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Mittwoch, 3. Oktober 1934
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Jlacftt in den Jiarpafften Wir"Regen in der Nacht vor Huklivy. Ein matter Stern hängt droben überm Grenz­kamm und fahler Schimmer fällt von Nord und Osten her an unsren Hang. Der Tag ging kaum. Noch stehen Abendnebel wie Kolonnen, die von den Grenzen her sich südwärts wälzen. 'Wir liegen hier, die Schatten unsrer Väter. Wir liegen dort, wo sie gelegen sind. Vorn an der Hänge Kante lagen sie, im seichten Graben, >. kaum die Brust durch zähen Lehm geschützt. Und hinter uns, die tiefen Mulden Maschinen hockten da und hackten ihre Streifen in die Nacht. Fiel jetzt ein Schuß wir wären es. Und das von unsren Vätern wär nicht wahr, wär nur ein Traum gewesen. Die zwanzig Jahre wären ausgelöscht, wie irgendeine Nacht. Schon steht ein neuer Wald und drängt sich zwischen Wall und Schützen­ graben  . Sc junges Holz ist rasch gefällt. In einer Stunde wäre es zerschlagen, wie an dem Tag im Jahre vierzehn. Die Zeit ist nicht- Sie kommt und geht und war nicht da. Auf abgeholzten Strünken träumen unsre Söhne, weil unsre Knochen tief im Lehm vergraben sind. Nur irgendeine Fichte würde wieder ragen und ihre Rinde würde reden -j von der bösen Zeit. Das plumpgeschnittne Kreuz in ihrem Stamme würde bleiben j und neue Kugelspuren würden auf den alten sein. Wir träumen nur, am dunklen Hang vor Huklivy und unsre Augen trinken die Karpathennacht. Doch unser Ohr, das schreckt vor Schauz- zeugklirren. Seid ihr umsonst gefallen Ihr, dort in dem Lehm vor Huklivy f Kurt D ober er
Aorscher-Gefahre« Parte. Der Vorstanv Les physiologischen Laboratoriutrös'an derSorbökiüe, Jacques R i s- ler, hat sich bei Arbeiten mit Mikroben angesteckt und mutzte sich einer Operation un­terziehen. Es ist dies bereits diefünfteOpe» ratiön, welcher sich der Gelehrte infolge von Ansteckungen bei seinen wiffenschaftlichen For­schungen unterziehen mutzte.
Russische   für Japan  Moskau.  (Tatz.) Das sowjetrus­sische RoteKreuz widmete 100.000 Den zugunsten der von der Taifun-Kata­strophe heimgesuchten Bevölkerung. Das japa­nische Rote Kreuz, dem dieses Geschenk übermit­telt wurde, sandte dem sowjetrussischen Roten Kreuz ein Telegramm, in dem»unaussprechlicher Dank" für die Geldspende gesagt wird.
Sprachenstreit auf Malta  . Es ist wenig be­kannt, daß die Ansei Malta   und die umliegen­den kleineren Inseln, sämtliche britischer Besitz und Festung für die englische Mittelm:rrflotte, von.einer eigenen Nation bewohnt loerden. Die Malteser sind der sichtbarste Rest des spät­mittelalterlichen Völkermischungsprozesses im Mit­ telmeer  . Nachkommen von Sarazenen und-
Vom Prager Rundfunk Am Beginn der Berichtswoche wetterleuchteten aus Dr. Dominik SchuSbergers uraufge­führtem HörspielDer Wilderer-Toni" die aus 1001 Kalendergeschichte bekannten dramatischen Ge­witter: der Jäger, der den Wilderer kriagen mutz, weil Dienst Dienst ist und Pflicht etwas Unaus­weichliches bleibt; seine Schwester, die den Toni liebt und Burgl heißt; und der Toni, der durchaus den Bock oben schiehen will, weil ihm halt die Lei­denschaft im heißen Blute fitzt grad als wie die Liah zu der Burgl; und der eifersüchtige Nebenbuh­ler, der Tonis Wildererlust reizt und dann zum Ja­ger hin verraten geht... wer kennt sie nicht, die alten Bekannten? Paul Demel, Marg. Schell, Leo Siedler, Willi Volker und andere Künstler vom Prager   Theater sicherten dem unter I t t e n S Leitung stehenden Spiele vor allem durch eindrucks­volle Sprachkraft einen ganzen Erfolg. Als besondere Kostbarkeit brachte die Sonntagssendung Busonis reizendes EapriccioA r l e c ch i n o" in ausgezeichneter Besetzung mit B a n d l e r(Schnei­dermeister), Popovic(Cospicuo).Andersen (Boinbafto) Roller(Leandro), Frank» Svoboda(Colombina  ) und Dr. Schmerzen­reich(Arlecchino  ). Das begleitende Orchester der Prager   Sendestation stand unter Dr. Svobodas Leitung. Darsteller und Orchester erfüllten im har­monisch zusammenklingenden Kunstwerk die Forde­rung des Prologs,die kleine Welt im kleinen zu spiegeln und nachgeahmt erscheinen zu lassen, was lebend wart"
Der jüdische Iudenboykott im Prager   Film
Die zionistischeSelbstwehr" bringt im Leit­artikel ihrer letzten Nummer die von uns schon so oft hervorgehobene Tatsache zur Sprache, daß die Prager   Filmfirmen sich bei der Herstellung ihrer deutschsprachigen Produkte dem Diktat der haken- kreuzlerischen Berliner   Filmdiktatur unterworfen haben. Und sie stellt fest(was unseren Lesern eben­falls nicht neu ist), daß diese Gleichschaltung, die sich auch im Boykott jüdischer Filmschauspieler und Regiffeure ausdrückt, hauptsächlich das Werk jüdischer Unternehmer ist. So anerkennenswert die Offenheit ist, mit der hier ein jüdisches Blatt auf das schänd­liche Verhalten jüdischer Unternehmer hinweist, die um des Geschäftes willen sich zum Vollstrecker anti­semitischer Kommandos machen, so hoffnungslos er­scheint uns der Glaube des Leitartiklers in der Selbstwehr", daß eS aussichtslos sei, diesen Leuten (die sich teilweise sogar zum Zionismus bekennen), mit schonender Güte noch einmal ins Gewissen zu reden, wo der Skandal der Prager   Filmgleich- fschaltung unter jüdischer Führung nun schon seit einem Jahre andauert. Der Leitartikler derSelbst­wehr" bemerkt mit Recht, das Verhalten der mit Goebbels   liierten jüdischen Filmunternehmer müsse den Eindruck vom Klaffenkampf innerhalb des Juden­tums verstärken. Wir meinen, daß ihr Verhalten sogar aus diesem Klaffenkampf zu erklären ist und daß nichts schlagender die hakenkreuzlerischen Raffen­thesen widerlegt als die Tatsache, daß Hitler nicht einmal innerhalb des Judentums die Klaffengegen- sätze hat übertünchen können, sondern sie im Gegen­teil sichtbarer macht als je zuvor. Aber die bis zum Judenboykott getriebene Gleichschaltung der jüdischen Filmunternehmer Prags  ist nur die würdeloseste und groteskeste Teilerschei­nung jene» viel umfangreicheren Prager   Filmskan- dali, auf den hinzuweisen wir nicht müde werden dürfen: sie ist nur ein Teil des Systems, das die Kinos von Prag   und der Tschechoslowakei   mit Goebbels  -Filmen überschwemmt, die in Deutschland  selbst vom Publikum boykottiert werden. Die, Her­stellung gleichgeschalteter Filme am Barrandov ist ja nur die.Konzession", die. von der Berliner   Film»
mein, sprechen sie ein Gemisch von Italienisch  und Arabisch. Nunmehr ist es der Arbeiterpartei der Inseln(dis an 200.000 Bewohner zählen) gelungen, die Anerkennung der maltesischen Volks­sprache bei Gericht durchzusetzen. Die Advokaten allerdings protestieren gegen diesen demokratischen Akt und kündigen einen 24stündigen Proteststreik an. Der Schutthaufen. Ein bürgerlicher Intel­lektueller, der in den Sommermonaten in der steirischen Landeshauptstadt weilte, erzählte einem unserer Genoffen: Ich wollte das Grab eines in Graz verstorbenen Kriegskameraden aufsuchen. Mein Bruder, der seit mehreren Jahren dort lebt, begleitete mich. Wir kamen an vielen Grä­bern vorbei und standen plötzlich vor einem Schutthaufen. Anders konnte man es nicht be^eiHsen: ein Schutthau^en,! JA. saH. frageM meinen Brüder an.»Hier liegen. achtzig7Tote Hpf Feber-Aufstandes", klärte er mich auf.. Der Erzählung ist wohl kein Wort hinzuzufügen. Abtr der Schutthaufen auf dem'Friedhöfe wird eine beredtere Sprache gegen daS Heimwehrregime und gegen das Christentum derer um Schuschnigg   und Jnnitzer führen, als es die flammendsten Grab­inschriften vermöchten. Ein Jutze hat in der Mosel   gebadet! In Nummer 39 des.Stürmer" wird mitgeteilt, datz ein Jude Has Verbrechen begangen habe, in der Mosel zu baden; die Redaktion nimmt wie. folgt zu dem»Fall" Stellung:»Wenn der Jude Men­ del   in der Pegnitz   oder im Dutzendteich   in Nürn­ berg   sich so schamlos benommen hätte, wie ihr lieben Stürmerfreunde an der Mosel   Zeugen wart, hätte der schamlose Bursche eine derartige Tracht Prügel bekommen, datz er auf Wochen hin­aus auf jenem gewiffen Teil seiner Rückseite nicht mehr hätte sitzen können. Solltet ihr, Freunde an der Mosel  , je wieder eine solche Szene erleben, dann erinnert euch, was die Nürnberger   täten." Die Sterblichkeit bei den Männern größer al­bet den Frauen. Iw vergangenen Jahre starben in der Tschechoslowakei   108.040 Männer und 102.037 Frauen. Auf 1000 lebende Männer entfallen 14.16 Todesfälle(in Böhmen   18.93, in Mähren  -Schlesien  
diktatur für die großzügige Aufnahme hitlerdeutscher Filme in der Tschechoslowakei   gemacht wurde. Für diesen Skandal sind freilich nicht nur die jüdischen(und arischen) Filmunternehmer verant­wortlich, die. hitlerdeütsche Filme über die Grenze holen und außerdem noch gleichgeschaltete Barran- dov-Machwerke Herstellen lassen. Mitschuldig sind die Kritiker, die solche Produkte als sehenswert empfeh­len und mitschuldig ist das Publikum, das sich bereit findet, die Aufführung dieser Filmgreuel durch seinen Besuch zu finanzieren. Wir wollen uns nicht die Mühe machen, den jüdischen Prozentsatz unter diesen Förderern des Goebbelsfilms nachzurechnen. Wir wollen nur darauf verweisen, daß unter ihnen Leute sind, die sich dagegen wehren, als Freunde des Fascismus angesehen zu werden, j ja, die Wert darauf legen, als Antifascisten und Gegner der Hitler  -Barbarei zu gelten. AusObjektivität" be­mühen sich diese seltsamen Hitlergegner, in dem gleichgeschalteten Filmschundinteressante Aufnah­men" undunterhaltsame Motive" zu entdecken wobei man sich wahrhaftig wundern muß, wie es (wenn nicht im Hinblick auf den Inseratenteil) mög­lich sein sollte, sich bei Filmen zu unterhalten, für deren Zustandekommen die brutale Vernichtung von Menschenleben und Existenzen die Voraussetzung ist, bei Filmen, deren Geist nichts mit Objektivität, aber alles mit Roheit, Niedertracht und Stumpfsinn zu tun hat, bei Filmen, gegen die sich das deutsche  Volk innerhalb deS Dritten Reicher entschieden zur Wehr setzt, so daß man ihnen in Hitlers   Herrschafts­bereich mit fortgesetzten Verboten ausländischer Filmwerke den Weg bahnen muß. Daß sich in Prag   freiwillige Wegbahner für diese Art Filmkunst finden, daß die zuständigen Be­hörden ihr Treiben nicht nur dulden, sondern durch ihre Haltung gegenüber dem amerikanischen   Film auch noch erleichtern, däS erst macht das Bild des Prager   Filmskandals vollständig, der beim dernokra- tischen Zeitungslob der Berliner   Goebbels  -Filme be­ginnt und bei den antisemitischen Barrandov-Jnsze- nierungen der hiesigen jüdischen Filmunternehmer endet.
12.70, in der Slowakei   18.21 und in Karpathoruß- laud 18.88), auf 1000 lebende Frauen entfallen nur 18.28 Sterbefälle(in Böhmen   12.76, in Mäh­ ren  -Schlesien   12.27, in der Slowakei   14.38 und in Karpathorutzland 17.47).
Nach zwanzig Jahre» Man schrieb 1914. und der Krieg hatte noch nicht begonnen. Eine Frau Trowbridge   brachte in einem Londoner Vorort ihr drittes Kind zur Welt und nach der Geburt trat eine Lähmung ein, die die unglückliche Frau zwang, die nächsten zwanzig Jahre in einem Spitalbett zu verbrin­gen, mit der Aussicht auf eine weißgekalkte Mauer. Aber jetzt ist Frau Trowbridge   auf einmal gänz­lich gesund aeLMpM,^p§d man hAtsix, aus dem Spital entlassen in eine vollkommen veränderte -Welt herein?*Gs"ist interessant, wasEstz'-Aufer- standene einem Reporter des Sunday Expreß   zu sagen hatte: Ich bin zurückgelehrt in ein Wunderland. Ich glaube, ich bin der einzige Mensch, der wirk­lich weih, welch ein Wunder die Welt von 1934 ist. Als ich zum erstenmal wieder auf der Straße stand, hatte ich Angst. Wie rasch alles geworden ist! Noch immer kann ich nicht ohne Furcht über die Straße gehen. Es ist eine ganz neue Welt! Die Gesichter in den Straßen sind glücklicher, weit lebendiger als früher. Jedes Kind ist sonnen­verbrannt. Sie sind kaum angezogen, sehen aber beffex gepflegt aus als Kinder im Jahre 1914. Die Frauen sind fast ebenso verändert. Hübscher sind sie nicht geworden. Aber sie sind jetzt so ange­zogen, wie sie es wirklich gern haben. Man sieht, daß 1934 keine mehr daran denkt, was die Nach­barin dazu sagen wird! Aber wo sind die würdi­gen älteren Damen von einst? Sie können doch nicht diese häßlichen, bemalten Kreaturen sein, die sich wie Backfische anziehen und von ihnen so jäm­merlich abstechen? Noch vor 20 Jahren ging ich sehr gern ins Kino und ich habe immer davon ge­träumt, wieder zu gehen. Nach 20 Jahren hat die wunderbare Vollkommenheit moderner Filme mir! die Tränen in die Augen getrieben."
Am« SS. Geburtstag vo« Gandhi Mahatma Gandhi  , der große Vorkämpfer für Indiens   Freiheit, wurde am 2. Oktober, 68 Jahre' alt. Obwohl unter seinen Landsleuten die Stim­men der Kritik an seinen Methoden und seinen Zielen nicht selten sind, ist er noch immer der meistverehrte Mann Indiens  .
Sandner kneift! Versammlung aus Angst vor den Sozialdemo ­kraten abgesagt Wir lesen in der Komotau  « Volkszeitung^. Seit längerer Zeit schon planen die Heimat- srontler in Komotau   eine große öffentliche Versammlung, bei der sie aber am liebsten, unter sich bleiben möchten. Da sie nun aber wissen, datz. wir Sozialdemokraten hinkämen, um zu erfahren, was die Henlein und Konsorten zu erzählen hüben) konnten sich die Herrschaften zur Abhaltung dieser Versammlung noch immer nicht entschließen. Nun hatten wir für den 1. Oktober eine eigene öffeni- liche Versammlung, angesetzt, in der Genosse I a k s ch sprechen sollte.. Das schien den Henlein  -, frontlern eine willkommene Gelegenheit, auch, ihrerseits vor die Oeffentlichkeit zu treten. Eines Tages brachte also dasDeutsche Volksblatt" eine klein« Notyz des»Inhalts, daß" eben falls- am I.Ok-t tobec-eine: öffentlich«'-VerfammluW der HekmÄ-' front in der Jahnturnhalle stattfindet. Kurzdar- auf aber dürften den getarnten Hakenkreüzlern Bedenken gekommen sein. Der Lagerkellex, wo un­sere Versammlung sein sollte, ist von der Jahn­turnhalle nicht weit entfernt, die Nazis sagten sich daher:Am Ende kommen die Sozialdemokraten doch noch zu uns und dann müßten wir ihnen in unserer öffentlichen Versammlung Rede und Ant­wort stehen". Was also tun? Die Henleinfrontler wußten Rat: Sie verlegten ihre öffentliche Ver­sammlung von Komotau I nach Komotau   TI in die Oberdörfer Turnhalle. Nun aber kam das Schönste. Wir mußten unsere Versammlung leider'verschie­ben. Sie wurde nunmehr endgültig auf den 5. Oktober verlegt. Wir beschloffen aber, dafür am 1. Oktober die Henleinversammlung zu besuchen und kündigten das in derVolkszeitung" aff. Da aber wurden die Henlein  -Nazi über alle Matzen nervös. Das Heldenherz fiel ihnen prompt in die Hosen und die Burschen rannten allsogleich zur Be­hörde, um ihre offen tlicheVers am m- I u n g wieder abzusagen. Sie beschtänten sich nun­mehr auf eine einfache Mitgliederversammlung in der Jahnturnhalle.
Am Montag zeigte Prof. Karl Mehner aus Leitmeritz  , der unentwegte, mit allem Idealis­mus eines bedingungslosen Glaubens dem Kommen­den zugewandte Begründer und Leiter der freien Schulgemeinschafi,Neue» Wege der Erziehung". Mehner fordert eine neue Schule; eine Schule die nicht mehr den Willen der jungen Menschen bricht Und sie erzieht nach dem Vorbilde des Beamten­ideals sondern Willensstärke Menschen hervor» bringt, die Kraft haben, neue Ideale zu gestalten. Wir brauchen mehr und reicher ausgestattete Mittel­schulen, die für jeden zugänglich sind, ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit; denn nur auf diesem Wege kann es möglich sein, die allgemeine Volksbildung so zu heben, daß sie wahrer Demoftatie als fruchtbarer Nährboden dient. Jedes der so einfachen, weil nur das Wesent» liche aussprechenden Worte Mehners ist wahr. Daß man dem Natürlichen als zu kühn mißtraut, haß man dem unmittelbar notwendigen als Sonderlings­schwärmerei die Förderung versagt das ist leider ein Beweis neben vielen, daß die Demokratie noch lange nicht imstande war, die zähen Festungsmauern der Bürokratie zu durchbrechen. Dr. Richard Pflegshörl führte die Hörer in daS Musikprogramm der Woche ein und analysierte die bedeutenderen Werke in schätzenswer­ten Kleinskizzen. Die Dienstagsendung brachte ein wirtschaft­liches Relief von Dr. H u st h; es folgte der üblichen MelodieES geht schon wieder befferl" Nur der auS der Wirklichkeit zu erwartende Kehrreim im vol­len Chore endlich befreiter Menschen bleibt aus.
Mit ganzem Herzen hörte man dem Saazer Dichter E m i l M e r k e r zu, der aus eigenen Werken las und den Hörer umfing mit einer aus heißem Herz­blute gespeisten Liebe zum Heimatboden, zur rätsel­vollen Landschaft der Saazer Ebene, ihren welligen Hügeln, ihren Egerufern und Hopfengärten. Eigen­artig wie die Heimat des Dichters, ist seine Sprache; seltsam in ihren Wortprägungen, stiller Schähe voll... schweigsam zurückhaltend wie ein im Son­nenbrand geduldig erwartendes Stück Ackerboden, um das Einsamkeit ist. Am Mittwoch sprach Dr. Oskar Frankel über das Prager Haus der Urania und die Bildungs­pflege von heute. Insbesondere soll die Arbeit dar Masarykhochschule anregend und vorbildlich sein für das gesamte deutsche Siedlungsgebiet, mit dem sich die Urania immer verbunden fühlen wird. In be­sonderer Wertung dieser Verbundenheit wird die Urania   einmal im Monat durch den Rundfunk über den Stand der deutschen   Kulturströmungen Bericht geben; ab ersten Oktober alle 14 Tage eine Zeitung hinausschicken und ah 15. Oktober eine vierzehntä­gige Kulturkorrespondenz erscheinen lassen. Der für die Arbeitersendung angekündigte Vor­trag wurde auf einen späteren Termin verschoben. Dafür kam aus dem heurigen Arbeiterjahrbuch die ErzählungSeine erste lange Hose" zur Vorlesung, eine dem Leben nacherzählte Begebenheit vom jungen Studenten, der seiner seltsamen Hose wegen von Schülern und Lehrern verspottet, von einem pädagogisch einsichtigen und menschlich teil­nehmenden Lehrer aber geschützt wird. Die stilistisch nette Darstellung hindert nicht, daß allerhand Er»
innerungen an Lesebuchgeschichten aufdämmern(Die geflickte Hose"). In den angeschloffenen Sozifllinfor« mationen machte Dri JosefSliesch aufmerksam auf die Heilfürsorge fiir Arbeitslose, die von Be­zirkskomitees durchgeführt, von staatlichen Subven­tionen und privater Wohltätigkeit gefördert wird und den Arbeitslosen allerdings nach einem ziem» lich umständlichen Wege von Amt zu Amt kosten­lose ärztliche Behandlung und die kostenlose Ausfol» gung von Heilmitteln gewähren soll. Das Wochenende am Freitag brachte einen auserlesenen musikalischen Genuß: das Konzert" des K o l i s ch-Quartettes, das für das Pro­gramm des Liblitzer Senders Mozaris Streich­quartett in D-Dur und Beethovens Quartett Cis- Moll gewählt hatte. Man braucht i.ohl kaum zu versichern, daß man diesem hingebungsvollen Musi­zieren sich mit voller EmpfangSfteudigkeit hingab und dankbar war. Der deutsche Schulfunk, der sein Programm am 11. September,.mit einem sehr nett zusammengestellten, aber etwa- stark frömmelt)» den Hörspiel vom Braunauer Ländchen eröffnet hatte, brachte am Dienstag der Berichtswoche den ersten Teil einer in Funkszenen nachgezeichneten Darstel­lung der Forschungsreise Stanleys in daS Innere Afrikas  , jener Unternehmung, die der Aufgabe diente, den verschollenen Miffionär Livingstone z» suchen. Der von Univ.-Prof/ Dr. B r a n d t ge- fprochene Vortrag über Afrika  -Forscher gab eine werwolle Einführung.- Die von Tissot verfaßten Funkszenen sind bei entsprechender Mitarbeit der Schule gewiß wertvoll für die Oberstufe unserer Schulen, Ernst Thöner,