Dělnická akademie

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vosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  ,

14. Jahrgang

Donnerstag, 1. März 1934

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 50

Oesterreich

Dollfuß pfcift auf den Ständestaat und Europa  

Ständische Verfassung Verfassung bestenfalls in ein paar Jahren...

Von Otto Bauer  

Die österreichische Sozialdemokratie ist nach viertägigem heroischen Widerstand der Schutz­

Soll bis dahin der Weg für Otto geebnet werden? bündler beficat. Aus ihrer Erfahrung werden

Wien  , 28. Feber. Aus offiziellen Mittei- Offenbar um die Gemüter im bürgerlichen lungen geht hervor, daß sich die Herren um Doll Lager zu beschwichtigen, die jest nm die erhoffte fuß und Fey mit der vielgerühmten Ständever Betätigung im Ständestaat gebracht werden sol­fassung nicht sonderlich beeilen, fon- len, wird die Schaffung einer Organisation für dern im Gegenteil die feste Absicht haben, gleich kulturelle Interessen versprochen, die be­einige Jahre weiterhin rein absoln- reits in den nächsten Tagen fertiggestellt tistisch mit Hilfe der Exekutive und der be- fein soll. waffneten Formationen zu regieren und sich höchstens eine beratende Körperschaft aus hundertprozentigen Getrenen der Form halber an die Seite stellen zu lassen.

Otto verspricht

sich nicht in Konspirationen einzulassen. Wie der Pariser Matin" aus Brüssel   met­det, weilt Otto Habsburg   ständig mit seiner Mut­ter Zita   im Schlosse Steenoderzeel in der Nähe von Brüssel  . Er soll der belgischen Regierung vor fur zem sein Wort gegeben haben, die ihm gewährte und sich nicht Intriguen, bzw. einer monarchisti belgische Gastfreundschaft nicht zu mißbrauchen schen Propaganda zu widmen.

Käufliche Pariser Blätter treiben Habsburger   Propaganda.

die sozialistischen   Parteien der ganzen Welt wich tige Schlüsse zu ziehen haben. Zunächst ist eines notwendig: die internationalen Ursachen und internationalen Wirkungen der österreichischen Statastrophe zu erkennen.

Die Kräfte gegen die Demokratic.

Die eigentliche Ursache der österreichischen Katastrophe ist der Sieg Hitlers   in Deutschland  . Verbundenheit Desterreichs mit Deutschland   hat Die enge geschichtliche, kulturelle und sprachliche zur Folge gehabt, daß der Sieg des deutschen  Nationalsozialismus auch in Desterreich eine mächtige nationalsozialistische Bewegung hervor gerufen hat. Die braune Flut ist in Desterreich nicht viel schwächer angeschwollen als in Deutsch­ land  . Die Demokratie wäre in Desterreich gegen die nationalsozialistische Flut nur durch eine Allianz aller dem Hitlerismus feindlichen Kräfte

Dollfus, eh und Starhemberg genau weiß, Darans geht hervor, daß das Trinmvirat daß sie auch mit Hilfe einer noch so raffiniert Man weist von Regierungsseite darauf hin, hoffen dürfen, sich an der Macht zu erhalten. aufgebauten ständischen Verfassung nicht daß ja schon wiederholt angekündigt worden sei, Sie legen deshalb die vielgepriesene Ständeber daß vor der Verwirklichung der endgültigen Verfassung, die doch auf eine päpstliche Bulle zu­fassungsreform eine lebergangsverrücgcht, einfach aufs Eis und wollen fassung in Strait gesetzt werden würde. Die autoritär", b. h. rein absolutistisch weiter " Rene Freie Presse" meldet, daß der Regierung regieren. Der Staatsrat mit bloß beratender ein lediglich beratendes Organ in Form eines Stimme, der außerdem sicher aus ergebenen Dienste der ungarischen Propaganda oder der der du verteidigen gewesen. Zu einer solchen Allianz

Streaturen des autoritären Regimes zusam mengefest wäre, ist natürlich nichts mehr als eine ganz gewöhnliche Augenanswischerei.

In der Pariser Presse sind mehrere Artikel gunst en einer Rückkehr der Habsburger   auf den österreichischen und den ungarischen Thron er schienen. Diese Artikel stehen durchwegs im

Familie der ehemaligen Kaiserin nahestehenden

Staatsrates zur Seite gestellt werden soll. Auch der Verfassungsminister Ender selbst bejaft jidj hente in einer Wochenschrift mit Streise und bringen weder die Ansicht der Regie­ſelbſt sich diesem Problem, wobei er erklärt, daß es sich um Lung, noch die Ansicht der Regierungs- und Bar cin außerordentlich schwieriges Werk" handle, Die Herrschaften pfeifen auch auffie nicht einmal den Anschauungen der Leitung lamentstreise zum Ausdrud; häufig entsprechen das zu seiner Vollendung mehrerer Jahre den Stänbestaat fie tollen alle in der Blätter, in denen sie erschienen sind. bedürfen werde. In dieser Zeit soll aus der und nnnmschränkt über Desterreich herr­Vaterländischen Front herans eine llebergangs- schenbeziehungsweise erst die Wege für Otto Die Naturfreunde- Hütten formation mit beratender Stimme der autoritä cbnen, damit der nene Herr nicht gleich mit ren Regierung zur Seite gestellt werden. einem nenen Verfassungsbruch anfangen müßte! vom Alpenverein okkupiert?

Die Nazi bleiben brav!

In der Kampagne um die Gewinnung der nationalsozialistischen Streise wurde ein weiterer Schritt getan. Nach der Versöhnungsgeste von Fey und Star hemberg tommt jetzt auch die Vaterländische Front   mit einem Stoalitionsangebot an die Nazi.

In einem Aufrufe heißt es:

Infolge der Auflösung des sozialdemokrati schen Touristenvereines Die Naturfreunde" be­finden sich zahlreiche Touristenbanden, die Eigen­

Kreuzfeuer angezündet. Die Polizei hat zahlreiche tum dieser Organisation sind, ohne Verwaltung. Berhaftungen vorgenommen.

Heute wurden einige Bataillone vom Schuh­forps von Wien   nach Salzburg   und Tirol abgezogen.

Genosse Redlich enthaftet

Der Redakteur der Arbeiter- Zeitung  ", Oswald Redlich  , der im Zusammenhang mit den Unruhen verhaftet worden war, wurde heute auf freien Fuß gesetzt.

Wie eine Wiener   Korrespondenz; mitteilt,

waren aber die besitzenden Selassen in Desterreich

nicht bereit. Der Sieg des Hitlerismus in Deutschland   hatte ja eine antimarristische" fäumen müssen, wenn sie sich mit der Sozial­Stonjunktur hervorgerufen, die sie hätte ver demokratie gegen den Hitlerismus verbündet hätte. Die monarchistisch- habsburgisch gesinnten Aristokraten und die Generäle der alten kaiser­lich- föniglichen Armee, die die Heimwehren fom­mandieren, die Sierarchie der katholischen Kirche  , die den Augenblid für geeignet hielt, Oesterreich 3um Zentrum einer katholischen Restauration in Mitteleuropa   zu machen, die Kapitalisten, die die ,, antimarristische" Stonjunktur zur Niederwer

fung der Gewerkschaften und zur Abtragung der

sozialen Schutzgesetzgebung ausnützen wollten,

wandte sich der deutsch   österreichische Alvenverein sie alle wollten die antimarristische" Ston an das Bundeskanzleramt mit dem Ersuchen, ihm junktur nicht unausgenügt lassen, sie alle lehnten die Bauden des Vereines Die Naturfreunde" daher eine Verständigung mit der Sozialdemo famt Inventar in Verwaltung zu über= tratie gegen den Hitlerismus ab. Deshalb war geben und sie seiner Kontrolle zu unterstellen, es nicht möglich, durch die Bildung einer varla bis eine definitive Entscheidung darüber getrof- mentarischen Mehrheit gegen die Nazi den fen wird. Stampf gegen Hitler auf der Basis der Dento fratie zu führen. Die Aristokraten, die Generale, die Kirche, die Kapitalisten waren der Mei nung: man müsse in Desterreich eine Diftotur aufrichten, um einerseits die Nazi niederzuhal ten, andererseits aber zugleich auch die antimor ristische Konjunktur auszunügen. Der Anteil Italiens  .

Die Baierländische Front als eine überpar­teiliche Organisation aller Oesterreicher   ruft auch iene Mitbürger in ihre Reihen, die aus nationa­len Erwägungen und Empfindungen heute noch unentschlossen abseits stehen. Der Nuf richtet sich nicht an die ewig unbelehrbaren Fanatiker, sondern an jene, die in den letzten Tagen bereit waren, im Abwehr- und Entscheidungskampf gegen den Marrismus sich an die Seite der Heimattreuen Wir wären heute sonst nicht in Moskau  ... Verbände zu stellen. Wir wenden uns an diese Deutschösterreicher, da wir überzeugt sind, daß ihre Mitarbeit im neuen Desterreich wertvoll und notwendig ist.

Dimitrows Dank an das Weltproletariat

Im Zusammenhang mit dieser Meldung ift interessant zu erfahren, daß der von Habicht  angekündigte Waffenstillstand, der heute um 12

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Moskau  , 28. Feber. Dimitrov, Popow und Sowietregierung Tanch empfingen noch am Abend die Vertreter hoffe.

zurückzutcheren

Sier jetzte die italienische Diplomatic ein. der Auslandspresse. Heute um 5 Uhr früh," sagte Auf Fragen der Korrespondenten sagte Di Italien wünscht nicht den Anschluß Oesterreichs Dimitrowy u. a., weďte man uns ganz unerwartet mitrow weiters: Die Fascisten konnten die gegen an Deutschland  , weil es nicht Deutschlands  und befahl uns aufzustehen, uns anzuziehen und uns ausgestoßenen Drohungen nicht verwirklichen, Nachbar werden will. Es wünschte daher schärf unsere Sachen zu paden; man jagte uns jedoch da uns das internationale Proletariat geschüßt ſten Kampf in Desterreich gegen die Nazi. Ita­nicht, wozu, warum und wohin. Etwas später hat. Wenn uns das Gericht verurteilt hätte, hätte lien wünschte andererseits die Niederwerfung Uhr abgelaufen ist, plöhlich weiter ver= erflärte uns der Vertreter des Ministeriums des es damit vor der Welt nicht nur das fascistische Ser österreichischen Sozialdemokratic, die die längert und die Nationalsozialisten aufgefor= bert wurden, sich feber gewaltsamen Attion zu Innern, daß wir frei sind und mittels Flug Deutſchland  , ſondern auch die ganze bürgerliche politische und völkerrechtliche Neutralisierung enthalten. zeuges zur Sovjetgrenze gebracht werden. Erst Rechtssprechung verurteilt. Deshalb wurden wir Welche Absichten die Nationalsozialisten da- hier in Moskau   erfuhren wir, daß die Sowjetbot freigesprochen. Die Schafe blieben heil, die Wölfe Desterreichs   anstrebte, weil es Desterreich) in das italienische Bundessystem eingliedern will. Ein mit verfolgen und ob diese Weisung mit den Nachschaft in Berlin   über unsere Ausweisung aus wurden aber nicht satt. richten über Differenzen zwischen der deutschen Deutschland   überhaupt nicht informiert wurde. festes politisches und wirtschaftliches Bündnis Reichsregierung und den Freunden Dr. Habichts Italiens  , Desterreichs u. Ungarns  , dem Italien  überdies auch Albanien   und Bulgarien   anglic aujammenhängt, läßt sich heute noch nicht beur­dern zu können hofft, soll der zu den französi teilen. schen Bündnissystem gehörenden Kleinen Entente. ein Gegengewicht schaffen, die Tschechoslowakei  Auf eine andere an ihm gestellte Frage ant- bon Jugoslawien trennen und Jugoslawien   ein­wortete Dimitrow, daß es nach seiner Ueberzeu­treisen. Als im Sommer 1933 die Gefahr eines gung möglich ist, daß Lubbe das Reichstags­restaurant angezündet hat, daß jedoch andere Einbruchs der von Hitler auf deutschem Boden Stellen des Reichstagsgebäudes von anderen aufgestellten österreichischen Legion sehr ernst er. Personen in Brand gesetzt wurden, von denen schien, wandte sich DollfußanMusso­Lubbe vielleicht überhaupt nicht wußte, wer sie linium Hilfe. Mussolini   versprach in Ric. ciono diplomatische und erforderlichenfalls selbst waren. militärische Unterstützung gegen Deutschland  . Dafür sicherte er sich entscheidenden Einfluß in Wien  . Seither diftiert der italienische Gesandte in Wien   wie ein Refident in einem Solonial.

Unbestätigt blieben auch die Nachrichten, daß Deutschland   den Transitverkehr nicht mehr über Desterreich dirigieren und die in Deutschland   le= benden Desterreicher ausiveisen wird.

Entgegen allen Erwartungen verlief der heutige Tag ruhig. Nur in Graz sind einige Böller explodiert und in den Straßen wurden Stinkbomben geworfen.

Uebrigens werden erst morgen die Aerzte Unsere ersten Worte müssen dem inter, fagen, ob wir wirklich heil geblieben sind. Nünf nationalen Broletariat und den breiten Schich- Monate waren wir Tag und Nacht gefesselt. Wir ten ehrlicher Intellektueller aller Länder gefaßen in Fesseln und schliefen in Fesseln. Ich er­widmet fein, die für unsere Befreiung getämpft innere mich nicht, in diesen fünf Monaten auch haben. Heute kann ich ruhig sagen, daß, wenn nur einmal richtig geschlafen zu haben. nicht in der ganzen Welt die Kampagne füz unsere Befreiung gewesen wäre, wir heute nicht in Moskau   wären. Die deutsche Regie: rung wollte uns bis zum letzten Augenblid förperlich und seelisch vernichten.

Während unseres furgen Aufenthaltes in Während der Abendstunden sind dann auch Königsberg   bat mich der Kriminalrat Heller, o b- in   Innsbruck einige Papierböller zur Explo- ettiv zu sein und über   Deutschland nicht sion gebracht worden. Es wurde ein Schabe von schtveinisch" au sprechen, wie dies andere getan mehreren 1000 Schilling angerichtet. Gleichzei- hätten. Ich antwortete, daß ich natürlich objektiv tig wurden an einigen Stellen Hakenkreuzfahnen fein werde, und fügte hinzu, daß ich nach   Deutsch gchikt und an der nördlichen Bergtette Hateu- land noch als Gast der   deutschen Arbeit fortsetzen werde.

"

Zum Schluß sagte Dimitrow, daß er glüd­lich sei, in der   Sowjetunion zu sein, und daß er als Soldat der Revolution seine revolutionäre