Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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( einschließlich 5 Heller Porta)

14. Jahrgang

Sonntag, 22. April 1934

Neue Blutschuld Barthou   unterwegs

des Dollfuss

Genosse Pölzer im Gefängnis gestorben

Wien  , 21. April. Im Gefängniskranken­hans ist hente nachts der ehemalige sozialdemo­tratische Abgeordnete für den 10. Wiener   Be­zirk und hervorragende sozialdemokratische Par­teiführer Genosse Johann Pölzer  , ein ge­bürtiger Znaimer, gestorben.

Die Verschwörer vor Gericht

suchen sich durch Lengnen zu retten

Bukarest  , 20. April. Der Prozeß gegen die Militärverschwörer wird in einer Nachtsizung

Vorher Unterredung mit dem Sowjetbotschafter

Paris  , 21. April. Anßenminister Bar thon ist heute um 9 Uhr 15 nach Warschau  abgereist. Er wird vom Kabinettschef Roch at begleitet.

Auf dem Bahnhofe verabschiedeten sich von Barthon die Minister Tardien, Sarraut  , Piétri und Flandin, der rumänische Außenminiſter Titulesen, der tschechoslowakische Gesandte Dok tor Osusky, der polnische Botschafter und die Ge­sandten Jugoslawiens   nnd Rumäniens  .

seiner Reise nach Warschau   und Prag   über diesen Fragenkomplex eingehend informieren.

Revision der Bündnis­verträge?

Nr. 94

Kamele kamen

ins Land der Kamele

Ein fraglicher Fortschritt des Weltfascismus

Es geschah ein Wunder und Zeichen: Der tapfere Heimfrieger, der im sächsischen Elbstädt. chen Pirna   den Weltkrieg verlieren half, der schon auf dem thüringischen Ministersessel täg. lich seine redliche Portion Juden verzehrie, der hohe Herr Reich sinnenmier Frid hat einen Ausflug nach Palä. stina gemacht. Ausgerechnet Bananen!

Nach einer Meldung aus Barschau wurde das Programmi des Besuches so festgelegt, daß trop der Kürze der Zeit Barthou   die Möglichkeit bejizt, möglichst oft mit seinem polnischen Stol Vor seiner Abreise hatte Barthon gestern legen zu beraten. In den Vorverhandlungen, die Mitten ins Herz des Judenlandes herein, abends eine Unterredung mit dem Leiter der so auf diplomatischem Wege geführt wurden, seien bis nach Jerusalem   wagte sich der biderbe Nazi­wjetrussischen Botschaft Rosenberg. Die Un- iene Punkte festgelegt worden, um die sich die per- Seld, wo er sich im Sting- Vavid- Hotel niederließ terredung betraf das Verhältnis Sowjetrußlands scheinlich würden die beiden Minister die politi zehn Pfund; Herr Schacht hat's ja und bezahlt sönlichen Verhandlungen drehen werden. Wahr­Zimmer und Bett pro Tag und Nase an die zu Polen   und der Kleinen Entente   wie auch die schen und wirtschaftlichen Alte, die die französisches auch! Zwar hatte sich der hohe Gast incog­Frage eines eventnellen Eintrittes Rußlands   in polnischen Beziehungen betreffen, ciner den Wölferbund. Barthon wollte sich vor Antritt Durchsicht unterziehen.

fortgefekt. Die Aussagen der Angeklagten bewegen Italienische Vermittlungsversuche

sich unverändert auf der gleichen Linie: Kein An­schlag gegen den König, sondern Bildung einer besonderen Leibgarde unter Führung Procups zweds Einschreitens im Augen

blide cincr politischen Krise."

Die Belastungszeugen versagen

nito einquartiert, aber die Liebe einiger seiner Untertanen, die noch heute mit wundem Rüden an das verlassene deutsche Vaterland denken, er­fannten den Teuren, worauf er ganz plötzlich tijchen Judentums wieder entschwand und, mit

Nach Informationen des Reuterbüros wird diese nichtoffiziellen Beratungen doch nilich dem Gesichtskreis des hocherfreuten jerusalemi­der italienische Unterstaatssekretär Suvich mit sein werden.

dem deutschen   und dem französischen   Botschafter Gleichzeitig aber sehen französische   Kreise es Vermeidung ähnlicher fremd- und minderwerfi. anläßlich der zu ſeinen Ehren veranstalteten ge- als wahrscheinlich an, daß den endgültigen Berger Rassenzentren, wie Tel- Aviv   u. m. a., das ſellſchaftlichen Beranſtaltungen in London   zu- mittlungsversuch der italienische Ministerpräft- intereſſante and verließ. fammentreffen. Trotzdem man nit eprane dent Mufflint durch den franzöſiſchen   dot­handeln wird, sei es nicht ansgefchloffen, Sakschafter beint Quirinal   unternehmen werde..

fim offiziele Unterrebungen

Von den bisherigen Beugenaussagen ist nur die des Gendarmerieobersten Barbo hervorzu­heben, den Precup im vergangenen Herbst auf­gefordert haben soll, das königliche Palais zu umzingeln. Im Gegensah zur Anklageschrift gibt Barbo jetzt an, sich nicht mehr genau daran zu erinnern, und verneint, daß Ein Jahr schweren Kerker für eine Schwerkranke Precup ihn mit dem Revolver in der Hand dazu givingen wollte, die Umzingelung des Königlichen Palais vorzunehmen.

Genossin Wallisch vor Gericht

Auch der offizielle Bericht läßt also durch scheinen, daß die Belastungszeugen aus den Rei­hen des Offizierskorps versagt haben und cher bestrebt waren, die Verschwörer nach Mög­lichkeit zu decken. Das läßt auf den Geist, der in der Armee herrscht, unschwer Rückschlüsse zichen, zumal ja erst fürzlich der Führer der Eisernen Garde durch ein anderes Striegsgericht freigesprochen worden ist, obwohl er unstreitig der geistige Urheber der Ermordung Ducas war. Spät nachts meldet das ČTK. aus Bukarest  , daß Zeitungsberichten zufolge demnächst im 3u­sammenhang mit dem Prozeß gegen Precup und Genossen ein zweiter Pro& cf gegen eine Reihe von niederen Offizieren beginnen wird, die im gegenwärtigen Verfahren als Zeugen ein­

bernommen wurden.

Trotzki  

Paris  , 21. April. Meldungen der Abend blätter zufolge weilt Trotti noch immer in seiner Villa in Barbizon  . Auch sein Gepäck wurde bis­her nicht weggebracht.

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Man hätte ihm ja gewiß nichts Böses mit Bösem vergolten und nichts wäre ihm angetan worden. Wozu auch? Es ist ja selbst dem Fasci.

stenpapst mit dem anderen Vorzeichen nichts passiert, dem erhabenen Duce Bennito Mussolini, als er eben jetzt einigemale palä. stinensischen Boden betrat; nicht gerade höchst. eigenpersönlich, aber doch sozusagen höchsteigen­geistig, durch eine Reihe von Zeitungsartikeln, die natürlich den Weltfascismus mit rosigsten Rodfarben anstrichen.

Die österreichische Amtliche Nachrichtenstelle sie dieses Verbrechens" schuldig und verurteilte veröffentlicht einen furzen Bericht über die Ber  - beide Frauen zu je cinem Jahre schweren Kerters. handlung, die vor dem Schwurgericht in eo- Nicht genug damit und mit all dem, was Der Chronist wird sich hüten, Zusammen ben am 21. April gegen die Genoſſinnen Bau der niederträchtigen Gerichtsverhandlung voraushänge zu konstruieren, die er nicht nachzuweisen line wallisch und Maria Ferine gegangen ist: die Amtliche Nachrichtenstelle ver- hänge zu konstruieren, die er nicht nachzuweisen stattgefunden hat. Beide Frauen waren beschul- sucht die beiden Heldinnen noch nach dem Ur- vermag, aber Gedanken sind, wenigstens digt, den Aufstand" der Bruder Schutzbündler teilspruch zu diffamieren. Sie tut es allerdings außerhalb der irdischen Varadiese wie Deutid)- dadurch unterstützt zu haben, daß sie ihnen 2e- so ungeschickt, daß ihre Verlogenheit sofort offens land, Italien  , Desterreid) e tutti quanti, nody bensmittel brachten, sie zubereiteten und verteil- bar wird. Nach dem Berichte der Amtlichen Nach immer zollfrei. Und zu denken gab es genug. ten. Die beiden tapferen Frauen blieben bis zum richtenstelle haben sich die beiden Frauen damit als einige Tage nach obigen illu. lesten Augenblick bei den kämpfenden Männern. verantwortet, daß sie sagten, sie hätten die Auf- stren Besuchen die neue fascistische Pauline Wallisch wurde mit ihrem Gatten auf rührer" verlöstigen müssen, weil sie sonst ge- Partei Palästinas ihre Auferste. ihr Mann unter den Galgen gebracht wurde, von der Flucht verhaftet, wurde in der Stunde, da plündert hätten. Nun ist während der ganzen Feberkämpfe hung feierte. den Henkern auf das unflätigste beschimpft und feine einzige Plünderung vorgekommen. Auch auf Sie hört auf den durchaus nicht aufregend wird seither in der gemeinsten Weise behandelt. der langen& I u ch t, während der ein Heranbrin originären Namen Nationale Ar. Die Feber- Ereignisse haben die noch junge gen von Lebensmitteln unmöglich war, wurde Leiter Organisation" Frau in einen gebrechlichen Menschen verwan- nicht in einem einzigen Falle geplündert. Wenn ovdim Leomith) und hielt am 9. April in Jeru­delt. In der Haft erlitt Paula Wallisch   einen aber das Vermeiden von Plünderungen wirklich salem eine, in Tel- Aviv   verbotene Versammlung Nervenzusammenbruch. Eine Nerven lähdas Motiv der Frauen war, dann hätte man sie ab mit viel plakatiertem Geschrei, braunen mung hindert sie noch heute an dem vollständi- nicht wegen Hochverrats verurteilen dürfen. Man uniformen, die am Aermel die blaue Me gen Gebrauch ihrer Sinne und Gliedmaßen. Die tat es aber. nora, den siebenarmigen Leuchter tragen, und schiverfranke Frau wurde von den Schurken- Daß die Amtliche Nachrichtenſtelle ein am unter Beteiligung des ganzen Landes, wie fic Katholiken in dem gleichen Gefängnis unterge- deres Motiv als das wirkliche angibt, hat seinen bracht, auf dessen Hof ihr Mann hingerichtet Grund darin, daß sich die beiden Frauen auch vor sagen, oder, von der Gegenseite gezählt, 100 wurde. Gericht heldenhaft benahmen. Sie sagten, daß sie Leuten aus ganz Palästina. Am selben Tage freiwillig und aus Pflichtgefühl bei den Män- fand in der alten heiligen Stadt eine rote st nern geblieben waren. Wahrer Seldenmut ist versammlung der Hisdadruty aber heute in Oesterreich   unerwünscht, seine Pro­paganda ist gefährlich.

Man zwang sic, ihren täglichen Spaziergang auf jenem Hofe zu machen, auf dem noch der Galgen steht!

Der Matin" meldet aus Istambul  , daß die türkische Regierung gegen eine Rüdfeh Troßztis auf die Insel Printipo, die gegenüber Pauline Wallisch und Maria Fertner waren Istambul   gelegen ist, keine Einwendungen wegen Hochverrats angeklagt worden. crhebt. Das besonders gesiebte Schwurgericht erkannte

Das Washingtoner Staatsdepartement nimmt ebenfalls an, daß Trotzki   um die Einreiseerlaubnis ansuchen wird. Es wird angedeutet, daß man sie ihm nicht erteilen wolle. Grundsätzlich würde zivar politischen Flüchtlingen Asy gewährt, im Falle Troßzki werde jedoch wahrscheinlich das Ein­wanderungsgesetz, das die Zulassungu m st ür z- lerischer Agitatoren" verbietet, Anwen­dung finden.

Bankenkonzentrationen

in Wien  

Wien, 21. April. Im Laufe der nächsten Woche wird das befannie Projekt der Konzentrie rung der noch bestehenden   Wiener   Banten in das atute Stadium treten. In erster Reihe wird die Angliederung des Bankvereines an die Kredit­anstalt durchgeführt werden. Die entsprechenden Berhandlungen sind bereits abgeschlossen.

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Die Arbeiter der ganzen Welt grüßen Paula  Wallisch und Maria Fertner! Auch diese bei­den Heldinnen werden gerächt werden.

Explosion in einem bosnischen Bergwerk

Gegen 150 Tote?  

Sarajewo, 21. April. Nach hier ein| gelangten Meldungen kam es heute um 13 Uhr 45 in dem 50 Kilometer nördlich von Sara jewo befindlichen Braunkohlenbergwerk Sa­kanii zu einer furchtbaren Explosion von Metangasen. Zur Zeit des Unglücks befanden

( Sidadruth

ovdim haklalith, der sozialistischen, der freien Arbeiterorganisation" statt, unter freiem Simmel, mit 5000 wohlge. zählten Teilnehmern aus   Jerusalem allein!

Aber Zahlen entscheiden in den heute akuten Gegenwartsfragen nicht, das haben wir in  Deutschland und Desterreich begreifen lernen müssen. Die sozialistisch und freigewerkschaftlich) organisierte Arbeiterschaft bildet in Pa lästina weitaus die Mehrheit der jüdi­schen Bevölkerung in Stadt und Land. Ihr Zusammenhalt, ihr Verantwortungsgefühl, ihre Disziplin bilden den Kern und die sittliche Kraft für die Kultur- und Aufbauarbeit des Judenvolfes in seinem alten Stammland, für dessen Fruchtbarmachung, ja für

sich gegen 400 Arbeiter im Bergwerk. Bisher follen gegen 80 Leichen geborgen Renaissance des Jahrtausende hin­

sein. Man ist besorgt, daß sich die Zahl der Toten auf 150 erhöhen wird.

Die Nachricht von der schweren Katastrophe hat in der ganzen Gegend große Bestür­zung hervorgerufen. Von   Sarajewo wurde ei ne Kommission zur Erhebung des Tatbestandes entsendet, die auch die sofortige Hilfsaktion einzuleiten hat.

Das Bergwerk befindet sich in staatliche m Besitze. Es liegt zweieinhalb Stilometer von der Eisenbahnlinie Bosnisch Brod-   Sarajewo entfernt. In den Jahren 1932-33 beschäftigte das Berg­vert über 1000 Arbeiter. Die Jahreskapazität betrug 250.000 Tonnen Braunkohle.  

dic

durch in seiner Diaspora gequälten Volkes. Diese am   europäischen Maryismus geschulte Ar beiterschaft wird den künftigen   Jüdischen Staat schaffen trotz der vierfachen zahlenmäßigen Uebermacht der Araber, die, besonders ihr Groß­grundhejizz, mit scheelem Mißvergnügen auf die