POSTA

Dělnická akademie

34--6

Praha

II.

Kybernská ul.7.

Bos. Jomokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077." ADMINISTRATION TELEFON 33076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

14. Jahrgang

Samstag, 21. April 1934

Zum 1. Mai 1934

In einer Zeit weltgeschichtlicher Ereignisse, andauernder Wirtschaftskrise, der Massenarbeitslosigkeit und der Not von Millionen Menschen rufen wir die arbeitenden Massen dieses Staates zur Feier des 1. Mai, des einzigen Festtages der Ar­beit.

Wir folgen der Tradition der sozialistischen Arbeiterbe­wegung und handeln im Geiste des Beschlusses der Soziali­stischen Internationale vom Jahre 1889, denn wir rufen dic Massen zum gemeinsamen Kampf für die Erhaltung der staatsbürgerlichen und politischen Freiheiten, zur Befesti­gung der demokratischen Ordnung und zum Ringen um eine neue wirtschaftliche und soziale Ordnung.

Die Maifeiern des heurigen Jahres haben eine große Bedeutung. Der Zerfall des Wirtschaftslebens schreitet in allen Staaten fort. Auch jene Schichten, die bis jetzt noch nicht von der Wirtschaftskrise betroffen waren, sind schwe­ren Erschütterungen unterworfen. Die Auswirkungen der Krise haben in steigendem Maße die Angehörigen des Mit­telstandes erfaßt und tief in das sonst so ruhige Leben der Bauern eingegriffen.

Diese furchtbare Wirtschaftskrise ist eine schwere An­klage gegen das kapitalistische Produk­tionssystem.

Sic enthüllt in ihrer ganzen Größe die Unfähigkeit die­scs Systems, die Gesellschaft aus den Wirrnissen, welche es durch seine Anarchie in der Erzeugung und der Verteilung der Güter verschuldet und mit offensichtlicher Unterstützung der liberalen Parteien vergrößert und vertieft hat, herauszu­führen. Es handelt sich nicht minder um eine Krise des Ka­pitalismus als um eine Niederlage des wirtschaft­lichen Liberalismus.

Nur dort, wo die Grundsätze des wirtschaftlichen Libe­ralismus, aus denen die Anarchic in der Produktion und Ver­teilung erwachsen ist, bereits verlassen wurden, zeigen sich die Anzeichen einer Besserung in den wirtschaftlichen Ver­hältnissen der Staaten.

Es zeigt sich, daß der demokratische Sozialis­mus, dessen Träger die Sozialdemokratie ist, einen Weg aus dem Chaos bahnt, das der Kapitalismus verschuldet hat. Die großen sozialistischen Ideen leben und behaupten sich auch dort, wo vorübergehend fascistische Diktaturen ans Ruder gelangt sind.

Der Sozialismus hat die Ursachen der wirtschaftlichen Not, der sozialen Ungleichheit und Unordnung enthüllt. Der Sozialismus hat die richtigen Wege aus dem Labyrinth des wirtschaftlichen Zusammenbruches gewiesen, und diese Wege beschreiten jetzt viele seiner Feinde, auch wenn sie den Fortschritt in einen Mantel von vaterländischen Schlagwor­ten und fascistischen Phrasen hüllen.

Der vorübergehende Sieg der fascistischen Reaktion in einigen Staaten und die Schwächung der Verteidiger der Demokratie und der Friedenspolitik rufen stärkere Span­nungen und ein wahnwitziges Wettrüsten zwischen den Völkern hervor. Sie schaffen eine von kriegerischen Zünd­stoffen erfüllte Atmosphäre.

den gegenwärtigen chaotischen Verhältnissen und im Wirbel stürmischer Ereignisse für seinen Schutz und seine Festi­gung mit Aufopferung, Begeisterung und in uneigennütziger Hingabe arbeiten.

Die Tschechoslowakische Republik als ein demokratischer und fortschrittlicher Staat ist unsere Heimat. Ihre demokratischen Einrichtungen sind der hiesigen und der ausländischen fascistischen Reaktion verhaẞt. Um so mehr bekennen wir uns zu ihnen und festigen wir mit un­serer Aufbauarbeit ihre Grundlagen; mit allen Kräf­ten werden wir sie jederzeit und gegen jedermann verteidi­gen und schützen.

Statt fortschreitender Abrüstung, um welche sich unsere Re­ publik und die ganze sozialistische Welt bemüht haben, rü­stet man von allen Seiten und am stärksten in den Staaten der fascistischen Diktatur. Damit die Imperialisten und Kriegshetzer freies Feld zu ihren Umtrieben haben, mußte die Sozialdemokratie in Deutschland und durch einen frech heraufbeschworenen Bürgerkrieg die Sozialdemokratic in Oesterreich vernichtet werden. Die sozialdemokratischen Parteien dieser Länder waren ein Hindernis für die wahnsin­nige Aufrüstung und die kriegerischen Gelüste ihrer Staaten. Diese Parteien hatten, treu dem Programm der Sozialisti­schen Internationale, eine Friedenspolitik verfolgt, denn in der Festigung des Friedens sahen sie die Grundbe­dingung der ruhigen Zusammenarbeit der Völker und der Verbrüderung der Menschheit.

Auch bei uns gibt es Feinde der Demokratie und des So­zialismus. Auch wir haben mit den Feinden unserer Re­ publik zu rechnen.

Die äußeren und inneren Feinde dieses Staates betreiben ihre umstürzlerische Wühlarbeit, um seine Grundfesten zu erschüttern und die Kräfte vernichten zu können, welche in

Indem wir der demokratischen Republik dienen, dienen wir den arbeitenden Massen, deren moralischen, kulturellen und wirtschaftlichen Aufstieg wir unsere Kräf­te geweiht haben. Diese Massen leiden und entbehren. Kärg­lich fristen sie ihr Leben in Stadt und Land. Ihnen muß geholfen werden!

Arbeit für diese Schichten und ihre Sicherstellung, das ist der beste Dienst an der Republik und für ihre gedeihli­che und gesunde Entwicklung. Zu dieser Arbeit sind wir bereit, sie führen wir durch.

Hunderttausende sind noch ohne Arbeit und Verdienst. Schaf­fen wir durch unsere Tätigkeit Arbeitsmöglichkci­ten, damit der Arbeitslosen, und ihren Familien eine Exi­stenz gesichert werde!

Diesen Opfern der kapitalistischen Wirtschaft' müssen wir schleunigst helfen und nicht minder den Hunderttausen­den Arbeitsbauern, deren Los wachsende Verschul­dung und eine unsichere Zukunft ist.

Die beschäftigungslose und die studierende Arbeiter­jugend muß in den Produktionsprozeß eingereiht werden. Unsere Forderung nach Beschaffung von Arbeit und Einkommen, der sich alle Arbeitslosen und Kurz­arbeiter anschließen, muß von entsprechenden Eingrif­fenin das wirtschaftliche Leben und auf so­zialpolitischem Gebiete begleitet sein.

Die Neu- Organisation der industriellen und der landwirt­schaftlichen Produktion darf nicht verhindert werden.

Niemand darf sich der Verkürzung der Arbeitszeit, der ordentlichen Arbeitsvermittlung und dem nötigen Schutz des Angestellten vor gewissenlosen und egoistische Interessen verfolgenden Unternehmern in den Weg stellen.

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 93

Abgeblitzt!

Wien , 20. April. ( Eigenbericht.) Heute find nach längerem Aufenthalt in Wien die che= mals sozialdemokratischen Funktionäre aus Kärn­ ten , Landeshauptmann Stellvertreter Prof. Dr. 3einier und der Bürgermeister von Klagen­ furt , Ing. Pichler, wieder nach lagen= furt zurüdgekehrt. Sie haben sich ver­geblich bemüht, in Wien unter der Arbeiterschaft einen Anhang zu finden. Die beiden hatten bc= fanntlich nach Ausbruch der Revolution im Feber ihren Austritt aus der sozialdemokratischen Partei bekannt gegeben und eine scharfe Erklärung gegen die Partei und Regierung abgegeben. Sie haben aber ihre Stellung weder damit noch mit der Gründung eines Freien Arbeiterbundes" geret­tet. Nach entschiedener Ablehnung durch die Arbei­ter in Kärnten sind sie nach Wien gekommen, um hier und in der Provinz unter den ehemaligen Parteigenossen mit ihrem Freien Arbeiterbund" festen Fuß zu fassen. Sie haben aber auch hier nur und Verachtung vorgefunden und konnten nicht den geringsten Anhang gewin= nen. Nachdem sie jetzt auch von der weißgelben Einheitsgewerkschaft abgelehnt wurden, kehrten sic unverrichteter Dinge nach Kärnten zurück.

Indem wir den 1. Mai in unserem demokratischen und freien Staate feiern, gedenken wir der Sozialisten in den Ländern, wo die brutal vorgehende Re­aktion die freien Kundgebungen der arbei­tenden Klasse verhindert. Wir senden ihnen, be­sonders aber den Opfern der Reaktion, die in Konzentrations­lagern und Gefängnissen schmachten, aufrichtige Grüsse zugleich mit der Aufmunterung, auf die Erneue­rung der Demokratie und den endlichen Sieg des Sozialismus zu vertrauen.

Der demokratische Sozialismus ist nicht zerschmettert. Er ist tief verwurzelt im Denken und Fühlen von Millionen Ar­beitern. Die sozialdemokratische Bewegung lebt und, wie ihre Erfolge in einzelnen Staaten beweisen, weiß sie auch noch zu siegen.

Der mächtige Aufschwung der sozialdemokratischen Bewe­gung in England und in den nordischen Staaten kann durch eine vorübergehende Niederlage des Sozialismus in Deutsch­ land und Oesterreich nicht aufgehalten werden.

Die Feinde des arbeitenden Volkes, die nach der Herr­schaft in unserem Staate streben, dürfen nicht siegen. Diesen Feinden gilt unser rücksichtsloser Kampf. Es ist ein Kampf für eine starke und gesunde Demokratie, für eine neue Produktions- und Wirtschaftsordnung, für den kultu­rellen Fortschritt und die völlige Befreiung der arbeitenden Massen!

Indem wir uns diese Aufgaben stellen, fordern wir alle Ar­beitenden auf, in unsere Reihen einzutreten und an diesem Kampfe teilzunehmen. In fest ge­schlossenen Reihen schreiten wir vorwärts. Mit wehenden

Fahnen ziehen wir in den Kampf zum Schutze der Republik und gegen alle ihre Feinde.

Mit uns das Volk, mit uns der Sieg!

Die Wiener Hitleristen

Troß umfangreicher Vorbereitungen der Sicherheitsbehörden in Wien anläßlich des heutis genitler Geburtstages, haben lln­ruhen stattgefunden. Vereits am Vorabend haben die Nationalsozialisten in den Vororten, beson ders in Floridsdorf , zahlreiche Böller erplo­dieren lassen. Am Bisamberg, wo bekanntlich der große Sender steht, der ständig von Heimwehr und Militär scharf bewacht ist, wurde ein riesiges Hakenkreuz abgebrannt. Wie gewöhn­lich sind die Täter unerfannt entkommen. In der Universität und an der Akademie der vilden­den Künste wurden heute Mittag bei lärmenden Demonstrationen einige Hafenkreuzstu dentenverhaftet.

Wie Dollfuß zum 1. Mai rüstet...

Aus dem Polizeigefängnis in Wien wurden gestern Abend 81 sozialdemokratische Häftlinge. darunter einige hervorragende Funktionäre, nach Wöllersdorf ins Anhaltelager transportiert. Es sind jene Funktionäre, gegen die der Staatsan­walt keine Anklage konstruieren konnte. Unter ihnen befindet sich der ehemalige Natio= nalrat Heinrich Allina, ferner der ehemalige Nationalrat und Präsident des Wiener Schulrates und bekannter Reformator im österreichischen Schulwesen Otto Glödel, der ehemalige Be­zirksvorsteher Anton Feist el, der Gemeinderat und Obmann des Metallarbeiterverbandes Karl

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Reifinger, der ehemalige Stadtrat Rich ter, der Bundesrat Dr. A. Schärf und der Führer der tschechoslowakischen Minorität in Wien , Abgeordneter Ma ch a t. Die Polizei trifft Vorbereitungen, um in den Gefängnissen ein wenig Platz zu gewinnen, da man für den 1. Mai mit Unruhen rechnen muß und nicht in Verlegen­heit bezüglich der Unterbringung eventueller neuer Häftlinge kommen will. Deswegen wurde auch eine größere Anzahl von Hakenkreuz= lern aus den Anhaltelagern entlassen und die Sozialdemokraten, gegen die man gerichtlich nicht vorgehen kann, in Konzentrationslager ab= geschoben.

Wien , 20. April. Außer den bereits genann ten sozialdemokratischen Mandataren befinden sich ab heute abends im Konzentrationslager in Wöl­ lersdorf der ehemalige Stadtrat Lindner, der che= malige Gemeinderat Schleifer, der frühere Natio­nalrat und Redakteur der Arbeiter Zeitung " Leuthner, Dozent Dr. Friedjung und Rechtsan­walt Dr. Schönhof.

Ehrentafel der Presse

Wien , 20. April. Das Bundeskanzlerami hat die Verbreitung der nachbenannten in der Tschecho slowakei erscheinenden Zeitungen verboten: Ar­ beiter Zeitung ". Erscheinungsort Reichenberg , Volfsrecht", Aussig , Ge wertschaft­

Die Parteivorſtände der deutſchen und der tschechischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei Mundi cha u". Reichenberg ,

Volks wacht". Sternbera.