Nr. 79
Donnerstag, 5. April 1934
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Unter dieser Ueberschrift drahtet der Wiener Korrespondent der englischen Arbeiterzeitung„ Daily Herald" seinem Blatte aus coben:
London , 4. April. Die günstige Entwicklung| wirtschaftlichen Unternehmertume durchdringt. der Wirtschaftsverhältnisse in England hält an. Obwohl heuer um 156.000 junge Leute mehr die „ Die einzige Spende, deren Niederlegung am Wie bereits berichtet, betrug der Budgetüberschuß Schulen verlassen und auf den Arbeitsmarkt lischs in Leoben von der Behörde erlaubt wurde, Samstag vor Ostern am Grabe Koloman Wal für das letzte Finanzjahr 31 Millionen Pfund drängen, besteht doch noch Aussicht, daß die MaiSterling und nach den letzten Meldungen fann Ausweise über die Situation auf dem Arbeits- überbracht hatten und der die Inschrift trug: war ein Kranz, den zwei englische Sozialisten auch ein weiterer wesentlicher Rüdmarkte eine weitere Bestätigung dafür bringen" Ein Dant aus England". gang der Arbeitslosigkeit werden, daß die Situation fich im allgemeinen verzeichnet werden. unaufhaltsam verbessert.
Im März ging die Zahl der Eriverbslosen Times" sagt zu den oben genannten 3ab um 116.000 zurüd, das ist der größte Rüdgang len, daß aus ihnen die Tatsache abgeleitet werden seit dem Jahre 1930. Alle Anzeichen sprechen das kann, daß der Puls der industriellen Bewegung für, daß die Gesundung auf allen Zweigen des 1 unerivartet heftig schlägt.
über die Verfolgung der deutsch - katholischen Jugendverbände
Paris , 4. April. Eine Privatagentur bringt aus der Stadt des Batikan die meldung, daß der Streit zwischen dem Hl. Stub. und Deutschland betreffend die Nichteinhaltung des kürzlich abgeschlossenen Konkordates das Ausscheiden des Kardinals Pacelli aus dem Staatsjekretariat zur Folge zu haben droht. An geblich wird dem Staatssekretär Kardinal Pacelli die Verantwortung für die derzeitige antifatholi sche Kampagne der Reichsregierung zur Last gelegt.
Für den Fall des Ausscheidens des Kardinals Pacelli dürfte höchstwahrscheinlich Kardinal Ga= sparri als sein Nachfolger berufen werden, obwohl er bereits 82 Jahre alt ist.
Ein scharfes päpstliches Handschreiben
Daß der Vatikan auf Hitler- Deutschland heute
arg verſtimmt ist, geht auch aus einem von der Germania " veröffentlichten Handschreiben her vor, in dem der Papst einen Oſtergruß an die fatholische Jugend Deutschlands richtet.
Der Papit lobt darin den großen Betennermut, mit dem die katholische Jugend Deutschlands in vorderster Linie für ihre religiösen Ideale bereits große Opfer gebracht habe, und fährt dann wörtlich fort:
Den englischen Sozialisten wurde nicht er laubt, den Friedhof zu betreten und ihre Spende mußte daher von der Schwester des Toten niedergelegt werden.
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Das Kapital
Band 1, moderne Volksausgabe nur Kč 17.Zu beziehen durch alle Kolporteure Auslieferung: Zentralstelle für das Bildungswesen Prag XII., Slezská 13
Einheitsfront?
Wir lesen in ,, Unser Mori", dem Organ der Troplisten:
Wie die tschechische, die polnische Kompartei, hat nun auch die französische ihre Krise. Es dreht sich in Frankreich um nichts geringeres, als Trotz der Tatsache, daß auch die geringste um die Frage der Einheitsfront. Große Teile fozialistische Tätigkeit in Desterreich heute schwer der Mitglieder stehen in schärffter Opposition zur bestraft wird und obwohl gerade in Steiermart Linie des 3. K., das haargenau dieselbe Politik Hunderte von Sozialdemokraten die Gefängnisse der Einheitsfront nur von unten" treibt, die füllen, kamen doch Männer und Frauen aus allen zur deutschen Katastrophe geführt hat. Wortfüh Teilen des Landes, um Blumen für das Grab rer dieser vorerst mehr instinktiven als politisch ihres toten Führers zu bringen. Das Betreten des flaren Opposition ist das 3. K.- Mitglied Do= deshalb um so gefestigter in der Hingabe an Bolt Friedhofes wurde jedoch niemanden gestattet. Die riot, Bürgermeister von Saint- Denis ( cines und Heimat, denen Ihr, wie in vergangenen Zei- Polizei, die von der geplanten Demonstration er Vorortes von Paris ). Die bürgerliche Presse hat ten, auch jetzt in engster Berbundenheit selbstlos fahren hatte, bewachte alle Zugänge aufs strengste. sogar schon von Verhandlungen berichtet, die Dos dienen wollt. Wir kennen aus verant. Aber um drei Uhr nachmittags, gerade zu der riot mit Jean 3hromsti, einem Führer der wortlicher Hirtensorge- und wir wis- Zeit, da die katholische Bevölkerung beginnt, sich französischen Sozialdemokratie, über die Schaf sen, daß fie auch die große Sorge Eurer Bischöfe auf das Oster- Auferstehungs- Fest vorzubereiten, fung von gemeinsamen Aktionskomitees zur Abist die Lage der katholischen In wurde auf einem den Friedhof überragenden wehr des Fascismus geführt haben soll. Gegendlichen Deutschlands . Eure Ber- Sügel von unbekannter Hand eine weithin ſicht naueres erfahren aber die Mitglieder nicht, da bände sollen jedenfalls wiffen, bak bare, große rote Jahne gehißt: die stalinistische Presse nicht ein Wort über diese Krise im 3. S. verlautbart. Jedenfalls ist Do riot faltgestellt und darf seine Stellungnahme zum Einheitsfrontproblem vor der Partei nicht ver
ihre Sache Unsere Sache i ft.
Pastor Niemöller
weicht nicht
Sie bespucken die Toten Ein neuer Exzeß der Einheitsfrontler.
Die in Mostau erscheinende..Deutsche Zen Auch in der evangelischen Kirche ist der Konflift zwischen der offiziellen Leitung, die ganz im tralzeitung" nimmt in ihrer Ausgabe vom 28. Nazi- Fahrwasser schwimmt, und der Opposition März zu der Entschließung der Sozialistischen Arder Geistlichen, die sich der Gleichschaltung wider beiterinternationale über die Kämpfe in Dester eben, noch lange nicht beigelegt. Der Führer reich Stellung. Die Zentralzeitung überschreibt ihre ießen, früherer 11- Bootkommandant, wurde bereits vor dieser Ppposition, der Pastor Niemöller, ein Betrachtung":" Die Internationale einigen Wochen vom Reichsbischof seines Amtes der sozialfascistischen Aasgeier" enthoben. Niemöller unterwarf sich jedoch nicht, und schließt sie mit diesen Sätzen: sondern predigte bisher jeden Sonntag in seiner Kirche in Berlin- Dahlem weiter.
Die Kirchenbehörden setzten jest als fommissarischen Verwalter der Pfarre den Pastor von Köpenick ein, dem es aber bisher nicht gelang, Trotz allem Schweren, durch das Ench die dieses Amt auch tatsächlich zu übernehmen. Die Vorsehung hindurchleitet und entgegen einer mit Dablemer Kirchengemeinde hält zu Niemöller und Lodrufen und Druck arbeitenden Bropa erklärte dem neuen Kommissär, daß ihr von seiner ganda für eine Lebensauffassung, die von Chri- Ernennung zum Kommissar nichts bekannt ſei ftus weg in 8 Seidentum zurückführt, habt und daß sie auch die Notwendigkeit eines der Ihr dem Heiland und seiner Kirche den Schwur artigen Einschreitens der firchlichen Behörden der Liebe und Treue gehalten und bleibt gerade absolut nicht einsehe.
Mit den ,, Vertrauensräten" klappt es nicht!
Berlin . 4. April. Aus einer Bekanntmachung ten(!!) vorgenommen worden sind, auszudes Reichsarbeits- und des Reichswirtschaftsmini- schließen seien. Es haben daher lediglich der sters geht hervor.. daß die jetzt stattfindenden Führer" des Beirieves im Einvernehmen mit Wahlen“ von Vertrauensräten in den Betrieben dem Betriebszellenobmann die Wahlliste der Verdoch nicht überall hundertprozentig zugunsten der trauensleute aufzustellen und die Wahl durchzu offiziellen Liste auszufallen scheinen. Es werde aus führen. Nur wo eine Einigung nicht möglich sei geblich von„ betriebsfremden" Elemen- oder die Wahl zu keinem positiven Ergebnis( das ten versucht, in die Wahl einzugreifen, die Wahl- heißt wohl zur Ablehnung der vom„ Führer" listen auf zu stellen oder zu ändern selbstherrlich aufgestellten Liste) führe. fönne ( schrecklich!!) oder Vorschriften über Zeitpunti allein der Treuhänder der Arbett und Formen der Wahl zu erlassen. Derartige Ver- die notwendigen Maßnahmen treffen. suche seien aber unzulässig und in scharfem Widerspruch zu Geist und Inhalt des Gesezes zur Ordnung der nationalen Arbeit.
Es wird nun ausführlich erläutert, daß die Beziehungen des Führers" eines Betriebes, d. h. des Herrn Unternehmers und seiner„ Gefolg schaft" möglichst im Betrieb selbst geregelt werden müssen und Einmischungen betriebsfremder Eiemente, wie sie früher von Gewerffchaf
Die Lumperelen gegen die Emigration
Kommunistisch- fascistische Einheitsfront
,, Die Sitzung des Büros der II. Jnternatio nale hat also wieder nur die Auffassung bekräf. tigt, daß die II. Internationale als Sprachrohr eines gewissen Teiles der Weltbourgeoisie auf dem Versailler Bertrag besteht und versucht, die soziale Stüye der Bourgeoisie zu bleiben..."
teidigen.
Der Senat wird seine Tätigkeit nach Ostern am Mittwoch, den 10. April, um 16 Uhr mit einer Plenarjibung eröffnen. Auf der Tagesord die Errichtung einer evangelisch- theologischen nung stehen lediglich zwei kleinere Vorlagen über Fakultät in Breßburg und über die Regelung des Massagegeiverbes. Vorher halten am Nachmittag der volkswirtschaftliche und der Immunitätsaus
faf Sigungen ab.
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Anständige Presse? Der„ Benkov" vom 4. April bringt in großer Aufmachung die Lüge über das Ueberlaufen Severings zu Hitler , obwohl die Nachricht schon einen Tag früher in aller Form dementiert worden war. Entweder liest man in der Redaktion des ,, Benkov" feine Zeitungen oder man wollte ein Beispiel bewußter Falschmeldung geben. In der nächsten Spalte berichtet dann die Beide Annahmen sind für die Redaktion des„ Ven Es versteht sich, daß auch Deutsche Zentraizeitung" über die Siegeszuver- lov" wenig ehrend. sicht der österreichischen Arbeiter, um in anderen der„ Mudú Večerník" die Verleumdung bringt, ob Spalten für die Einheitsfront des Proletariats zwar seiner Redaktion sogar schon die eigene Ereinzutreten. Es fehlt in dem Kommunistenblatt lärung Severings voriag. yur die Behauptung, daß die österreichischen Arbeiier für die deale" geblutet haben, die in der kommunistischen Presse zum Ausdrud konunen.- Gewiß, die österreichischen Arbeiter werden mit Dollfus fertig werden; aber noch viel rascher werden fie die Hoffnungen der Kommunisten zuschanden madjen. Die Männer, die unter den Fahnen der Sozialdemokratie gefämpft haben, werden nicht dulden, daß man ihre Toten ungestraft bespudi und sei es auch im Zeichen der„ Einheitsfront".
Wien , 4. April. Die bekannte Wiener Schauspielerin Hanfi Riese wurde, wie wir knapp vor Blattschluß erfahren, hente Abend im Konzerthaus von einem Unwohlfein befallen und mußte in bewußtlofem Zustande in das Sanatorium Löw gebracht werden, wo sie furz darauf
gestorben ist.
Gericht über..Die Welt von heute"
Blamable Beweise- Eine Aufgabe für das Šalda- Komitee
..Die Welt von heute" hat sich zwar nicht be
Eine frühere fommunistische Abgeordneie, die cilt, ihre Behauptung zu beweisen, daß wir die den Genossen Schrader um eine Vermittlung er Es scheinen also doch nicht alle diese Wah- Emigranten ganz allgemein als Schwindler besuchte, sagte ihm, daß sie zwar die Redaktion der len" ganz programmäßig zu verlaufen. Um Wider- zeichnet haben, dafür aver rückte sie mit Bewei- Welt von heute" verteidigen müſſ e, daß ſie spenstige abzuschrecken, wird deshalb weiter be- jen" gegen den Genossen Schrader heraus. tanntgegeben, daß derjenige, der gegen die vom Sie givt die Erzählung eines Emigranten Geseigeber gewünschten Grundsäße verstoße, Ges wieder, von dem sie behauptet, er sei von der Polifahr laufe, zur Rechenschaft gezogen en werden; außerdem tönnen gese sw= 3ei nicht anerkannt worden. Schrader habe, bevor die Ablehnung ausgesprochen worden sei, dem Porige" Eingriffe in diese Wahlen deren In= lizeibeamten ehvas ins Ohr geflüstert. gültigfeit nach sich ziehen.
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sten Male angewandt. Sie wird um so beliebter, je erfolgloser fie bleibt.
Freilich wäre die frech- verlogene Emigran ten- Hetze der tschechischen Fascistenpresse, ohne die Kommunisten überhaupt nicht möglich. Die brinDer Poledni liſt" bringt eine Sensations- gen die Probleme der Emigranten in einer Form zur Sprache, die die Fascisten geradezu herausformeldung über das Lager der Schußbund- Flücht dert, mit ihnen an Demagogie zu wetteifern. Linge in Chocerad, über deren Inhalt die Flücht- Man erinnere sich, daß die Kommunisten vor einilinge nicht wenig erstaunt sein werden. Es wird gen Tagen meldeten, das Essen der Emigranten vom ,, Poledni list" nämlich mitgeteilt, daß die bestehe zu 80 Prozent aus Wasser und spotte jeber Schutzbündler ein wahrhaftes Schlaraffenleben Beschreibung. führten: sie hätten fünfmal im Tage üppiges
Die Wahrheit ist, daß die Emigranten einEssen, um das sie alle Arbeitslosen veneideten. In fach, aber zureichend verpflegt werden. Sowohl die der letzten Zeit sei es unter ihnen zu Krawallen Angaben der Kommunisten, als auch die der Fajcigekommen, weil die Weinmenge, die man ihnen sten find lügnerisch. Dies müßte man gar nicht bisher zugeteilt habe, beschränkt worden sei. Was ausdrücklich feststellen, denn eine Lüge widerlegt denn nur einen halben Liter Wein? Darum die andere. flüchteten wir aus Desterreich in die gastliche Tsche- Zur Meldung des„ Poledni List" über die choslowakei?" Diese Worte legt der Poledni list" Verhältnisse bei den Schutzbündlern in Chocerad den Schutzbündler- Schlaraffen in den Mund. An erfahren wir noch authentisch, daß auf den Kopf der Meldung ist selbstverständlich kein wahres eines Flüchtlings 5 Kč tägliches Verpflegsgeld entfallen und daß Wein selbstverständlich nie ausgeschenkt wurde. Es werden außer Wasser überhaupt keine Getränke berabfolgt, weil hiezu dic Mittel nicht reichen.
Wort.
Die üble Methode, Emigranten unbeliebt zu machen, indem man die Arbeitslosen gegen sie aus spielt, wird von der Stříbrný- Bresse nicht zum er
Der Genosse Schrader sagt tatsächlich jeden Tag dem Polizeibeamten etwas ,, ins Ohr". Meistens sagt er ihm., Guten Morgen", oft aber fragt er, ob es etwas Neues gebe. Da sich gewöhnlich 20 bis 30 Personen in dem betreffenden Zimmer befinden, geschieht das in etwas gedämpftem Tone.
Die affige Beweisführung der Welt von heute" wird aber im vorliegenden Falle schon dadurch erledigt, daß der betreffende Emigrant, dessen Namen wir in seinem Interesse nicht nen= nen wollen, von der Polizei anerkannt wurde. Der erste Beweis" des kommunistischen Zentralorgans stützt sich also auf eine Lüge!
Der zweite Beweis" stützt sich auf die Wie
dergabe von Gesprächen, die Schrader mit Emigranten führte. Es ist sehr die Frage, ob die Emigranten den Mut hätten, für die Angaben der Welt von heute" vor dem Genossen Schrader einzustehen. Sie sind nämlich falsch. Genosse Schrader wird aber jetzt überhaupt keine aufklärenden Gespräche mit fommunistischen Emi
granten mehr führen, da sie, wie das Beispiel deigt, entstellt wiedergegeben werden.
Dafür können sich die kommunistischen Emigranten bei der Welt von hente" beban fen.
aber die Angriffe auf Schrader unschön finde. Das Kommunistenblatt hatte zu beweisen, daß Genosse Schrader Emigranten um das Asyl brachte und daß wir sie algemein des Schwindelns verdächtigten. Der erste Versuch eines solchen Beweises ist eine Blamage. Den weiteren Versuchen sehen Genosse Schrader und wir mit Gleichmut entgegen.
Das Salda- Komitee erwürbe sich aber ein Verdienst für die Emigranten, wenn es in der Redaktion der Welt von heute" nach dem Rechten sähe und den in Not befindlichen EnthülTern Material lieferte. Und zivar solches, das ihnen gründlichen Einblick in die Probleme der Emigra fion bietet. Es ließe sich dann mit den Herren Weihrauch und Genossen noch viel besser reden...
Ein Bericht über Schrader
Uns geht folgendes Schreiben zu: ..Das Jüdische Hilfskomitee hält es für seine
moralische Pflicht, gegenüber den Anwürfen, melche gegen Herrn Schrader erhoben wurden, hier
auszusprechen, in welch aufopfernder, selbstloser Weise er unzähligen jüdischen Emigranten mit Rat und Tot behilflich war. Es war den von ihm betreuten jüdischen Emigranten,
die die unmenschlichste Behandlung in Deutschland erfahren haben, oft ganz unerklärlich, daß sich ein
Arier" aus reiner Menschlich feit
ihrer annahm. Um so mehr und daß foll hier betont werden, als er in keiner Weise seine parteipolitische Zugehörigkeit hiebei zum Ausdruc brachte."