Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Samstag, 20. Jänner 1934

Die deutsche   Antwort Hitlerhetze überreicht

Der Ton angeblich entgegenkommend

Berlin  , 19. Jänuer. Der Reichsminister für answärtige Angelegenheiten Baron Neurath übergab hente abends dem französischen   Botschafter in Berlin   Francois Pon cet die Antwort der deutschen   Regierung auf das französische   Memorandum in der Abri­stungsfrage und erläuterte den Inhalt des Schriftstückes.

Die deutsche   Antwort umfaßt 14 maschinengeschriebene Seiten und enthält außer Be merkungen zu den französischen   Vorschlägen auch das Ersuchen der deutschen   Regierung, die französische   Regierung möge in gewissen Punkten ihre Stellung näher präzisieren.

Die Antwort soll, wie dasDNB meldet, in entgegenkommendem Tone gehalten sein und der Forderung der von beiden Seiten gewünschten Verständigung entgegen kommen. Seine Tendenz sei die Fortsetzung und die Vertiefung der begonnenen Aussprache.

Ebenso empfing Freiherr von Neurath   den englischen Botschafter Sir Eric Phipps  und übergab ihm die Antwort auf das Memorandum, das dieser im Auftrage der königlich englischen Regierung dem Reichskanzler am 20. Dezember v. J. überreicht hatte.

200.000 Mann Reichswehr  noch zu wenig!

Die deutsche   Regierung soll nach halboffi­ziellen Meldungen den Wunsch haben, es möge in den direkten diplomatischen Verhandlungen zwi­schen Frankreich   und Deutschland   fortgefahren werden, und sie teilt aus diesem Grunde ihre Ein­wände bloß in Form von Anmerkungen mit, die eine nähere Antwort französischerseits erfor= derten.

Die deutschen   Einwände betreffen, wie ver= lautet, insbesondeve vier Punkte:

1. Die deutsche   Regierung sieht die " Probefrist" in jedweder Form als unan­nehmbar an.

2. Die Zahl von 200.000 Mann, die nach dem französischen   Memorandum für die neue deutsche   Armee zuerkannt werden sollte, wird

Fortsetzung der Abrüstungskonferenz

In weiter Ferne

auf deutscher   Seite als unzureichend an gefchen.

fannt werden.

den.

4. Die deutsche   Reichsregierung wirft wei­

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Nr. 16

gegen die Tschechoslowakei

Neue Lügenflut in der gleichgeschalteten Presse

Wir berichteten vor einigen Wochen über uns hätten. Sind deutsche Marristen denn überhaupt glaubliche Falschmeldungen, die im schlesischen Deutsche   Sie sprechen doch nur deutsch!"--­Pressedienst der NSDAP   über die Zustände in der Was die Herren Führer der sudetendeutschen   Na­Tschechoslowakei enthalten waren. Nunmehr tionalsozialisten allerdings nicht hinderte, selbst in scheint die deutsche   Presse Weisung bekommen zu der Zeit, da sie noch auf dem hohen Roß saßen, zu haben, einen konzentrischen Angriff auf die Tiche dem deutschen   sozialdemokratischen Minister Klin­choslowatei, bzw. auf die demokratische Regie- ten putzen zu gehen und ihm für seine Arbeit im rungsform unseres Landes zu unternehmen. Es Interesse des Sudetendeutschtums mehr als einmal versteht sich, daß die Hitlerpresse weder vor der Anerkennung zu zollen. widerlichsten Heuchelei, noch vor Fälschungen zu rückschredt. Hat jie doch in den aus der Tschecho slowakei geflüchteten Nationalsozialisten Bundes­genossen bekommen, deren Charakter dem geistigen und moralischen Niveau der hunnischen Gespresse entspricht.

Nach diesen Ergüssen redet der Freiheits­kampf" den Tschechen ins Gewissen. Was haben die Tschechen davon, fragt er, wenn Hunderte örtlicher völkischer Gewerkschaftsführer einge fertert würden; sie hätten sich doch niemals um Politit gefümmert und nie gegen die Tsche chen, sondern nur um den Kampf gegen den deut­ schen   Unternehmer welch ein Bekenntnis zur Volksgemeinschaft"!- gefümmert.

,, Diese Gewerkschaftsführer werden ebenso wie die Parteiführer, im fudetendeutschen Dorf wie in der Stadt die angesehnsten Menschen un ter allen Mitbürgern, paarweise aneinanderge­feffelt ins Gefängnis eingeliefert... Wie töricht! Warum soll der angesehene Mann plößlich ein räubiger Hund sein, wenn er in Ketten durch die Straßen geführt wird? Nicht, daß die noch Freien abgeschreckt werden, aber die Ketten und das Ge­fängnis verlieren ihren entehrenden Charakter. Es wird zur Ehre, das gleiche Schicksal zu erlei den, wie der Führer."

Beschwerde Oesterreichs   eine Befriedung der tschechoslowakischen In- fängnisse geführt wurden. Singegen ist es richtig. beim Völkerbund?

Am 8. Jänner flüchtete der Lehrer Lang­hans aus Fischern nach Deutschland  . Wenige Tage nachher war schon bekannt, daß dieser be­dauernswerte Emigrant, der hier mit seinen Sum panen die Flüchtlinge aus Deutschland   wüst be= schimpfte, in Sachsen   einen schönen Posten erhal= ten hat. Und schon zwei Tage nach seiner Flucht, nämlich am 10. Jänner, war das Martyrium" dieses sudetendeutschen   Freiheitshelden" schon 3. Die Neichsregierung ist der Ansicht, daß im sächsischen Hauptorgan der Nationalsozialisten, es notwendig fei, gleichzeitig mit der Frage der dem Dresdener Freiheitsfampf" dargestellt. Der Armeestärke auch die Frage ihrer Ausrü- Freiheitstampf" gibt das Defret wieder, mit dem st ung einer Lösung zuzuführen, und sie er- Langhans aus dem Karlebader Polizeirevier und hebt die Aufforderung, daß gleich von Anfang aus dem Polizeirayon Joachimsthal   ausgewiesen an der neuen deutschen Armee alle Arten wurde. Der Bruder des Langhans, so berichtet der von Berteidigungswaffen zuer- Freiheitstampf", sei unter Polizeiaufsicht ge= Auch hier hat der Artikelschreiber das deut­stellt worden. Siefür wird kein Grund angegeben und man kann nur annehmen, daß die Parteizugesche Vorbild vor Augen. Im Hunnenreich wurden ters die Frage auf, was Frankreich   mit den 50 hörigkeit seines Bruders Grund genug für die mit gefangenen Marristen große Aufzüge veran tschechischen Behörden gewesen ist, eine solche staltet; sie wurden zur Belustigung der verheizten Prozent seiner Militärflugzeuge zu unterneh men gedente, die laut dem französischen   Memo Maßnahme anzuordnen, die sonst nur bei Ver- Vollsmassen durch die Straßen geführt und dem brechern angewendet wird." Die polizeili- größten Schimpf ausgesetzt. Ja, man hat sogar randum aus dem Dienst gezogen werden soll­ten: weiters fragt fic, welche Luftstreitchen Schikanen haben nach der Behauptung der Mädchen an den Pranger gestellt, weil sie mit träfte Deutschland   zuerkannt werden wür hunniſchen Zeitung dem Langhans das Leben in Juden verkehrten. Was in Deutschland   alltägliches seiner böhmischen Heimat unmöglich gemacht; auf Schauspiel ist, hat der Freiheitstampf" für die diese Weise verliere das Sudetendeutschtum seine Tschechoslowakei erfunden. Denn es ist hier geistigen Führer(!) Damit aber neben der niemals vorgekommen, daß die angesehen­Heuchelei die Drohung nicht fehle, schreibt der sten Mitbürger"" um ihrer Gesinnung" willen, Freiheitslamps", daß mit solchen Methoden we paariveise gefesselt, durch die Straßen in die Ge­nenpolitit, noch auf die Dauer eine daß ein angesehener Mann auch dann nicht zum Verbesserung der deutschtscheräudigen Hund wird, wenn er von SA- Buben an chischen Beziehungen möglich sei. Noch den Pranger gestellt wurde; denn jede Schikane, Berlin  , 19. Jänner  .( CPV.) In Verliner bevor diese ,, Enthüllungen" über das schreckliche die ein Hunne an einem Deutschen   begeht, ehrt diplomatischen Kreisen verlautet, daß der österreis Schicksal des armen Emigranten Langhans erschie- die Bedrückten und ein Schurke ist nur, iver heute chische Gesandte Tauschitz dieser Tage dem nen waren, nämlich am 9. Jänner, nahm der in Deutschland   angesehen ist oder gar in den Genf  , 19. Tänner. Heute nachmittags trat das engere Präsidium der Abrüstungston brachte, die Reisregierung möge sich verlichen Artikel zu den Zuständen in der Tschechoslo- darf. Reichsaußenminister Neurath die Forderung über- Freiheitskampf" in einem sozusagen grundsäß gleichgeschalteten Zeitungen Meinung" machen ferenz zusammen. An der Sitzung beteiligte sich wakei Stellung. Sein Verfasser ist eben jener Z In die Front der Greuelhezzer gegen die Konferenzvorfißender Henderson, weiters Pflichten, sich nicht mehr in die inneren An­der stellvertretende Vorsißende P o l it is und gelegenheiten Desterreichs einzumischen. Gleichzei der bis zur Auflösung der DNSAP  . in einem Tschechoslowakei   ist neuerdings auch die Presse­der Referent Dr. Bene&. Das Hauptinteresse dertig soll die österreichische Regierung die Forderung großen Teile der gleichgeschalteten judetendeut- forrespondenz des Deutschen   Auslands- Institutes Beratungen des engeren Ausschusses betrifft das gestellt haben, die Reichsregierung folle ausdrüd- schen Bürgerpreſſe ſein Univeſen trieb und also in Stuttgart  " eingeschwenft, das sich zur Aufgabe Datum, zu dem die weitere Etappe der Abrüzlich die staatliche Unabhängigkeit Desterreichs aner zur Kritik an den Zuständen in der Tschechoslowa gestellt hat, die Auslandsdeutschen zum Ver­tennen. Sollte die Reichsregierung nicht bereit sein, fei allen politischen Gauklern als hinlänglich legi- ständnis" für die deutschen   Zustände zu erziehen. stungsfonferenz eröffnet werden soll. Bisher ist diesem Ansuchen zu entsprechen, beabsichtige die timiert erscheint. Unter der Ueberschrift., Es schreit gen nichts Festes beschlossen worden, doch wird über österreichische Regierung sich mit einer Ve= Da wird behauptet, daß die tschechoslowaki Simmel" veröffentlicht diese seltsame Presse­das Datum des 19. Jeber erwogen, an welchem ich werde an den Völkerbund zu sche Regierung daran gche ,,, nationale Sudeten  - forrespondenz einen Bericht über die brutale Tage das Präsidium der Abrüstungskonferenz wenden. deutsche  " aus zubürgern, alle geweſenen Unterdrückung des Sudeten  = darüber zu entscheiden hätte, wann der Hauptaus­Nationalsozialisten in öffentlichen Stellungen aus deutschtums", das es selbstverständlich, um schuß zusammentreten soll. Frankreich   kündigt den deutschen   dem Amte zu jagen und den Privatunternehmern seine verlogene Heze halbwegs glaubhaft zu ma Handelsvertrag von Staats wegen ihre Einstellung zu verbieten. chen, mit den Sudeten  - Fascisten gleichseẞt. Zwei Duellforderungen Herr Z braucht, um diese Behauptungen aufzu Da wird nun berichtet über die Beschlag­Paris, 19. Jänner. Havas teilt mit, die stellen, nicht einmal seine üppige Phantasie zu nahme und die Einstellung faszistischer Zeitun Paris  , 19. Jänner. Gestern tam es nach franzöfifche Regierung habe endgültig befchloffen, Silfe nehmen: er kann sich darauf beschränken, die gen, über die Polizeiaufsicht, unter die einige den deutsch  - französischen Handelsvertrag von von den Hunnen gegen die Marristen und Demo- Dugend Hakenkreuzler gestellt wurden und über einer stürmischen Kammerſißung in den Wandel- 1927 dreimonatig zu tündigen. Der franzö- traten getroffenen Maßnahmen wiederzugeben. die Auflösung einiger Ortsgruppen des Bundes gängen zu einem schweren Zusammenstoß zwi- fische Botschafter in Berlin   ist angewiesen worden, was ihm im Dritten Reich als ſelbſtverständlich der Deutschen   in Böhmen  . Die Preſſetorreſpon schen dem Unterrichtsminister de Monzie und der Reichsregierung diesen Beschluß heute mitzu erscheint, wenn es gegen die ,, marristischen Ver- denz des Deutschen Auslandsinstitutes beschließt brecher" gerichtet ist, ist jedoch in der Tschechoslo- ihre Anklage" mit folgendem Sab: Das Un­dem Deputierten Henriot, der Monzie in der teilen. " Die Kündigung des Handelsvertrages wird walei noch lange nicht Gepflogenheit; hier fann recht, das man unseren ſudetendeutschen Bolts­Kammer beschuldigt hatte, er hobe im Jahre 1926 im allgemeinen sowohl in der französischen   Han- sich selbst der sogenannte nationale Deutsche viel genossen unter der äußerlichen Wahrung von als Advokat die wegen Mitschuld an einem Dieb- dels- und Industriewelt, als auch in der Presse wohler fühlen, hier kann er ungefährdet durch den Recht und Gerechtigkeit antut, schreit gen Him­stahl verhaftete Frau Stavisty im Gefängnis be- gut geheißen. Es wird zwar nicht erivartet, Terror und die kontrollose Justiz einer betaff| mel!" fucht. Der Minister schickte dem Deputierten seine baß dieses radikale Mittel das Defizit in der fran- neten politischen Privatarmee seinen Geschäften zösischen Außenhandelsbilanz verbessern werde, nachgehen, hier lebt jeder Deutsche   freier als die Beugen. doch nimmt man allgemein an, daß es wenigstens Untertanen des Dritten Reiches   in ihrem deut­Heute vormittags gab der Sozialist Ledem wachsenden krassen Mißverhältnis Alvischen schen Vaterland. Ausgebürgert ivurde noch nie grossier, der sich durch einen Artikel des na- den beiderseitigen Einfuhrziffern Einhalt bieten mand. tionalsozialistischen Abendblattes Liberte" per- werde. Allgemein wird darauf verwiesen, daß den Es kann nicht fehlen, daß der Herr Z des sönlich getroffen fühlte, dem Direktor dieses Blat- unmittelbaren Grund für diesen Schritt der fran­tes, dem Deputierten Ferry, in der Kammer zösischen Megierung die Ablehnung Deutschlands  eine Ohrfeige. Auch daraus entstand eine Duell- bildete, die letzten Dekrete zuungunsten Frank­forderung, die ebenfalls noch nicht ausgetragen ist. reichs zu widerrufen.

Freiheitskampf" seinen Lügen über die Verfol­gung der Sudetendeutschen   Beschimpfungen gegen die Sozialdemokratie anfügt, von denen er sagt, daß sie sich niemals im deutschen   Lager befunden

Wir haben dieses Deutsche   Auslandsinsti tut, das sich erfrecht, sich als fultureller Wort­führer des Auslandsdeutschtums zu bezeichnen, schon wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß es, wenn es für deutsche   Kulturbelange fämpfen will, in Deutschland   genug zu tun hat. Dort wird der Name Deutschlands  , dort wird die deutsche Kultur in einer Weise ge= schändet, daß man sich fast schämt, ein Deutscher au sein und seine Zugehörigkeit zu dieser einst­