationalen Konferen zent. Er zeigt deutlicher, als alle Studienfahrten fascistenfreundlicher Journalisten, wie es eigent lich in Deutschland aussicht. Die Anordnung der braunschweigischen Polizei öffnet dem legalen Mord und Totschlag Tür und Tor. Jeder, der Mord und Totschlag Tür und Tor. Jeder, der hört- welcher Verbrecher und welcher Aben­einem sogenannten nationalen Verbande ange­teuerer hätte nicht den Weg in diese Verbände gefunden, darf jeden ihm mißliebigen Men­fchen auf der Straße ,, unverzüglich und rücksichts W. Breslau, 15. Juli. Die blutigen los" niederschießen, wenn er nur hinterher fest erroratte der Nazis hören nicht auf, sondern genug behauptet, der Erschossene habe sich ver­werden in ihrer falt- überlegt- organisierten Form 5 achtig gemacht, marristische Flugblätter zu täglich fcheußlicher. Die Heinesprügelfolonne be verteilen! tätigt fich jest als offizielle politische Polizei. Sie verhaftet ganz willkürlich und schleppt ihre Opfer Unser Leben gleicht einer Hölle" zunächst in das Spezialbüro Neudorfstraße ( Braunes Haus ). Kürzlich wurden die kommunis Einem Brief eines Genossen, der sich im stische Abgeordnete Frieda Franz und einige Stonzentrationslager auf dem Heuberg befindet, W. Berlin, 16. Juli. Eine besonders grauen nachts 12 Uhr bis morgens 4 Uhr so geschlagen, Breslauer lommunistische Arbeiter dort bon entnehmen wir folgende Stellen: Treue Genossen! Hoffentlich erhaltet ihr hafte Mordtat der braunen Banden, die sich be- daß ihre Schreie von den Bewohnern des Vorder- diesen Hilfeschrei. Das Leben ist hier geradezu reits im April abspielte, wird erst jetzt bekannt. und Hinterhauses mit Entseßen gehört wurden. furchtbar. In der Fransedystraße in Berlin- Weißensee Vor einigen Wochen hat sich dort ein kommuni- Die Behandlung ist schlimmer als in den wohnte der 16jährige Arbeiter Kindermann, ein stischer Arbeiter aus dem zweiten Stodivert ge Gefängnissen und Zuchthäusern, cifriger Kommunist. Die Nazis hatten ihn betürzt. Er soll schwerverleßt im Krankenhaus von den Kriegsgefangenen nicht zu reden. Um sonders aufs Korn genommen. Eines Tages liegen. halb 9 Uhr müssen wir zu Bett, morgens um lauerten sie ihm vor seinem Hause auf, als er Jm Breslauer Ronzentrationslager ist der halb 6 Uhr werden wir herausgejagt. In der von der Arbeit zurüdfam. Sie riefen feine Mut- Leiter ein notorischer Süffel, der nachts in sel- Nacht haben wir keine Ruhe. Oft werden wir ter herbei und in ihrer Gegenwart schlugen sie nem Suff die Gefangenen im Hemd exerzieren drei bis viermal des Nachts vor die Baraden läßt und in jeder Weise quält. Allgemein wird getrieben und werden auf dem Play herumgejagt, geflagt, daß das Essen unbeschreiblich schlecht wobei Prügel und gröbste Beleidigungen zur

Bestien!

Hakenkreuzlerische Schmiedearbeitäre, so daß die Gefangenen vor Enträftung Selbstverständlichkeit geworden find. Des Nachts

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SOCIAL DEMOKRATIE

LF

Je toller die Schläge, desto härter das Schwert...

Welche Sadisten die SA- Banditen sind, be­weist die Behandlung des früheren sozialdemo­fratischen Oberpräsidenten Lüdemann. 2. wurde nach seiner Verhaftung nach Breslau gebracht, dort von Heines selbst ins Regierungsgebäude gefahren, dort allen versammelten Beamten vor­gestellt und von Seines nach einer entsprechenden Rede bespudt. Heines erzwang dann, daß sich fämtliche Beamten von ihrem ehemaligen Vor­gefeßten ,, berabschiedeten", indem sie an ihm borbeilaufen und jeder einzelne ihm ins Geficht spuden mußte. Lüdemann war über und über mit Speichel überzogen! In diesem Zustand wurde er dann mit großem Hallodria durch die Straßen Breslaus nach dem Konzentrationslager gebracht. Zulufaffern stehen auf einer höheren Kulturstufe!

Bluthunde in den SA- Kasernen!

haben wir auf diese Weise nur drei bis vier Stunden Ruhe". Ein Vorfall: Die ganze Ab teilung wird des Nachts herausgejagt, muß exerzieren und sechs Nazis mit Gummifnüppel und vorgehaltenem Revolver prügeln einen Genossen unmenschlich. Sie warteten nur auf Widerstand und hätten den Genossen weifellos erschossen. Da er sich nicht provo sieren ließ, schlugen sie ihn später nochmals grün und blau. Diesem Genossen erklärte man: Sie fönnen sich zwar beschweren, aber das ist zwed los. Wir können Sie aber auch mit einem Sand­jack beschweren." Ein Elbinger Genosse erhielt während se ch& Tagen Dunkelarrest, nur weimal zu essen und fam halb ber hungert und totenbleich zurück. Jm Dunkel­arrest ist er schredlich berprügelt wor­den. Alle SA.- Leute, die nicht scharf genug bor­gehen, werden abgelöst.

Teure Genossen! Das ist unser Leben. Es gleicht einer Hölle.

W. Berlin , 15. Juli. Wie wir erfahren, werden in den SA- Kasernen neuerdings riesige Unter großen Gefahren übermitteln wir Euch schwarz- weißgefledte Doggen, sogenannte Schläch diesen Brief mit der Bitte: helft uns! Bringi terhunde oder Bluthunde, gehalten. Sie sollen diese Dinge an die breiteste Oeffentlichkeit! wahrscheinlich dazu dienen, Fluchtversuche zu ver­hindern vielleicht werden sie auch bei der Er- Verstärkt den Kampf gegen die fascistische Dif pressung von Aussagen eine Rolle spielen. Wo tatur, gegen dieses niederträchtige Prügel- und bie Hunde in den Straßen, von SA- Leuten ge- Gewaltsystem. Von Eurem Kampf hängt es ab, führt, auftauchen, erregen sie das größte Auf- ob in den Strafbauten menschenwürdige Verhält. sehen. Ihr Anblick erinnert an die furchtbaren nisse geschaffen werden. Wir beißen die Zähne Szenen in dem amerikanischen Film Ich bin aufeinander und bleiben stark und unerschütter­ein entflohener Stettensträfling". lich!"

Das Dritte Reich des Hungers:

Erhöhter Zoll auf Schmalz, Speck...

Berlin , 15. Juli. Im Rahmen des großen Festprogrammes der Reichsregierung ist im Mai d. J. auch der Schmalzzoll auf 75 Mart erhöht worden, um die Schmalzpreise in ein angemessenes Verhältnis zu den Preisen für die übrigen inländischen Fette zu bringen. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden, da seitdem in den wichtigsten Ausfuhrgebieten die Valuta sich entwertet hat und ausländisches Schmalz in Deutschland daher zu ständig weichenden Preisen angeboten werden konnte. Um das mit dem Fettprogramm verfolgte Ziel zu erreichen und das wachsende Mißverhältnis zwischen den Gestehungspreisen und Ver­laufspreisen zu beseitigen, muß daher der Schmalzzoll von neuem erhöht werden. In einer Verordnung vom 14. Juli d. J. wird daher der Schmalzzoll von 75 Mart auf hundert Mark erhöht. Die Verordnung tritt am 19. Juli d. J. in Kraft. Aus den gleichen Gründen sind auch die Zölle für Sped( von 36 Mart auf 60 Mark) und für Rinder- und Schaftalg und Schweine- und Gänsefett erhöht worden.

Die gleichen Erwägungen und Gründe veranlassen zu einer Erhöhung der Zölle für 3intblech und Puttalt.