Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

14. Jahrgang

Donnerstag, 4. Oktober 1934

Quo vadis, B. d. L.?

fügige Werkzeuge sind. Wer durch Desterreich wan­dert, merkt allerdings, wie der Großteil und die Besten der Desterreich er die jetzigen Staatsmänner und deren Politik ablehnt. Es ist ein Jammer, was sich heute in Desterreich tut."

Die Deutsche Landpost" hat in einer nichil eigener Politik zuteil werden läßt, etwas zu gezeichneten Erklärung auf die von uns sagen haben müßte. Es ist ja schon nachgewiesen, daß die maß wiedergegebenen Feststellungen des„ Právo Lidu" gebenden Führer der landständischen Jugend nicht geantivortet. In dieser Erklärung heißt es u. a.: Wenn der jetzt amtierende Führer des Bundes etwa die Sozialdemokraten zu den„ Be­der Landwirte die bisherige sudetendeutsche sten der Desterreicher" zählen. Es bleiben also nur Politik, an deren Gestaltung doch der Bund der die Nazis, denen die Sympathie der landstän­Landwirte entscheidenden Anteil hatte, als ein dischen Jugend gehört.

„ Geht man von diesen Tatsachen aus, so ist es für jeden loyalen Beurteiler evident, daß ein Mann von der politischen Konsequenz und der staatspolitischen Bewährung Spinas jeden Versuch begrüßen muß, der darauf hinzielt, bisher negativistisch eingestellte Teile des deutschen Vol­tes einer neuen staatsbejahenden Orientierung zuzuführen, also zur Symbiose zu erziehen. Minister Spina hat aber was das„ Právo Lidu" ebensogut wissen muß wie seine Gewährs­Teute niemand außer Zweifel gelassen, daß diese seine Einstellung von der unerläß= lichen Voraussetzung abhängt, daß es hier nur um eine ehrliche, demokratisch- republi­fanische und staatserhaltende Bewegung und nicht um irgendeine Spielart des Fascismus geben darf."

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völkisches Unglück bezeichnet, so müßte Herr Wie weit die Uebereinstimmung mit dem Spina denn doch die Konsequenzen ziehen: ent- Nationalsozialismus geht, beweist weder Herrn Hacker oder seiner eigenen poli- die in der gleichen Nummer des Deutschen Ju­tischen Tätigkeit und Vergangenheit gegenüber. gendland" enthaltene Besprechung einer der übel­Hacker selbst bezeichnet ja das, was er und sten vom Rassenforscher Günther stammenden Henlein wollen, als etwas grundfäßlich Neues. Schrift. Hier ist die Buchbesprechung: Wie verträgt sich das aber mit der weiteren Teilnahme des Bundes der Landwirte an einer Regierung, die auf dem von Hacker als verderb lich bekämpften Parteisystem fußt?

Vor uns liegt eine Nummer des ,, Deutschen Jugendlandes". Es ist das Organ des Bundes der Landjugend, aho der Jugendorganisa tion des Bundes der Landwirte. Daß die frühere gegenseitige Anrede, die die Mit­

Wir wollen heute nicht ein Urteil über die von der Deutschen Landpost" gelobte politische Konsequenz des Herrn Spina aussprechen. Es glieder dieses Bundes gebrauchten, durch das von geht uns lediglich darum, zu untersuchen, ob die selbstverständlichen Vorausseßungen seines Be­fenntnisses zur SHF in seiner eigenen Be­wegung gegeben sind.

der Henleinfront eingeführte Wort ,, Kameraden" ersetzt wurde, ist sicherlich nicht sehr belangreich, aber nicht uninteressant. Aber im ,, Deutschen Ju­gendland" wird nach einer höhnischen Notiz über Erst vor wenigen Tagen haben wir den In die angeblich zweifelhafte Loyalität der deutschen halt der politischen Jahresschau aus dem von Dr. Sozialdemokraten zur Tschechoslowakischen Repu Se redigierten„ Deutschen Landvolkstalender" blik der Nachweis geliefert, daß die Treue, die die wiedergegeben und schlüssig nachgewiesen, daß die Führer der Sudetendeutschen Landjugend dem Hit­junge Generation des Landstandes von fascistischen ler halten, um so fester begründet ist. Mit Genug­Ideen beherrscht wird. Heute können wir für die tuung vermerkt das Deutsche Jugendland", daß fascistische Verseuchung der landständischen Jugend es Hitler gelungen ist, bei der letzten Wahlkomödie und für ihre völlige geistige Angleichung an die fast 90 Prozent Stimmen auf sich zu vereinigen. Henleinfront neue Beweise erbringen.

Herr Gustav Hacker wurde von Herrn Spina als einer der Führer der landständischen Jugend zum stellvertretenden Führer im Su­ detendeutschen Landstand und in der Partei des Bundes der Landwirte ernannt.

Da der Landesausschußbeisitzer Kaiser jett frank ist, ist Hacker zum eigentlichen Wortfüh rer des Bundes der Landwirte aufgerückt und es ist selbstverständlich, daß seine öffentlichen Aeußerungen auch für die Gesamtheit des Su­detendeutschen Landstandes Geltung haben. Dieser Herr Hacker hat nun am vergangenen Sonntag auf einer„ Bauern- und Landvolks­tagung" in Görfau ein neuerliches Bekenntnis Henlein abgelegt, das die„ Deutsche Landpost" ihren Lesern allerdings schamhaft verschweigt. Er hat dort u. a. gesagt:

Das Verhältnis des Landstandes zur„ Su­detendeutschen Heimatfront" war von allem An­fang an positiv. Es ist der Arbeit der jungen judetendeutschen Kräfte zu daß diese Ein­wurde. Landstand

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,, Es werden... alle Staaten gut tun, lei­denschaftslos zur Kenntnis zu nehmen, daß das reichsdeutsche Volk hinter Hitler steht.

Findet sich Europa erst einmal mit dieser Tatsache

ab, leiht es endlich nicht mehr fein Ohr den Ber­geltung suchenden Emigranten, so ist damit eine wesentliche Erleichterung der trie­gerischen Stimmung Europas gesichert und der Friede auf lange Zeit sichergestellt".

Was die Welt sonst noch zum Hitlersystem zu sagen hat, interessiert den Burschen nicht. Er be­dauert nur, daß Hitler nicht auch in Oester reich größere Fortschritte gemacht hat:

,, Der nordische Gedante" von Dr. Hans F. K. Günther. Wer sein Volt liebt, sollte dieses Buch lesen, einerlei, welcher Nation er angehört. Uns Deutschen gab Günther mit diesem Buch ein ernstes aufklären

des Wort in elfter Stunde. Kein Deutscher sollte es unbeher

zigt lassen. Es ist kein leeres Wortgeflingel und auch kein Samen für Zwietracht zwischen den Völkern, was uns da über die Raffenforschung und den Folgerungen daraus gesagt wird. Es ist der Aufruf zur Wahrung kostbaren Bluterbes, den uns Günther zuruft; uns Deutschen vor allem. Aber auch andere Völker fönnten daraus lernen, wenn sie wollen. Günther selbst nennt dieses sein Buch eine Folge der Be­

trachtung von Einwänden gegen den nordischen Gedanken( d. h. den Gedanken der Vorbildlichkeit des nordischen Menschen für die Auslese der nor­disch- bedingten Völker)..." Jeder bewußt lebende Mensch wird das Buch nicht nur lesen, sondern sich gründlich mit seinem Inhalt auseinandersehen und ihn beherzigen."

Es handelt sich um keinen anderen Günther als jenen, der die nationalsozialistische Rassen­theorie begründet hat und zur Schande des ganzen Universität berufen wurde. deutschen Volkes auf den Lehrstuhl einer deutschen

Wer aber leitet das Jugendland?" Es ist jener Dr. He z, mit dem wir uns schon wiederholt beschäftigt haben. Jener Dr. Heh, der der intimite Mitarbeiter Hackers und für die geistige Füh­rung des Sudetendeutschen Landstandes überhaupt verantwortlich ist.

Es ist kein Zweifel: ein Flügel der deutschen Agrarpartei macht ganz eindeutig Hitler- Henlein­politik. Wir können ihn nicht hindern, es zu tun. ,, Man kann nur nicht genug staunen über das Aber die deutschen Landbündler müssen, wenn sie Verhalten der österreichischen Staatsmänner, die das Treiben dieses Flügels weiter dulden wollen, fich ganz unter Mussolini gestellt haben und ge- ihr Verhältnis zur Regierung klären.

Leichtes Ansteigen der Arbeitslosigkeit

tellung auch fichtbar mathe. Der 2 ananim September um 02 Prozent

Anzahl der Arbeitslosen im September 1934 jedoch um 7.9 Prozent geringer als im September 1933

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Nr. 232

der Großmächte Am Anfang der Herbsttagung des Völker­bundes stand ein Sieg, am Ende eine Niederlage des Völkerbundgedankens. Sieg war der Eintritt Großmächte zur österreichischen Frage. In dem Sowjetrußlands, Niederlage die Erklärung der

Kampf um die Kompetenz des Völkerbundes im Donauraum gegen die Kabinettspolitik der Groß­nettspolitik gefiegt. Die Erklärung der Großmächte mächte hat das imperialistische Prinzip der Kabi­bedeutet im Wesen nichts anderes als eine Billi­gung der bisherigen Hegemoniepolitik Mussolinis im Donauraum und eine Ermunterung zu ihrer Fortsetzung. Wenn auch in der in Genf angenom menen Formel der Großmächte gesagt wird, daß die Unabhängigkeit Desterreichs die gemeinsame Politik" der Großmächte bestimmen wird, wodurch wohl ausgedrückt werden soll, daß Italien nichts ohne die Zustimmung der anderen Großmächte unternehmen kann, so zeigt sich der höchst beschei= dene Erfolg dieser Erklärung in der Auffassung, die ihr in Italien beigelegt wird.

Die blutigen Ereignisse des 25. Juli in Desterreich haben mit zivingender Deutlichkeit ge= zeigt, daß das Donauraumproblem eine Lösung finden muß, die nicht nur Hitler jede Möglichkeit zu einem neuen Cup in Oesterreich nimmt, son­dern auch die Gefahren, die sich aus der einsei­tigen Hegenomieſtellung des fascistischen Italien für den Frieden im Donauraum ergeben, rasch und energisch beseitigt. So entstand der Gedante eines Garantiepattes der Nachbarstaaten Oesterreichs in­nerhalb des Genfer Vertragssystems. Durch die Garantie der österreichischen Unabhängigkeit sollte Hitler , durch die Unterstellung der Donauraum­probleme unter die Kompetenz des Völkerbund­rates Mussolini das Handwerk gelegt werden.

In Rom war man sich sofort flar geworden, daß für die italienische Herrschaft über Desterreich ein gefährlicher Moment gekommen ist. Mussolini wußte sehr gut, daß er die Sanktion der Groß­mächte nur gegen den erbitterten Widerstand der Kleinen Entente durchsetzen könne, denn es ist vor allem Jugoslawiens reinstes Lebensinteresse, dic ohnehin genügend starke Umklammerung seiner Grenzen durch Ungarn und Italien nicht noch durch Die Italienisierung der österreichischen Grenze ver­stärken zu lassen. Die italienische Politik richtete sich also bon allem Anfang an hauptsächlich gegen Entrevue hat Mussolini , allerdings mit denkbar Jugoslawien . Schon anläßlich der Florentiner Jugoslawien von seinem energischesten und an den untauglichen Mitteln, den Versuch unternommen, Donauproblemen ebenso stark interessierten Bun= desgenossen, der Tschechoslowakei , zu trennen. Gleichzeitig wurde, um die jugoslawische Regierung in Paris und in Prag zu denunzieren, den Lakaien Mussolinis in Wien anbefohlen, eine infame Ver­leumdungskampagne gegen die jugoslawische Re­gierung zu eröffnen. In sensationeller Aufmachung steht mit der SHF in Verhandlun ,, enthüllte" die Wiener Reichspost", das Haupt­gen, um den wichtigsten Gruppen des Sudeten­organ des Klerifalen Fascismus, daß die jugosla= deutschtums eine Grundlage für ein gemein­wische Regierung die österreichischen Naziflücht­schaftliches Arbeiten zu geben.„ Ich bin über­linge ungebührlich begünstige und daß diese Be­zeugt" sagte Hacker „ daß es auf beiden günstigung die Gefahr eines Nazieinfalles aus Seiten nicht an der Erkenninis fehlen wird, die Am 30. September 1934 waren bei den 1196 Personen oder uut 0.2 Prozent zu verzeich- Jugoslawien nach Kärnten in sich schließe. Troz Grundlage für eine weitere Tätig Arbeitsvermittlungsämtern nach den vorläufigen nen ist. dem energischen Dementi der Belgrader Regierung feit zu schaffen und dem sudetendeutschen Voit Dieser Aufstieg in der Anzahl der nicht unter- und troßdem die österreichische Regierung gezwun wieder einen Ausgangspunkt für schöpferische Ar- Ergebnissen 573.624 nicht untergebrachte Stellen gebrachten Stellenbewerber im Monat September gen war, in ihrem amtlichen Organ, der„ Wiener bewerber, am 31. August 1934 nach den defini- 1934 ist verursacht durch die Zunahme der Zeitung" die Unstichhältigkeit der Angaben der Zwar ist Herr Spina Führer des Land- tiven Ergebnissen 572.428. Es ist also die Zahl Arbeitslosen in Böhmen um Reichspost" nachzuweisen, hat der österreichische stands; aber es bleibt immer dem Herrn Hacker der Arbeitslosen im Monat September um 1196 3009 Personen, das ist um 0.1 Prozent; in Außenminister Berger Waldenegg fran­überlassen, öffentliche Bekenntnisse abzulegen, die gestiegen. Groß- Prag beträgt diese Zunahme 1227 Ber- zösischen Journalisten gegenüber die Beschuldigun für das Schicksal des Bundes der Landwirte von sonen. In den übrigen Ländern gen der Reichspost bekräftigt. Außerdem wurden ertscheidender Bedeutung sind. Wie weit die Vergleicht man jedoch die Zahl der Arbeits- der Republik ist die Anzahl der auf Befehl Mussolinis an der Kärntner jugosla= Uebereinstimmung des Landstandes mit den Henlosen im September 1934 mit der im Septem- nicht untergebrachten Stellen wischen Grenze österreichische Schutztruppen in Teinleuten bereits geht, beweist die Tatsache, daß ber 1933, so ist die Zahl der nicht untergebrachten bewerber Ende September großer Masse offiziell als Schuß gegen jenen an= die Führer der landständischen Jugend sogar ie Stellenbewerber niedriger um 48.937, das ist um durchwegs niedriger als Ende geblichen Nazieinfall aus Jugoslawien , in Wirk­7.9 Prozent. August. dieses Jahres. Im allge- lichkeit aber als deutliche Demonstration gegen die haben. In Görkau sagte Hacker Vergleichen wir den September mit dem meinen kann man den geringeren Zuwachs in der Belgrader Regierung konzentriert. von Sandner gehört-: August in den vergangenen fünf Jahren, so kön- Zahl der nicht untergebrachten Stellenbewerber in Dies war der Auftakt zu den Genfer Ver­nen wir beobachten, daß die Anzahl der nicht den niedriger gelegenen überwiegend landwirt handlungen. In Genf selbst ließ Mussolini die Wir müssen zugeben, daß in fünfzehn Jahren untergebrachten Stellenbewerber Ende September schaftlichen Gegenden beobachten, verursacht viel österreichische Regierung vom ersten Augenblick an fudetendeutschen politischen Lebens nichts ande­res hervorgebragt wurer als ein pölfiſches segen Ende August gestiegen iſt: im Jahre 1930 fach durch die vorzeitige Beendigung der land- die Verhandlungen ſabotieren. Dieſe Sabotage be­Unglüd." um 16.529 Personen, das ist um 18.8 Prozent, wirtschaftlichen Arbeiten infolge der günstigen gann schon damit, daß Schuschnigg der Völker­im Jahre 1931 um 13.311 Personen, das ist um Witterung. In den übrigen Gegenden ist die Ten bundversammlung weder durch seine Rede noch Wenn der für den Sudetendeutschen Landstand 6.2 Prozent, im Jahre 1932 um 25.983 Ver- denz nicht einheitlich, wobei man in einigen Indu- durch die Vorlage des angekündigten Braunbuches eigentlich verantwortliche Führer meint sich sonen, das ist um 5.6 Prozent, wogegen im Jahre striegebieten eher einen Rückgang in der Zahl der das Material über die Schule der Reichsregierung über die Beziehungen Hackere zu Henlein mit 1933 die Anzahl der nicht untergebrachten Stel: nicht untergebrachten Stellenbewerber feststellen an dem Putsch vom 25. Juli unterbreitete, sondern einigen nichtssagenden Redewendungen hinweg- lenbewerber gesunken ist, und zwar um 3275 fann.( Asch, Komotan, Gablonz a. N., Graslis, es nur den Großmächten in einer unkontrollier­jezen zu können, so müßte man doch glauben, daß Personen oder um 0.5 Prozent, während im Neudet, Poderiam, Rumburg , Teplit- Schönau, baren Form zukommen ließ. Dieses Vorgehen der er zu der Verunglimpfung, die Hader Spinas Jahre 1934 abermals ein fleiner Aufstieg von Auffig a. E., Friedet, Neutitschein , Sternberg). österreichischen Regierung war vor allem von der

beit zu geben."

Terminologie der

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