Sc. 249 Mittwoch, 24. Oktober 1934 Seite 5 Aus der sozialistischen Jugendbewegung Eta Angebot der Kommunistischen Jugend-Internationale Die Sozialistische Arbeiter-Internationale Kat in einem Aufruf vom 13. Oktober an die Arbeiter aller Länder die sozialdemokratischen Parteien aus- gefordert, überall Solidaritätsaktionen für die kämpfenden spanischen Arbeiter durchzufübren. Das Sekretariat der Sozialistischen Jugend-Internatio­nale bat am 16. Oktober ein Rundschreiben an alle angeschlossenen Verbände gerichtet, in dem es unter Hinweis auf den Aufruf der Sozialistischen Arbeiter- Internationale die sozialistischen Jugendverbände ebenfalls auffordert, sich den Aktionen der sozial­demokratischen Parteien ihrer Länder anzuschließen. Dem Sekretariat der Sozialistischen Jugend- Internationale ist am 18. Oktober ein vom 12. Ok­tober datiertes Schreiben des Kommunistischen Ju­gendverbandes Frankreichs zugegangen, in dem der Vorschlag des Exekutivkomitees der Kommunistischen Jugend-Internationale mitgeteilt wird, eine gemein­same Besprechung von Vertretern beider Internatio­nalen über die Durchführung einer gemeinsamen Aktion für die spanischen Arbeiter am 16. Oktober in Brüssel ochzuhalten. Die Teilnahme an dieser Be­sprechung war den Vertretern der Sozialistischen Jugend-Internationale schon aus technischen Grün­den unmöglich, da die Einladung erst am Tage vor der geplanten Besprechung im Sekretariat der So­zialistischen Jugend-Internationale«intraf. Dar­über hinaus hat das Sekretariat der Sozialistischen Jugend-Jnftrnationale in seinem Antwortschreiben an die Kommunistisch» Jugend-Internationale daraus bmgewiesen, daß da» Exekutivkomitee der Sozialisti­schen Jugend-Internationale in seiner Lütticher Sitzung vom 6. August 1934 beschlossen bat, die Ent­scheidung über eine Zusammenarbeit mit den Kom­munisten zurückzustellen, bis ein konkrete» Ergebnis der Beratungen der leitenden Körperschaften der So­zialistischen Arbeiter-Jnternattonale in dieser Frage dsrliegt. Die Sozialistische Jugend-Internationale Wirtz auch in dem jetzt vorliegenden Fall des direkten Angebots der Kommunistischen Jugend-Jnternatto- nale. eine gemeinsame Aktion für Spanien durchzu­führen, in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Sozialistischen Arbeiter-Jnternattonale handeln. Sobald diese Beschlüsse vorliegen. wird das Büro der Sozialistischen Jugend-Internationale eine Enttchei- dung über die Erledigung des kommunistischen Vor­schlages wessen. Wetterbericht vom DienSta». Die vom Westen her langsam vorrückende Wetterverschlechterung ist bi» zum Rheingebiet und bis Sachsen gelangt, wo! eS nachmittag« etwa» regnete. In unseren Gegen­den ist e» demgegenüber noch im ganzen schön, in der Osthäkfte der Republik nahezu wolkenlos. Für Mittwoch must auch bei uns Mit einer weiteren Be­wölkungszunahme gerechnet werden. Da fich die Störung unterwegs etwas abschwächt, dürfte ihr Vorüberzug bei uns nur vereinzelt-geringen Regen­fall autzlSsen.' Osten tzer'RepMik wirb-es zu ­nächst noch voraussichtlich schön bleiben. Wäh r-' scheinlicheS Wetter Mittwoch: Inden böhmischen Ländern weitere Zunahme der Bewöl­kung, nebelig, besonders im Nordwesten auch strich­weise etwa» Regen, verringerte Temperaturschwan­kung zwischen Tag und Nacht, auf den Bergen küh­ler, schwacher, überwiegend westlicher Wind. Im Karpathengebiet noch im ganzen schön, Süd. bis Südostwind. Wette rauSsichten für Donnerstag: Wechselnd bewölkt, im Westen des Staates etwa» kühler. Nationali- bekom- in ihr M wichtigsten Berufsgruppen ist sehr lehrreich. Zur Landwirtschaft gehören von je tausend Von dem südöstlichen Land unserer Republik , von Karpathorußland, darf man wohl sagen, daß es im eigenen Staat noch nicht so recht bekannt geworden ist. In den Mitteilungen des Statistischen Staatsamtes wird eine Uebersicht über den Beruf der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Nationali­tät gegeben, die außerordentlich aufschlußreich ist, weil sie die Hauptzüge des Landes hervortreten läßt. Es ist in diesem statistischen Material gleich­sam dieEntwicklungvonzehnJahrrn zusammen gefaßt. Den Ergebnissen der Volkszäh­lung von 1930 werden die. Zahlen vom Jahre 1921 gegenübergestellt. Danach sieht die B e rufsgliederung der karpathorus fischen Bevölkerung so aus: Tschechoslowaken...» Ruffen....... Deutsche Madjaren...... Juden....... Sonstige und unbekannte.. Es hat also diese Gruppe ange ­führten Nationen einen stärkeren Zustrom erfah­ren; nur die Deutschen sind schwacher vertreten als zehn Jahre vorher. Aehnlich ist das Bild für die Gruppe H a n- des und Geldwesen. Nur sind es hier die Madjaren, die etwas zurückgedrängt worden sind. Es sieht so aus: Pro ­duktionsgewerbe waren zugehörig von je 1000 Einwohnern der nachstehenden täten: Nur auS den Reihen der Madjaren hat die Landwirtschaft einen absoluten Zuwachs men;.alle anderen Nationalitäten sind schwächer vertreten als 1921. Zur Gruppe Industrie und 1921 175.3 50.4 225.4 163.9 230.8 286.2 1930 215.2 68.6 211.1 178.5 243.1 109.4 Von allen 1930 289.2 20.0 37.3 42.4 49.7 20.2 Kar und Belehrung finden unsere Gemeindevertreter in reichem Maße in der Freien Gemeinde Redaktion und Verwaltung. Prag XII., Fochova 62/V. Diese Statistik zeigt die intereffante Tatsache, daß die Bevölkerung insgesamt um rund 20 Pro- zent zugenommen hat. Auch nach dem Stand von 1930 stehen noch mehrals zweiDritt el der Bevölkerung nach der Berufszugchörigkeit bei der Land- und Forstwirtschaft. AVer die Bevölkerungszunahme dieser Gruppe-macht doch gegenüber 1921 nur etwa 17 Prozent aus, sie bleibt demnach hinter dem Umfang der allge­meinen Bevölkerungsznnahme etwas zurück. Dagegen ist die Zunahme vom Militär und der GruppeSonstige Berufe und Berufs­lose" abgesehen, in allen anderen Gruppen be- d«rtmd Mrker: sie betrögt un Jndu^trie-^und Produktionsgewerbe 34..Prozent,' im Verkehr über 50 Prozent, in Oeffentlichr Dienste und freie Berufe knapp 60 Prozent, im Handel und Geldwesen ebenfalls 60 Prozent. Diese Ziffern belegen eindeutig, daß Kar- pathorutzland immer mehr seine» vorwiegend agrarische« Charakters entkleidet wird. Der Nationalität nach ist die Bevölkerung von Karpathorußland eingeteilt in Tschechoslowa­ken, Ruffen, Deutsche, Madjaren, Juden und »Sonstige und unbekannte". Ihr Anteil an den Zwei Monate in Finsternis im kanadischen Polargebiet Aus Budapest wird berichtet: Lady Shackleton, die Witwe nach dem be­rühmten Polarforscher Ernest Shackleton , macht in einem an den Paten ihres Sohnes, den unga­rischen Schrifsteller Alexander Hegedüs jun. ge­schriebenen Briefe Mitteilung über ein von ihrem Sohne, Eduard Shackleton, der sich ge­genwärtig mit einer Expedition auf dem Nordpol befindet, ejngelangtes Funktelegramm. Darin teilt Shackleton mit, daß er sich mit seiner Expedition in dem Winterlager Pea- r y s aufhalte und nur günstige Eisverhältnisse abwarte, um sich weiter zu begeben. Er beabsich­tige, sich dann mit seiner aus 96 Hunden beste­henden Schlittenkarawane über das Elsemerefeld zur Erforschung der bisher noch unbekannten Teile des kanadischen Polargebietes zu begeben. An dem Orte, wo sich die Expedition gegenwärtig befindet, wird die Sonne am 10. November unter­gehen und erst am 15. Feber wieder aufgehen, so daß die Expedition die Zwischenzeit in Finster­nis verbringen wird. Die nächste Mitteilung ver­spricht Shackleton für den Juli nächsten.Jahres. Das Gesicht Karpathorutzlands Langsame Wandlung in der ökonomischen Struktur Die Beruss- zugchörigkeit der verschiedeue« Nationalitäten Für Oeffentliche Dien st e und freie B er u f e ist da» Verhältnis dieses:' 1921 164.2 14.7 25.3 53.3 46.5 9.1 1921 bis Tschechoslowaken Russen.., Deutsche.. Madjaren., Juden.., Sonstige und unbekannte.. In diesen beiden Gruppen, die von 1930 auch absolut eine außerordentlich starke Er­weiterung ihres Umfanges erfahren haben, ist.. der besonders starke Zuwachs von Berufsange- hörigrn tschechoslowakischer Nationalität hervor­stechend. Sie stellen 1930 rund ein Drittel aller zur GruppeOeffentlicher Dienst und freie Berufe" BerufSzugchörigen! Bei den anderen Nationalitäten bewegt sich dieser' Zuwachs in den üblichen Grenzen, oder es ist, wie die Enttvicklung der Berufszugehörigkeit der Madjaren zu den Gruppen Verkehr und Ocffent- licher Dienst beweist- sogar eine Zurückdrängung einzelner Nationalitäten zu verzeichnen. Die recht interessanten statistischen Erhebun­gen lassen erkennen, baß dieses südöstlichste Land' ber Republik immer engeren.Anschluß an die all­gemeine ökonomische Entwicklung des Staates findet. Einwohnern der nachstehenden Nationalitäten: 1930 1921 Tschechoslowaken.,». 167.4 261.3 Russen 817.8 821.2 Deutsche 505.5 538.5 Madjaren 615.1 571.5 Juden. 214.8 276.9 Sonstige und unbekannte.. 707.6 769.1 1930 1921 Land- und Forstwirtschaft. 474.921 406.937 Industrie und Produktion»- gewerbe 81.835 61.188 Handel und Geldwesen.. 39.801 27.493 Verkehr 22.517 14.690 Oeffentliche Dienste und freie Berufe.... 28.737 18.320 Militär 7.687 6.368 Häusliche und persönliche Dienste...... 3.857 2.519 Sonstige Berufe oder Berufslose.... 49.774 60.171 Berufsangehörige im ganzen 709.129 597.731 1930 1921 Tschechoslowaken... 53.3 40.5 Russen. 6.5 5.1 Deutsche....... 22.6 17.6 1 Madjaren...... 36.6 37.7 Juden 337.0 259.3 Sonstige und unbekannte.. 2.4 2.5 Von je tausend jüdischen Einivohnern waren 1930 337 also mehr als ein Drittel! be- rufszugehörig zur Gruppe Handel und Geldwesen. Beioilh-r» Bedeutung bat der Anteil der Näftörnttitätetr an^den Gruppen Bei:? e Pr un> öffentlicher Dienst und freie Berufe. Zum Verkehr'gehörten von je 1000 Einwohnern der angeführten Nationalität: 1930 1921 Tschechoflowaken.... 90.5 58.9 20.8 13.9 Deutsche...... 31.6 30.8 Madjaren...... 36.7 44.0 Juden 54.5 40.8 Sonstige und unbekannte.. 53.3 18.9 Rflt<lc la Dretonnc Zu seinem zweihundertsten Geburtstag. Don Hermann Wendel . Für einen Würdenträger der französischen Kritik wiePrunetiöre war Rktif de la Breton« e, fett deffen Geburt am 23. Oktober zwei Jahrhunderte verstrichen sind, ganz einfachein Schwein", und noch nicht allzu lang« ist«S her, daß kgl. preußische Staatsanwälte seine Erzählungen als unzüchtige Schriften" verdonnerten. In der Tat wimmelt sein Werk von unverhüllten Alkovenszenen, Heubodenszenen und Bordellszenen, und di« Aus­geburt einer greisenhaft überhitzten«rottschen Phan­tasie wie dieAnti-Justine" gehört mit Fug in den Giftschrank der öffentlichen Bibliotheken. Aber, obwohl er immer wieder, ohne zu ermüden, das shakespearescheTier mtt zwei Rücken" beschrieb, obwohl er als ein Herkules der Erotik von Mit- und Nachwelt angestaunt sein wollte, obwohl er der An­ziehungskraft von Stöckelschuhen mit hohem Absatz unfehlbar erlag und anderePerversitäten" als ganz natürlich« Dinge behandelt«, ging R f t i f auf keinerlei amoralische oder antimoralische Wirkung oder gar auf Erregung«ine» Sinnenkitzels aus. Er hatte eine unbändige Luft am Weibe, aber er war Nicht lüstern; er malt« di« brennende Leidenschaft, aber nicht die kalte Ausschweifung; er brauchte die Frau als. Lebensbedürfnis, aber nicht als Spielzeug. Ein Casanova? Richt im entferntesten! Stock­ernst und schwerblütig, wie er war, erscheint er mit seiner Neigung für Frauen gesetzten Charakters, für Roman « mit innig-zärtlicher Tendenz und für rühr­selige Bühnenstücke genau wie Rousseau , dem er huldigte und nacheiferte, al» bewußter und be­tonter Widerpart seiner leicht­lebigen, lockeren und verderb­ten Zeit. Liberttn war R k t i f deshalb nicht, weil er au» dem Mutterboden des Volke» seine Kräfte sog. Der in S a c Y an der Grenze zwischen Bourgogne und Champagne als Bauernjunge zur Welt kam. in seiner Kindheit das Vieh hütete und dann da» Buchdrucker­gewerbe erlernte, hatte mit der glänzenden und glück­lichen Oberschicht wahrhaft nichts zu tun. Da selbst die seiner Romane, die wieDer Bauer, den die Stadt v e r d a r b"(Le paysan perverti) in Maffen abgingen, mehr die Verleger und Buchhändler als ihn selbst bereicherten, lebte er bis zu seinem Tode am 3. Februar 1806 als Pro­letarier unter Proletariern in armseligem Gelaß von dürftigster Nahrung und trug, auch um seine Zugehörigkeit zu den Armen trotzig zu unterstreichen, stets di« schäbigste und schmutzigste Kleidung. Aber diese seine soziale Stel- lnng gab ihm einen ungeheuren Vorsprung vor den anderen Schriftstellern seiner Nation und seines Jahrhunderts. Nannte er sich mit Rechteinen Plebejer, der mit dem Volk lebt und feine geheimsten Gedanken kennt", so beschrieb er Tun und Lasten, Sitten und Bräuche, Leide« und Laster der breiten Maste mit unerhörter Saftigkeit und Anschaulichkeit. Wie es vor der Großen Revolution in der Welt der burgundischen Bauern und der Pariser Handwerker und Klein« ftämer aussah und zuging, wurde in dem Werk Retifs urkundenhast festgelegt; diese seine Schil­derungen machen ihn zum Vorläufer derBalzac und Zola. Hinwiederum gab er nicht nur imM on- sieur Nicola»", für einen Wilhelm v. Humboldt dem wahrsten und lebendigsten Buch aller Zeiten, eine feigenblattlose Darstellung des eigenen Lebens, sondern im Grunde ist auch die ganze unheimlich« Fülle dessen, wa» dieser rast- und hemmungslose Vielschreiber zu Papier brachte zweihundert Bände und mehr! ein einziges Selbstbekenntnis. Indem er die eigene Seele beschlich und belauerte und ihre stüchtigsten Regungen und intimsten Empfindungen einfing, liefert« er unschätzbar« Beiträge zur Naturgeschichte des Menschen. Wie mit seiner Lobpreisung des mitt­leren Bürgertum» al»der einzigen wahrhaft ehrenwerten Klaff« der Gesellschaft" offenbarte er sich damit al» Kind einer Generatton, der. da» eigene Ich wichttg wurde, und für die die Revolutton als Ent- kettung des Individuum» auS überlieferten Banden und Vorstellungen kam; R k t i f wirkte mit sei­ner Anatomie des Innenlebens als einer der rüstig­sten Wegbereiter des individua­listischen Zeitalter». Aber da sein Geist Siebenmeilenstiefel trug, blieb er nicht im individualisttschen Zeitalter hasten. Wenn sich R k t i f in den bewegten Revolutions­jahren 1789-bis 1798 nacheinander als konstitutio­nellen Monarchisten, als Girondin, als Montagnard und als Marat -Anhänger gab, so ließ ihn nicht nur unmäßige Furcht vor der Guillotine die jeweils vor­herrschende Meinung al» Schutzfarbe annehmen, son­dern die Ereigniffe berührten ihn auch innerlich kaum. Zu Recht oder Unrecht deutete er sie nur als politi- sche Umwälzung; was ihm aber seit je am Herzen lag, war die Notwendigkeit einer sozialen Erneuerung an Haupt und Gliedern. Einem Funck-Brentano ist er, allerdings mit einiger Uebertreibung,der erste und in Frankreich vielleicht der glänzendste Vorkämpfer des modernen Sozialismus". Auf jeden Fall durchschaute und enthüllte er erbarmungslos die Gebrechen der bestehenden Gesellschaftsordnung; seine gelungene SatireBrief eines A f f e n" hat mandie schärffte und vernichtendste Kritik des Klassenstaates" genannt,die je geschrie­ben wurde". Mit bitteren sozialen Wahrheften kargte er auch sonst nicht:Die Gesellschaft verbraucht den Armen wie eine Ware", und vor allem machte er, die Axt an die Wurzel legend, doch weit mehr aus moralischen als aus ökonomischen Gründen, dem Privateigentum den Prozeß, da» ihm al» wahre Menschheftsgeißel galt:Das Eigentum fft der Quell jeden Lasters, jeden Ver­brechens, jeder Verderbnis". Folgerichttg ergriff er die Losung der sozialen Gleichheit und der Gütergemeinschaft mit aller Glut, deren sein Herz fähig war. In Reformschrif­ten, wie demA n d r o g r a p h" und später dem T h e s m o g r a p h", wie auch in manchen seiner Erzählungen dehnte er daS Prinzip der bäuerlichen HauS- und Arbeitsgemeinschaften, wie er sie noch selbst kennen gelernt hatte, auf den Produktionspro­zeß ganz Frankreichs aus, und in dem RomanDie australisch« Entdeckung", in dem auch Flugzeuge Vor­kommen, entwarf er eine blendend« kommunistische Utopie, den Gleichheit? st aat der M e g a p a t a g o.y i e r, der sich auf fünf Grund­gesetzen aufbaute: 1. Niemand das zufügen, was man selbst nicht zugefügt haben will, 2. Gerecht sein gegen Tiere, 3. Alle sind gleich und allen ist alles gemeinsam, 4. Jeder arbeitet für das Gemeinwohl und 6. Jeder hat Anteil am Gemeinwohl. Steckt« R c t i f gelegentlich auch wieder einen Pflock zurück und verzagte er gar 1797 nach Hinrichtung des von ihm bewunderten Gleichheitskommunisten Babeuf an der baldigen Durchführbarkeit seiner Ideen, so blieb er doch unverbrüchlich davon überzeugt, daß ohne Niederlegung deS Privateigentums der Mensch­heit kein Heil erblühen könne. Derart Vorläufer deS wissenschaftlichen Sozialismus, stand er nicht isoliert da; bei Charles Fourier lebten manche seiner Gedanken wieder.auf. Schlecht paßte dazu, wenn dieser fanatische Weltverbesserer, der sogar die lauttreue Rechtschrei­bung des Französischen auf sein Programm setzte, keineswegs für die Befreiung der Frau«intrat, viel­mehr der Vielweiberei das Wort redet« »tnb die Verstaatlichung der Pro­stitution empfahl, aber wie er mich sonst Phantast und Realisten einem war, lagen in dem Schubfach seines Kopfe», das di« Reformen barg, patriarchalische, kapitalisttsche und sozialistische Vor­stellungen wirr durcheinander. Unbeschadet deffen pre­digte in einem Jahrhundert, da» den frivolen Ge­nuß über alle» stellte, niemand mit mehr sittlicher Wärme, niemand eindringlicher und überzeugend« al» R ä t i f da» Evangelium der Arbeit., Neben der Liebe war die Arbeit seine Leidenschaft.Meine Fra« arbeitet", sagte«, meine beiden Töchter arbeften. Die Arbeit ehrt den Menschen. Ich arbeit« selbst solange, wie ich kann"; er verlangte besondere Auszeichnungen für die Ar­beit, und was ihn an einer erträumten und erhoff­ten Zukunft das Beneidenswerteste dünkte:Die produktive Arbeit wird als das größte, das schönste, daS löblichste aller guten Werke betrach­tet werden." Mag darum in seinem innfangreichen Werk daS Abgeschmackte neben dem Genialen, da» Zynische neben dem Zarten, da» Naive neben dem Kritischen, das Platte neben dem Erhabenen,. das Langweilige neben dem Hinreißenden, das Utopische neben dem ZukunftLträchtigen liegen, so steht R e t i f de la Bretonne doch in erster Reihe vor uns als gläubiger Verkünder jener Gesellschaft, di« sich, mit Karl Marx zu reden, um die Sonn« der Arbeit dreht.