Rr. 252 Samstag, 27. Oktober 1934 Seite 3 Ein„DolchstoB“ gegen Henlein ? GESUNDHEIT bedingt größte Sauberkeit Labour Party abermals siegreich Im»Beker" wird ein Flugblatt zitiert, welkes angeblich von einer Gruppe oppositioneller Heimatfrontler gegen Henlein verbreitet wird. Dieses Flugblatt wirft Henlein wegen seiner loyalen Erklärungen in der tschechischen Presse »Volksverrat" vor und macht gegen eine Beteiligung an den Feiern des 28. Oktober Stimmung. Schließlich wird beantragt, daß in allen Gruppenversammlungen derSHF derRücktrittHen- l e i n s gefordert werden soll. Der„Beker" spricht im Titel dieser Meldung von einem„Schlag in den Rücken" Konrad Henleins. Dadurch dokumentiert das Blatt wiederum nur seine unkritische Betrachtungsweise der politischen Vorgänge im deutschen Lager. DaS betreffende Flugblatt ist nämlich allen Prager Redaktionen zugeschickt worden, ehr von seiner Verbreitung im deutschen Gebiete auch nur eine Spur wabrzunchmen war. Im Zeitalter der Reichstagsbrände ist also durchaus,möglich und sogar sehr wahrscheinlich, daß in dieser Form wieder ein kleines Tstu- schungsmanövcr versucht wird. Was hätten denn die extremen Hakenkreuzler in der Heimatfront für eine Ursache, gegen Henlein Sturm zu laufen, solange die reichsdeutschen Nazis(siehe Bodenbach!) bis hinauf zu den Berliner amtlichen Stellen von ihm so begeistert sind? Das Verhältnis von Henlein zu Hitler ist nach der Leipaer Rede des„Führers" der Heimatfront so klar, daß irgend ein obskures Pamphlet unbekannter Herkunft auch für den„Beker" noch lange kein Gegenbeweis sein kann. Wie es Seitz ergeht Bor einigen Tagen meldete eine Prager Zeitung, daß Seitz freigelassen worden sei. Wir haben die Richtigkeit dieser Meldung bezweifelt. Tatsächlich ist Seitz noch immer in Haft. Aber der österreichische Goebbels, der Oberst Adam, verbreitet das Märchen, Seitz habe keine Ursache zu klagen, denn er beziehe «ine hohe Pension. Seitz kam vor einigen Wochen in ein Sanatorium. Für die Unterbringung mußte er 144 Schilling täglich zahlen. Gleich bei der Einlieferung in das Sanatorium hatte er 3000 Schilling zu erlegen. Davon waren nur 30 Schilling für ihn selbst; der Rest ging zur Bezahlung der sechs Detektive auf, die ihn in drei Schichten bewachen. Nunmehr wurden die Kosten, da sie Seitz nicht mehr bezahlen konnte, auf 64 Schilling täglich herabgesetzt und die österreichische Regierung verbreitete die Nachricht, man habe Seitz die Bezahlung der Kosten überhaupt erlassen. Aber Seitz muß noch heute für die Unterbringung im Sanatorium 300 Schilling im Monat mehr bezahlen, als seine und seiner Frau Pension ausmacht. Da Seitz, entgegen den Behauptungen der Gegner, ein armer Mann ist, wird er nicht mehr lange im Sanatorium bleiben können, obwohl die Aerzte eine Verschlimmerung seines Zustandes feststellten. Für den Unterhalt seiner Frau und des Adoptivkindes bleibt von der Pension also nicht ein Groschen. Das war der Grund für Seitzens Bitte, wieder in das Gefängnis überführt zu werden. Seitz darf einmal in der Woche eine Stunde lang Besuche empfangen, aber nur im Beisein des Untersuchungsrichters. Auch mit seiner Frau darf Seitz nur unter strenger Aussicht sprechen. >. Selbstverständlich denkt die katholische Regierung längst nicht mehr daran, Seitz den Prozeß zu machen; abersiequältihnlangsam zu Tode, während ihre Presse Greuelmärchen über die spanischen Ausständischen verbreitet. Skandinavische Wehrdebatte Stockholm. (AP.) Die Blätter befassen sich mit der Frage der Befestigung desOeresunds durch Zusammenwirken dänischer und schwedischer Batterien und mit dem Problem, wie der Sund cssengehalten werden könne im Interesse einer aus der Nordsee kommenden Flotte gegen ein angreifendes Geschwader von Süden. Dabei kommen die Blätter zu dem Schluß, daß dies Ziel besser mit Kriegsschiffen, Motorbatterien und Flugzeugen als mit Forts zu erreichen sei. Im Weltkrieg hat Dänemark bekanntlich auf einer Schließung des Sunds bestanden. Seit 1924 drängt die Sotvjetunion aus naheliegenden Gründen auf eine völkerrechtliche Anerkennung des dänischen Standpunktes. Schweden stützt sich dagegen auf den 1930 im Haag bekräftigten Grundsatz, daß die Durchfahrt zwischen zwei freien Meeren im Kriegsfall nicht gesperrt werden dürfe. Im„Aftonbladet" betont Baron von Holstein, daß Schweden unter Umständen gerade ein Interesse daran habe, die Flotten der Westmächte unbehindert in die Osssee kommen zu las- sen, da ihm mehr an der Aufrechterhaltung des neutralen Regimes der Aaland -Jnseln gelegen sei »ls Dänemark. — Uebrigens sollPapens Jagdbesuch in Schweden mit diesen Fragen in Zusammenhang stehen. a» <• RADION i <® HYGIENISCH EINWANDFREI Überall, wo Hygiene erstes Gebot sein mub, also besonders bei Kinderwäsche, wäscht man mit RADION. 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Die Resignation des Rechtswalters der deutschen evangelischen Kirche bedeutet einen Erfolg der evangelischen Kirchenoppo- s i t i o n, di« sich den Zentralisierungsbestrebungen in der Kirche entgegengestellt hat. Die Sprecher dieser Opposition traten am 20. d. M- in dem Berliner Vorort Dahlem zusamnien, wobei eine Botschaft erlassen wurde, in der es u. a. heißt: „Mit Polizeigewalt hat die Reichsregierung nach der kurheffischen auch die württembergische und bayrische Kirchenleitung beseitigt. Damit hat die schon längst in der evangelischen Kirche eingetretene Zerrüttung einen Höhepunkt erreicht. Die angemaßte Alleinherrschaft des Reichsbischofs und seines Rechtswalters hat ein in der evangelischen Kirche unmögliches Papsttum aufgerichtet. Diese schriftwidrige Einführung des weltlichen Führerprinzips in die Kirche hat die Amtsträger der Kirche andas Kirchenregiment statt an Christus gebunden. Die Männer, die sich der Kirkenleitung bemächtigt haben, haben sich von der christlichen Kirche durch ihr Verhalten geschieden. Die christlichen Gemeinden, Pfarrer und Aeltesten wurden schließlich aufgefordert, von der bisherigen Reichskirchenregierung keine Weisungen entgegen zu nehmen. London . Bei den Ergänzungswahlen in Swindon erhielt das Mitglied der Labour Party Addison, ehemaliger Landwirtschaftsminister, 20.902 Stimmen und der Konservative Wakefield, der bekannte internationale Rugby-Spieler, 18.253 Stimmen. Die Labonr-Party errang über die ehema- lige konservative Mehrheit hinaus ein PluS von 4704 Stimmen. Glöckel enthaftet Wien. (Tsch. P. B.) Der frühere Vizepräsident des Wiener Stadtschulrates und Nationalrat Otto Glö ck e l, Schöpfer des österreichischen Nachkriegsschulwesens, ist Freitag aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Kunschak wird bissig... Wien . In einer Versammlung der christlichen Arbeiter und Angestellten im 17. Bezirke erklärte der frühere Abgeordnete Kunschaku. Man redet heute sehr abfällig über die Demokratie. Ich nehme nach wie vor gerne den Vorwurf hin, Demokrat zu sein. Ich bin gegen jede Diktatur und gegen den Fascismus. Was letzteren an- langt, hat niemand anderer als Mussolini selbst gesagt, der Fascismus sei kein Exportartikel. Man kann vom Fascismus viel Gutes sagen. Das beruht aber einerseits auf der Eigenart des italienischen Vollscharakters und andererseits auf der überragenden Persönlichkeit und dem überragenden Konzept Mussolinis. Ich kann aber in Oesterreich um mich schauen so viel ich will, ich suche aber vergeblich für den österreichischen Fascismus einen österreichischen Mussolini . Dar fürst aus der kaukasienvar Spanische Bilanz Auf die Schwere der immer noch nicht ganz erloschenen Kämpfe scheint es zurückzuführen sein, daß die Regierung nur ganz langsam und zögernd vorgeht. Sie hat bis jetzt die Parteien, die am Ausstand beteiligt waren, noch nicht aufgelöst oder ihr Vermögen beschlagnahmt, wie es die Rechte fordert, sie hat die katalanischen Separatistenführer noch nicht abgeurteill und auch gegen Azana nichts unternommen. Das zeigt, daß die Regierung die Lage noch nicht als stabilisiert ansieht und zunächst alles vermeiden möchte, was zu einem neuen Aufflackern der Unruhen führen könnte. Einige Maßnahmen hat sie allerdings durchgeführt. Dazu gehören vor allem die Entlassungen linker Persönlichkeiten. Wir nehmen den Kommandanten der Kriegsluftflotte, Pastor, den sozialistischen Arzt Dr. Regrin von der Madrider Universität und andere mehr. Die Rechte fordert die Entlassung sämtlicher Beamten, die den Linksparteien angehörten. Die Zahl der Verhaftungen geht in die vielen Tausende. Allein in Madrid sind 3000 Häftlinge untergebracht. Gleichzeitig beginnt ein Kampf gegen die Gewerkschaften. Plötzlich tauchten„Syndica- tos antimarxistas" auf, die von einem Anhänger von Gil Robles. geführt werden, die Arbeiter aus der sozialistischen„Union General de Trabajado- res(UGT) und der syndikalistischen„Confede- racion National de Trabajadores"(CNT) herüberzuholen suchen, Arbeit versprechen, eine geradezu amerikanische Propaganda entfalten und sich als national und sozial bezeichnen. * Bei der Niederwerfung des asturischen Aufstandes ist die Regierung, wie bereits gemeldet wurde, mit furchtbarer Grausamkeit vorgegangen. Die Zahl der Toten in Asturien allein wird auf mehrere Tausend geschätzt. Die niedrigste Zahl, die genannt wurde, sind 2500 Tote. Die gefangenen Aufständischen wurden in' Massen dezimiert, das heißt es wurde jeder zehnte Mann von ihnen erschossen. Die spanische Regierung seht auch bereits mit der Hetze gegen die Emigranten ein und hat bei der französischen Regierung interveniert, die daraufhin den spanischen Emigranten den Aufent- halt in ganz Südwestfrankreich(im ganzen Gebiet südlich der Loire ) verboten hat. Polizei wird verstärkt Wien. (Tsch. P. B.) Die Wiener Polizei wird in den nächsten Tagen um 300 Rann verstärkt werden. Die neuen Polizisten werden durchwegs den Reihen des Bundeshceres ent- nommen werden, wie dies bereits vorder in klei- nerem Maßstabe erfolgt». i {Schwerwiegendes Material zur Unterstützung des Auslieferungs begehrens Marseille . Der Richter, der die mit dem Attentat auf den König Alexander zusammenhängenden Umstände untersucht, vernahm am Freitag alS Zeugen den Chef für öffentliche Si cherheit in Jugoslawien S i m o n o v i k, der ihm zahlreiche wichtige Informationen betressrnd die terroristischen Organisationen und die Terroristen selbst, vor allem betreffend die in Marseille , Paris , Mailand und in Belgien verhafteten Personen gab. Diese Daten werden es nun ermöglichen, die Ersuchen der französischen Regierung um die Auslieferung einzelner Verbrecher mit großer Genauigkeit zu begründen. Washington. Im Staatsdepartement wurde zugegeben, daß die Frage der künftigen Flotte»stärke nicht der einzige An- laß zu Meiuungsverschiedenhei- len zwischen Japan und den Bereinigten Staaten ist, sondern daß zwei weitere Streitpunkte hinzugrkommen seien, die den Washin^onrr Regierungskreisen starkes Kopfzerbrechen bereiten. Erstens hat die japanische Regierung von den fremden Petroleumgesellschaften, die in Japan Geschäfte machen, verlangt, daß sie zu jeder Zeit innerhalb Japans einen Vorrat auf Lager halten, der den Bedarf eures halben Jahres entspricht und daß diese Vorräte nötigenfalls von der japanischen Regierung zu einem von ihr festzusetzenden Preis übernommen werden kömren. Diese Forderung hat, wie hier bekannt wird, zu Vorstellungen sowohl der Regierung der Bereinigten Staaten wie der Regierung Großbritanniens und der der Nie derlande geführt. Dieser Protestschritt wird hier damit begründet, daß die Forderungen der japanischen Regierung eine schwere finanzielle Belastung für die betroffenen Oelfirmen darstellen würden. Die Firmen würden genötigt, ihre Waren»uverzinSlich festzulegm und große Bor hat wieder einmal eine Rede gehalten, die neben der überaus mutigen Rede Kunschaks und der Provokation des Feh schon die dritte Aeußerung von feiten prominenter österreichischer Staatsmänner ist, die diese Woche ergeht. Starhemberg ist auffallend milde und versöhnlich. Mit den Nazis, die Deutschland ruinieren, will er sich verständigen, sobald sie begreifen, da» das Oesterrei- chertum das beste Deusschtum ist. die Arbeiter soll, er durch praktische Politik, durch soziale Taten erobern. Man solle sie in Ruhe lassen, nicht agitieren, sie nicht dauernd zu beeinflussen suchen; sie würden den Weg zum Vaterland von selbst finden. Die auffallende Mäßigung des Starhemberg dürste nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, daß er in eine pikante und imch katholischen Begriffen recht peinliche Privataffäre verstrickt, daher in Schwierigkeiten und aufs Lavieren angewiesen ist. Die österreichische Politik wird eben teils von Mussolini , teils von Tatsachen wie der unehelichen Vaterschaft eines Ministers bestimmt! Vom mexikanischen Kulturkampf Wir aus Aguas Calirntrs gemeldet wird, hat das dortige Staatsparlamrnt rin« Verfassungsänderung durchgeführt, wonach auf 30-000 Einwohner nur noch ein Priester kommen darf. Auf Grund dieser Neuordnung dürfen nur noch fünf katholische Priester im Staate Aguas Calientts bleiben, darunter zwei in der Hauptstadt Aguas Calientes. Die Priester müssen im übrigen mindestens 25 Jahre alt sein. Der Bischof von Aguas Calientes, Josö de Jesus Lopez, wurde aufgefordrrt, die Stadt zu verlassen. ratstanks für diese Zwecke zu errichten. Andererseits sei zu befürchten, daß die japanische Regierung fremdes Privateigentum für die Benutzung im Kriegsfall greifbar haben wolle. Wie im Staatsdepartement weiter mitgeteilt wurde, hat der zweite Streitpunkt mit dem Grundsatz der offenen Tür in China zu tun. Im Reunmächtepakt hat Japan seinerzeit dafür garantiert, daß dieser Grundsatz in China gewahrt bleibt. Nunmehr sei aber für Mandschukuo die Einführung eines Petroleummonopols geplant, das einer japanischen Gesellschaft,gur Ausnutzung überlassen werden solle. Dir Gesellschaft würde alle Tankstellen der amerikanischen , englischen und niederländischen Firmen übernehmen, die damit aus dem Geschäft verdrängt werden würden. Wir hier mitgeteilt wird, haben gegen diesen Plan alle drei oben bereits genannten Regierungen in Tofio formelle Vorstellungen erhoben. Im Staatsdepartement wird dieses Schritt als eine parallele, aber nicht gemeinsame Aktion bezeichnet. Im übrigen wird hier der Befürchtung Ausdruck verliehen, daß auf japanisches Betreiben in Dtandschukuo weitere Monopol« geschaffen werde« könnte«. Die Gegensätze zwischen Japan und den USA Nicht nur in der Fiottenfrage
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