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ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

BROCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEPON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

Mittwoch, 28. März 1934

Einzelpreis 70 Ner

( einschließlich Heller Porto)

14. Jahrgang

Frankreich   spart Selbstmordversuch Karl Leuthners:

an den Staatsangestellten und Kriegsinvaliden

Baris, 27. März.( Havas.) Finansmini er Germain Martin äußerte fich bisher noch nicht genan über die Ersparungsmaßnahmen, über die im Berordnungswege entschieden werden soll. Ed verlautet, daß eine dieser Maßnahmen, die 2500 Millionen Franken ergeben soll, die Pensionierung

R etwa 80.000 Staatsbeamten sein wird, an seren Stelle feine neuen Kräfte aufgenommen werden sollen. Auch wird geplant, den Staats­keamten die Ausübung mehrerer Funktionen zu verbieten.

Eine weitere Maßnahme soll die Einstellung der Andzahlung von Pensionen an ehemalige Frontkämpfer sein. Bloß für notleibende Invaliden foll eine Subvention von 300 bis 400 Millionen bewilligt werden.

Barthou   auf Reisen Gestern In Brüssel  

Nr. 73

Hitlergeist im..Sudeten­

Die Schande der Heimwehr- Christen deutschen Landfland"

schreit zum Himmel!

Die Tragödie der politischen Gefangenen in Oesterreich  

Es ist ein offenes Geheimnis, daß durch die aus dem Dritten Reich   herüberschlagende Nazi­agitation weite Streise des Landvolkes, besonders die landbündlerische Jugend vom Fascismus angestedt wurde.

Aus Wien   kommt die erschütternde Nach| Liesing   werden für Zubußen Wucherpreise bes richt, daß der weltbekannte österreichische Politiker rechnet: für 10 Dela Wurst ein Schilling, für 10 und Journalist Karl Leuthner   im Gefäng Flirt- Zigaretten( Preis 30 Groschen) ebenfalls nis einen el b stmordversuch durch Auf ein Schilling. Im Polizeigefängnis auf der Elisa schneiden der Pulsadern unternommen bethpromenade wird für Rasieren 1 Schilcin vertrauensvolles Zusammen hat. Damit findet unsere Schilderung nachträgling verlangt. Die Gefangenen lassen sich aus lich eine tragische Bestätigung, die wir unlängst Protest die Bärte wachsen. über die schändliche Behandlung der politischen Gefangenen im allgemeinen und der ehemaligen Nationalräte Leuthner und Rieger im be­fonderen veröffentlicht haben.

Leuthner hat, wie gemeldet wird, die Ver­zweiflungstat als Protest gegen die schänd­liche Behandlung seiner Mithäftlinge unter­

nommen.

Brüffel, 27. März. Ueber die Besprechungen, bie heute zwischen dem französischen   Außenmis Dieser Protest darf nicht ungehört verhallen. Es nifter Bartho u und dem belgischen Außenmi- mug immer wieder in die Welt hinaus geschrien nister Hymans stattfanden, wird amtlich her werden, daß im christianisierten Desterreich poli­borgehoben, daß sie einen besonders freundschaftstische Gefangene jahlimmer als Mörder und Eins lichen Charakter hatten. Beide Staatsmänner brecher behandelt werden. haben ihre Uebereinstimmung festgestellt bezüglich her Gefahreiner Wiederaufrüstung Deutschlands  . Sie haben sich gleichfalls beforgt gezeigt hinsichtlich der Folgen, die ein Rüftungswettlauf nach sich ziehen würde.

Männern von Weltrus, wie Seib, Breitner, Glödel, Tandler werden alle Erleichterungen verweigert, die das Gesetz kriminellen Unter­suchungshäftlingen zuerkennt.

dieſe Gefahren zu beſchwören, haben ein, die Schutzbündler, die an den kampſhandlungen be­Ab Beit schlimmer noch ist die Lage jener tapferen fchluß einer internationalen Konvention, ernste Garantien für ihre Ausführung eni- teiligt waren. Wochenlang wird ihnen selbst eine halten müsse, als wünschenswert bezeichnet. primitive Sträflingspritsche entzogen, zufammens gepfercht wie die peringe und bei miserabler Soft Ende April lu Prag  begetieren jie in überfüllten Zellen dahin. Die ärztliche Hilfe für frante und verwundete Häft­linge lagt alles zu wünschen übrig. Medikas mente, welche die Angehörigen hereinbringen, werden zurückgewiesen. Schwere Erkran­fungen mehren sich.

Baris, 27. März. Die Reise des französischen  Augenministers Barihou nach Warschau   ist für den 21. April: festgesetzt. Er wird am Sonntag, den 22. April, in Warschau   eintreffen und sich dort bis Dienstag, den 24. April, aufhalten. Aus Warschau   wird sich Barthou   nach Kralau begeben imd von dort noch am Mittwoch abends nach Prag   reisen. Hier wird er sich zwei Tage bis Samstag, den 28. April, aufhalten. Während sei­nes Prager Aufenthaltes wird Barthou   vom Prä­fidenten Masaryk empfangen werden und Unterre­hingen mit dem Außenminifter 2r. Benes pile­

gen.

Im Mal nach Bukarest  

Batarest, 27. März. Die französische   Regie­mmg richtete an Außenminister Titulescu   die Einladung zu einem offiziellen Besuch in Varis. Der Besuch wird wahrscheinlich im Laufe des Mo nates April erfolgen. Der französische   Außenminis ster Barthou   wird diesen Besuch in Bufarejt offiziell erwider.., das Datum dieses Besuches wird später festgesezt werden. Wahrscheinlich wird der Besuch Barthous in Bukarest   im Laufe des Monates Mai stattfinden.

Der Ausbruch einer Ruhrepidemie in dem Anhaltelager Wöllersdorf ist ein aufreizender Beleg für die Gefängnis Hygiene im christ­

lichen Desterreich.

Im Landesgericht Wien II wird die Poft der Angehörigen den Häftlingen wochenlang nicht zu gestellt. Ein Untersuchungsrichter namens Po forny erklärt Angehörigen, die sich beschweren wollen, zynisch:

,, Wenden Sie sich an die sozialdemokratischen Führer Deutsch   und Bauer."

Die Häftlinge werden teilweise sb am los ausgebeutet, ja direkt bestohlen. In

Eine ganz besondere Gemeinhelt Teistet sich die Bundespolizei in Stehr. Steyr ist eine Arbeitslosenstadt, vier, fünf Jahre sind die Menschen ohne Beschäftigung. Dort haben Straßentassierer der Partei die unverkauften Par feimarten verbrannt. Die Polizei zwingt nun auf Grund eines vorgefundenen Verzeichnisses diese durchwegs arveitslosen Kassierer, den vollen Wert dieser Parteimarten zu ersehen.

Unlängst sprachen sich die Bevollmächtigten des Sudetendeutschen Landstandes", der bekannts lich unter Führung des Ministers Dr. Spina steht, mit den maßgebenden Leuten der Land­jugend aus. Das Ende war, daß man sich auf arbeiten" beider Teile einigte. Nun ist die Zusammenarbeit der Oeffentlichkeit sichtbar ge= worden. Dieser Tage fand nämlich in Dörfel bei Reidenberg eine" Landständische Sundgebung" statt, in der neben dem obersten Reichsjugend­führer had er aus Podersam auch Abg. 28 in­dirsch, der Präsident der Deutschen   Sektion des Landeskulturrates für Böhmen   sprach. Aus den Darlegungen beider Redner geht mit größter Deutlichkeit hervor, daß es dem Sudetendeutschen Landstand" vor allem um den Vernichtungskampf gegen den Margis mus geht. Herr Hader, der die vorwärts, eigentlich nach rüdwärts stür­mende Landjugend verkörpert, erklärte derb- offen: Wenn sich der ständische Gedanke durchsetzt, ist der Marrismusers Lebigt". Ob Herr hader weiß, was eigentlich Die österreichische Christen- Regierung und Marrismus ist, muß wohl bezweifelt werden. das ganze zivilisierte Ausland mögen es wissen. Auch seine Führerkollegen wissen es nicht, denn daß diese Infamien, begangen an Wehrlosen, nur sein Freund Dr. Het fagte auf der eingangs er Wasser auf die Mühlen der illegalen sozialdemo- wähnten Konferenz naiv- böswillig, daß der fratischen Arbeit sind. Die eingeferterien Schups Marrismus jedes Erhalten der dem Weg zu Verhören begegnen, mit lauten I ich auslege. Freiheit" Rufen. Im Landesgericht Wien I hat man die eingekerkerien Schußvündler am Sonn­tag zum Kirchen besuch gezwungen.

Eine solche abgefeimte Gaunerei haben sich nicht einmal die Goeringbanden erlaubt.

bündler grüßzen ihre Führer, so oft sie ihnen auf Deutschen   kultur als staatsfcind­

Sie sangen dort die Internationale.

Passanten, welche die angrenzenden Straßen abends passieren, hören aus den überfüllten Zel­len der Feber- Gefangenen proletarische Freiheits lieder. Alle Strafmaßnahmen. Dunkelarrest und Kostentzug haben den Trok dieser Helden nicht bredjen können.

Sache der zivilisierten Auslandswelt ist es nun, mit leidenschaftlichem Nachdruck mensch­liche Behandlung, Recht und Gerechtigkeit für dic österreichischen Freiheitskämpfer an

fordern.

Pflicht eines jeden freiheitlichen Menschen ist es, den enimenschten Sterfermeistern des Heimwehr­christentums öffentlich ins Gesicht zu spuden, wenn sie es wieder wagen, von christlicher Liebe, Barm­herzigkeit und Versöhnung zu sprechen!

Die Aufruhrprozesse

Autoritäre" Finanzwirtschaft Nach Fertigstellung der neuen Staatsverjaj Die Prozesse vor dem Wiener   Schwurgericht Die Strelkwelle in Spanien   ng wird man, wie die Wiener   Abendblätter er gegen Angehörige des republikanischen Schußbun­fahren, gleich an die Schaffung eines neuen des wegen Widerstandes gegen die staatliche Eye­Madrid, 27. März. Valencia   war infolge von Finanzverfassungsgeseves gehen, Sabotageatten der Elettrizitätsarbeiter stunden- das den neuen Verhältnissen angepaßt sein sell. futive bei den Feberkämpfen wurden auch ant Yang ohne Licht. In der Nacht haben dann die Ar- Siebei wird besonders die Machtvollkommenheit Dienstag fortgesetzt. Der afademische Maler Alfred beiter per Glettrizitäts-, Gas- und Wasserversor- der Regierung in bezug auf das Verfügungsrecht Winter, der an den Kämpfen um die Wohn­gung den Streit begonnen, der von der Regierung und die Kontrolle der Landesverwaltungen und ale ungefeslich erklärt worden ist. Studen auch in Finanzfragen eine der, autoritären" Neu- bauten in der Quellenstraße im 10. Bezirk teft­ten des Technikums und militärische Fachgruppen ordnung entsprechende Ertveiterung erfahren. Für genommen hatte, wurde zu einem Jahr schweren versuchen, die Betriebe zunächst notdürftig aufrecht die bundesunmittelbare Stadt Wien   wird die neue Sterker verurteilt. Der Arbeiter Johann Koller, Finanzverfassung eine weitgehende Bedeutung ha- der an den Kämpfen um den Goethehof im 21. an erhalten. in Saragossa   brachten Syndikalisten vor ben, da die meisten Fragen einer Umgestal= ciner Polizeiwache eine schwere Bombe zur Er- tung des bisherigen Wiener   Bezirke teilgenommen hatte, wurde zu 15 Mona­lofion. Sie wollten so die Ablösung des Ueber Steuersystem3 von der endgültigen Rege- ten verurteilt. fallfommandos, insgesamt 25 Mann, verhüten. Tung der Stellung Biens zum Bunde innechalb Die Bombe ging aber zu früth los. Ein Kind und der Verfassung abhängen. ein Fußgänger wurden getötet. Weitere vier Unbe teiligte wurden schwer verletzt.

Der Doppeladler fehlt noch!

Gegnerische Anerkennung

Der zur Kontrolle und Verwaltung der Wie­

Am Montag trat das Neue Wiener   Journer sozialdemokratischen Arbeiterbibliotheken ein­Innenminister für Todesstrafe nal" mit der Forderung nach Wiedereinführung gesetzte Ausschuß fonstatierte in seiner heutigen Im Hinblick auf die fich mehrenden anarhi. des altösterreichischen Wappens, des Doppeladlers Sigung, daß das literarische Niveau Aifchen Attentate beabsichtigt der Minifter des In- hervor. Heute fordert das Weltblatt gleichfalls die dieser Büchereien ungewöhnlich neru, in der nächsten Sisung des Ministerrates Rüdfehr zum Doppeladler und sagt: Nur der hoch war und daß nur sehr wenig Bücher aus den and sodann in den Cortes die Wiedereinführung zweiföpfige Adler kann das Wappen des neuen Bibliotheken würden beseitigt werden müſſen. Die aer burm bie Berjafung des Jahres 1931 anige- Desterreichs bilden, das jich seiner ruhmreichen Reorganisationsarbeiten werden allerdings noch Geschichte bewust ist. längere Zeit in Anspruch nehnten. men Tsbestrafe zu fordern.

Die Entdeckung, daß der Marrismus die Er­haltung deutscher   Kultur als staatsfeindlich aus­legt, ist bisher sonst niemanden geglückt. Wenn jemand wirklich deutsche   Kulturgüter( Schulen etc.) mit Erfolg verteidigt hat, so waren es die Marristen. Wahrscheinlich stellt sich Dr. Hetz unter deutscher   Kultur eiivas ganz anderes vor als wir: Den Antimarrismus, jene antisoziale Einstellung, die vom Auf­stieg der breiten Waffen nichts wissen will, die nicht in der Demokratic, sondern im Führertum von Gottes Gnaden" das Heil erblickt für die besigenden Klassen. Derlei Pläne bekämpfen die Marristen allerdings aus guten Gründen im Interesse der erdrückenden Mehrheit des deutschen   Volfes mit aller ihnen zu Gebote stehenden Kraft.

Wir finden es auch in Ordnung, wenn Dof­tor Hetz von seinem Standpunkt aus sich zum deutschen Turnverband bekannt bat. aus dem befanntlich der selbsternannte Führer des gesamten deutschen   Volkes, Herr Henlein, hervorgegangen ist. Für die Henleinfront schwärmie in Dörfel   auch Herr Hacker. Nach der " Deutschen Landpost" sagte er wörtlich:

,, Es gibt noch andere Sträfte, die in einer gleichen Richtung marschieren. Das muß erstmalig auch bei uns in einer Versammlung ausgesprochen werden, daß wir in der Sudetendent schen Heimatfront nichts schen, was wir zu befämpfen haben."

Erstmalig" ist also die idee Ile 3ujam

mengehörigkeit des Sudetendeutschen  in der sich alle getarnten Fascisten Landstandes" mit der Henleinfront betont worden, sammeln.

Sozialistenfeind Abg. Windirsch nicht lieben kann, versteht sich wohl von selbst. Und so hieb er

Daß dort, wo die Jugend haßt, der alte

ebenfalls lustig gegen den Maryismus los:

..Der Margismus verschuldete, daß das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht, jich nicht nur auf die staatliche Gesetzgebung, sondern auf das Leben in den Gemeinden und Bezirken nachteilig ausgewirkt hat. Tausende Umla­genprozente mußte der Bauer oft hinnehmen und ertragen, während ihm die Preise diftiert wur

den."

Der Marrismus ist Herrn Windirsch eine Art- Blikableiter für die 11nfähigkeit der agrarisoen Politit, die aus, dem 128efen des Kapitalismus entspringenden Probleme