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á akademie

Praha II. Hybernská ul..

Vozialdemokrat

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ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFONI 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14. Jahrgang

Russisch  - polnischer Nichtangriffspakt

auf zehn Jahre verlängert

Warf chant, 5. Mai. Nach einer aus Mos­fau eingetroffenen Meldung wurde heute nach­mittag in Moskau   durch den polnischen Botschafter Lukasiewicz und den sowjetrussischen Volks­fommissär Litwinow   cin Aft unterfertigt, auf Grund dessen der polnisch- sowjetrussische Nichtan­griffspaft auf die Dauer von weiteren zehn Jahren verlängert wird.

In dem Endprotokoll des Pattes wurde feſt­gestellt, daß die Note, welche der frühere russische Wolfskommissär für Acußeres Tschitscherin im September 1926 gelegentlich der Unterfertigung des sowjetrussisch- litauischen Nichtangriffpattes an Litauen   gerichtet hat, nicht dahin interpretiert werden könne, daß die sowjetrussische Regierung die Absicht hätte, sich in die Angelegenheit der Re­gelung der territorialen Streitigkeiten zwischen Polen   und Litauen   einzumischen.

Auf Grund des heute unterfertigten Aftes läuft der polnisch- sowjetrussische Nichtangriffspakt bis zum 31. Dezember 1945.

Im Zeichen des Polenpaktes... Flaggenaffäre auf dem Danziger Flugfeld Warschau  , 5. Mai. Wie erst heute bekannt wird, kam es fürzlich auf dem Flughafen Danzigs  Wrzeszcze zu einem peinlichen Zwischenfall. Der Leiter der polnischen Abteilung der Fluglinic Rot" ließ anläßlich des polnischen National­feiertags am 3. Mai auf dem Waste des Flug­hafens eine polnische Flagge hissen. Während sei­ner Abwesenheit wurde im Auftrage des deutschen  technischen Leiters des Flughafens die polnische Nationalflagge entfernt. Als der Vertreter der polnischen Fluglinic" Lot'" zum zivcitenmal die polnische Nationalflagge hissen ließ, wurde er von einem Danziger Polizeifunktionär angehalten, der ihm die Nationalflagge aus der Sandriß und erklärte, daß er sie mit Beschlag belege.

Der Generalfommissär der polnischen Regie­rung in Danzig   hat beim Senat der freien Stadt Danzig   einen energischen Protest gegen die Ver­legung der polnischen Hoheitszeichen eingelegt.

Außenminister Jevtič in Sofia

Sonntag, 6. Mai 1934

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 105

Vor der Konkursanmeldung? Deutschlands   Marsch

Deutsches Moratorium für Auslandsschulden bevorstehend

ins Chaos

Es sind erst wenige Tage seit dem 1. Mai Berlin  , 5. Mai( C. P.-B.) Die Arbeiten man sich keine ernste Sorge machen, daß eines verflossen, da das fascistische Deutschland   der der Transferkonferenz haben in den letzten Tagen Tages in Deutschland   keine Wäsche, Kleider, Welt zeigen wollte, daß das ganze deutsche Volf. teinen praktischen Fortschritt ac- Pneumatifs, elektrisches Material, Scife, Tabat insbesonders seine arbeitende Klasse, hinter Hit macht. Die Ursache liegt besonders in den Ge- usw. zu erhalten sein werden. Ebenso brauche man ler und den Seinen stehe und da die gesamte genfäßen zwischen den Vertretern der einzel- feinen Lebensmittelmangel befürchten. Die eigent Bevölkerung glücklich sei, sich von den fascistischen nen Gläubigerländer. Man erwartet daher, daß liche Sorge bestünde darin, daß in Deutschland   Diftatoren fnechten zu lassen. Aber der fascistische die Konferenz erfolglos enden und Deutschland   eines Tages Mangel an Devisen für den Anlauf Versuch die Welt zu täuschen ist bald von der einfach ein Moratorium verkünden wird, einer genügenden Menge von Wolle, Baumwolle, rauhen Wirklichkeit zunichtegemacht worden. wie es in den Reichsbauffreisen bereits vor der Seide, Erzen, Kupfer, Kautschuf, Benzin, Fellen, Man wird sich nunmehr auch in Deutschland  Konferenzeröffnung beabsichtigt war. Ausgenom technischen Delen usw. sein wird, wodurch die dessen bewußt, daß das Land mit seiner Millio. men von dem Moratorium wird wahrscheinlich nur induſtrielle Tätigkeit und gleichzeitig auch die nenarmee von Arbeitslosen in eine noch der Zinsendienst für die Dawes und die Young Attion gegen die Arbeitslosig schwerere Krise seiner Wirtschaft Anleihe werden. Icit gelähmt werden würde. steuert. Zum erstenmal, seitdem die Diftato. ren jedes freie Wort in Deutschland   unmöglich) gemacht haben, fann es sich eine Zeitung erlau ben die Lage Deutschlands   als alarmierend" hinzustellen.

Bestellter Alarmruf

in

Das Berliner Tageblatt" bezeichnet einem Leitartikel, der sicher ohne oder gar gegen den Willen der leitenden Kreise des Reiches auf feinen Fall hätte erscheinen fönnen, die Lage Deutschlands   als alarmierend. Die ver­antwortlichen deutschen   Kreise. führt das Blatt aus, zerbrechen sich schon jetzt den Kopf darüber, wie die Frage der weiteren Versorgung Deutsch­ lands   mit Rohstoffen, die aus dem Auslande ein geführt werden müssen, gelöst werden fönnte. Mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Vorräte brauche

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Der Notenumlauf Deutschlands  nur noch zu 8-8 Prozent gedeckt Tschechoslowafischen Nationalbank hat der Noten­Nach dem letzten Heft der Mitteilungen der umlauf des Deutschen Reiches Ende März 3674 millionen Mark betragen.

Reichsbant im Betrage von 310 Millionen Marf, Demgegenüber steht der Goldvorrat der an Devisen weist die Reichsbant 8 Millionen Mark auf.

trägt daher 318 Millionen Mart, das sind 8.8 Die gesamte Dedung des Notenumlaufes be Prozent!

,, Deutschland   stieß auf ein unüberwindliches Hindernis"

Dr. Beneš über die Anschlußfrage

Die Katastrophe, von der Deutschland   be droht ist, hat zweierlei Ursachen. Die eine liegt gets, die andere in der fatastrophalen Lage der in der Unausgeglichenheit des deutschen Bud deutschen Zahlungsbilanz. Was zunächst den Staatshaushalt betrifft, ist dieser a us dem Gleichgewicht gebracht worden durc) die Hunderte von Millionen Mark, die Deutsch  land seit dem Machtantritt Hitlers   für Ri. stungen ausgibt. Während die Steuereinnah men Deutschlands noch immer im Rückgang bc. griffen sind, steigen die Ausgaben, das Defizit wird von Tag zu Tag größer und dadurch wird es immer schwieriger, die Zinsen für Deutsch  . lands Staatsschuld aufzubringen: das Deutsche Reich wird zahlungsunfähig.

Dazu kommt noch, daß Deutschlands A u s. fuhr durch den Wirtschaftsboykott, den andere

Paris  , 5. Mai. Petit Parisien" veröffent- der Großmächte, sowie auf den un= Staaten über ihn verhängt haben, schwer licht eine Unterredung seines Sonderforrespon- erschütterlichen Willen der Sicigelitten hat und daß somit die Einnahmen udenten Lucien Bourgues mit dem Außenminiſter nen Entente, welde stets in Bereitschaft ist, Deutschlands   an fremden Zahlungs. Dr. Benes. Auf eine Frage des Korrespondenten mit allen Mitteln an die Respektierung mittelnimmerspärlicher ein flic. bezüglich des Anschlusses erwiderte Dr. Beneš: des territorialen status quo in Mittel- und Often. Da aber Deutschland   viele auswärtige Der Anschluß ist fe in aftuelles Pro- europa zu erinnern. Außerdem ist Kanzler Hitler   Schulden hat, müssen die Zinsen in fremder blem mehr. Deutschland   stieß hicbei auf ein unzu raich vorgegangen und wurde plök- Valuta bezahlt werden und die hat Deutschland  durchdringliches Hindernis, das es lich auf seinem Wege eines starten und entschlosse nicht. So ist Deutschland   durch das Defizit in offensichtlich nicht erwartet hatte: auf das Ein- nen Mannes, welchen er bewundert, Musso seinem Staatshaushalte und durch die geringen vernehmen der drei Hauptgroßmächte des Westens, linis gewahr. Deutschland   konnte nicht er= Frankreich  , England und Italien  , auf ein Einver- warten, daß es ihm gelingen werde, den Block Einnahmen in fremden Devisen immer weniger nehmen, welches durch ihre gemeinsame Erklärung eines so erheblichen Widerstandes zu durchbrechen. imstande, seine Zahlungsverpflichtungen zu er. erneuert wurde, welche ausdrücklich jedwede An- Die Berliner   Regierung wurde sich plötzlich des füllen. taftung der Unabhängigkeit Desterreichs untersagt. sen bewußt, daß sie das österreichische Abenteuer Deutschland   stieß auf den festen Wall zu weit führen könnte.

Nichtangriffspakte als Balfanpakt- Ersat Sofia  , 5. Mai. Der jugoslawische Außen­minister e vti č wird Montag vormittags zu einem offiziellen Besuche im Sonderzuge in Sofia  cintreffen. Es ist dies der erste Besuch eines jugo­flavischen Außenministers in Bulgarien   nach dem Kriege.

,, Normalisierung der Beziehungen"

zwischen der Kleinen Entente   und Sowjetrußland

Die Unterredung berührte u. a. das Verhält nis der Seleinen Entente zu Rußland  . Die Be zichungen der Kleinen Entente zu Sowjetrußland werden, wie Dr. Beneš dem Korrespondenten be­stätigte, binnen turzem normalisiert werden. Sobald Rumänien   endgültig mit Ruß­ land   einige speziell ihre Verhältnisse betreffende Fragen geregelt haben wird, wird diese Normali­

Was aber Deutschlands   Lage besonders be­drohlich macht, ist die Tatsache, daß Deutschland  auch die Rohstoffe, die seine Wirtschaft un­bedingt braucht, nicht einführen kann, weil es nicht die Devisen hat, um sie zu bezahlen. Es fann nicht genug Wolle, Baumwolle, Erze, Metalle, Gummi, Benzin usw. einführen, so daß ein großer Teil seiner Industrie über Nacht vor die Gefahr gestellt werden kann, keine Roh­Frankreich, die Kleine Entente   und Ruß stoffe zu besitzen und so den Betrieb einstellen land werden wahrscheinlich berufen sein, auf zu müssen. Das würde eine neue Welle der zahlreichen Gebieten zusammen zu arbeiten, und Arbeitslosigkeit über Deutschland   bringen, was diese Zusammenarbeit werde sich noch vollkom der fascistischen Herrschaft nicht gleichgültig sein mener gestalten fönnen, wenn sich ihr auch Polen   fann. freiwillig anschließen wird.

mit der Politit der Annäherung an Rußland ver­Inüpfen.

Die Konferenzen mit dem Ministerpräsiden ten Muschanow werden einerseits die allgemeine Balfanpolitit, andererseits das Verhältnis zwi­schen Bulgarien   und Jugoslawien   betreffen. Nach Ansicht der hiesigen Presse wird Bulgarien   allen Staaten, welche den Baltanpakt unterfertigt ha ben, den Abschluß eines Nichtangriffspattes vor­schlagen, in welchem über die Begriffsbestimmung des Angreifers und über die Sicherung des gegen wärtigen territorialen Status feine Erwähnung gemacht würde. Man vermutet, daß auch die Frage einer den Mazedoniern in Südser­Als Vertreter der Tschechoslowakei   im Völ= bien zu erteilenden Amnestie berührt werden wird. ſierung rasch zur Tat werden. Die Stär­In Sofia   hält man dafür, daß durch die fung d. französisch- polnischen Bündnisses, an wel- ferbunde seit dessen Begründung mißt Dr. Benes chem Minister Barthou   soeben so wirksam gear- gleichfalls ein sehr lebhaftes Interesse der Beden­praktischen Ergebnisse der Sofioter Besprechungen, beitet hat, und welche in Prag   einen so sympathi- tung des fünftigen Eintrittes Rußlands   in den die Grundlage zu einem Einvernehmen und zu einer dauernden Versöhnung der beiden slawischen Widerhall gefunden hat, läßt sich absolut gut Völkerbund   bei.

schen Nationen geschaffen werden wird, deren Freundschaft dann, anläßlich des bevorstehenden Besuches des jugoslawischen Königs Alexander in Sofia   in feierlicher Weise verkündet werden soll.

Mexiko   bleibt im Völkerbund

Merito, 5. Mai. Auf Anordnung des Staats­präsidenten hat der merikanische Außenminister den Vertreter Meritos in Genf  , Castillo Valera, angewiesen, die Note Mexikos   vom Dezember 1932, mit der Mexiko   aus Gründen der Spar­samteit seinen Austritt aus dem Völkerbunde er­flärte, zurückzuziehen.. Mexiko   bleibt somit Mit­glied des Völkerbundes.

Kleine Entente will ständigen Ratssitz

Durch den Eintritt des Sowjetreiches in den Genfer   Organismus, welcher wahrscheinlich ist, wenn er nicht sogar schon sehr nahe bevor steht, werden Fragen der Besetzung der Site im Völkerbundrate von neuem auftauchen. Wenn Nußland einen ständigen Sitz im Völ ferbund erhält, werden ihn andere Staaten gleichfalls fordern. Es liegt z. B. kein Grund vor, weshalb die Kleine Entente  , welche 47 Millionen Einwohner repräsentiert, nicht gleich falls einen ständigen Sih erhalte.

Es mag sein, daß der Alarmruf des Ber­liner Tagblatts" nur ein Schreckschuß sein, daß dadurch ein Druck auf die in Berlin   versammel. ten Gläubiger Deutschlands   ausgeübt werden soll, damit diese Deutschland   die Zinsenzahlung entweder ganz erlassen oder wenigstens auf einen fleinen Prozentsatz seiner Verpflichtungen be. schränken. Es kann auch sein, daß sich die Gläu­biger zu Konzessionen bereit finden werden, aber Minister Dr. Benes ist der Ansicht, daß die es ist kaum zu glauben, daß sie auf die Zahlung beste Lösung in einer allgemeinen Lösung bestünde, der ihnen gebührenden Zinsen verzichten werden in einer Art Syſtem, welches die verschiedenen und daß man Deutschland   ohne jede Bezahlung Kategorien der Size aufheben und im Völkerbund   Baumwolle, Wolle und Erze liefern wird. rate eine einheitliche Kategorie von 16 oder 18 Mitgliedern einführen würde, welche die Staaten So führt das fascistische Regi oder Staatsgruppen vertreten würden. Mit dieser ment Deutschland   immer tiefer in Reorganisierung des Völferbundrates könnten den Sumpfhinein. Wo ist die Erfüllung gleichzeitig einige andere vernünftige Reformen der hafenkreuzlerischen Versprechungen geblic durchgeführt werden, welche einige Staaten an- ben? Wo sind die klingenden Worte, mit denen streben. man eine neue Zeit begrüßte und die Arbeits­