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Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
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DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK bleb
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUM. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON: 53077. ADMINISTRATION TELEFON: 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
14. Jahrgang
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Mittwoch, 19. September 1934
in den Völkerbund
38 Stimmen Ja, 3 Nein, 7 Enthaltungen
( Gen f.) Nach den Reden der Vertreter Portugals , Argentiniens und Irlands schritt die Völkerbundsversammlung um 19.10 Uhr in öffentlicher Sihung zur namentlichen Abstimmung. Rußland wurde mit 39 gegen 3 Stimmen als Mitglied in den Völkerbund aufgenom= men. Sieben Delegierte enthielten sich der Stimme. Der tschechoslowakische Delegierte Doktor Benes und die Vertreter Rumäniens und Jugoslawiens stimmten für Rußland .
Diefes Ergebnis wurde in Genf sehr günstig aufgenommen. Der Vorsitzende Sandler ertlärte dann in einer kurzen Ansprache Rußland als Mitglied des Völkerbundes.
Nach der Aufnahme Sowjetrußlands in den Völkerbund wurde über die Ueberlassung cines ständigen Ratssitzes an Rußland abgestimmt. Mit 40 Stimmen bei 10 Enthaltungen wurde Rußland in den ständigen Rat aufgenommen. Die russische Delegation, welche inzwischen in der Versammlung des Völkerbundes erschienen war, nahm die ihnen zugewiesenen Plätze ein und wurde vom Präsidenten Sandler herzlich begrüßt und als Litwinow zur Beantwortung der Begrüßungsrede auf der Red nertribüne erschien, wurde er mit stürmischem Beifall empfangen.
Die Rede Litwinows
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Unabhängigkeitsgarantie
durch Habsburgerfrage erschwert
( Paris .) Die Genfer Berichterstatter der Pariser Zeitungen schreiben über die neuen Schwierigkeiten, die in der österreichischen Frage hauptsächlich dadurch aufgetreten sind, daß Groß britannien die unmittelbare Verantwortung in dem fünftigen Patte ablehnt, der die territoriale Unabhängigkeit Oesterreichs garantiert. Der Berichterstatter des Blattes L'Oeuvre" meldet, daß außerdem die Verhandlungen wiederum durch neue Gerüchte in der Frage der Restaurierung der Habsburger erschwert worden seien. Der Korrespondent erinnert daran, daß die Tschechoslowatei und Jugoslawien es ablehnen werden, jedwede Art von Garantiepaft zu unterzeichnen, che Oesterreich in diesem Patte nicht die ausdrückliche Erklärung abgeben wird, daß es sich für immer gegen eine Rückkehr der Habsburger stellen werde. Es handelt sich nun darum, ob die gegen wärtige Regierung zu einer solchen Verpflichtung bereit sein werde. Das ,, Echo de Paris" teilt mit, daß die Genfer Verhandlungen über die österrei
Volkskommissär Litwinow dankte dem| Frieden schaffen. Man müsse zu wirksameren Mit- chische Frage und die Regelung der WirtschaftsBorjizenden und allen Delegationen, die die Ein- teln gelangen, welche die Sicherheit der Staaten verhältnisse in Mitteleuropa , die zwischen dem ladung an die Sowjetregierung unterzeichneten. garantieren. Rußland selbst habe sich für die An- Außenminister Varthou und Baron Alvisi ge= Er erklärte weiter, er halte es für seine Pflicht, nahme jedweder Abrüstungsmaßnahmen ausgeführt wurden, nunmehr eingestellt worden seien der französischen, der italienischen und der eng- sprochen. Die Gefahr eines Krieges tann durch und wahrscheinlich erst beim Besuche Barthous in lischen Delegation zu danken, und er wolle be- die gemeinsamen Bestrebungen aller Mitglieds- Rom und dessen Unterredungen mit Mussolini wiesonders persönlich den Ministern Bar staaten beseitigt werden. Rußland schließe sich mit derum werden aufgenommen iverden. Den Inthou und Dr. Beneš seinen Dank für die feinen 170 Millionen Einwohnern diesen Bestre- formationen des Havas- Büros zufolge erwäge Bemühungen aussprechen, die diese beiden bungen an, um in den Annalen des Völlerbundes man auch darüber, daß die Abmachung über die Staatsmänner bei den vorbereitenden Arbeiten einen würdigen Platz einzunehmen. Unabhängigkeit Oesterreichs ihrer Form nach den für den Eintritt Sowjetrußlands in den VölkerLocarno- Abmachungen ähneln solle. bund aufwendeten. Litwinow nahm den Umstand günstig auf, daß sich sehr viele Delegationen für den Eintritt Sowjetrußlands in den Völkerbund aussprachen.
Nein- Stimmen ohne Bedeutung
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Nr. 219
Bekenntnisse
Eingeständnis des Bankerotts der Einheitsfront- Gaukelei
lichen Zweck der kommunistischen EinheitsfrontWill man die volle Wahrheit über den wirkhinter die Kulissen der Schaubühne blicken, auf Angebote und ihre Erfolge erkennen, muß man der die kommunistischen Akteure ihre Komödien für ihre Anhänger aufführen. Vor uns liegt ein -natürlich vertrauliches- Zirkular der fommunistischen Zentrale in Prag , das vom 18. Juni d. J. datiert ist und den Titel führt:..3um heutigen Stande des Umgruppierungsprozesses innerhalb der deutschen Geivertschaftsbewegung". Nach den täglichen Darstellungen der kommunisti schen Presse befindet sich die Sozialdemokratie- Auflösung, da die Arbeiter immer deutlicher sehen, Partei wie Gewerkschaften in hoffnungsloser daß unsere Partei die Rolle des Zutreibers und spielt. In dem genannten Zirkular dagegen heizt Förderers des Fascismus und Imperialismus
es:
„ Eine nicht zu unterschäßende Erscheinung besteht darin, daß die reformistischen Gewerkschaften im deutschen Gebiet froß ihrer ganzen arbeiterfeindlichen und verräterischen Politik ihre Positionen im Wesentlichen unerschüt tert aufrechterhalten. Wenn sie auch keinen zuwachs aus den Reihen der völkischen Gewerk schaften zu verzeichnen haben, ist es vom Standpunkte der Positionen des tschechischen Imperialismus selbst von feiner Bedeutung, daß sie ihre Stammkader noch immer fest halten, wobei wir sehen müssen, daß diese Kader wirklich antifascistisch gestimmt sind.( Also„ arbeiterfeindliche." und ,, verräterische" Politik und doch„, wirklich antifascistisch gestimmt"! Anm. der Red.) Einen gewissen
( Gen f.) In den politischen Streifen in Riesenstreik in Argentinien giffen Grund hat diefe Erscheinung in der Ver
( Rio de Jancir v.) Ein in der Hauptstadt des brasilianischen Staates Para , Belem , ausgebrochener Streif der Straßenbahner hat sich jetzt zu einem Generalstreit entwickelt. Insge= samt nehmen daran 27 Arbeiterorganisationen mit rund 30.000 Mitgliedern teil.
Genf ist man über die gestrigen Manifestationen ciniger Delegierter gegen Rußland verhältnismäßig schr ruhig hinweggegangen. Es wird konstatiert, daß die Kundgebungen des Schweizer um einen der größten Staaten der Welt. Die Delegierten Motta, des portugiesischen DelegierSowjetunion sei ein neuer Staat mit neuen Ideen ten da Mata u. a. weder Rußland , noch dem Völund mit einem neuen sozialen System, das sich terbund schaden konnten. Man ist im Gegenteil von den übrigen radikal unterscheide. Die Feind cher der Ansicht, daß es ganz gut ist, wenn sich die fdjaft einiger Staaten gegenüber der Sowjetunion ruffifchen Staatsmänner der Schwierigkeiten behabe nichts Unnatürliches in sich und sei nichts wußt werden, mit denen man in Genf ſo oft arbeiNeues in der Geschichte. Sie beruhe nur auf dem ten muß, wenn schließlich die Zusammenarbeit unvollkommenen Begreifen der Voraussetzungen aller Staaten zu positiven Ergebnissen führen soll. Der Berliner Korrespondent der Züricher der Eristenz des russischen Staates. Das Ver- Die Annäherung Rußlands an Genf wird allgehältnis des Völkerbundes und Rußlands ent- mein als eine Politik für die Zukunft angesehen.| Post" meldet seinem Blatt, daß der ehemalige spreche dem Verhältnis der Mitgliedstaaten zu In Genf herrscht aber allgemein das Gefühl vor, kommunistische Reichstagsabgeordnete Torgler Rußland. Dieses Verhältnis entwickle sich aber daß eine weitere Isolierung Nußlands nicht nur nicht mehr am Leben sein soll. Hierzu erfährt das normal und günstig. cine überflüssige, sondern auch eine gefährliche„ Pariser Tageblatt " von den antifaſciſtiſchen Hinausschiebung der Zusammenarbeit aller Stan= Rußland glaube, daß der letzte Krieg tatsächten gerade zu einer Zeit wäre, da alle Kräfte an= Komitees, daß schon seit einigen Wochen lich der letzte war. gespannt werden müssen, um die schwierige poli- keinerlei Nachricht mehr über Torglers Heute sind wir glücklich, sagte Litwinow , fonsta- tische Periode in Europa zu überwinden. Schicksal vorliegt. fieren zu können, daß die Sowjetunion keinen Krieg wünscht.
Litwinow sprach dann die Ueberzeugung aus, daß das schlechte Verhältnis vieler Staaten nur ein Mißverständnis sei, indem die Agitatoren ihre Aufgabe spielten. Heute allerdings schwindet bereits die Politif, die auf die Isolierung der Sowjetunion abzielte. Weiters sagte Litvinow, er wolle nicht, daß irgend ein dem Völkerbunde angehörender Staat die sowjetrussische Ideologie annehme. Die Sowjetunion , die heute in den Völkerbund eintrete, wolle sich ebenso ihre politische und wirtschaftliche Struktur bewahren. In der Sowjetunion lebten viele Nationen, und zwar vollkommen frei. Es gebe weder Minderheiten, noch Mehrheiten. Vor dem Kriege seien in Ruß land jene Schichten der Bevölkerung, die nicht rein russisch waren, mit allen Mitteln unterdrückt worden. Dies sei heute nicht der Fall. Heute sei Rußland selbst ein Völkerbund, in dem sich die Rationen gegenseitig gut vertragen.
Weiter sprach Litwinow über die Mitarbeit der Sowjetregierung auf den internationalen Konferenzen und hob die
Bereitwilligkeit Rußlands zur internationalen Zusammenarbeit
hervor. Er erklärte, daß sich Rußland an der Genfer Friedensorganisation beteiligen wolle und daß es hoffe, daß diese Organisation mehr für den Frieden tun werde als bisher.
Untersuchung über Gasangriffe
Ausdehnung des Streiks
auf Streikende
( New York .) Senator Bone, Mitglied des Senatsausschusses zur Untersuchung der Rüstungsindustric gab bekannt, daß der Ausschuß beabsichtige, die Herkunft der von der Polizei und von anderen Behörden gegen die streitenden Textilarbeiter verwendeten Tränengafe zu untersuchen.
Während in den Südstaaten zahlreiche Textilfabriken unter Polizeischutz und dem Schuhe von Nationalgarde ihren Betrieb wieder aufgenommen haben, hat sich der Streit in Neu- England ausgedehnt. So hat in Maine die Zahl der Streifenden um 1500 Personen zugenommen und weitere Textilfabriken mußten dort schließen.
trags- und Unterstützungspolitik der reformistischen Gewerkschaften, in der die reformistischen Arbeiter cine Sicherung ihrer Tagesfor derungen und Lebensinteressen erblicken. Aber die Hauptursache bildet die ganze Ideologic , die parlamentarische und demokratische Illusion, welche noch durch den Kampf der Sozialfascisten, als Verbündete des tschechischen Imperialismus, gegen den Hafenfreuzfascismus als Exponenten des Hitler- Imperialismus gestärkt werden, so daß die reformistischen Arbeiter in diesem Kampfe einen wirklichen Kampf gegen die fascistische Unterdrückung erblicken. Diese Mernung wird noch dadurch gefestigt, wenn wir, wie es voriges Jahr der Fall war, gemeinsame Aftionen mit den reformistischen Spizen gegen den Hakenkreuzfascismus führen, ohne uns von der ganzen Politik der Reformisten scharf abzugrenzen, sie als die Hauptstütze des tschechischen Imperialismus und des heutigen fascistischen Regimes zu enthüllen und den Kampf gleichzeitig und in er ster Reihe gegen dieses fascisierende Regime zu entfalten".
Das ist nicht mehr und nicht weniger als das resignierte Geständnis, daß unsere freien Gewerkschaften trop fortgesetter Hebe gegen sie unerschüttert geblieben sind und daß sich die Politbürokraten an ihrem Auftrag, die Sozialdemokratie mit der sie bekanntlich ,, Einheitsfront" machen wollen zu vernichten, vergeblich die wadeligen Zähne ausbeißen. Nachdem wir sie mit ihren verlogenen Angeboten vor die Türe gesetzt haben, versuchen die Armitschkerin von Revolutions- Strategen fortgesetzt in der Provinz irgendwie an unsere lokalen Parteikörperschaften heranzukommen. Bald ist es irgendein nebelhaftes Komitee, das gemeinsam von Kom: munisten und Sozialdemokraten gebildet werden soll, ein andermal eine gemeinsame Aktion", um die ,, Einheitsfront von unten gegen den Willen der Bonzen" durzusetzen, das heißt, die sozialdemo tratischen Arbeiter gegen ihre Vertrauensmänner aufzuheben. Der Rummel, den sie ebenso mit treu herzigem Augenaufschlag wie mit rüden Schimpfes reien auf die Sozialfascisten" wirksam zu mas ( New York .)( Reuter.) In Newnan in chen suchen, verfolgt nur das Ziel, die eigenen Georgia führte die Nationalgarde die Verhaftung schütter gewordenen Reihen mit abtrünnig gezahlreicher Streikposten durch. wordenen sozialdemokratischen Arbeitern aufzu
Der stellvertretende Vorsitzende der internationalen Damenschneidergewerkschaft hat den Ausstand von 5000 Arbeitern der Wirkwarenindustric in 50 Wirkereien in Philadelphia von Dienstag früh angeordnet.
Zwel Tote, 19 Verletzte
( Manila .) Mehrere hundert streifende
Zigarrenarbeiter haben am Montag die Polizeiposten angegriffen, die die Arbeitswilligen schüßen sollten. Die Beamten machten von der Schuß
waffe Gebrauch. Zwei Arbeiter wurden getötet, 19 verleßt, unter ihnen fünf schwer. Der Polizei soll verraten worden sein, daß Landarbeiter mit Kommunisten das Polizeipräsidium zu überrumAm Schluß seiner Rede erklärte Livinow, peln beabsichtigten. Daraufhin jind die amerikani: cines sei sicher: keine Deklarationen und keine schen Bundestruppen in und um Manila in Resolutionen werden den Serieg verhindern und den Allarmbereitschaft gesetzt worden.
Konzentrationslager für Streikende
In der Stadt Atlanta in Georgia wird ein füllen. Nun müssen die politischen Hasardeure einmit Stacheldraht umgebenes Internierungslager gestehen, daß die verlogene Falschspie= errichtet werden, in welchem Personen unter- lerei vergeblich war. Verblüffung ergebracht werden sollen, die wegen verschiedener regt aber eigentlich nur die in dem Zirkular erStreifvergehen festgenommen wurden. hobene Behauptung, die Nazipartei und die böl