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ozialdemokrat
Zentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik
13. Jahrgang.
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.
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Gonntag, 20. August 1933
Nr 194.
Schickfal des Sozialismus: Schickfal der Menschheit!
Zur Internationalen sozialistischen Konferenz in Paris .
Montag, den 21. August, tritt die Inter- Massen an seine Fahnen gefesselt und in seine fapitalismus".( Otto Bauer im Kampf".)[ schen Proletariat verloren gegangen ist, ist die nationale jozialistische Konferenz zusammen. Wehrverbände gepreßt und der Reaktion jo Das werden die Wassen nicht nur von uns Tragödie der deutschen Sozialdemokratie und Mit außerordentlichem Jnteresse blickt jeder zusagen eine demokratische Basis, eine Mas- erfahren, sondern die Entwicklung in daraus müssen die Lehren gezogen werden, Sozialist nach Paris und wird die Verhand- sengrundlage gegeben. Der deutsche Fascismus Deutschland selbst wird es ihnen sowohl für die Länder, in denen die demokralungen der Vertrauensmänner der Sozialisti- ist feine solche Reaktion, wie es beispielsweise ein paufen und die kapitalistische Fraße tische Staatsform besteht schen Arbeiter Internationale aus allen Ländiejene war, welche die Revolution von 1848 der Reaktion hinter der nationalistisch- rajjisti- Tschechoslowafei als auch für jene Länder, dern mit lebendiger innerer Anteilnahme ver- abgelöst hat, sondern eine plebejische schen Waste sichtbar machen. Die Sozialdemo- in denen die Demokratie durch den Fascismus folgen. Empfinden wir doch alle, nach den Reaktion, welche die Majjeninstinkte wohl er- tratie muß zur Führerin all der vom Hafen ausgelöscht worden ist. In den Ländern der Geschehnissen der letzten Monate, insbesondere faßt und zu benüßzen verstanden hat. Sie hat treuz Enttäuschten werden, sie muß durch ihre Demokratie müssen wir diese erhalten. Das nach dem Machtantritt des Fascismus in auch die wachsende Abneigung der kleinbürger- Politik und Tattif den Waffen, dem Proleta aber kann nur geschehen, wenn die demoDeutschland und der schweren Niederlage der lichen Massen gegen den Kapitalismus in ihre riat ebenso wie den Mittelschichten, als das er- fra tischen Gewalten die faici deutschen Arbeiterklasse die harte und bittere Rechnung gestellt und sich„ sozialistisch" ge- scheinen, was sie ist: die Trägerin des Soziatische Bewegung niederschlagen. Notwendigkeit, die Lehre aus den Ereignissen tarnt. Dieser Sieg einer von einer Massen- lismus, der revolutionären Umgestaltung des Die Demokratic darf nicht zusehen, wie sic zu ziehen, die auf uns den tiefsten Eindruck bewegung emporgetragenen Reaktion ist er kapitalismus, die Todfeindin einer verfauften ihre Feinde mit ihren eigenen Waffen begemacht und uns im Innersten bewegt haben, folgt und wir müssen die Kraft dieser Massen- Gesellschaft, in der die Wenigen im Lurus, die fämpfen. Der fascistischen Setze gegen die die Probleme des um seine Bebewegung brechen, wenn wir die Reaktion be- Vielen im gräßlichsten Glend leben. Die So Demofratie muß ein Ende gemacht werden, freiung ringenden Proletariats jiegen wollen. Wir müssen die Wassen des zialdemokratic muß im kampfe die demokratischen Freiheiten fönnen in vol neu zu durchdenken, zur Klärung un- Proletariats über den kapitalistischen Charaf- gegen den als nationalen Fascislem Waze nur für jene gelten, die auf dent jerer Auffajjungen und zur Sammlung unjeter der Krise aufklären und wir müssen den mus getarnten Monopolla pita Boden der Demokratie verbleiben wollen. So rer Kräfte zu gefangen. Die neue geschichtliche Mittelschichten zeigen, daß der„ Sozialismus" is mus die Führerin der anti- wie der Staat nicht dulden darf, daß zu Situation, die neuen Machtverhältnisse stellen der deutschen Nationalsozialisten nicht Ent- tapitalistischen Massen sein. irgendwelchen gemeinen Verbrechen aufgemuntert wird, jo darf er auch nicht gestatten, daß
uns vor neue Probleme und zwingen uns die eignung der Kapitalisten, nicht die Ueberfüh
Taftit der sozialdemokratischen Parteien der rung der fonzentrierten Produktionsmittel in Es gibt wohl feinen Sozialisten, den der zu fascistischen Verbrechen aufgefordert neugeschaffenen Lage anzupassen. Wir sind das Eigentum des Gemeinwesens, nicht die Sieg des Fascismus in Deutschland nicht ver- wird. In dem rücksichtslosen, alle Wachtmitnicht imstande gewejen", jo jagt Gen. Dofior Aufhebung der Produktion um des Profits anlaßt hätte, sich mit der Frage der De motel der Demokratie anwendenden, Kampf gegen Franzel im Augustheft unserer wissen- willen" ist, sondern die berufsständische fratie auseinanderzusetzen. Nach der Marx die Fascisten dürfen wir uns nicht beirren schaftlichen Zeitschrift Tribüne", mit den Durchorganisierung der fapitalistischen Wirt- Engelschen Lehre und nach den Erfahrungen lassen, auch nicht von den geheimen Freunden Ideologien, dem Apparat, den Waffen, die wir schaft und ihre Unterwerfung unter staatliche von Jahrzehnten politischen Kampfes sehen der Fascisten, die es noch nicht wagen, jich aus der Vorkriegs- Internationale mitbrach- Regulierung, also nichts anderes als plan wir die Demokratie, die demokratische Repu- offen zur fascistischen Diftatur zu befennen. ten, die revolutionären Situationen der Nachmäßiges Weitertreiben der im Gange befind- blik als den Kampfboden an, auf wei friegszeit zu meistern." Der Kampf der Klaj- lichen Entwicklung zu immer weiterem Aus chem das Ringen um den Sozialismus sich lands muß das Problem der Demokratic einer Aber auch die Sozialdemokratie Deutschjen spielt sich auf einem neuen Schlachtfelde bau des organisierten Monopol- und Staats- abspielt. Daß dieser Kampfboden dem deut- ernenten Prüfung unterziehen. Der Fascis ab, wir müssen unsere Strategie dem neuen Schauplatz, auf dem nicht nur um Sieg oder Niederlage, sondern um das Sein oder Nichtjein der menschlichen Kultur gefämpft wird, anpassen.
mus führt zum ,, totalen Staat", d. h. zu einer www.Staatsgetvalt, die das ganze öffentliche Leben weit störfer beeinflußt als der liberale Staat der früheren Zeit. Die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopol- und Staatsfapitalis
NSBO- Kreisleiter im Konzentrationslager
Seit dem Jahre 1918, da der Weltkrieg beendigt wurde, seitdem eine neue Generation. herangewachsen ist, hat sich die Welt verändert. Wohl ist die fapitalistische Wirtschaft Europas , durch den Krieg schwer erschüttert, nicht in den Flammen von Krieg und Revolution- Weimar, 19. August. Wie die Pressestelle des thüringischen Staatsmini wenigstens nicht in Westeuropa - aufgegan- steriums mitteilt, hat sich das thüringische Staatsministerium des Innern veranlaßt geschen, um Störungen in der Wirtschaft, besonders in den Kaliwerfen Nordthüringens, vorzubeugen und derartige Versuche von vorn herein im Reime zu erstiden, den Kreisleiter der NSBO in Sonders: hausen vorerst in Schutzhaft zu nehmen.
Um Störungen in der kapitalistischen Wirtschaft zu vermeiden.
gen, sie hat von 1925 bis 1929 noch eine Periode der Stabilisierung erlebt, aber ein fnappes Jahrzehnt nach den Friedensschlüssen, die eine schönere Welt schaffen sollten- man denfe an Bölferbund, Schiedsgerichte, Internationales Arbeitsamt- brach über den Kapitalismus die schwerste rise herein, welche die bisher festesten Stützen der Privatwirtschaft zum Wansen gebrach, Mit lionen von Menschen arbeitslos gemacht, aut dere Millionen auf der sozialen Stufenleiter um mehrere Stufen hinuntergestürzt hat. Die Krise hat Millionen von Proletariern
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Der Hinweis darauf, daß solche Versuche im Reime zu erstiden" find, läßt den Schluß zu, daß die Verhaftung der NSVO- Funktionäre das beste Mittel zur Erringung des deutschen Sozialismus" ist.
Erbauliches
its macht die in alle Zweige der Wirtschaft eingreifende Staatsgewalt zur gesellschaftlichen Notwendigkeit. Der Fascismus wird dem Kapitalismus das Weiterleben durch eine abjolute Staatsgewalt möglich machen, die das Proletariat politisch fnebelt und wirtschaftlich verelendet. Die Aufgabe der Sozialdemokratic ist es in dem Uebergang, der sich von der freien fapitalistischen Wirtschaft über den Monopol und Staatsfapitalismus zur sozialisti schen Gemeinwirtschaft vollzieht, die Staatsgewalt unter starken proletarischen Einfluß zu stellen, damit die sozialen Errungenschaften der Arbeiter, welche in den schweren Kämpfen eines halben Jahrhunderts geschaffen wurden, erhalten bleiben und damit das Proletariat nicht in Not, Elend und Knechtschaft versinke. Aus der ungeheuren Macht, die dem Fascismen. Bei der Durchsuchung wurden Waffen, mus aus dem Besitz der Staatsgewalt im Munition und Material vorgefunden und be totalen Staat" zugefallen ist, muß aber auch schlagnahmt. Hierunter befinden sich 12 Büchsen in allem Ernst der Schluß gezogen werden, mit je einem Kilogramm hochbrisantem Spreng daß diese Macht nur in schweren Kämpfen gestoff, 20 Eierhandgranaten, 17 Heeresgewehre brochen werden kann. Die despotische namenloses Unglück gebracht, der jüngeren Uninteressiert.... Generation jede Möglichkeit einen Beruf ausund Karabiner, über 2000 Gewehrpatronen, 20 Generalstabsfarten, Berlin , 19. Auguft.( Tich. P. B.) In Pforz mehrere Ladepistolen, 20 Gewalt des deutschen Fascismus zuüben genommen. So ist an Stelle nüchterner Auffassung Verzweiflung getreten, welche heim hat der Kreisleiter der NSDAP an die einen Filmvorführungsapparat, 12 Filme des wird nicht anders als in gewalt die einen glauben läßt, daß man die fapitali gesamte Bevölkerung einen Aufruf erlassen, in verbotenen„ Rot Front " Bundes, einige Vera mer Revolution, in blutigem größere Wengen Bürgerkrieg zu brechen sein."( Otto stische Welt im Augenblid umfrempeln fann, dem es heißt, es sei wiederholt bei Aufmärschen vielfältigungsapparate und Bauer.) wenn man nur will, während die andern zur aufgefallen, daß einzelne Teile der Bevölkerung fommunistischer Schriften. beim Vorüberziehen der nationalsozialiſtiſchen Beute jenter geworden sind, welche der nach Sturmfahnen unintereffiert, teilweise mit den 1918 erſtarften Demofratie die Schuld an Sänden in den Taschen, am Straßenrande herallem Elend gaben. Aber nich nur das Pro- umstehen. Er ordnet daher an, daß die Fahnen letariat, auch die Mitte fjchichten sind in des Dritten Reiches mit dem deutschen Gruß den Abgrund der Strise hineingerissen, worden. zu grüßen sind. Zuwiderhandlungen werden in Ihr kleinbürgerlicher Verstand reichte jedoch Zukunft an Ort und Stelle abgestellt. nicht aus, die fapitalistischen Ursachen der Kommunistenberhaftungen. Krise dieser verfommenden Welt zu erkennen, Oppeln , 19. August. ( Tsch. P.-B.) Mit Untersondern sie glauben, ihre drohende Proletari- stüßung von Angehörigen der SA und SS ge- Jüdische Rundschau" verboten. sierung durch den Kampf gegen das Proleta- lang es, die Saupipersonen einer weitverzweig Berlin , 19. August.( Tsch. P.-B.) Das ge riat zu verhindern. In Deutschland hat der ten Geheimorganisation der KPD festzunehmen heime Staatspolizeiamt hat mit sofortiger Wir durch die Gewaltverträge von 1919 begün- und in Polizeigewahrsam zu bringen. Insgefung die Jüdische Rundschau" verboten. Das ftigte Nationalismus diese fleinbürgerlichen( samt wurden 61 Personen in Schutzhaft genom Verbot erstreckt sich bis zum 15. Feber 1934.
exiſtenzlos gemacht, ihnen und ihren Familien aus dem Dritten Reich.
Noch nicht genug Konzentrationslager.
Berlin , 19. August.( Tich. P.-B.) Wie der Die Entwicklung Europas fann aber in Bölkische Beobachter" berichtet, soll das alte den nächsten Jahren durch ein neues VölkerBrandenburger Zuchthaus , das seit geraumer Zeit leer steht, als Konzentrationslager verven morden, durch einen neuen Krieg unterdet und mit Schutzhäftlingen belegt werden. brochen werden und auch mit dieser Möglich Mit der Belegung soll am 20. August begonnen feit müssen die sozialdemokratischen Parteien, werden. muß die Internationale rechnen. Es ist gar fein Zweifel, daß sich die Demokratien mit aller Straft wehren müßten, wenn Hitler einen Strieg begänne. Aber Hitler handelt es jich im gegenwärtigen Augenblick nicht um den Krieg, für den er sich zu schwach hält, sondern
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