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Sasiatosmokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUM. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XH., ROCHOWA 62. FOR 387. ADMINISTRATOR REE: BRON: 53076.

HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

14.

Jahrgang

Die Opposition wächst

Dienstag, 21. August 1934

Einzelpreis 70 Heller

( einschlieblich- 5 Heller Porte)

Trotz Terror- 5 Millionen» Nein!<<

12 Prozent der Stimmen gegen Hitler  !

Das Hakenkreuz hat am Sonntag eine Schlacht verloren. Trotz des Einsatzes aller Mittel der Propaganda und tros des Terrors hat sich der Widerstand gegen das Blutregime formiert und verstärkt. Hitler   hat dieses Ergebnis nicht vorausgesehen, denn noch knapp vor der Abstimmung ließ er erklären, daß keine Stimme weniger für ihn abgegeben werden dürfe als bei dem Volksentscheid im November 1933. In wenigen Monaten ist die Zahl der oppoſitionellen Stimmen von 3,349.000 auf 5,166.000 von 7.77 Prozent auf 11.87 Brozent gestiegen, während Hitler  , wenn man die zahlenmäßig größere Wahlberechtigung be­rüdsichtigt, fast zwei Millionen Stimmen ver loren hat.

Die Abstimmung hatte folgendes Ergebnis:

Zahl der Stimmberechtigten.

davon stimmten

das sind

gegen Hitler   stimmten:

Rein- Stimmen.

nngültige Stimmen

Oppositionelle Stimmen zusammen

für Hitler   stimmten

das sind

das sind

1934 45,473.000

43,529.000

95.72%

1933 45,128.000 42,988.000 95.25%

4,294.000

872.000 5,166.000 11.87% 38,362.000

88.13%

3,349.000 7.77% 39,639.000

92.25%

Nicht übersehen darf auch werden, daß der Prozentjak der Stimmenthaltungen von 3.7 auf 4.28% gefticgen ist.

Enttäuschung

hinter der Maske des Siegesjubels

Berlin, 20. Auguft. Bei der Beurteilung des Abstimmungsergebnisses wird hier im ganzen übereinstimmend nüchtern zugegeben, daß die Abstimmung teine Neberraschung gebracht hat. Eine gewiffe Enttäuschung bringt der Umstand, daß das Ergebnis im Auslande nicht jenen Eindruck hervorgerufen hat, der nach den Erklärungen hoher politischer Persönlichkeiten Deutschlands   der Hauptzweck des Wahlsonntags war.

mierten Abstimmungsergebnisse herab. Nach außen hin sucht man mit allen Mitteln den Eindruck cines Sieges zu erwecken. So hat z. B. das Reichspropagandaministerium für Montag die Be­flaggung aller Gebäude des Reiches, der Länder, der Gemeinden, der Körperschaften des öffentlichen Rechtes und der öffentlichen Schulen angeordnet. Fünf Millionen drohen!

Neue Propaganda Aktion angekündigt. Goebbels   vor dem Sturz?

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Hitler hat gestern zwei Aufrufe erlaffen. Einen an die gesamte Bevölkerung, den zweiten an die Parteiangehörigen. In beiden Aufrufen wird auf eine neue Werbeaktion hingewiesen, ein Beweis dafür, daß das Anschwellen der gegneri= schen Stimmen den Diktatoren gehörig in die Glieder gefahren ist und sie die Notwendigkeit vor sich sehen, ihre Gefolgschaft sofort gegen die er­startende Opposition einzuseßen. Es heißt in cinem Aufruf:

Meine und unser aller Aufgabe wird es sein,... in einem ebenso genialen wie en t- schlossenen und beharrlichen Kampfe den Iepten Rest unseres Volkes für die nationalsozia­listische Lehre zu gewinnen."

Die Gerüchte, daß   Goebbels nach der ver­lorenen Schlacht ausgespielt hat, haben fich feit Sonntag verstärkt.  

Reichswehr

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einziger Waffenträger  

Berlin, 20. August  .( DNB) Adolf   Hitler hat am Montag an den Reichswehrminister, Ge­neraloberst von Blomberg das folgende Schreiben gerichtet:

Herr Generaloberst,

Nr. 194

Hitlers Verluste

Von Friedrich Stampier

Als wir uns vor der Abstimmung des 12. November dazu entschlossen, vom Ausland her die Neinparole nach   Deutschland hineinzutragen, mußten wir, daß uns entscheidende Erfolge nicht beschieden sein konnten. Wir kämpften als Ent­rechtete und Verfolgte gegen die vollkommenste Despotic der Welt. Mißhandlung, Konzentra tionslager und   Zuchthaus riskierte ein jeder, der für die sozialdemokratische Parole wirkte. Alle Macht war beim Feind, alle Ohnmacht bei uns.

Troßzdem war es zweifellos richtig, den Kampf aufzunehmen. Das hat das Ergebnis des 12. November gezeigt. Das zeigt das Ergebnis des 19. August noch viel deutlicher. Denn dieses Ergebnis ist für Hitler eine Schlappe.

Wenn man jetzt versucht, den Verlust von zwei Millionen Stimmen, den der Führer" selbst nach der ganz unzuverlässigen amtlichen Wahlstatistik erlitten hat, zu bagatellisieren, so kann man gegen solche Versuche die höchste Auto­rität auf diesem Gebiet ins Feld schicken, den Propagandaminister selbst.

Am 13. August hielt   Goebbels in Ber­lin- Neukölln eine Rede, in der er sagte:

Gewiß sind wir alle blind davon über= zeugt, daß die ganze Nation dem Führer ihr Ja- Wort geben wird( Beifall und Händeklat­schen), aber ebenso sind wir davon überzeugt, daß es dabei auf jede Stimme antkommt. W i r brauchten der Wahl vom 12. No­vember gegenüber auch nur eine Stimme zu verlieren, und schon würde das Auslanderleichtert aufatmen und sagen: Na, eine Stimme ist es schon weniger geworden.( Seiterkeit). Etwas über 40 Millionen Stimmen waren es, wenn wir also noch 40 Millionen Jahre war­ten, dann wird der Nationalsozialismus nach den Gesetzen der Arithmetik verschwunden sein." ( Stürmische Heiterkeit.)

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Eine Woche später, am 20. August, wird Heute, nach der erfolgten Bestätigung des Goebbels zu Wizzen solcher Art nicht mehr auf­Gesetzes vom 3. August durch das   deutsche Volk, will ich Ihnen und durch Sie der Wehrmacht Dant gelegt gewesen sein. Er hätte sie bestimmt nicht ſagen für den mir als Ihrem Führer und obersten gemacht, wäre er damals nicht fest überzeugt ge­Befehlshaber geleisteten Treucid. So, wie Sie die wesen, das Resultat vom 12. November halten Offiziere und Soldaten der Wehrmacht im neuen zu können. Nicht eine einzige Stimme wollte er Was die innerpolitischen Folgen der Abstim=| Plötzlich entdeckt man, daß bei den letzten Abstim Staat für meine Person verpflichteten, werde ich verlieren, aber verloren hat er immer nach mung betrifft, kann man sich nicht verhehlen, daß mungen nicht alle Stimmen   Hitler gegolten hät es jederzeit für meine höchste Pflicht ansehen, für der amtlichen Wahlstatistik, die zweifellos noch über zwei Millio­sich hinter dem Siegesjubel, der wie auf ein Rom- ten, denn am 12. November 1933 hätte ein Teil den Bestand und Unantastbarkeit der Wehrmacht zu seinen Gunsten ligt mando aus der gesamten   deutschen Breffe und auch der Wähler für deutschnationale und Zentrums einzutreten, in Erfüllung des Testamentes des nen, die zu den Neinsagern übergegangen sind. aus den halboffiziellen Erklärungen laut wird, fandidaten auf der nationalsozialistischen Liste verewigten Generalfeldmarschalls und getreu Die Zahl der Rebellen hat sich im Laufe eine gewiffe Verstimmung darüber verbirgt, daß gestimmt. Um den Verlust vom Sonntag fleiner meinem eigenen Willen, die Armee als einzi­von neun Monaten mehr als verdoppelt. Goeb­die vom Propagandaminister Dr.   Goebbels vor erscheinen zu lassen, setzt man jetzt lieber die frügen Waffenträger in der Na­bels, der ein so guter Rechner ist, mag aus. einer Woche aufgestellte Forderung nicht erfüllt heren für Hitler und das Hakenkreuz allein rekla i on zu halten." rechnen, wohin das führt, wenn das so weiter geht. Dann wären es bis zum Ende nicht vierzig Millionen Jahre, wie er so wißig bemerkt hat, sondern nicht einmal vier.

wurde, wonach am 19. August für Hitler nicht

Die Zentren des Widerstandes

Eine halbe Million Nein- Stimmen in   Berlin

Berechtigte

Ja Nein ungültig

eine einzige Stimme weniger abgegeben werden darf als beim letzten Plebiszit. Der 19. August brachte im Gegenteil einen direkten Stimmenrück­gang, der gegenüber dem 12. November v. J. mehr als 24 Millionen Stimmen beträgt, was zusammen mit dem Rückgang der Wahlbeteiligung und dem Anwachsen der ungültigen Stimmen ein Aus der Analyse der Wahlergebnisse geht den norddeutschen Hansa- Städten, und die größte offensichtliches Anwachsen der Unzufriedenheit und hervor, daß sich für Hitler mit dem größten Pro-| Zahl der Nein- Stimmen weist die Hauptstadt der Opposition bedeutet. zentsatz die Wähler aus den landwirt   Berlin auf, wo 16.3 Prozent Nein- Stimmen und Daft aus den Wahlergebnissen politische Kon- fchaftlichen Reichsgebieten in Ostelbien aus außerdem 2.5 Prozent ungültige Stimmen ab­fequenzen gezogen werden sollen, ist aus einer Art Drohung zu ersehen, die die nationalso- sprachen, die beherrscht werden von den preußi- gegeben wurden. zialistische Sorrespondenz weiter veröffentlicht, schen Junkern, und in welchen sich die Zahl der daß nämlich die Wahlergebnisse in den einzelnen bejahenden Stimmen fast dem vollen Hundertsak Frankfurt a.M. 408.790 317.367 63.425 8355 Gegenden wohlerwünschte Winke für die Arbeit nähert. Eine überdurchschnittliche Mehrheit der   Düsseldorf feien, die noch geleistet werden müffe, um noch bejahenden Stimmen weisen ferner die sächsischen   Wiesbaden jene zu gewinnen, die sich bisher zum National­fozialismus und zu feinem Führer noch nicht und schlesischen Stimmtreise auf, wo früher die   Wuppertal bekennen.  Bochum Kommunist en cine starte Position besaßen.  Chemnitz Auch die katholischen Gebiete   Süddeutschlands.   Magdeburg  Bayern und   Württemberg, weisen eine große Zahl   Mannheim Sticl Halle Leipzig

Erklärungen

Hannover

werden gesucht bejahender Stimmen auf. Demgegenüber stammt die größte Zahl der   Gelsenkirchen Um die Auswirkungen der Niederlage zu ver verneinenden Stimmen hauptsächlich aus den ringern, bemüht sich die Presse, plausibel klingende Ertlärungen für den Rückgang der Hitlerstimmen westdeutschen Gebieten, besonders aus Westfalen   Breslau und das Anwachsen der Opposition zu finden. mit seiner latholischen Bevölkerung, ferner aus Köln- Aachen

320.595 249.613 48.553 6425 364.468 287.156 71.933 4828 112.540 103.737 10.843 2200

So sicher es nun ist, daß die Schlacht gegen dieses System nicht mit dem Stimmzettel ge­schlagen werden wird, so groß ist doch für die kommenden Kämpfe die Bedeutung der wach. senden Stimmzettel Rebellion. Man verliert sich im Ausland immer noch in falsche Vorstellungen, wenn man glaubt, die 4.3 Millio nen Neinsager und die weiteren rund 900.000, die ihre Zettel ungültig machten, seien etwas ähnliches, wie die Opposition" in zivilisierten Ländern. Immer wieder muß daran erinnert werden, daß heute in   Deutschland auch die lei. 291.993 230.345 44.219 3712 seste Aeußerung von Opposition ein Unterneh men ist, das mit Lebensgefahr verbunden ist. 236.780 199.168 28.501 5009 Wenn trotzdem mehr als 5 Millionen eine oppo­266.908 177.788 33.863 5988 fitionelle Haltung gewagt haben und wenn die 197.681 153.589 22.857 3461 Bahl der Wagemutigen seit dem November v. J. 154,958 125.549 20.688 8262 auf mehr als das Doppelte gestiegen ist, so ist 198.945 152.314 35.575 4027 das ein ebenso bedenkliches Zeichen für unsere 147.868 122.177 15.684 2808 Feinde wie ein erfreuliches für uns. 503.857 381629 88.229 12699 Der feste Kern des Widerstandes ist nicht 460.776 341.664 63.383 8361 bloß erhalten geblieben, sondern viel stärker ge­521.812 387.980 95.022 9830| worden. In   Berlin allein ist es mehr als

202.697 178.540 12.860 3029