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Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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Einzelpreis 70 Heffer

( einschließlich 5 Heller Porto)

14. Jahrgang

Mittwoch, 28. Feber 1934

Gespannte Situation

an der Grenze Oesterreich Bayern

Beiderseitige Truppenkonze trationen auf österreichische Finanzw chleute

Täter sind entkommen.

-

- Feuerüberfall

Auch bei Erlenbach kam es an der Grenze zu einer kleineren Schießerei.

Wien  , 27. Feber. In Wien   gehen seit fen. Auch sein Begleiter wurde verletzt Die| Tagen Gerüchte nm, daß an der österreichisch bayrischen Grenze von beiden Seiten große Son tingente bewaffneter Formationen zusammenge zogen werden. Die Deutschen   konzentrieren an der Grenze die österreichische Legion, die, wenn auch nicht in größeren Formationen, so doch in kleineren Gruppen über die Grenze gehen soll.

Anscheinend im Zusammenhang mit diesen Ereignissen hat die Bundesführung der österrei chischen Sturmscharen die Landesführer dringend nach Wien   berufen und diese Tagung für perma­nent erklärt.

Mussolini  

zum Einmarsch bereit?

Die österreichische Regierung will diese Ab­sicht dadurch vereiteln, daß sie Heimwehr­fontingente an der Grenze fouzentriert. Allerdings darf sic nicht daran denken, aus Der römische Korrespondent des Daily Wien oder den anderen Städten, in denen sich Herald" telegraphiert seinem Blatt, daß seit eini­vor vierzehn Tagen die Kämpfe mit dem Schuh- gen Tagen italienische Truppen sich nördlich von bund abspielten, größere Formationen Grenzschutz abzuziehen.

Von beiden Seiten werden seindselige Ab­sichten bestritten. Aber schon die Tatsache der Zusammenziehung größerer Wehrformationen hat bereits zu Zwischenfällen an der Grenze geführt.

So wurden gestern an der Grenze bei Seilbach zwei österreichische Zollwachbeamte durch eine Schießerei aus ihrer Wachstube ge­lockt, worauf von der bayrischen Seite her auf sie ein mörderisches Fenerans Ma­schinen pistolen cröffnet wurde. Der Ober­revierinspektor So I m wurde dabei durch einen Lungenschuß schwer verwundet. Außerdem er­litt er noch mehrere leichtere Verlegungen, dar­unter auch einen Durchschuß des Oberschenkels. Sein Hemd wurde fünfmal durchschos

haben

Padua   konzentrieren. Die beiden Armeekorps, dic in Bozen   und Triest   tonzentriert sind, Nazis in Desterreich einbrechen würden, beabsich­Verstärkung erhalten. Für den Fall, daß die tige Mussolini  , seine Truppen unverzüglich in Nichtung Wien   in Marsch zu setzen.

Weiter erfährt das Blatt, daß Jugosla wien die Entwicklung mit gespanntester Auf­merksamkeit verfolgt und daß, wenn Italien   in Desterreich einmarschiere, Jugoslawien   sofort einen Mobilisationsbefehl erlassen werde.

Beunruhigung im Ausland

Die Pariser Abendblätter sind voll von ver­ſchiedenen Meldungen aus London  , Mom, Berlin  , sowie direkt aus Wien   über die Ereignisse, die jich in Oesterreich   vorbereiten. Eine private Nach richtenagentur meldet aus Wien  , daß seit heute früh über sämtliche Bressetelegramme in Dester­reich die Zensur verhängt wurde.

Heute läuft das Habicht- Ultimatum ab

möchten, soll man herangetreten sein, damit sie sich an den geplanten Demonstrationen mit dem Hakenkrenz- und dem Dreipicilabzeichen(??) beteiligen.

MÜNICH

REITER

DOLL FUSS

Nr. 49

Politische Leichen als Schwurzeugen

Bei jedem großen Geschehen, das an den Mut und die Ueberzeugung der Menschen heroische Anforderungen stellte, hat es neben be­wundernswerten Helden, die für den Glauben an ihre Sache ihr Leben in die Schanzen schlu gen, auch Verzagte, Schwächlinge und Verräter gegeben, die behende noch den letzten geeigneten Augenblick auszunüzen verstanden, um sich auf die stärkere Seite hinüberzuretten. Vor einigen Wochen hat die hitlerjche Propaganda mit dem Fall Paul Löbe   politische Geschäfte zn machen gesucht, neuestens sind es der Klagenfur ter ehemalige sozialdemokratische Bürgermeister Ingenieur Pich Ier u. der färntnerische jozial demokratische Landeshauptmann Stellvertreter Dr. Zeiniger, deren Umfall während der österreichischen Rampftage den christlatholischen Senfern bei ihrer antimtarristischen Propaganda Freude machte und nachträglich sucht auch unsere christlichsoziale Presse den Uebertritt der zwei neugebackenen Dollfuß- Jünger bei ihrem Ein­treten für das österreichische Arbeitermörder­Regime zu verwenden.

Es ist vielleicht nicht angebracht, den Jllu sionisten Paul Löbe   in eine Linie mit den awei förutnerischen leberläufern zu stellen. Das ihnen Gemeinsame ist jedenfalls, daß sie fid) durch ihr Verhalten in einer Zeit, die für die Verbundenheit mit der Partei eine Fenerprobe bedeutete, selber zu politischen Leichnamen mach ten. Gemeinjam mag ihnen auch sein, daß die Herrschaftssysteme, unter deren Gewalt sie ge­rieten, vor feinem Mittel zurückschredten, um ihren Charakter zu bredjen. Paul Löbe   hat sich durch) jast vier Jahrzehnte gewiß; Verdienste um die Arbeiterbewegung erworben. Sein Abstieg, der mit seinem politischen Tode endigte, begann, als er nach der Wachtergreifung Hitlers   sich der Illusion hingab, durd) Anpassung an die ge­jetzten Tatsachen einen Teil der sozialistischen  Arbeiterbewegung reffen zu fönnen. Das Maß feiner Unterwerfung war nicht hundertprozentig und der Fascismus warf ihn darum ins Stonzen­irationslager. Dort hat wohl seine Widerstands. fraft und seine törperliche Gesundheit den letz ten Stoj; erhalten. Aus dem Konzentrations. lager entlassen, ist Löbe seither völlig mittellos und auf die Arbeitslosenunterstützung angewie­sen, da er natürlich in seinem alten Veruje, als Buchdrucker feine Beschäftigung findet. Damit er wenigstens diese Unterstützung erhält und nicht glatt dem Hungerfode ausgesetzt ist, dafür muß er fid) gefallen lassen, auch jetzt noch als alter, franfer und seelisch) gebrochener Manu den Reflamezwecken des Dritten Reiches   zu die­

Morgen mittags länft das in der Vorwoche von Habicht   gestellte illtimatum an die österrei dische Regierung ab. Trotz den Meldungen, daß Habicht wegen dieses Ultimatums von Hitler  schwer gerügt, wenn nicht abgesetzt worden sei, erwartet man für die Mittagsstunden grö­Wer wird Habichts Nachfolger? cre Demonstrationen der Haken­Frenzler. Sie sollen die Parole ausgegeben net die verschiedenen harinädigen Gerüchte der Das Wiener Neuigkeitsweltblatt" verzeich haben, daß nach 12 1hr die Anhänger der Par- Auslandspresse über die Abseßung Habichts und tei mit ihren Abzeichen auf die Straße gehen bezeichnet als standidaten für diese Stelle den che wird der Strick fest genug sein, nen. Nur so ist der Inhalt der Unterredung zu sollen. Auch an die Sozialdemokraten, deren maligen Führer der steiermärtischen Heimwehren unanslöschlichen Haß gegen die Dollfus- Henker Ingenieur Rauter und den Statthalter Hitlers  die Nazi gern für ihre Zwede mißbrauchen in Bayern   General von E p p.

Herr Dollfuß?

( ,, Lidové Noviny")

gen müffe. Die Restaurierung der Habsburger   fe:

iedoch ein sehr delikates Problem. Da werde man od eine Zeitlang abwarten müssen, weil das nich eine rein österreichische, sondern eine internatio­nale Frage fei.

Genosse Stern freigelassen

Die Schwarzgelben rühren sich In Wien   wurde gestern von den monarchi- gebiet beschränken, auch wenn sie in die­ſtiſchen Organisationen in den schwarz- gelb und fem einen unvollkommenen" Ausdruck des öster rot- weiß- rot dekorierten Sophiensälen eine vater- reichischen Staatsgedankens erblicken. ländische Kundgebung abgehalten. Die Verſamm- Heute fand bei Starhemberg   ein Preiſe= lung, der u. a. auch Siarhemberg bei empfang statt, worin er erklärte, er bekenne jich wohnie, wurde von dem Herzog May von zum großdeutschen Gedanken, aber dem sei durch Hohenberg, dem Sohn des ermordeten ein selbständiges Desterreich weit besser gedient Thronfolgers Franz Ferdinand  , eröffnet. als durch dessen Gleichschaltung. In manchen wirtschaftlichen Fragen hätten die Erneuerer Gesandter Wiesner gab die Forderungen Desterreichs ähnliche Auffassungen wie die einer vor drei Wochen in Graz beschlossenen Nazi, so namentlich auch in der Ablehnung des Stampfgemeinschaft der legitimiſtiſchen Organisa Marxismus  , aber unüberbrüd bar seien die tionen bekannt. Darüber hinaus sähen die legiti- Auffassungen hinsichtlich der Einstellung zur latho­mistischen Ziele eine Berankerung des neuen lischen Kirche. Die Heimatschüßler würden einen Oesterreich durch Wiedereinseßung der nationalsozialistischen Angriff, wenn es sein müsse, Habsburger   Dynastie für notwendig an. mit der Waffe in der Hand abwehren. Wenn die Kleine Entente   wegen der Gefahr Bie das heutige Weltblatt" mitteilt, wurde einer Habsburger  - Restauration Unruhe zeige, so Seimatschut teine reaktionäre, arbeiterfeindliche eine Stonskription der Jugend von 14 bis 18 Nah sei dem gegenüber ausdrücklich zu erflären, daß sich Bewegung sei. Zur Habsburgerfrage wiederholte ren vorläufig nur in Wien   angeordnet. Später die Ziele der österreichischen Legitimisten ausdrüid Starhemberg seine fürzliche vorsichtige Erklärung. wird die Konffription auch in der Proving durch lich auf das österreichische Staats- daß man das ihnen angetane Unrecht" beseiti- geführt werden.

Er versicherte dann noch treuherzig. daß sein

erklären, die er kürzlich einem Vertreter des katholischen Blattes Libre Belgique" gewährte und die Aeußerungen enthält, die ihn, den alten Sozialisten, meilenweit aus der Gemeinschaft der Stämpfer für das sozialistische Ziel entfer nen. Die fascistischen Seelenmörder mögen sich darüber freuen, daß; es ihnen gelungen ist, hier einen Charakter zu zerbrechen, sein Fall ist nur eine neue Anklage gegen ihr bestialisches System.

Noch weit weniger Glid werden unsere Gegner mit der Ausschrotung der Ueberläufe­rei der 3einitzer und Pichler zum katho­Von den bekannten Führern der sozialde- lischen Fascismus haben. Es gibt keine Partei mokratischen Partei wurde gestern Hofrat Stern, der Vertrauensmann der sozialdemokratischen Finanzinstitutionen und Generalrat der öster reichischen Nationalbant aus der Haft entlassen. Gofrat Stern ist tranf. Wozu?

und feine Bewegung, die gegen Drückeberger und Renegaten geschützt wäre. Angesichts der herrlichen Parteitreue und opfervollen Hingabe Der sozialistischen   Massen und ihrer Vertrauens männer diese zwei Abtrünnigen der Sozialdemo fratie als eine Schmach antreiden zu wollen und sie ebenso als Zeugen gegen die Sozial­demokratie wie für die Dollfuß- Fascisten zu verwenden, ist erbärmlich und lächerlich. Gegen menschliche Unzulänglichkeit und Niedertracht Einzelner ist noch fein Straut gefunden worden, fie fönnen der Größe der Idec, der Begeisterung