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Donnerstag, 8. November 1934
Nr. 262
«5 Stück Ekrafitkapseln Wie Matuschka seine Anschläge vorbereitete
Tagcsnculglieltcn Deutsches Postflugzeug verunglückt Fünf Tote Berin. Dienstag abends ist das Flugzeug TAoan" der Post- und Frachtstrecke Königs­bergBerlin   verunglückt. Nach dem Ueberflug von Danzig   mutzte das Flugzeug in der Nähe der Ortschaft Grotz-Rakitt, etwa 20 Kilometer süd­westlich Lauenburgs, aus bisher nicht geklärter Ursache eine Notlandung vornehmen. Hierbei kam die fünftöpfige Besatzung unter Führung des Flugkapitäns Erb ums Leben. Eine Unter- snchungSkommisfion hat sich sofort zur Unglücks­stelle begeben. Unwetter, Sturm, Hochwafler In ganz Mittel- und Südita­ lien   gingen in den letzten Tagen schwere Un­wetter nieder, die zu Erdrutschen, Ueberschwemmun- gen und Brückeneinstürzen führten. In der Provinz Toscana   sind die Flüffe über die Ufer getreten und baben mehrere Dörfer unter Waffer gesetzt. Die reihenden Fluten führen Möbel und Hausgeräte mit sich. In der Nähe von Rom   ritz der über die Ufer getretene Tiber   zwei Brücken einer Provinzialstratze fort, so daß der Kraftwagenverkehr nach dem Süden für längere Zeit lahmgelegt wurde. Auch die Bahn­linie Rom  Neapel   wurde teilweise unterbrochen. Die an der Bahnstrecke liegende Stadt Casstna steht vollständig, unter Wasser. Ebenso ein großer Teil der trockengelegten pontinischen Sümpfe. Bei der Stadt Littoria entgleiste infolge Unterspülung der Geleise ein Güterzug, wobei die Lokomotive und der erste Wagen umstürzten. Die Ladung, landwirtschaftliche Erzeugnisse, wurden über die Geleise verstreut. Das Unwetter' wütet weiter. Anch in Frankreich  Die Bretagne   ist von einem Wirbelsturm heimgesucht worden, der von starken Regengüssen begleitet war. Die untere Vorstadt von Cher­ bourg   steht unter Wasser. Auch mehrere benach­barte Dörfer sind überschwemmt. Die Straßenver­bindungen sind stellenweise unterbrochen.
Aus dem Konzentrationslager entflohen DemH e t Volk" wird gemeldet, datz in der Nacht von Samstag auf Sonntag drei Ge­fangene aus dem Konzentrationslager Berger­moor entflohen sind. Sie haben noch Sonntag die niederländische Grenze überschritten und reisten über Ter Apel   nach Rotterdam  . Nach Entdeckung dieser Flucht sollen zwei Wachcbeamte verhaftet worden sein, die beschul­digt werden, den drei Gefangenen zur Flucht ver- holfen zu haben.
Der industrielle Aufbau in der Sowjetunion  Moskau.  (Tatz.) Anläßlich der 17-Jahr- Feier der Oktoberrevolution veröffentlicht die So­wjetpresse nachstehende auf dem Gebiete der so­wjetrussischen Wirtschaft erzielte Ergebnisse: Im September wurden täglich durchschnittlich 250.000 Tonnen Kohle gefördert. Aus den Naphtha-Quel­len wurden täglich 66.300 Tonnen Petroleum
Budapest. Der dritte Verhandlungstag des Strafprozesses gegen M a t u s ch k a war zunächst der Klärung unbekannter Details des Jüter­boger Eisenbahnanschlages gewidmet. Es hat sich herausgestellt, daß der Massenmörder bei der Verübung des Anschlages nicht weniger als drei Kilogramm Ekrasit verwendet hat. Während des Anschlages habe er g e b e t e t. Der geheimnisvolle Leo, der ihn auch nach Wien  , Wels und Berlin  begleitet habe, sei auch nach dem Jüterboger An­schlag wieder aufgetaucht. In der Nachmittagsverhandlung kam das in Ungarn   verübte Attentat zur Sprache. Matuschka gibt diesmal auf die ans ihn gerichteten Fragen entschiedene Antworten. Er erklärt, er habe das Attentat in Tattendorf   durchzuführen be­schlossen und 65 Stück Ekrasitfapseln und 16 bis 18 Hülsen mitgenommen. Er Ivollte zuerst die
Bahnbrücke über die Donau   bei N e u p e st mit Ekrasitbomben in die Luft sprengen. Der Ange­klagte gab dann eingehende technische Aufschlüsse, wie er die Brücke sprengen wollte. Er erzählte, datz er 130 Meter Draht um seinen Körper ge­wickelt und das Ekrasit in den Hosentaschen ver­wahrt habe. Aus diese Weise überschritt er die Grenze. Er gibt zunächst ziemlich pünktliche Zeit­angaben über seine Vorbereitungen zur Sprengung der Brücke. Dann beginnt er wieder über den rätselvollen Leo zu sprechen und sagt, auf der Fahrt nach Budapest   durch den Viadukt von Bia- torbagy habe tx. zum ersten Male daran gedacht, datz auch hier ein Attentat verübt werden könnte. Bei der Neupester Eisenbahnbrücke habe er unbe­merkt verschiedene Messungen vorgenommen. Spä­ter habe er aber diesen Plan aufgegeben, da die Brücke sehr verkehrsreich war.
Ziehung der Klassenlotterie (Unverbindlich.) Prag  . Bei der Mittwoch-Ziehung der 5. Klaffe der 31. Tschechoslowakischen Klaffenlotterie wurden nachfolgende Gewinne gezogen: 90.000 Kd das Los N. 9837; 20.000 die Lose Nr. 50281, 81248, 10.000 Kd die Lose Nr. 74492, 2252, 51924, 85491, 64167, 56810, 40801, 28348; 5000 Kd die Lose Nr. 9888, 3232, 6087, 82448, 1773, 53113, 86152, 80271, 51978, 7486, 22376, 52144, 58463, 13840, 83185, 10621, 24359, 103568, 39670, 68922. 58741, 11817, 85984 2000 Kd die Lose Nr. 102397, 17001, 18683, 45550, 63746, 93800, 27127, 25710, 29363, 84542, 89714, 8514, 28389, 63548, 5561, 3203, 56918, 102526, 8405, 106712, 103072, 12397, 42594, 74315, 90745, 23314, 97605, 18811, 97249, 40824, 74670, 92765, 18002, 57390, 44148, 59206, 91302, 74385, 75268, 105815, 101210, 105594, 92029. 85365, 77303, 14968, 23514,9294, 91810, 12669, 14028, 64817, 57273, 539Y4, 37980, 21338. 33535. 82711, 56933, 35868, 248'ft), 95255, 100857, 5959, 61326, 61065, 54115, 65428. 6400. 1200 Kd die Lose Nr. 37296, 3988, 43828, 47743, 8326, 55343, 85904, 40419, 87067, 7413. 34836, 84209, 887, 37611, 92103, 81633, 54059, 100445, 15055, 44230. 15752, 1610, 24435, 76130, 18417, 12199, 64949, 40541, 73302, 84846, 74718, 53682, 1007, 1155, 80361, 73797, 62053, 38696, 48414. 34576, 61980, 91326, 27829. 103291, 1669, 70250, 49277, 60005, 2821, 45660, 21968, 53049, 95672. 33529, 85887, 50864, 89741, 76297, 21258, 84270, 17968, 92233, 23611, 31278, 62511. 91220, 13355, 22825, 62121, 87591, 106529, 33394, 67642, 66816, 45165, 10421, 52636, 61037, 33285, 12191, 89050, 11886, 15491, 97236, 52562, 91405, 27414, 104598, 12955, 7163, 5084, 57519, 33050, 105215, 17947, 77495, 98729, 51459, 74506, 50945, 63123, 88056. 99888, 40736, 38328, 59726, 86239, 1623, 4513, 83691, 58690, 104239, 1253. 37982, 44907. 61966, 58860, 102696, 79801, 45015. 24223, 91381, 89887, 68085, 73982, 94151, 14724, 91328.
Lastauto gegen Radfahrer. Dienstag um 20 Uhr kam es auf der Straße bei der Gemeinde Senec, unweit von Pilsen  , zu einem Zusammen­stoß zwischen einem von dem 33jährigen Fr. ReZäc, Besitzer eines Speditionsgeschäftes, gelenk­ten Lastautomobils und einem Radfahrer, dem 58jährigen Gastwirt Fink aus Pilsen  - Tou- bravky. Fink wurde ins Krankenhaus geschafft, wo seine Verletzungen als schwer bezeichnet wur­den, da er einen mehrfachen Bruch des Stirnkno­chens und eine schtvere Gehirnerschütterung erlitt. Reßäc gab bei der Untersuchung an, daß Fink auf einem nicht beleuchtetem Fahrrad fuhr und selbst an das Auto stieß. Der Vorfall wird von der Gen­darmerie weiter untersucht.
Vom Rundfunk Empfehlenswerte» aus den Programmen: Freitag Prag  : Sender L.: 10.05 Deutsche   Nachrichten. 11.00 Dvorak  : Hochzeitstanz. 13.35 Arbeits- markt. 13.45 Schallplatten: Johann Strauß  . 18.20 Deutsche   Sendung: Dr. Hoop: Sportvorschau. 18.45 Arbeitersendung: Aktuelle zehn Mi­nuten. 19.10 Liederkonzert. 20.40 Orchesterkonzert. 22.15 Tanzmusik.  Sender St.: 14.25 Schallplat­ten. 14.40 Konzert für zwei Klaviere. 15.05 Deut­ sche   Sendung: Stern: Rendezvous bei Sulpice, Hör­spiel. 18.00 Militärkonzert. Brünn: 12.10 Ar­beitsmarkt. 15.55 Orchesterkonzert. 18.20 Deutsche  Sendung: Slawik: Das Kind erlebt die Welt. Prof. Kubelka: Darum wir keine Gedichte lesen. 19.10 Schallplatten: Smetana. Mähr.-Ostrau: 16.45 Tschechischer Sprachkurs für deutsche. Hörer. 17.00 Kammermusik. 18.20 Deutsche   Sendung. Pretz- -burg: 19.10 Unterhaltungsmusik.
geschöpft. In den Elektrizitätswerken wurden täg­lich durchschnittlich 39 Millionen KW-Stunden erzeugt. Die Hochöfen lieferten täglich durch­schnittlich 30.000 Tonnen Gußeisen und die Mar- tinsöfen 27.800 Tonnen Stahl. Die Tagesliefe­rung der Traktorenfabriken beträgt im Durch­schnitt 319 Traktoren, die der Automobilfabriken 184 Last- und 45 Personenwagen. Die Textil­industrie der Sowjetunion   erzeugt täglich etwa 12 Millionen Meter Webstoffe. Die Schuhindustrie stellt täglich 132.000 Paar Schuhe her. Im Pflanzen-Jnstitut von Detskoje Sselo wurde eine neue PflanzeSpinn-Malve" gezüch­tet, die jährlich 150 Zentner trockene Stengel pro Hektar liefert und deren Fasergehalt 13 bis 18 Prozent'erreicht. Die Pflanze eignet sich sehr als Textilroh st off. Die Untersuchungen der auf der Halbinsel Kola   im lappländischen Rayon am 63. nördlichen Breitengrad gelegenen Torflager sind jetzt beendet. Einige hundert Hektar Sumpfgelände wurden trockengelegt und der Bau eines Torf-Ver­kokungswerkes in Angriff genommen. Am 1. Juli 1935 soll die Förderung ausgenommen werden. Murmansk   erhält somit eine neue Brennstoff­basis. In Otschemtschiri(Abchasien  ) wird ein Kohlenhafen mit 900.000 Tonnen jährlicher Um­schlagsfähigkeit errichtet. Eine von Kamtschatka   heimgekehrte Expedi­tion hat dort Braunkohle und Glimmer aufgefun­den. Im Hochgebirge von Turkestan   wurden von einer geologischen Expedition große Zinnvor­kommen entdeckt. Im Pamiergebirge stieß man auf große Torflager, die in Anbetracht des dor­tigen Mvngels an Brennstoffen von Bedeutung sind. In Leningrad   wurde das erste Mikro­skop der Type Seibert hergestellt, das eine 1400- fache Vergrößerung ermöglicht. Durch eine be­sondere Vorrichtung kann der vergrößerte Ge­genstand von zwei Personen gleichzeitig beobachtet werden.
StrntzenbnhnnnslSsk in Nemfcheid Remscheid. Dienstag abend verunglückte am Bismarckplatz in Lennep   ein Triebwagen mit An­hänger der Remscheider   Straßenbahn. An einer etwas abschüssigen Stelle sprangen die Wagen in der Kurve aus den Schienen und stürzten um. Bon den 40 Fahrgästen sind nach den bisherigen poli­zeilichen Erhebungen vier schwer und 17 leicht verletzt.
Die Welt zurückdrehen will der landbünd- lerische Abgeordnete Wi n d i r s ch. Er teilt diese Absicht mit seinem Freunde Henlein  , hat aber deutlicher als dieser gesagt, wie er.sich das Para­dies der Kapitalisten vorstellt. In der Aussprache über die Berichte des Ministerpräsidenten und des Außenministers sagte er, das Gemeindewahl­recht müsse reformiert werden und zwar so, daß nur jene Bürger über die Gemeinden bestimmen sollten, die direkte Abgaben entrichten. Einst­mals waren die Arbeiter in den Gemeinden völ­lig rechtlos; das war zu jener Zeit, da das Wahl­recht so beschaffen war, wie es Windirsch wünscht. Die Kleingeister und Geldsäcke wachten darüber, daß die Gemeinden ja nicht daran denken, irgend­welche sozialpolitische Aufgaben zu erfüllen oder sonstwie in fortschrittlichem Geiste zu wirken. Die Gemeinden dursten gerade das tun, was dem Geiz derdirekten Steuerzahler" genehm war: nämlich nichts: Die Folgen haben die Arbeiter vorgefunden und zu beseitigen gehabt, als sie die Gemeindeverwaltungen aus den Händen der ver­zopften Kleinbürger übernahmen. Die Arbeiter haben die Gemeindeverwaltungen zu sozjglen Institutionen gemacht. Soziale Ausgaben entfes­seln die Wut jedes Kleingeistes. Darum sollen sie abgeschafft werden. Solange Arbester in den Ge­meindestuben sitzen, wird das nicht geschehen. Also sollen sie aus den Gemeindestuben durch ein reaktionäres Wahlrecht entfernt werden.(Obwohl selbswerständlich, die Gemeinden^auch aus in­direkten Abgaben aller Steuerzahler erhalten werden und die Zähler direkter Steuern von der großen Masse der Vörbrstücher leben). Cs wird noch viel Wasser die Moldau hinabfließen, ehe die reaktionären Träume des Herrn Windirsch reifen. Aber seine Forderung ist symptomatisch für das Denken derer, die mit Henlein   gehn. Auch der deutsche Fascismus hat seinen stärksten Auf­trieb aus den Reihen der über die Sozialpolstik erbosten Kleinbürger bekommen. Der Fascismus baut die Sozialpolstik ab oder beseitigt sie ganz. Er schaltet auch die Arbeiter aus den Gemeinde­stuben aus. Während die Freunde Windirschs ihre wahren Absichten in die Waste glatter Worte packen, sagte er geradeheraus, was er will. Dafür kann mvn ihm dankbar sein.
Kalifornien   und Sinclair«EPIC Ein Genosse, der jetzt in Kalifornien   lebt, schreibt uns: Upton Sinclair   ist hier zu Lande und in der ganzen Welt als radikal-sozialistischer Schrift­steller bekannt und bewundert. Er ist einer der ganz großen Schilderer des Weltkrieges zwischen Kapital und Arbeit im amerikanischen   Frontab­schnitt. Er selbst sagt von sich, datz jedes feiner Bücher eigentlich ein Kreuzzug gewesen sei und einen solchen Kreuzzug nennt er auch seinen Sprung in die Politik. Dieser Sprung ist ihm nicht ganz leicht geworden. Upton Sinclair   ist auch heute noch überzeugter Sozialist;, er ist sechzig Jahre alt, er hätte Anspruch auf Ruhe, oder wie er es in einem Artikel andeutet, Anspruch aus seinen Garten, wo er seine Bücher schreibt". Er sagt das so:Das Geschäft, Staatsverwalter zu sein, wäre das letzte, das ich nach meinen eigenen Wünschen wählen würde. Es ist nicht in Ueber- stimmung mit meinen Talenten, und nur ein tie­fes Mitempfinden der Krise, die nicht nur Kali­ fornien  , sondern die ganze Welt ergriffen hat, hat mich aus dem Garten gebracht, wo ich meine Bücher schrieb." Upton Sinclair   nennt seinen Wahlkampf einen Kreuzzug. Er ist in ihn, wie es sich für einen echten Amerikaner ziemt, mit einem Schlag­wort gezogen, das er in das WortE p i c" zu­sammenfaßt.Epic"'? Epic ist ist die Abkürzung für den SatzEnd Poöerty in California  " Schluß mit der Armut in Kalifornieit! Nur ein Schreiber von dem guten Willen, von dem großen Wollen Sinclairs, von seinem felsenfesten Glauben an die Macht der Idee, konnte sich in ein solches Abenteuer stürzen, aus dem ihm notgedrungen die Erkenntnis hätte erwachsen müssen! daß es keine Insel der Seligen gibt. Auch das Sonnenland Kalifornien  , das menschliche
Tatkraft aus einer Wüste in ein Paradies ge­wandelt hat, dank dem lebensspendenden Naß, das auf künstlichem Wege dem Boden zugeführt wurde, auch dieses Paradies kann nicht die Insel der Seligen sein, auch hier kann man die Armut nur befestigen, wenn man die Kapitalistische Wirt­schaftsordnung besiegt. Sinclair begann seinen Wahlkampf mit einem kleinen Büchlein, das den Titel trägt:Ich, Gouverneur von Kalifornien  , und wie ich die Armut besiegte... eine wahre Geschichte aus der Zukunft... von Upton Sinclair  !" Tiefes Zwan- zig-Cent-Büchlein hat in Kalifornien   die bisher unerreichte Auflage von hundertachtzigtausend erklommen. Zunächst stellt Upton Sinclair   die Prinzipien derEpic" fest. Es find diese zwölf Sätze. 1. Gott hat den natürlichen Reichtum der Erde für den Gebrauch aller Menschen geschaf­fen, nicht nur einher Weniger. 2. Gott hat den Menschen geschaffen, vamit er sein eigenes Wohlergehen suche, nicht das von Herren. 3. Das private Eigentum ist eine Grundlage der Freiheit solange die Werkzeuge einfach sind. Es wird die Grund­lage der Sklaverei, wenn die Werkzeuge kompliziert sind. 4. Selbst Herrschaft in der Industrie kann nicht neben der Volks Herrschaft- in der öffent­lichen Verwaltung bestehen- 5. Wenn einige Menschen leben ohne zu arbeiten, arbeiten andere ohne zu I e b e n. 6. Daß es Luxus gibt zugleich mit Armut und Hilflosigkeit, ist gegen die guten Sitten und gegen einen gesunden öffentlichen Geist. 7. Die gegenwärtige Depression ist eine des Ueberflusses, nicht eine des Mangels. 8. Die Ursache der Unruhe ist, daß eine an Zahl kleine Klasse den Reichtum besitzt, I während- der R e st die T ch u l d e n hat.
9. Es ist gegen den gesunden Menschenver­stand, daß Menschen hungern sollen, weil sie zu viel Nahrungsmittel geerntet haben. 10. Die Zerstörung von Nah­rungsmitteln oder anderen Gütern oder die Begrenzung der Produktion ist ökonomischer Wahnsinn. 11. Das Hilfsmittel ist, daß man den Ar­beitern Zutritt zu den Mitteln der Produktion gibt und daß man ihn für sich selbst produzieren läßt und nicht für andere. 12. Dieser Wechsel kann nur durch das Han­deln einer Mehrheit des Volkes hervorgebracht werden... Und das ist der amerikanische  Weg.", Upton Sinclairs Weg ist also der der p r o- duktiven Arbeitslosenfürsorge und in einem anderen Teil seines Programms der Einführung der in Amerika   als sehr revolutionär angesehenen progressiven Einkommensteuer. Wie das in Europa   immer wieder praftiziert wurde, so schrieben das jetzt auch hier in Kalifornien   die Kapitalistenblätter, daß das Kapital abwandern werde, besonders die Kino-Industrie, die Haupt­industrie des Landes werde sich ein ander.es Land suchen. Natürlich eines, wo dem Armen wohl jeder Bissen Brot besteuert wird, dem Reichen aber ihre Millionen" unbeschnitten gelassen werden. Sinc­lair wollte das viele, heute in Kalifornien   noch brach liegende Land in Nutzland wandeln, er will die, die heute noch aus der öffentlichen Wohlfahrts­pflege eine Art von Arbeitslosen-Unterstützung empfangen, aus der unerträglichen Verdammung des Nichtstun herausholen und sie wieder als nützliche Glieder in die Gemeinschaft einreihen, als Leute, die Land urbar machen, es bebauen und für sich daraus ernten, was sie für des Lebens Notdurft brauchen. Das ist Innen- kolonisation in einem Lande, das in den letzten dreißig Jahren Riesenflächen erobert hat, indem es der Dürre mit dem lebenbringenden
Wasser den Kampf ansagte. Hunderttausende von Quadratmeilen besten Landes hat Kalifornien   in den letzten dreißig Jahren auf diese Weise fried­lich erobert. Die Obst-, die Feigen-, die Nuß  -, die Orangenwälder, die riesenhaften Weingärten, die meilenweiten Baumioollplantagen. die unüber­sehbaren großen Tomaten- und Gemüsefarmcn legen für diesen friedlichen Eroberungszug herr­lichstes Zeugnis ab. Aber noch harrt der Menschen hierzulande eine Riesenarbeit. Noch sind viele, viele Berghänge, ja die aller, allermeisten Wüste. Stachelige Opuntien, die breitülättrige Kakiusart, und die Jukkas mit ihren oft zwei Meter hoch aufragenden Blütenstengeln, mit ihren Hunderten von weißen Blüten, bedecken mit allerlei Gestrüpp die Hänge. In der Blütezeit herrlich fürs Ange, aber alle diese Kinder der Wüste bilden. keinen Humus und darum können die Hänge die mit tro­pischer Gewalt niederstürzenden Rcgeninasscn nicht aufsaugen. Hemmungslos rinnen die Wässer zu Tal und überschwemmen das Land, es oft und oft verwüstend. Diese Hänge zu bewalden, das ist eine Zu­kunftsaufgabe. Dann gäbe eS wieder in ganz Kalifornien   natürliche Feuchtigkeit. Nicht nur auf den Höhen der Sierra Nevada  , deren Rücken Kalifornien   der Länge nach durchzieht, wachsen dort allerdings in Reservationen die- welt­berühmtenBig Trees", die Kalifornischen Rte- senbäumc, Pinien würde«, überall gedeihen und sie würden Humus bilden, dct die Feuchtigkeit in sich aufnehmen und in Forn, von Quellen, Bächen und Flüssen dem Lande wicdcrgeben würde. Heute muß man mit Hilfe von artesischen Brunnen das Raß tief aus der Erde holen. Durch planmäßige Jn- nenkolonisation wäre noch zehnfacher Reichtum aus diesem Lande zu schöpfen. Darum wäre das Experiment Upton Sinc­lairs gesund, und seine Idee lvird leben, wie im- mcr die Wahl ausfällt.